Schultzenstein, Max
- Lebensdaten
- 1847 – 1922
- Geburtsort
- Küstrin (Kostrzyn, Kreis Königsberg, Neumark)
- Sterbeort
- Berlin-Schöneberg
- Beruf/Funktion
- Jurist ; Richter
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 11764739X | OGND | VIAF: 27853997
- Namensvarianten
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- Schultze, Carl Maximilian (bis 1872)
- Schultzenstein, Max
- Schultze, Carl Maximilian (bis 1872)
- schultze, carl maximilian
- Schulte, Max
- Schultzenstein, Carl Max
- Schultzenstein, Carl Maximilian
- Schultze, Karl Maximilian (bis 1872)
- Schultzenstein, Karl Max
- Schultzenstein, Karl Maximilian
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Schultzenstein (bis 1872 Schultze), Carl Max(imilian)
Jurist, * 30.5.1847 Küstrin (Kostrzyn, Kreis Königsberg, Neumark), † 11.4.1922 Berlin-Schöneberg, ⚰ Berlin-Schöneberg, Alter Matthäikirchhof. (evangelisch)
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Genealogie
Aus Fam. in d. Mark Brandenburg, d. Schulzen, Ratsherren u. Stadtrichter stellte;
V Julius Schultze, RA, Notar, JR, 1846 in K., später in Spandau b. Berlin;
M Emilie Keffler;
⚭ Insterburg 1879 Katharina (1856–1925), T d. K. W. Schulz († vor 1891), aus Insterburg, Rentier, später in Königsberg (Pr.);
3 S →Siegfried (1881–1951), Dr. iur. et rer. pol., Staatsfinanzrat b. d. Reichsschuldenverw., deren Akten er 1948 nach Bad Homburg überführte (s. Kürschner, Gel.-Kal. 1931; Wi. 1935; W), →Hans-Georg († 1884), Dipl.-Ing, Studienrat an d. Staatl. Baugewerkschule in Berlin-Neukölln (s. W), Wilhelm (1885–1906), studierte in Innsbruck, verunglückt b. Bergunfall in Tirol, 1 T Lisbeth († 1880, ⚭ →Max Richter, 1860–1937, akad. Landschaftsmaler, s. ThB; Ver. Berliner Künstler, 1991);
E →Klaus († 1916), Buchhändler, Lokalhist. in Berlin (s. W). -
Biographie
S. besuchte das Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin und das Gymnasium in Spandau, seit 1864 studierte er Rechtswissenschaften in Berlin und Heidelberg. Zu seinen Lehrern gehörten →Paul Hinschius (1835–98) und →Karl J. A. Mittermaier (1787–1867) sowie der mit seinem Vater befreundete →Rudolf v. Gneist (1816–95). Nach dem Staatsexamen 1867 Auskultator, später Referendar in Spandau, nahm S. 1870/71 am Dt.-Franz. Krieg teil, absolvierte 1872 das Examen als Gerichtsassessor und schlug die preuß. Justizlaufbahn ein: 1875 Kreisrichter in Trebbin (heute Lkr. Teltow-Fläming), 1879 Erster aufsichtsführender Richter am neugegründeten Amtsgericht Rixdorf (heute Berlin-Neukölln), 1885 Richter am Landgericht Berlin II, 1887 Kammergerichtsrat. 1891 wurde er zum Oberverwaltungsgerichtsrat am Preuß. Oberverwaltungsgericht (OVG) in Berlin ernannt; hier wirkte er 1893-96 mit an den sog. „Weber-Urteilen“ mit denen das polizeiliche Aufführungsverbot des Theaterstücks „Die Weber“ von →Gerhart Hauptmann aufgehoben wurde. 1904 wurde S. Senatspräsident, 1920 Vizepräsident des Gerichts.
S. gehörte zu der Richtergeneration, die die Rechtsetzung seit der Reichsgründung („Innere Reichsgründung“) begleitete. 1890 wurde er zu den Vorarbeiten für das BGB im Reichsjustizamt hinzugezogen. Die Pflichtteilslehre des BGB, die im wesentlichen bis heute gilt, geht auf ihn zurück. Auf den Dt. Juristentagen war S. wiederholt Gutachter; 1900 forderte er in Bamberg eine einheitliche Juristenausbildung im Dt. Reich, 1902 in Berlin erfolgreich die Anerkenntnis der Rechtskraft für Urteile der Verwaltungsgerichte, in Karlsruhe 1909 plädierte er für ein (erst 1941 gebildetes) Reichsverwaltungsgericht und die Rechtsvereinheitlichung im Verwaltungsrecht. Einfluß hatte S. auch auf das außerpreuß. Verwaltungsprozeßrecht, u. a. bei der Vorbereitung der Gründung des Thüring. OVG in Jena 1899 und auf das oldenburg. Gesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Daneben war er stellv. Mitglied im Reichseisenbahnamt. Verdienste erwarb sich S. um die dt.-japan. Beziehungen aufgrund seiner Studienbekanntschaft mit dem späteren japan. Oberappellationsgerichtsrat und Vizejustizminister Taizo Miyoshi; auf dessen Vermittlung war S. 1886-93 bei der Neustrukturierung des japan. Gerichtsverfassungs- und Prozeßrechts nach dt. Vorbild beratend tätig.
S. entfaltete auch eine rege publizistische Tätigkeit. 1888 wurde er (mit Felix Vierhaus) Herausgeber der 1879 gegründeten „Zeitschrift für dt. Zivilprozeß“, die sich von da an zum bis heute führenden Organ des dt. Zivilprozeßrechts entwickelte. 1892 gründete er (mit Alfred v. Keil) das bis heute bestehende „Verwaltungsarchiv“. Über diese Zeitschrift übte S. eine Scharnierfunktion zwischen Rechtsprechung, Gesetzgebung und Lehre aus. 1920 wurde er zum Vizepräsidenten des Preuß. OVG ernannt, im April 1921 trat er in den Ruhestand. Sein Einfluß im Verwaltungsprozeßrecht ist bis heute groß.
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Auszeichnungen
E. K. II. Kl. (1871);
Roter Adlerorden III. Kl. mit Schleife (1898), II. Kl. mit Eichenlaub (1908, mit|Stern 1917);
Kgl. Kronenorden II. Kl. (1903. mit Stern 1912);
Erinnerungsmedaille 1870/71 (1897);
Kriegsverdienstkreuz (1918);
japan. Orden d. Aufgehenden Sonne IV. Kl. (1886, Kommandeur 1892);
Ehrengroßkomturkreuz d. ghzgl. oldenburg. Haus- u. Verdienstordens (1906);
Ks.-Wilhelm-Medaille (1898);
Wirkl. Geh. Oberreg.rat I. Kl. (1909);
Dr. iur. h. c. (Halle-Wittenberg 1900;
Freiburg, Br. 1900). -
Werke
Drei Fragen aus d. preuß. Grundbuchrecht. 1876;
Btrr. z. Lehre v. Pflichttheilsrecht, 1878, ²1883);
Die Landgüterordnung f. d. Prov. Brandenburg. 1883;
Das Vormundschaftsrecht d. preuß. Monarchie, 1886 (3. Aufl. d. v. H. Dernburg begr. Werks);
Das dt. Vormundschaftsrecht, 1898, ²1901;
– zahlrr. Aufss.
in: Zs. f. dt. Zivilprozeß;
Verw.archiv;
Preuß. Verw.bl. (d. dort 1902/03 erschienene Aufs. „Über d. Vergleich im Verw.streitverfahren“ wiederabgedr. in: Dt. Verw.bl. 1985, S. 104 ff.);
DJZ: JW;
– Gutachten
f. d. Dt. Jur.tag in: Verhh. d. Dt. Jur.tages;
– Mithg.:
Zs. f. dt. Zivilprozeß, 1888-1921;
Verw.archiv, 1893-1922;
Entscheidungen d. Preuß. OVG ab Bd. 26;
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Nachlass
Nachlaß: Schreiben v. S. an L. Darmstädter in Staatsbibl. Berlin; – Testament in d. Testamentskartei Amtsger. Berlin-Schöneberg; – zu Siegfried: Anleiherecht, 1929; Friedrich Karl v. Savigny, 1930; Reichsanleiherecht, 1942; Korr. mit G. Radbruch (1946) in d. Univ.bihl. Heidelberg: – zu Hans-Georg: Der baupolizeil. Feuerschutz in Wohngebäuden f. Stadt u. Land, 1930; – zu Klaus: Berlin seit d. Zeit Albrechts d. Bären, 1966; Spandau b. Berlin, 1974; Spandau slaw. od. dt., 1984.
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Literatur
E. Loening, in: Zs. f. dt. Zivilprozeß 36, 1907, S. VII-XII: P. Laband, Ein dt. Reichs-Verw.ger., in: DJZ 1910, Sp. 909-14;
K. Friedrichs, in: Preuß. Verw.bl. 1917, S. 485 f.;
ders., ebd. 1922, S. 351;
F. Vierhaus, in: DJZ 1917, S. 592 f.;
ders., in: Zs. f. dt. Zivilprozeß 47, 1918, S. VII-XII;
G. Kleinfeller, in: Rhein. Zs. f. Zivil- u. Prozessrecht 12, 1923, S. 1-8;
S. Genzmer, in: DJZ 1922, S. 307 f.;
JW 1922, S. 843 f.;
B. Drews, in: Preuß. Verw.bl. 1922, S. 350;
H. Weber, Die Entwicklung d. Organisation d. Verw.ger.-barkeit in Thüringen, Diss. Jena 1930, S. 15 f.;
B. Dennewitz, Die Systeme d. Verw.rechts, 1948, S. 127;
C.-H. Ule, in: Verw.archiv 48, 1957, S. 1 ff.;
ders., Vom preuß. Verw.-Bl. z. Dt. Verw.bl., in: Dt. Verw.bl. 1985, S. 9-21, bes. S. 15;
M. Sellmann, Entwicklung u. Gesch. d. Verw.ger.barkeit in Oldenburg, 1957, S. 59, 62 u. 64;
ders., in: M. Baring (Hg.), Aus 100 J. Verw.ger.barkeit, 1963, S. 141 f.;
H. Bräutigam, Ein Jh. Verw.ger.barkeit in Berlin, 1975, S. 27;
W. Petermann, Die Mitgll. d. preuß. Oberverw.ger. 1875-1942, in: Veröff. aus d. Archiven Preuß. Kulturbes. 14, 1979, S. 180;
M. Pagenkopf. Das Preuß. OVG u. Hauptmanns „Weber“, 1988, bes. S. 89-124;
E. V. Heyen, Profile d. Verw.-rechtswiss., 1989, S. 62 f.;
W. Kohl, Das Reichs-verw.ger., 1991, S. 119, 121 ff., 131 f. u. 137;
M. Stolleis, Gesch. d. öff. Rechts in Dtld., II, 1992, S. 379, 409 u. 418;
T. Henne, Verw.rechtsschutz im Justizstaat, 1995, S. 304;
P.-C. Schenck, Der dt. Anteil an d. Gestaltung d. modernen japan. Rechts- u. Vfg.wesens, 1997, S. 297 f. u. 341;
C. Doerfert, Die Zss. d. öff. Rechts, in: M. Stolleis (Hg.), Jur. Zss., Die neuen Medien d. 18.-20. Jh., 1999, S. 437 ff.;
Wi. 1922;
DBJ IV, Tl.;
– zu Julius Schultze:
Erich J. Hahn (Hg.), Briefwechsel Karl Josef Anton Mittermaier – Rudolf v. Gneist, 2000, S. 56 f.;
– eigene Archivstud.:
Geh. StA Preuß. Kulturbes.;
Heimatmus. Neukölln, beide Berlin;
Univ.archiv Heidelberg. -
Autor/in
Martin Otto -
Zitierweise
Otto, Martin, "Schultzenstein, Max" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 711-712 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11764739X.html#ndbcontent