Schacht, Joseph
- Lebensdaten
- 1902 – 1969
- Geburtsort
- Ratibor (Racibórz, Schlesien)
- Sterbeort
- Englewood (New Jersey, USA)
- Beruf/Funktion
- Arabist ; Islamwissenschaftler ; Orientalist ; Turkologe ; Hochschullehrer
- Konfession
- katholisch
- Normdaten
- GND: 117091340 | OGND | VIAF: 14832797
- Namensvarianten
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- Schacht, Joseph Franz
- Schacht, Joseph
- Schacht, Joseph Franz
- Schacht, Josef
- Šaḫt, Yūsuf
- Šaḫt, Yūsuph
Vernetzte Angebote
- * Antragsstellende der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft/Deutschen Forschungsgemeinschaft (GEPRIS Historisch – Forschungsförderung von 1920 bis 1945) [2021]
- Personen (Anteil) im Het Biografisch Portaal van Nederland [2010-]
- * Neue Deutsche Biographie (NDB) [2005] Autor/in: Brunner, Rainer (2005)
- Biografisch Portaal van Nederland [1830-2020]
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Schacht, Joseph Franz
Arabist, Islamwissenschaftler, * 15.3.1902 Ratibor (Racibórz, Schlesien), † 1.8.1969 Englewood (New Jersey, USA). (katholisch)
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Genealogie
V Eduard, Taubstummen-Oberlehrer in R.;
M N. N.;
⚭ 1942 Dorothy Coleman († 1979). -
Biographie
S., der schon am Gymnasium in Ratibor am Hebräisch-Unterricht für die jüd. Schüler teilgenommen hatte, studierte seit 1920 in Breslau Klassische Philologie und Theologie, später Semitistik, u. a. bei →Gotthelf Bergsträsser (1886–1933), bei dem er 1923 mit einer Edition eines klassischen arab. Werks über die sog. Rechtskniffe promoviert wurde. Nach weiteren Studien in Leipzig habilitierte er sich 1925 in Freiburg (Br.) und lehrte hier als Privatdozent, ao. Professor (1927) und o. Professor (1929). 1932 folgte er einem Ruf nach Königsberg, von wo aus er seine seit 1930 bestehende Gastprofessur an der ägypt. Univ. Kairo verstärkt wahrnehmen konnte. Mitte der 30er Jahre blieb S. aus Protest gegen den Nationalsozialismus in Ägypten, obwohl er persönlich aufgrund seiner Herkunft keine Verfolgung fürchten mußte. Er kehrte auch später nicht mehr nach Deutschland zurück und publizierte nach 1938 nicht mehr auf Deutsch. Der Ausbruch des 2. Weltkriegs machte ihm die Rückkehr nach Kairo von einem kurzen Aufenthalt in England unmöglich. Hier arbeitete er zuerst für das Informationsministerium und die BBC, ehe er 1946 eine Stelle als lecturer (später reader) an der Univ. Oxford annahm. Obgleich er 1947 brit. Staatsbürger wurde und in Oxford die brit. akademischen Grade nachholte, sah er keine Möglichkeit einer dauerhaften Beschäftigung und wechselte 1954 auf den Lehrstuhl für Arabistik nach Leiden (Niederlande), 1957 ging er an die Columbia Univ. New York, erst als Gastprofessor, seit 1959 in Festanstellung.
Bei der Erforschung des islam. Rechts leistete S. Bahnbrechendes. Dabei ging es ihm weniger um eine theologische Interpretation als vielmehr um eine streng historische Sichtweise. Seine Arbeiten über die Rechtskniffe, die Rechtssoziologie und die Modernisierung des islam. Rechts sind Pionierarbeiten von bleibendem Wert. „The Origins of Muhammadan Jurisprudence“ (1950, zuletzt 1979) wurde eines der einflußreichsten Bücher der Islamwissenschaft des 20. Jh. Darin unterzog S. (die Thesen →Ignaz Goldzihers [1850–1921] fortführend) die klassische islamische Prophetenüberlieferung einer Kritik, die die Authentizität der einzelnen Traditionen bis zum Beweis des Gegenteils radikal in Frage stellte. Die von diesem Buch ausgehende Neubewertung der frühislam. Geschichte blieb jahrzehntelang maßgeblich, auch wenn in den vergangenen Jahren manche allzuweit gehenden Schlußfolgerungen korrigiert wurden. Daneben verfaßte S. bedeutende Arbeiten zur Theologie, Philosophie, Medizingeschichte und religiösen Architektur des Islams sowie zum Islam in Schwarzafrika. Er war einer der Gründungsherausgeber der Fachzeitschrift „Studia Islamica“ (seit 1953) und der „Encyclopaedia of Islam“ (seit 1954).|
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Auszeichnungen
Mitgl. d. Dt. Morgenländ. Ges. (1921/22- vor 1950), d. Arab. Ak. in Damaskus (1954), d. Kgl. Niederl. Ak. (1956), d. American Oriental Soc. (1960) u. d. Union Européenne des Arabisants et Islamisants (1962);
Dr. h. c. (Algier 1953);
Guggenheim Fellow (1967);
Giorgio Levi Della Vida Medaille (1969). -
Werke
Das Kilāb al-ḥiial ual-mahāriǧ des Abū Bakr Aḥmad ibn ‘Umar ibn Mŭhair aš-Šaibānī-al-Haṣṣāf, 1923, Nachdr. 1968 (Disš.);
Das kitāb al-ḥiiăl fil-fiqh (Buch d. Rechtskniffe) des abū Hātim Maḥmūd ibn al-Ḥasan al-Qazuīnī, mit Übeřs, u. Anm., 1924, Nachdr. 1968 (Habil.schr.);
Der Islam mit Ausschluß d. Qor'ans, 1931;
Esquisse d'une histoire du droit musulman, 1953;
An Introduction to Islamic Law, 1964, Neuausg. 1991;
Law and Justice, in: P. M. Holt u. a. (Hg.), The Cambridge History of Islam, 1970, II, S. 539-68;
Theology and Law in Islam, in: G. E. v. Grunebaum (Hg.), Theology and Law in Islam, 1971, S. 3-23;
The Legacy of Islam, 2 Bde., ²1974, dt. 1980, ²1983 (Hg.); – Bibliogr.:
Studia Islamica 31, 1970, S. XI-XVI;
F. Sezgin (Hg.);
Bibliogr. d. dt.sprach. Arabistik u. Islamkunde, 1993, XVII, S. 302-05;
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Nachlass
Nachlaß: Bodleian Library, Oxford.
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Literatur
R. Brunschvig, in: Studia Islamica 31, 1970, S. V-IX (P);
B. Lewis, in: Bull, of the School of Oriental and African Studies 33, 1970, S. 378-81 (P);
F. M. Pareja, in: Boletín de la Asociación Española de Orientalistas 6, 1970, S. 9 f.;
C. Pellat, in: Arabica 17, 1970, S. 1 f.;
G. F. Hourani, in: Journal of the American Oriental Soc. 90, 1970, S. 163-67;
G. E. v. Grunebaum, in: Internat. Journal of Middle East Studies 1, 1970, S. 190 f.;
Maǧallat al-Maǧma‘ al-‘Ilmī al-‘Arabī bi-Dimašq, in: Revue de l'Académie Arabe de Damas 46, 1971, S. 201-03 (P);
A. Layish, Notes on J. S.s Contribution to the Study of Islamic Law, Bull. (British Soc. for Middle Eastern Studies) 9, 1982, S. 132-40;
M. Mustafa Al-Azami, On S.s Origins of Muhammadan Jurisprudence, 1985;
R. Talmon, S.s Theory in the Light of Recent Discoveries Concerning the Origins of Arabic Grammar, in: Studia Islamica 65, 1987, S. 31-50;
H. Motzki, Die Anfänge d. islam. Jurisprudenz, Ihre Entwicklung in Mekka bis z. Mitte d. 2./8. Jh., 1991, S. 22-49;
N. J. Coulson, European Criticism of Ḥadīth Literature, in: A. F. L. Beeston u. a. (Hg.), Arabic Lit. to the End of the Umavyad Period, 1993, S. 317-21;
J. Wakin, Remembering J. S. (1902-1969), 2003;
N. ‘Aqīqī. al-Mustašriqūn, 1965, II, S. 803-05;
Ḥ. az-Ziriklī, al-A‘lām, 1986, VIII, S. 234;
BHdE II (P);
Bed. Oberschlesier, 1995. -
Autor/in
Rainer Brunner -
Zitierweise
Brunner, Rainer, "Schacht, Joseph" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 491-492 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117091340.html#ndbcontent