Remak, Robert
- Dates of Life
- 1888 – 1942
- Place of birth
- Berlin
- Place of death
- Auschwitz
- Occupation
- Mathematiker ; Nationalökonom
- Religious Denomination
- jüdisch
- Authority Data
- GND: 116435615 | OGND | VIAF: 8814579
- Alternate Names
-
- Remak, Robert
- Remach, Robert
- Remak, Robert Erich
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Remak, Robert
Mathematiker und Nationalökonom, * 14.2.1888 Berlin, † 1942 Auschwitz. (jüdisch)
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Genealogy
V →Ernst Julius (1849–1911), Prof. d. Neurol. in B., S d. →Robert (s. 1);
M Martha, T d. →Albert Hahn (1824–98), Großindustr. (s. NDB VII);
⚭ (wahrscheinl. 1939/40 ⚮) Hertha N. N., bemühte sich vergebl. um e. Visum f. d. USA, emigrierte aber nicht mit R. in d. Niederlande; wohl kinderlos. -
Biography
Nach dem Studium der Mathematik und Physik in Berlin, Marburg, Göttingen und Freiburg (Br.) wurde R. 1911 bei →Ferdinand G. Frobenius (1849–1917) in Berlin mit der Arbeit „Über die Zerlegung der endlichen Gruppen in direkte unzerlegbare Faktoren“ (Journal f. Math. 139, 1911) promoviert. Zwei Habilitationsversuche R.s, der fachlich hochangesehen war, aber persönlich als schwierig galt, scheiterten in Berlin 1919 und 1923, ebenso Bemühungen in Göttingen aufgrund der Abneigung David Hilberts (1862–1943) gegen R.s Umgangsformen. 1929 erhielt R. mit der Habilitationsschrift „Über minimale invariante Untergruppen in der Theorie der endlichen Gruppen“ (Journal f. Math. 162, 1930) die Lehrbefugnis als Privatdozent, ermöglicht durch den Meinungswechsel von Richard v. Mises (1883–1953). Gutachter im Habilitationsverfahren waren Issai Schur (1875–1941) und →Erhard Schmidt (1876–1959), die im Dez. 1927 auch die Habilitationsschrift von →Johann Neumann v. Margitta (1903–57, später John v. Neumann) begutachtet hatten, dessen bahnbrechende Analyse eines langfristigen Wachstumsgleichgewichts (1937) entscheidende Impulse durch R. erhielt. Die von Mises durchgesetzte Beschränkung der Lehrbefugnis auf die reine Mathematik blieb unwirksam, da R. in den folgenden Jahren zusätzlich zu seinen math. Veranstaltungen über die Geometrie der Zahlen, endliche Gruppen, u. a. regelmäßig Vorlesungen über Versicherungsmathematik sowie die Einführung in die Mathematik für Nationalökonomen abhielt.
Aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ wurde R. 1933 die Lehrbefugnis entzogen. Ende 1938 für zwei Monate im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert und mißhandelt, konnte er im April 1939 in die Niederlande emigrieren. Im Mai 1942 wurde R. in Amsterdam festgenommen und nach Auschwitz deportiert, wo er vermutlich noch im selben Jahr ermordet wurde.
R.s mathematische Verdienste beziehen sich v. a. auf die Gruppentheorie, die Geometrie der Zahlen und die Algebra (Merzbach 1992). In der Gruppentheorie erforschte er als erster die Grundeigenschaften sog. direkter Produkte. In der Zahlentheorie griff er v. a. einen von →Hermann Minkowski (1864–1909) formulierten Satz über das Produkt inhomogener Linearformen auf und verallgemeinerte ihn. R.s wissenschaftliches Werk, das 36 in führenden Fachzeitschriften veröffentlichte Beiträge umfaßt, konzentriert sich in bemerkenswerter Geschlossenheit auf Fragen der Zerlegung und Reduzierbarkeit sowie auf Verfahren wirksamer Rechenbarkeit.
Zwei Arbeiten (1929/33) beziehen sich auf die Anwendung der Mathematik in der Ökonomie. Hier setzt sich R. vor dem Hintergrund der „sozialistischen Kalkulationsdebatte“ mit der Frage der (In-)Effizienz des Preisbildungsprozesses in Kapitalismus und Sozialismus auseinander und entwickelt sein Konzept der „superponierten Preissysteme“. Lange weitgehend unbeachtet, sind diese Ansätze in jüngerer Zeit verstärkt diskutiert worden (Kurz/Salvadori 1995, S. 397 ff.), seit 1968 eine teilweise engl. Übersetzung erfolgte und Wittmann 1967 R. als Vorläufer der modernen Aktivitätsanalyse identifizierte, für die Leonid Kantorovich und Tjalling Koopmans 1975 den Nobelpreis erhielten.
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Works
u. a. Verallgemeinerung e. Minkowskischen Satzes I u. II, in: Math. Zs. 17, 1923, S. 1-34.18, 1923, S. 173-200;
Kann d. Volkswirtsch.lehre e. exakte Wiss. werden?, in: Jbb. f. Nat.ök. u. Statistik 131, 1929, S. 703-35 (teilw. engl. Übers. in: W. J. Baumol. S. M. Goldfeld, Precursors in Mathematical Economics, An Anthology, 1968, S. 271-77);
Über d. Darst. d. endl. Gruppen als Untergruppen direkter Produkte, in: Journal f. d. reine u. angewandte Math. 163, 1930, S. 1-44;
Elementare Abschätzungen v. Fundamentaleinheiten u. d. Regulators e. algebra. Zahlkörpers, ebd. 165, 1931, S. 159-79;
Können superponierte Preissysteme praktisch berechnet werden?, in: Jbb. f. Nat.ök. u. Statistik 138, 1933, S. 839-41;
Über d. Euklidischen Algorithmus in reell-quadrat. Zahlkörpern, in: J.ber. d. Dt. Math.-Vereinigung 44, 1934, S. 238-50;
Über Größenbeziehungen zw. Diskriminante u. Regulator e. algebra. Zahlkörpers, in: Compositio Math. 10, 1952, S. 245-85. -
Literature
J. v. Neumann, Über e. ökonom. Gleichungssystem u. e. Verallgemeinerung d. Brouwerschen Fixpunktsatzes, in: Ergebnisse e. math. Kolloquiums, hg. v. K. Menger, VIII, 1937, S. 73-83 (engl. u. d. T.: A Model of General Economic Equilibrium, in: Review of Economic Studies 13, 1945, S. 1-9);
W. Wittmann, Die extremale Wirtsch., R. R., Ein Vorläufer d. Aktivitätsanalyse, in: Jbb. f. Nat.ök. u. Statistik 180, 1967, S. 397-409;
M. Pinl, Kollegen in e. dunklen Zeit, Jberr. d. Dt. Math.-Vereinigung 74, 1969, S. 167-228 (W-Verz.);
H. Behnke, Semesterberr., 1978, bes. S. 39-41;
K.-R. Biermann, Die Math. u. ihre Dozenten an d. Berliner Univ. 1810-1933, 1988;
U.-C. Merzbach, R. R. and the Estimation of Units and Regulators, in: S. S. Demidov u. a. (Hg.), Amphora, 1992, S. 481-522 (W-Verz.);
H. D. Kurz u. N. Salvadori, Theory of Production, 1995;
N. Schappacher, The Nazi Era, The Berlin Way of Politicizing Mathematics, in: H. G. W. Begehr (Hg.), Mathematics in Berlin, 1998, S. 127-36;
Pogg. V-VII a;
H. D. Kurz, in: BHdwE. -
Author
Harald Hagemann -
Citation
Hagemann, Harald, "Remak, Robert" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 411-412 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116435615.html#ndbcontent