Stock, Alfred
- Lebensdaten
- 1876 – 1946
- Geburtsort
- Danzig
- Sterbeort
- Aken bei Dessau
- Beruf/Funktion
- Chemiker
- Konfession
- -
- Normdaten
- GND: 119368595 | OGND | VIAF: 72202543
- Namensvarianten
-
- Stock, Alfred Eduard
- Stock, Alfred
- Stock, Alfred Eduard
- Stock, Alfred Edward
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Stock, Alfred Eduard
Chemiker, * 16. 7. 1876 Danzig, † 12. 8. 1946 Aken bei Dessau.
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Genealogie
Aus westpreuß. Handwerker- u. Bauernfam.;
V Hugo Johann Ludwig (1846–95, Vers.- u. Bankangest. d. Gotha. Lebensvers.bank, dann Subdir. d. Köln. Lebensvers.ges. Concordia, S d. Eduard, Ger.sekr. in Kulm (Westpr.), u. d. Bertha Friedrich;
M Hildegard (1847–1922), T d. Adolph Bube (1802–73, Archivrat, Dir. d. hzgl. Kunstkab. in Gotha, Dichter (s. ADB III), u. d. Adelheid v. Boyneburgk († 1903);
⚭ Berlin 1906 Clara, T d. Adolf Venzky, Fabr., Stadtrat in Berlin, KR, u. d. Ida Brecht;
2 T; Schwager Ernst Venzky (* 1878), Textilfabr. in Berlin, 1941–55 Präs. d. Motor-Yacht-Clubs v. Dtld. bzw. Dt. Motoryachtverbands, dann Ehrenpräs. (s. Wenzel). -
Biographie
S. besuchte 1882–94 das Friedrich-Werdersche Gymnasium in Berlin und studierte dann Chemie an der dortigen Universität (Diplom 1898). Mit drei Einzelabhandlungen wurde S. 1899 bei →Oskar Piloty (1866–1915) zum Dr. phil. promoviert. Der Chemiker →Emil Fischer (1852–1919) ernannte S. zu seinem Vorlesungsassistenten und ermöglichte ihm 1899/1900 einen einjährigen Studienaufenthalt in Paris bei Henri Moissan (1852–1907). Dort begann S. mit ersten Untersuchungen zur Chemie des Bors und Siliciums, die die Grundlage seiner lebenslangen Forschungen bildeten. Er stellte die beiden bislang unbekannten Siliciumboride SiB3 und SiB6 dar und entwickelte ein Verfahren zur quantitaven Bestimmung von Bor und Aluminium (Über d. beiden Borsiliciumverbindungen SiB3 u. SiB6, in: Berr. d. Dt. chem. Ges. 33, 1900, S. 2125).
Im Sommer 1900 wurde S. erneut Assistent Fischers und synthetisierte bzw. bestimmte die physikal. und chem. Eigenschaften einer Reihe von schwer zugänglichen Verbindungen des Antimons, Arsens und Phosphors. Dabei entwickelte er auch diverse apparative Verbesserungen, z. B. das „Stocksche Tensionsthermometer“ (1906), und arbeitete an der Nutzung konzentrierter Sonnenstrahlung für Hochtemperaturumsetzungen. Mit →Arthur Stähler (1877–1950), ebenfalls ein Assistent Fischers, schrieb S. ein höchst erfolgreiches „Praktikum der quantitativen anorganischen Analyse“ (1909, ⁶1949, erg. u. hg. v. H. Lux), das jahrzehntelang als studienbegleitendes Praktikumsbuch in Gebrauch war. 1904 habilitierte sich S. für das Fach anorgan. Chemie und wurde zum Professor ernannt. 1907 wurde er vom preuß. Kultusminister beauftragt, das Institut für anorgan. Chemie der im Aufbau befindlichen TH Breslau einzurichten, setzte aber daneben seine Tätigkeit in Berlin fort.
Seit 1909 o. Professor in Breslau, begann S. mit Forschungen zu den Bor- und Siliciumwasserstoffen, die ihn international bekannt machten. 1912 entdeckte er den ersten Borwasserstoff, die Verbindung B4H10 (Borwasserstoffe, in: Berr. d. Dt. chem. Ges. 45, 1912, S. 3539, mit C. Massenez). Durch Erwärmung gelangte man zum einfachsten Boran mit der Formel B2H6 (Ein neuer Borwasserstoff, in: Berr. d. Dt. chem. Ges. 46, 1913, S. 1959, mit K. Friederici). Beide entpuppten sich als Anfangsglieder homologer Reihen mit der allgemeinen Formel BnHn+4 bzw. BnHn+6. 1916–23 untersuchte S. vorrangig die Siliciumwasserstoffe (Silane). Über mehrere Zwischenschritte entwickelte S. mit seinen Mitarbeitern hierzu das „Stock’sche Hochvakuumverfahren“, das die Handhabung sauerstoffempfindlicher niedrigsiedender Substanzgemische in bis dahin nicht gekannter Präzision erlaubte. Da die sehr komplexen Hochvakuumapparaturen mit Quecksilber abgedichtet wurden, kam es bei S. zu einer chronischen Quecksilbervergiftung mit|vielfältigen Beschwerden (Bronchialerkrankungen, Gehbehinderungen, zeitweise fast vollständiger Gedächtnisverlust etc.). Erst 1924 erkannte er deren wahre Ursache und stellte danach umfangreiche Versuche zur Bestimmung des Quecksilbergehalts in der Laborluft und zur Vermeidung von Quecksilberemissionen an.
1915 nahm S. einen Ruf an die Univ. Münster an, trat aber die Stelle nicht an, sondern zog es vor, im selben Jahr als Nachfolger von →Richard Willstätter (1872–1942) an das KWI für Chemie in Berlin-Dahlem zu gehen. Da das Institut 1916 dem von →Fritz Haber (1868–1934) geleiteten KWI für Physikalische Chemie und Elektrochemie angegliedert wurde, befaßte sich S. fortan mit der Entwicklung chem. Kampfstoffe (1917 Mitgl. d. Ks. Wilhelm-Stiftung f. kriegstechn. Wiss., Vorsitz seit Febr. 1918). Nach Kriegsende setzte S. an seinem nun wieder eigenständigen KWI, zu dessen Direktor er 1921 ernannt wurde, seine früheren Forschungen fort und übernahm Anfang 1922 zudem den Lehrstuhl für anorgan. Chemie an der Univ. Berlin. Den bereits in Breslau begonnenen und in Berlin fortgesetzten Arbeiten S.s verdankt man die Kenntnis der Stoffklassen der Silane, der Siloxane und der Silicone. Neben der Namensgebung für bestimmte Verbindungsklassen des Bor und Siliziums stammen von S. auch die bis heute übliche Bezeichnung der Wertigkeitsstufe eines Elements mit röm. Zahlen (z. B. Eisen-II-chlorid) und der Begriff „Ligand“ für ein komplex gebundenes Atom oder Molekül (Einige Nomenklaturfragen d. anorgan. Chemie, in: Zs. f. angew. Chemie 32, 1919, S. 373).
1926 nahm S. einen Ruf an die TH Karlsruhe an (Rektor 1929/30). Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit verlagerte sich nun auf die Verfeinerung der Nachweismethoden von Quecksilber in der Raumluft und die Erforschung der Giftwirkung von Quecksilberdampf. 1932 führte ihn eine Gastprofessur an die Cornell-Univ. (Ithaka, New York), 1934 nahm er am „Mendeleew Kongreß“ in Moskau und Leningrad teil. Seit 1936 aus gesundheitlichen Gründen im Ruhestand, setzte S. seine Quecksilberstudien in einem kleinen Labor in Berlin fort. 1943 brach er seine Arbeiten ab und übersiedelte nach Bad Warmbrunn (Schlesien), das er Ende Febr. 1945 kriegsbedingt verlassen mußte und nach Aken nahe Dessau gelangte, wo er nach Kriegsende verstarb.
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Auszeichnungen
A Mitgl. d. Ver. Dt. Chemiker (1908, Mitgl. d. Vorstands 1917, dann stellv. Vors., Vors. 1926, Ehrenmitgl. 1930), d. Dt. Chem. Ges. (1897, Präs. 1936– 38), d. Leopoldina (1926) u. d. Heidelberger Ak. d. Wiss. (1929);
ausw. wiss. Migl. d. KWI f. Chemie (1926);
Ehrenmitgl. d. Physikal. Ver. (1931) u. d. Ver. österr. Chemiker (1938). -
Werke
mehr als 270 wiss. Publl. u. a. Über e. quantitative Trennung d. Arsens v. Antimon, in: Berr. d. Dt. chem. Ges. 30, 1897, S. 949 f. (Diss.);
Über d. Arbeiten mit verflüssigten Gasen, ebd. 36, 1903, S. 895 f.;
Ein einfaches u. empfindliches Thermometer f. tiefe Temperaturen, ebd. 39, 1906, S. 2066 (mit C. Nielsen);
Über d. Darst. d. Borstickstoffs u. d. Calciumborids, ebd. 41, 1908, S. 2095 f. (mit W. Holle);
Die Nomenklatur d. Silicium- u. Borverbindungen, ebd. 49, 1916, S. 108 f.;
Bor- u. Siliciumchemie, Die experimentelle Erforsch. leichtflüchtiger Stoffe, ebd. 54 (A), 1921, S. 142 f.;
Die Darst. d. Berylliums, ebd. 58, 1925, S. 1571;
Zur mikrometr. Bestimmung kleinster Quecksilbermengen, in: Zs. f. angew. Chemie 46, 1933, S. 62;
Ultra-Strukturchemie, 1920, ²1920, span. 1922, engl. 1923, russ. 1924;
Hydrides of Boron and Silicon, 1933;
– Teilnachlässe:
Archiv z. Gesch. d. MPG, Berlin: Archiv d. Karlsruher Inst. f. Technol. -
Literatur
Zs. f. anorgan. u. allg. Chemie 253, 1947, S. 116;
E. Wiberg, in: Chem. Berr. 83, 1950, S. XIX–LXXVI (W-Verz., P);
Nachrr. aus Chemie u. Technik 5, 1957, S. 232 f. (P);
A. Neubauer, „You, a man of high intelligence . . .“, Über d. Antisemitismus d. A. S., in: Aus Wiss.gesch. u. -theorie, Hubert Laitko z. 70. Geb.tag (…), hg. v. H. Kant, 2005, S. 277–87;
E. Farber (Hg.), Great Chemists, 1961, S. 1423–32;
Lex. Naturwiss. (P);
Lex. bed. Naturwiss. (P);
DSB;
Pogg. IV–VII a. -
Autor/in
Claus Priesner -
Zitierweise
Priesner, Claus, "Stock, Alfred" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 364-365 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119368595.html#ndbcontent