Riecke, Eduard
- Lebensdaten
- 1845 – 1915
- Geburtsort
- Stuttgart
- Sterbeort
- Göttingen
- Beruf/Funktion
- Physiker ; Hochschullehrer ; Mathematiker
- Konfession
- keine Angabe
- Normdaten
- GND: 116532726 | OGND | VIAF: 69684304
- Namensvarianten
-
- Riecke, Eduard
- Riecke, Carl Viktor Eduard
- Riecke, E.
- Riecke, Karl Viktor Eduard
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Riecke, Eduard
Physiker, * 1.12.1845 Stuttgart, † 11.6.1915 Göttingen.
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Genealogie
V Viktor Adolf v. R. (1805-57), prakt. Arzt in S., o. Mitgl. d. statist.-topograph. Bureaus, 1850 Hofarzt, 1853 Obermed.rat (s. ADB 28; BLÄ), S d. Johann Victor;
M Julie Jäger;
⚭ Henny, T d. →Karl Boedeker (1815–95), ao. Prof. d. pharmazeut. Chemie in G. (s. Pogg. I-III);
1 S, 1 T. -
Biographie
R. besuchte das Gymnasium und Polytechnikum in Stuttgart. 1866 begann er das Studium der Mathematik und der Experimentalphysik in Tübingen, u. a. bei →Carl Neumann und →Eduard Reusch, der sein Interesse auf die Kristallphysik lenkte. 1869 schloß er sein Studium ab und wurde Mathematiklehrer in Stuttgart, 1870 erhielt er ein Promotionsstipendium an der Univ. Göttingen, wurde jedoch kurz darauf zum Kriegsdienst eingezogen, den er in der Garnison Ulm ableistete. Anschließend setzte er seine Studien bei dem Mathematiker →Alfred Clebsch und den Physikern →Wilhelm Weber (1804–91) und →Rudolf Kohlrausch fort und wurde 1871 bei Weber mit einer Arbeit „Über die Magnetisierungszahl des Eisens für schwach magnetisierende Kräfte“ promoviert. Im selben Jahr erhielt er die Venia legendi für Physik, wurde 1873 Extraordinarius und 1881 als Nachfolger Webers o. Professor für Physik.
R.s wissenschaftliche Arbeiten umfassen eine Vielzahl von Themen. Bereits in seiner Dissertation wies er nach, daß schwache Magnetfelder die Magnetisierungszahl des Eisens verändern, diese also nicht unabhängig von äußeren Feldern ist, wie →Franz Neumann (1798–1895) postuliert hatte. Auch seine Untersuchungen über Pyro- und Piezoelektrizität sowie Luftelektrizität gehören zu diesem Themenkreis. Um 1885 führte R. hydrodynamische, seit etwa 1890 auch thermodynamische Untersuchungen aus, deren Methoden er in ähnlicher Weise wie Josiah Willard Gibbs auf physikochemische Fragestellungen anwandte. Besonders bemerkenswert ist eine Arbeit, in der er die Muskelkontraktion im lebenden Organismus anhand thermodynamischer Potentiale analysierte (Thermodynamik d. Turmalins u. mechan. Theorie d. Muskelcontraction, in: Annalen d. Physik 49, 1893, S. 430-58). Der Schwerpunkt von R.s Forschungen lag auf der Festigung der Partikelkonzeption der Elektrizität, die schon sein Lehrer →Weber vermutet hatte. Bei|Versuchen mit Geissler-Röhren konnte er 1899 nachweisen, daß von der Kathode negativ geladene Teilchen abgegeben werden, deren Ladung unabhängig vom Kathodenmetall gleich bleibt. R. entwickelte eine Theorie der Elektronenleitung in Metallen, wonach die Atome in einer Gitterstruktur angeordnet sind und Elektronen abgeben, die sich innerhalb des Gitters bewegen. Er übertrug den Begriff der freien Weglänge aus der Gastheorie auf die Elektronenbewegung und belegte die fundamentale Bedeutung des Wiedemann-Franz-Gesetzes für die Bestimmung der Leitfähigkeit. Sein Schüler Paul Drude (1863–1906) konnte R.s Theorie auch quantitativ absichern. Hendrik Antoon Lorentz (1853–1928) entwickelte R.s Konzept weiter, das 1927/28 durch das quantenmechanische Modell von Arnold Sommerfeld (1868–1951) ersetzt wurde.|
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Auszeichnungen
korr. Mitgl. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (1909);
Geh. Reg.rat;
Dr. sc. h. c. (Cambridge). -
Werke
Weitere W Über d. elektr. Elementargesetze, in: Ann. d. Physik 11, 1880, S. 278-315;
Über d. elektromagnet. Rotation e. Flüssigkeit, ebd. 25, 1885, S. 496-511;
Über d. Pyroelektrizität d. Turmalins, ebd. 28, 1886, S. 43-80, 40, 1890, S. 264-306;
Moleculartheorie d. piëzoelectrischen u. pyroelectrischen Erscheinungen, ebd. 49, 1893, S. 459-86;
Über d. Vertheilung d. freien Elektrizität im Innern e. Geissler’schen Röhre, ebd. 63, 1897, S. 220-33;
Zur Theorie d. Galvanismus u. d. Wärme, ebd. 66, 1898, S. 353-89, 545-81;
Über d. Verhältnis d. Leitfähigkeiten d. Metalle f. Wärme u. Elektricität, ebd. NF 2, 1900, S. 835-42;
Ist d. metall. Leitung verbunden mit e. Transport v. Metallionen?, in: Physikal. Zs. 2, 1901, S. 639;
Bohrs Theorie d. Serienspektren v. Wasserstoff u. Helium, ebd. 16, 1915, S. 222-27;
Über einige Eigenschaften d. Radiumatoms, in: Göttinger gelehrte Nachrr. 1907, S. 163-70;
– Mithg.:
Physikal. Zs., seit d. Gründung 1899. -
Literatur
W. Voigt, in: Physikal. Zs. 16, 1915, S. 219-21;
A. Sommerfeld, in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss. 1916, S. 115-18;
E. T. Whittaker, A History on the Theories of Aether and Electricity, 1960, I, Kap. 11;
Pogg. III-VI, VII a Suppl.;
DSB XI. -
Autor/in
Claus Priesner -
Zitierweise
Priesner, Claus, "Riecke, Eduard" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 562-563 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116532726.html#ndbcontent