Globocnik, Odilo
Globocnik, Odilo Lothar Ludovicus
1904 – 1945
SS-Offizier, Leiter der „Aktion Reinhardt“
- Lebensdaten
- 1904 – 1945
- Geburtsort
- Triest
- Sterbeort
- Paternion (Kärnten)
- Beruf/Funktion
- SS-Offizier ; Leiter der „Aktion Reinhardt“ ; Offizier ; Nationalsozialist
- Konfession
- römisch-katholisch, später „gottgläubig“
- Normdaten
- GND: 119166631 | OGND | VIAF: 64811533
- Namensvarianten
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- Globocnik, Odilo Lothar Ludovicus
- Globocnik, Odilo
- Globocnik, Odilo Lothar Ludovicus
- Globocnik, Odilo Lothar Ludwig
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Odilo Globocnik war ein führender österreichischer Nationalsozialist. Seit Ende 1939 SS- und Polizeiführer im Distrikt Lublin, verantwortete er als Leiter der „Aktion Reinhardt“ die Ermordung von etwa 1,8 Millionen Jüdinnen und Juden im Generalgouvernement. Seit Herbst 1943 war er für die Judenverfolgung und Partisanenbekämpfung in der Operationszone Adriatisches Küstenland zuständig.
Lebensdaten
Geboren am 21. April 1904 in Triest Gestorben am 31. Mai 1945 (Suizid) in Paternion (Kärnten) Grabstätte keine Konfession römisch-katholisch, später „gottgläubig“ -
Lebenslauf
21. April 1904 - Triest -
Genealogie
Vater Franz Globočnik 1870–1919 Offizier; Postbeamter Großvater väterlicherseits Franz Johann Globotschnig 1825–1891 aus Neumarktl (heute Tržič, Slowenien); Professor am Realgymnasium in Laibach (heute Ljubljana, Slowenien) Großmutter väterlicherseits Josipina Globotschnig, geb. Stegnar 1845–1923 Mutter Anna Globočnik, geb. Petschinka (Pecsinka) geb. 1870 Großvater mütterlicherseits Wilhelm Petschinka Beamter in Werschetz (heute Vršac, Serbien) Schwester Hildegardis Globocnik 1900–1900 Schwester Lydia Globocnik, verh. Pommerhanz geb. 1901 Schwester Erika von Gail, geb. Globocnik geb. 1909 Heirat 1944 in Klagenfurt Ehefrau Laurentia (Lore) Globocnik, geb. Peterschinegg 1917–1974 Lehrerin; NS-Aktivistin, Gebietsmädelführerin im Bund Deutscher Mädel Schwiegervater Ludwig Peterschinegg Schwiegermutter Laura Peterschinegg Kinder ein Sohn Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Globocnik, Odilo (1904 – 1945)
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Vater
Franz Globočnik
1870–1919
Offizier; Postbeamter
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Großvater väterlicherseits
Franz Globotschnig
1825–1891
aus Neumarktl (heute Tržič, Slowenien); Professor am Realgymnasium in Laibach (heute Ljubljana, Slowenien)
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Großmutter väterlicherseits
Josipina Globotschnig
1845–1923
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Mutter
Anna Globočnik
geb. 1870
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Großvater mütterlicherseits
Wilhelm Petschinka
Beamter in Werschetz (heute Vršac, Serbien)
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Großmutter mütterlicherseits
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Schwester
Hildegardis Globocnik
1900–1900
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Schwester
Lydia Globocnik
geb. 1901
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Schwester
Erika von Gail
geb. 1909
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Heirat
in
Klagenfurt
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Ehefrau
Lore Globocnik
1917–1974
Lehrerin; NS-Aktivistin, Gebietsmädelführerin im Bund Deutscher Mädel
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Biografie
Globocnik stammte aus einem deutschnational orientierten, bürgerlichen Elternhaus, besuchte seit 1910 die Volksschule in Triest und absolvierte von 1915 bis 1919 die Militär-Unterrealschule in St. Pölten. Nach der Übersiedlung der Familie nach Klagenfurt besuchte er bis 1923 die Höhere Staatsgewerbeschule. 1922 verlobte er sich mit Margarete Michner (geb. 1908), der Tochter des Offiziers und Kärtner „Abwehrkämpfers“ Emil Michner (1875–1950), der ihn bis zur Auflösung der Verlobung 1939 beruflich, finanziell und politisch unterstützte.
Nach 1918 schloss sich Globocnik dem Österreichischen „Heimatschutz“ an und trat 1922 der Deutschen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei bei. Von 1924 bis 1930 war er Angestellter der Kärntner Wasserkraftwerke-AG und arbeitete danach bis 1934 als Bauleiter für Hochbauten beim Klagenfurter Stadtbaumeister Robert Rapatz (1890–1964). 1932 wurde er Mitglied der NSDAP und wirkte bis zum Verbot der Partei im Juni 1933 als Propagandaleiter der NS-Betriebszellenorganisation. Nach seiner Entlassung bei Rapatz im April 1934 wegen illegaler politischer Betätigung war er bis 1938 für die verbotene NSDAP aktiv, baute in Kärnten für die SS einen Nachrichten- und Kurierdienst auf und wurde mehrmals inhaftiert. Mit Hubert Klausner (1892–1939) und Friedrich Rainer (1903–1947) gehörte Globocnik zur „Kärntner Gruppe“, die im Februar 1938 die Macht in der zerstrittenen österreichischen NSDAP übernahm und eine zentrale Rolle beim „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich spielte. In der übergangsweise gebildeten Österreichischen Landesregierung ernannte ihn Reichsstatthalter Arthur Seyß-Inquart (1892–1946) am 12. März 1938 zum Staatssekretär für politische Willensbildung – eine Ernennung, der das Reichsinnenministerium aber nicht zustimmte.
Im Mai 1938 wurde Globocnik von Adolf Hitler (1889–1945) zum Gauleiter in Wien ernannt, aufgrund massiver finanzieller und organisatorischer Probleme aber nach acht Monaten wieder abberufen. In seine Zeit als Gauleiter fiel die Durchsetzung der nationalsozialistischen Herrschaft in der zu Groß-Wien erweiterten Stadt, die massenhafte Vertreibung und Beraubung („Arisierung“) der in Wien lebenden Juden sowie die Verhaftung und Verbringung politischer Gegner in Konzentrationslager. Nach mehrmonatiger militärischer Ausbildung in der SS und der Teilnahme am Überfall auf Polen wurde Globocnik von Heinrich Himmler (1900–1945) im November 1939 zum SS- und Polizeiführer (SSPF) im Distrikt Lublin (Generalgouvernement) ernannt. Himmlers Unterstützung für Globocnik, die bis 1945 aufrecht blieb, resultierte auch aus dessen enger Kooperation mit der SS im Vorfeld und während des „Anschlusses“ Österreichs.
In Konkurrenz mit der Zivilverwaltung des Distrikts, insbesondere mit Gouverneur Ernst Zörner (1895–1945) in der Frage der Zuständigkeiten in der deutschen Besatzungs- und Judenpolitik, sicherte sich Globocnik in der Folgezeit erheblichen politischen Einfluss, der weit über die Kompetenzen eines SSPF-Führers hinausreichte. Er wurde dabei von einem Stab langjähriger Weggefährten aus Österreich um Ernst Lerch (1914–1997) unterstützt. Im November 1941 übernahm er zudem die Funktion eines Distriktstandortführers der NSDAP in Lublin.
In seiner Funktion als SSPF wurde Globocnik im November 1940 von Himmler mit der Errichtung von SS- und Polizeistützpunkten beauftragt, die der „Germanisierung“ des Distrikts Lublin dienen sollten. Nachdem dieser Auftrag infolge des Angriffs auf die Sowjetunion auf den gesamten „Ostraum“ ausgeweitet wurde, schuf er im Juli 1941 eine ihm unterstellte „Forschungsstelle für Ostunterkünfte“ in Lublin, die Siedlungsplanungen in den neu eroberten Gebieten der Sowjetunion, aber auch im Distrikt Lublin vornehmen sollte. Im Auftrag Himmlers organisierte Globocnik als Leiter der „Aktion Reinhardt“ seit März 1942 mit seinem Stab die Ermordung von rund 1,8 Millionen Jüdinnen und Juden sowie mehrerer zehntausend Sinti und Roma im Generalgouvernement in den dafür errichteten Vernichtungslagern in Bełżec, Sobibor und Treblinka.
Im August 1943 wurde Globocnik als SSPF abgelöst, nachdem ein unter seiner Leitung ebenso rücksichtslos wie unkoordiniert durchgeführtes „Germanisierungs“-Projekt im Raum Zamość südlich von Lublin zu einem massiven Anstieg des Widerstands der polnischen Zivilbevölkerung geführt hatte. Anschließend von Himmler zum Höheren SS- und Polizeiführer befördert, wurde Globocnik in der nach der Besetzung Italiens neu geschaffenen Operationszone Adriatisches Küstenland eingesetzt, wo er hauptsächlich die Partisanenbekämpfung und Judenverfolgung verantwortete. Auf seine Weisung wurde dafür im Oktober 1943 in Triest das einem Konzentrationslager entsprechende Polizeihaftlager Risiera di San Sabba eingerichtet, in das insgesamt bis zu 25 000 Personen als Juden, Partisanen oder politische Gegner eingewiesen wurden, bis zu 5000 wurden dort getötet.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs versteckte sich Globocnik mit weiteren NS-Funktionären auf einer Almhütte in der Nähe des Weißensees (Kärnten). Von britischen Einheiten am 31. Mai 1945 festgenommen und in ein Schloss nach Paternion gebracht, nahm sich Globocnik noch am selben Tag mit einer Zyankali-Giftkapsel das Leben. Seine Leiche wurde außerhalb eines Friedhofs im Gemeindegebiet von Paternion verscharrt.
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Auszeichnungen
1942 Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse mit Schwertern 1943 Eisernes Kreuz 2. Klasse 1944 Bandenkampfabzeichen in Silber 1944 Kroatischer Orden der Krone des Königs Zvonimir, 1. Stufe mit dem Stern und Schwertern 1945 Deutsches Kreuz in Silber -
Quellen
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 9361-III/526483. (SS-Führungspersonalakten).
Bundesarchiv, Außenstelle Ludwigsburg, Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen, 208 AR-Z 74/60. (Verfahren gegen Georg Michalsen u. a.)
Instytut Pamięci Narodowej, Glówna Komisja Badania Zbrodni Przeciwko Narodowi Polskiemu, Warschau, CA 891. (Der SS- und Polizeiführer im Distrikt Lublin)
Österreichisches Nationalarchiv / Archiv der Republik, Wien, ZNsZ GA Gaupersonalamt des Reichsgaues Wien („Gauakten“), 1938–1945, Odilo Globocnik, 83031.
Landesgericht Klagenfurt, 25Vr 3123/71. (Strafsache gegen Helmut Pohl und Ernst Lerch)
Gedruckte Quellen:
Stanisław Piotrowski, Misja Odyla Globocnika. Sprawodzdania o wynikach finansowych zagłady Żydów w Polsce, 1949.
Czesław Madajczyk (Hg.), Zamojszczyzna – Sonderlaboratorium SS. Zbiór dokumentów polskich i niemieckich z okresu okupacji hitlerowskiej, 2 Bde., 1977.
Joseph Wulf, Das Dritte Reich und seine Vollstrecker. Die Liquidation der Juden im Warschauer Ghetto. Dokumente und Berichte, 1989, S. 261–274.
Tuviah Friedman, Himmlers Teufels-General. SS- und Polizeiführer Globoćnik in Lublin und Ein Bericht über die Judenvernichtung im General-Gouvernement in Polen 1941–1944, 1994.
Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Bd. 9: Polen. Generalgouvernement August 1941–1945, bearb. v. Klaus-Peter Friedrich, 2014.
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Literatur
Monografien:
Dieter Pohl, Von der „Judenpolitik“ zum Judenmord. Der Distrikt Lublin des Generalgouvernements 1939–1944, 1993.
Siegfried Pucher, „… in der Bewegung führend tätig“. Odilo Globocnik – Kämpfer für den „Anschluß“, Vollstrecker des Holocaust, 1997.
Joseph Poprzeczny, Odilo Globocnik. Hitler`s Man in the East, 2004.
Berndt Rieger, Creator of the Nazi Death Camps. The Life of Odilo Globocnik, 2007.
Johannes Sachslehner, „Zwei Millionen ham'ma erledigt“. Odilo Globocnik. Hitlers Manager des Todes, 2014.
Stefano Di Giusto/Tommaso Chiussi, Globocnik`s Men in Italy, 1943–1945. Abteilung R and the SS-Wachmannschaften of the Operationszone Adriatisches Küstenland, 2017.
Stephan Lehnstaedt, Der Kern des Holocaust. Belzec, Sobibór, Treblinka und die Aktion Reinhardt, 2017.
Aufsätze:
Hans Buchheim, Die Höheren SS- und Polizeiführer, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 11 (1963), S. 362–391. (Onlineressource)
Peter Black, Odilo Globocnik. Himmlers Vorposten im Osten, in: Roland Smelser/Enrico Syring/Rainer Zitelmann (Hg.), Die Braune Elite II. 21 weitere biographische Skizzen, 1993, S. 103–115.
Zygmunt Mańkowski, Odilo Globocnik und die Endlösung der Judenfrage, in: Studia Historiae Oeconomicae 21 (1994), S. 147–155.
Siegfried Pucher, Odilo Globocnik, in: Alfred Elste (Hg.), Kärntens braune Elite, 1997, S. 179–199.
Maurice Williams, Friedrich Rainer e Odilo Globocnik. L`amicizia insolita e i ruoli sinistri die due nazisti tipci, in: Qualestoria 25 (1997), S. 141–175.
Jan Erik Schulte, Initiative der Peripherie. Globocniks Siedlungsstützpunkte und die Entscheidung zum Bau des Vernichtungslagers Belzec, in: ders. (Hg.), Die SS, Himmler und die Wewelsburg, 2009, S. 118–137.
Peter Black, Odilo Globocnik, Nazi Eastern Policy and the Implementation of the Final Solution, in: Wolfgang Neugebauer (Hg.), Forschungen zum Nationalsozialismus und dessen Nachwirkungen in Österreich. Festschrift für Brigitte Bailer, 2012, S. 91–129.
Bertrand Perz, The Austrian Connection: SS and Police Leader Odilo Globocnik and His Staff in the Lublin District, in: Holocaust and Genocide Studies 29 (2015), S. 400–430 (dt. Fassung in: Philipp Rohrbach/Florian Schwanninger (Hg.), Beyond Hartheim. Täterinnen und Täter im Kontext von „Aktion T4“ und „Aktion Reinhard“, 2019, S. 31–59).
Bertrand Perz, Warum Österreicher? Zum Personal der Dienststelle des SS- und Polizeiführers Odilo Globocnik in Lublin, in: Stephan Lehnstaedt/Robert Traba (Hg.), Die „Aktion Reinhardt“. Geschichte und Gedenken, 2019, S. 45–70.
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Onlineressourcen
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Porträts
Fotografien, Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek München, Sammlung Heinrich Hoffmann.
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Autor/in
→Bertrand Perz (Wien)
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Zitierweise
Perz, Bertrand, „Globocnik, Odilo“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/119166631.html#dbocontent