Schrammel
- Lebensdaten
- unbekannt
- Beruf/Funktion
- Musiker
- Konfession
- katholisch
- Normdaten
- GND: 129099910 | OGND | VIAF: 47832064
- Namensvarianten
-
- Schrammel
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Schrammel
Musikerfamilie. (katholisch)
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Biographie
Das Wirken der Wiener Musikerfamilie Schrammel stellt einen ersten Höhepunkt in der Geschichte der Wiener Volksmusik des 19. Jh. dar. Der legendäre Ruf der beiden Brüder →Johann (Hanns) (1850–93) und →Josef (1852–95) führte zu dem einzigartigen Phänomen, daß mit dem später eingebürgerten Begriff „Schrammelmusik“ ein Familienname zur Gattungsbezeichnung wurde.
Der Vater der beiden, →Kaspar (1811–95), von Beruf Weber, übersiedelte mit seinem Sohn →Konrad (1833–1905) 1846 aus dem niederösterr. Waldviertel in den Wiener Vorort Neulerchenfeld und war hier als Klarinettist und „Musikdirektor“ tätig. Seiner Beziehung zu der Volkssängerin →Aloisia Ernst (um 1831–81), seiner späteren Frau, entstammten die beiden Söhne Johann und Josef, die bereits 1861 erstmals als Geiger mit dem Vater öffentlich auftraten. Im Gegensatz zu Konrad, der auf der Basis eines Invalidenpatents als lizenzierter Drehorgelspieler tätig war, erlangten sie große Bedeutung für die Musikgeschichte Wiens. Beide besuchten das Wiener Konservatorium und gründeten nach verschiedenen Auftritten in Orchestern und Volksmusikensembles 1878 gemeinsam mit dem Kontragitarristen →Anton Strohmayer (1848–1937) ein Terzett, mit dem sie im Heurigenort Nußdorf auftraten, bald größtes Aufsehen in allen musikinteressierten Kreisen der Stadt erregten und im Volksmund nur noch als „die Schrammeln“ bezeichnet wurden. Noch stärker überstrahlte ihr Ruf den der vielen anderen Volksmusikgruppen, als sie seit 1884 mit dem G-Klarinettisten →Georg Dänzer (1848–93) im Quartett auftraten. Höhepunkte ihrer Karriere waren 1886 das Engagement auf Empfehlung von →Johann Strauß Sohn anläßlich der Feier des 100. Konzerts des Dirigenten der Wiener Philharmoniker →Hans Richter (1843–1916) und das 25-jährige Musikerjubiläum sowie 1887 die Auftritte in Schloß Orth und Mayerling auf Einladung des Kronprinzen Rudolf, ferner ihre Konzertreisen durch Deutschland und weite Bereiche der österr.-ungar. Monarchie. Neben der nach Augenzeugenberichten überragenden Virtuosität des Ensembles, in dem Josef die|erste Violine spielte, bestachen die Brüder S. v. a. durch ihr für den spezifischen Klang des Quartetts verfaßtes Kompositionswerk, das alle Bereiche der Wiener Volksmusik und der Ballmusik umfaßte und bis zum heutigen Tag einen Kernpunkt des Repertoires der Wiener Schrammelquartette bildet. So schrieb Johann den Marsch „Wien bleibt Wien“, der über die Schrammelmusik hinaus internationale Bedeutung erlangte, aber auch andere beliebte Märsche, Walzer, Polkas, Tänze und Lieder. Die Kompositionen von Josef sind geringer an Zahl, aber nicht minder an Qualität. Nicht zuletzt erreichten die Brüder auch durch geschickte Vermarktung eine Dominanz über die möglicherweise gleichwertigen Konkurrenten (z. B., „D' Grinzinger“, „Gebr. Butschetty“). Großes Verdienst kommt Johann auch durch die Herausgabe von drei Heften „Alte oesterreichische Volksmelodien“ 1888/89 anläßlich des 40jährigen Regierungsjubiläums von Ks. →Franz Joseph I. zu. 1891 wurde im Quartett nach dem Ausscheiden von Georg Dänzer die Klarinette durch die Altwiener Knopfharmonika, gespielt von →Anton Ernst (1861–1931), ersetzt. Nach dem Tod von Johann führte Josef das Quartett bis zu seinem Tod als „D' Schrammeln“ weiter. Seither hat sich der Begriff „Schrammeln“ für Besetzungen dieser Art erhalten. Nur Johanns ältester Sohn →Hans (1875–1933) setzte die Familientradition mit einem unter vielen anderen Schrammelquartetten fort.
Besondere postume Wertschätzung erfuhren die Brüder S. 1943, als anläßlich des 100. Geburtstages von Johann die ersten Biographien erschienen und der Unterhaltungsfilm „Schrammeln“ (UA 1944) die Lebensgeschichte der Brüder, allerdings in keineswegs authentischer Form, an eine breite Öffentlichkeit herantrug. In den 1960er Jahren nahmen sich Musiker der großen sinfonischen Orchester Wiens der Werke der Brüder S. an und leiteten damit eine Renaissance der Schrammelmusik ein, die bis heute anhält.
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Werke
zu Johann: Märsche: Dornbacher Hetz;
Kunst u. Natur;
Wiener Künstler;
Kronprinz Rudolf;
– Walzer:
Weana Gmüath;
Wie der Schnabel g'wachsen is;
Im Wiener Dialekt;
Dichterworte;
– Tänze u. Liedfolgen:
Wiener Heurigen-Tänze;
D-Lieder;
– Csárdás:
Eljen a Stefany;
– Walzeridyll:
Morgengruß;
– Polkas:
Busserl-Polka;
Die Pötzleinsdorferin: Polka mazur: Frühlingsgruß an Pauline;
Scherzpolka: Im Kaffeehaus;
– Galopp:
Wiener Fiaker;
– Lieder:
Der Schwalbe Gruß;
Was Oesterr. is';
Unser Nachwuchs;
Die Dankbarkeit;
Der Frieden auf d. Welt;
– zu Josef:
u. a. Walzer: Die Nußdorfer;
– Tänze:
Wiener Tänze;
– Polkas:
Pester-Polka; Antonietten-Polka; Polka française: Bei guter Laune;
– Lieder:
Der Weaner is allweil leger;
Vindobona die Perle v. Österr.!: Mit Herz und Sinn für unser Wien;
– W-Verz.:
A. Bock u. W. Deutsch, Das Werk d. Brüder S., Folge 1: Die Märsche, 1. Lfg., 1993;
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Nachlass
Nachlaß: M. Peche u. H Wetscherek (Bearb.), Josef S., Gründer d. S.quartetts, Kommentiertes Nachlaßverz., 2000.
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Literatur
E. Pötzl, Außer der Lina (Volkssänger- u. Heurigenstudie), in: Jung-Wien. Allerhand wiener. Skizzen hochdt. u. in der Muttersprach', 1885;
E. Merkt, Wiesberg, Sioly u. H. S., Biogr. Studie, Wien o. J.;
H. Mailler. S.-Quartett. 1943 u. 1945 (P);
R. A. Moissl. Die S.-Dynastie, 1943;
H. Golling, Die S. u. andere Wiener aus d. guten, alten Zeit, 1947;
B. F. Sinhuber, Dasgr. Buch vom Wiener Heurigen, 1980 u. 1996 (P);
K. Dieman, Schrammelmusik, 1981 (P);
W. Deutsch, Johann u. Josef S., in: G. Kraus (Hg.), Musik in Österr., 1989;
M. Egger, Die S. in ihrer Zeit, 1989 (P);
H. Kretschmer, Vier Musiker aus d. Vorstadt, Das S.-Quartett, Ausst.kat. d. Bezirksmus. Hernals u. d. Wiener Stadt- u. Landesarchivs, Wien 1993;
E. Weber, Schene Liada – harbe Tanz, Die instrumentale Volksmusik u. d. Wienerlied, in: E. Th. Fritz u. H. Kretschmer (Hg.), Wien, Musikgesch., 2005;
MGG;
New Grove² (zu Johann);
Hist. Lex. Wien;
R. Flotzinger (Hg.), Österr. Musiklex., IV, 2005. -
Autor/in
Ernst Weber -
Zitierweise
Weber, Ernst, "Schrammel" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 517-518 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129099910.html#ndbcontent