Spies, Georg
- Lebensdaten
- 1861 – 1926
- Geburtsort
- Moskau
- Sterbeort
- Zittau (Sachsen)
- Beruf/Funktion
- Großkaufmann ; Fabrikant ; Kaufmann
- Konfession
- evangelisch-reformiert
- Normdaten
- GND: 124565247 | OGND | VIAF: 23077621
- Namensvarianten
-
- Spies, Georg
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Spies, Georg
1861 – 1926
Großkaufmann, Fabrikant
Georg Spies betrieb seit 1889 in Moskau die Gesellschaft der Rotfärbereifabrik Franz Rabeneck sowie weitere Firmen und stieg in das Erdölgeschäft ein. Zwischen 1897 und 1901 besaß er mehrere Erdölunternehmungen im Kaukasus und war um 1900 einer der führenden Unternehmer Moskaus und des Russischen Reichs. Nach dem teilweisen Verkauf seiner Erdölunternehmen 1901 war er von 1904 bis 1910 in Erdölfragen Berater der Deutschen Bank, für die er sehr große internationale Petroleumunternehmen wie die rumänische Steaua Romana und die Europäische Petroleum-Union m.b.H. leitete.
Lebensdaten
Geboren am 8. Dezember 1861 in Moskau Gestorben am 17. November 1926 in Zittau (Sachsen) Grabstätte Trinitas-Friedhof in Dresden Konfession evangelisch-reformiert Georg Spies (InC) -
Autor/in
→Wolfgang Sartor (Traben-Trarbach)
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Zitierweise
Sartor, Wolfgang, „Spies, Georg“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.03.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/124565247.html#dbocontent
Spies besuchte Gymnasien in Moskau und in Dresden, wo er 1879 das Einjährigen-Zeugnis erhielt, und trat nach einer Weberei- und Kaufmannslehre 1882 in Dresden in die väterliche Firma ein, wo er die dortige Filiale der St. Petersburger Tabakfabrik Compagnie Laferme führte. 1889 übersiedelte er nach Moskau, wo ihm sein Vetter Ernst Spies (1849–1917), der seit 1881 das Unternehmen Gesellschaft der Rotfärbereifabrik Franz Rabeneck führte, den Erdöltransport auf der Wolga in Nischnij-Nowgorod (Russland) übertrug, der mit den Petroleumunternehmen der Pariser Bank Rothschild geführt wurde. 1890 übernahm Spies auch die übrigen Unternehmen der Familie von Ernst Spies, der fortan nur noch seine Aktiengesellschaft der Kutim und Wischera-Bergwerke betrieb. Den Erdöltransport verkaufte Spies 1892 an BraNobel, die Erdölfirma der Gebrüder Nobel.Er führte erfolgreich die Gesellschaft der Rotfärbereifabrik Franz Rabeneck und gründete 1892 ein eigenes Unternehmen, Spies, Stucken & Co., mit seinem Bruder Leon Spies und Daniel Stucken (1863–1928). Dazu gehörten die Gesellschaft der Myschega- und Tscherepeter Bergwerke, die er 1898 mit der in Russland tätigen belgischen Hüttengesellschaft Hauts-Fourneaux de Toula fusionierte. Daneben besaß Spies eine Ziegelfabrik sowie eine Einrichtung für Torfgewinnung und handelte u. a. mit Metallerzeugnissen, Ausrüstung von Metallurgiefabriken, Textilchemie, Baumwolle, Garn, Tee und Erdöl. Seit 1889 war er in der Nachfolge seines Vaters, wenn auch in geringerem Umfang, sozial-karitativ engagiert und spendete u. a. 1898 für den Bau des neuen Evangelischen Armenhauses in Moskau.
Seit Ende der 1890er Jahre investierte Spies massiv in die kaukasisch-tschetschenische Erdölförderung. Nach einem ersten Misserfolg gründete er mit den Londonern Erdölmaklern Wilhelm Ofenheim von Ponteuxin (1860–1932), Frederick Lane (1851–1926) und Calouste Gulbekian (1869–1955) das Terek Syndicate Ltd. Den Höhepunkt seiner Moskauer geschäftlichen Aktivitäten stellte 1900 die Gründung der Spies Petroleum Company Ltd. dar, die die kaukasischen Terrains übernahm und in der Folge eines der größten russischen Erdölunternehmen wurde (1914 über 15 Millionen Rubel Kapital); dazu kam noch das kleinere Kazbek Syndicate.
1899 fielen die Aktien der Hauts-Forneaux de Toula, die einen großen Teil des Grundkapitals von Spies darstellten. Ein Preisverfall bei Petroleum führte 1899 zum Bankrott der Firma Spies, Stucken & Co., die liquidiert wurde; Spies Petroleum Co. wurde 1902 zur Schuldendeckung verkauft. Spies rettete lediglich das Kazbek-Syndicate in Grosny (Russland, heute Tschetschenien, Russland). Auf der Suche nach Kapital wandte er sich 1904 in Berlin an die Deutsche Bank AG, deren Direktor Arthur von Gwinner (1856–1931) ihm neben der Gewährung eines Kredits auch den Posten des Generaldirektors der von der Deutschen Bank erworbenen rumänischen Erdölgesellschaft Steaua Romana anbot und übergab. Im Konkurrenzkampf mit John D. Rockefeller Sr. (1839–1937) und dessen Standard Oil Company gründete die Deutsche Bank 1906 mit Emanuel Nobel (1859–1932) und dessen Unternehmen Gebrüder Nobel (BraNobel) und den Ölunternehmen Batumer Erdölindustrie- und Handelsgesellschaft der Pariser Rothschilds eine größere Verkaufsgemeinschaft, die Europäische Petroleum-Union (E.P.U). An den Planungen dieser Unternehmensstrategie hatte Spies entscheidenden Anteil. Mit der Tätigkeit für diese internationalen Großunternehmen, wozu noch die von der E.P.U gegründeteBritish Petroleum Co. Ltd. (B.P.) kam, sowie der Leitung der Steaua Romana 1904 und der E.P.U. 1906 jeweils als Generaldirektor begann für Spies eine neue Karriere.
1909 kam es zu persönlichen Verstimmungen mit den Direktoren der Deutschen Bank, weshalb Spies 1910 als Generaldirektor der EPU und der anderen Gesellschaften zurücktrat. Er zog nach St. Petersburg zurück, wo er bis 1911/12 den Energiekonzern Produgol führte, der 75 % der russischen Kohleproduktion kontrollierte. Von 1912 bis 1914 war er Direktor mit einer Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft Emba in London zur Förderung des Erdöls im Südural.
Im Ersten Weltkrieg emigrierte Spies nach Rumänien und arbeitete an der deutschen Botschaft in Bukarest; er hatte enge Beziehungen zu König Carol I. (1839–1914). Nach der Besetzung durch Deutschland 1916 befasste er sich im Auftrag der deutschen Regierung im Stab des Generalfeldmarschalls August von Mackensen (1849–1917) als Sachverständiger für die Wiederherstellung der rumänischen Erdölindustrie mit besonderer Unterstützung durch General Erich Ludendorff (1865–1937).
1920 eröffnete Spies in Berlin die Firma Georg Spies G.m.b.H., die in Helsinki eine Filiale hatte und Erdölgeschäfte betrieb. Er hatte auch Geschäftskontakte mit der Regierung der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR), die ihm eine Zusammenarbeit anbot, was er jedoch ablehnte. Er lebte in Deutschland, reiste geschäftlich viel und besuchte 1921 Petrograd und Moskau. 1926 lebte er in einem Sanatorium in Zittau (Sachsen).
1887–1998 | Vorsitzender des Verbandes Deutscher Zigartettenfabriken |
1890–1918 | Mitglied des Evangelischen Hülfsvereins, Moskau |
1898 | Mitglied des Vereins der Angehörigen des Deutschen Reichs, St. Petersburg |
Nachlass:
Privatarchiv Spies, Traben-Trarbach (im Besitz v. Wolfgang Sartor, enthält u. a. Nachlässe von Robert Julius Spies, Ernst Spies u. Georg Spies; zahlreiche Dokumente von Unternehmen in Russland: Rotfärbereifabrik Franz Rabeneck in Bolschewo, Tabakfabrik Laferme, Ural-Aktiengesellschaft der Kutim und Wischera-Bergwerke, Moskauer Metallfabrik in Moskau, Korkfabrik Arps & Co. in Odessa und Liège, Emba Caspian Oil Company Ltd. (1912–1914); Georg Spies, Erinnerungen Rumänien 1914–1918, unveröffentliches Manuskript, Dokumente aus Deutschland und umfangreiche Korrespondenz 1870–1905, Familien-Archiv Spies, Verein der Familie Spieß und Spies, Siegen, Rudolf Spies, Lebens-Erinnerungen 1874–1914, 1915 (Manuskript).
Weitere Archivmaterialien:
Russisches Staatliches Historisches Archiv, St. Petersburg, F. 23, op. 24, d. 733, op. 25, d. 204, d. 414, op. 28: d. 353, d. 1719; F. 37, op. 67, d. 1202; F. 626, op. 1, d. 463, d. 598; F. 626, op. 1, d. 598; F. 1458, op. 1, d. 1747.
Archiv der Deutschen Bank, Frankfurt am Main, S 1633 u. 1635.
Centre des Archives du Monde du Travail, Roubaix, Archiv Banque Rothschild (ABR), 132 AQ 201.
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 901, 3093–3099.
Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Bonn.
Manuscript Department der Universitätsbibliothek Nottingham, Archive Brandt.
Archive Kleinwort & Benson, Guildhall Library, London.
Archive der London School of Economics, Brandt Accounts.
Public Record Office, London.
Finnisches Nationalarchiv, Helsinki.
Gedruckte Quellen:
Wsja Moskwa Adresnaja i sprawotschnaja Kniga [Ganz Moskau Adress - und Auskunftsbuch], 1896, 1897, IV, S. 5, 141, 184–186, 189, 190, 214, 324, 326, 328, 424, 434, 437, 519, 1899, S. 617, 906, 1075, 1124–1126, 1131, 1163, 1288, 1403 u. 1420.
XXV izdanija Adres-kalendar gor. Moskwy [Adress-Kalender der Stadt Moskau], 1896, S. 531 u. 615.
Adres-Sprawotschnik g. Moskwy XXVI-god [Adress- und Auskunftsbuch der Stadt Moskau im 26. Jahr], 1898, S. 309, 359, 499 u. 508.
Sprawotschinskaja Kniga o litsach, polutschiwschich na 1898 god kupetscheskija swiditel'stwa po 1-j i 2-j gil’djam Moskwe [Auskunftsbuch über die Personen, denen 1898 die kaufmännliche 1.-2. Gildenzugehörigkeit Moskau bestätigt wurde], 1898, S. 53, u. für 1892, 1902, S. 53.
Ves Peterburg Adresnaja i sprawotschnaja kniga g. Sankt-Peterburga na 1912 u. 1913 [Ganz Petersburg Adress - und Auskunftsbuch für 1912 u. für 1913].
Berichte des Kirchenrathes der Evangelisch-Reformierten Kirche in Moskau, für 1891, 1892, S. 20, für 1892, 1893, S. 4 u. 8, für 1900/01, 1901, S. 7 u. 19.
Jahrbuch des Vereins zur Unterstützung mittelloser Deutscher Reichsangehöriger in Moskau 18 (1897), S. 15.
Andreas Zenker, Geschäftiges Russland, Erinnerungen eines Bankiers, hg. u. komm. v. Wolfgang Sartor, 2004.
Nemeckie predprinimateli v Moskwe [Deutsche Unternehmer in Moskau], hg. v. Wolfgang Sartor, 2023.
Erinnerungen eines Auslands-Deutschen, nach der Original-Ausg. v. 1926 u. dem nachgelassenen Original-Manuskript bearb. u. neu hg. v. Wolfgang Sartor, 2002. (P)
Entgegnung auf den Vortrag des Herrn R. Nollenburg, Generaldirektor der Deutschen Erdöl A.G., gehalten am 6. Februar 1913 vor der Reichstags-Kommission zur Beratung des Gesetzes über den Verkehr mit Leuchtöl […], o.J. [1913].
Zwei Denkschriften zum Petroleum-Monopol, 1913.
Die Leuchtöl-Disponibilität für ein Deutsches Petroleum-Monopol: Eine zweite Ergänzung zu: Zwei Denkschriften zum Petroleum-Monopol, 1913.
Die rumänische Petroleum-Industrie und ihre Bedeutung in der Weltwirtschaft. Zwei Vorträge gehalten in Bukarest am 9. und 13. März 1917, 1917.
Aleksandr Nikolaevič Bochanow, Krupnaja buržuazija Rossii konca XIX v-1914g., 1992.
Aleksandr Nikolaevič Bochanow, Delovaja elita Rossii 1914g., 1994.
Wolfgang Sartor, Das Handelshaus Spies. Die Deutsche Unternehmerfamilie Spies in Rußland und Europa 1846–1918, in: Ludmilla Thomas (Hg.), Sibirien. Kolonie, Region, 1996, S. 147–178.
Wolfgang Sartor, Torgowyj dom „Tschpis“ Nasledie dinastii nemetskich predprinimatelej v Rossii, in: Otechestwennaja Istorija 2 (1997), S. 174–183.
Wolfgang Sartor, Die Europäische Petroleum-Union G.m.b.H 1906–1914, in: Klaus Heller (Hg.), Unternehmertum in Rußland, 1998, S. 147–174.
Wolfgang Sartor, Großkaufleute in Rußland. Das Handelshaus Spies von 1846–1917, in: Zeitschrift der Familie Spieß und Spies 9 (1998), H. 12, S. 432–499. (P).
Wolfgang Sartor, Ewropejskij neftjanyj sojuz, in: Rossija na rubezhe XIX-XX vekov, hg. v. Valerij Iwanowitsch Bowykin, 1999, S. 279–293.
Wolfgang Sartor, Georg Tschpis, Nemetskich predprinmatel‘ v Sankt-Peterburge, in: Nemtsy v Rossii russko-nemetskie nautschnye i kul’turnye swjazi, hg. v. Galina Iwanowna Smagina, 2000, S. 375–394.
Zur Familie:
Siegerländer Geschlechterbuch, bearb. v. Gerhard Moisel, 1991, S. 243–266. (P)
Lexikonartikel:
Wolfgang Sartor, Art. „Tschpisy, Nemtsy Rossii“, in: Tri weka Sankt-Peterburga Enciklopedija Dewjatnadtsati vek, Bd. 2,8, hg. v. Wladimir Wasilevitsch Jakovlev, 2011, S. 162 f.
Acht Fotografien in Privatbesitz, Abb. in: „Glück muss man haben im russischen Geschäft“. Das Handelshaus Spies in Rußland 1845–1918, in: Eine Große Zukunft. Deutsche in Rußlands Wirtschaft, hg. v. Dittmar Dahlmann/Klaus Heller/Tamara Igumnowa/Jurij Petrow/Kai Reschke, 1999, S. 198–209.