Stumm-Halberg, Carl Ferdinand Freiherr von (seit 1888)
- Lebensdaten
- 1836 – 1901
- Geburtsort
- Saarbrücken
- Sterbeort
- Schloß Halberg bei Brebach-Fechingen (heute Saarbrücken)
- Beruf/Funktion
- Industrieller ; Politiker ; Unternehmer
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 118799274 | OGND | VIAF: 10642195
- Namensvarianten
-
- Stumm-Halberg, Carl von
- Stumm, Carl Ferdinand
- Stumm-Halberg, Carl Ferdinand Freiherr von (seit 1888)
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- Stumm-Halberg, Carl Ferdinand von
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- Stumm-Halberg, Karl von
- Halberg, Karl F. von
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- Stumm-Halberg, Karl F. von
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Carl Ferdinand Freiherr von S.-Halberg (preußischer Adel und Freiherr 1888, Namensmehrung ad personam 1891)
Montanindustrieller, Politiker, * 30.3. 1836 Saarbrücken, † 8. 3. 1901 Schloß Halberg bei Brebach-Fechingen (heute Saarbrücken), ⚰ Brebach-Fechingen (heute Saarbrücken), Friedhof am Halberg.
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Genealogie
V →Carl Friedrich S. (1798–1848, S d. Friedrich (1751–1835, beide s. Einl.), u. d. Maria Elisabeth Geib (1770–1800;
M Marie Luise (1813–64), T d. →Bernhard Böcking (1781–1824, Kaufm., Tuchfabr., Landrat d. Landkr. Montjoie (Monschau, Eifel), KR, u. d. Catharina Friderike Christine Claus (1787–1861;
Tante-v Charlotte (1795–1832, ⚭ →Heinrich Rudolf Böcking, 1785–1862, Industr., Hüttenbes., Pol., KR, s. NDB II);
3 B Friedrich (1838–1914, preuß. Adel u. Frhr. 1888), preuß. Rittmeister, Industr., Ferdinand (1843–1925, preuß. Adel u. Frhr. 1888), preuß. Major, Dipl., Botschafter in Madrid, Exzellenz, WGR, Kunstsammler, Vors. d. Ver. f. d. Erhaltung d. Kunsthist. Inst. in Florenz (s. Wi. 1914), Hugo (1845–1910, preuß. Adel u. Frhr. 1888), preuß. Rittmeister, Fideikommissherr auf Ramholz (Kr. Schlüchtern, Hessen), Schw Maria Elisabeth (1837–1927, ⚭ →Heinrich v. Kraemer, 1829–1912, bayer. Personaladel, kaufm. Leiter d. Eisenwerks in St. Ingbert, Präs. d. Landrats d. Pfalz, Reichsrat d. Krone Bayern, s. NDB XII*);
– ⚭ Asbacherhütte 1860 Ida Charlotte (1839–1918), T d. Heinrich Rudolf Böcking (s. o.) u. d. Louise Hildebrand (1817–1901;
1 S (früh †), 4 T Ida Henriette Louise Freiin v. S. (1861–1916, ⚭ →Conrad v. Schubert, 1847–1924, preuß. Adel 1899, preuß. Gen.lt., Vors. d. Aufsichtsrats d. Gebrüder Stumm GmbH, 1903–18 Mitgl. d. preuß. Abg.hauses u. 1907–12 d. RT, s. Priesdorff X, S. 405–07, Nr. 3294; Biogr.|Hdb. Preuß. Abg.haus I), Elisabeth Marie Freiin v. S. (1863–1911, ⚭ →Wilhelm Arnold Georg Braun, 1855–90, preuß. Rittmeister), Helene Caroline Freiin v. S. (1865–1933, ⚭ →Waldemar Anno Otto Kurt v. Heimburg, 1860–1922, preuß. Kammerherr), →Bertha Freiin v. S. (1876–1949, ⚭ 1] 1896 ⚮ 1907 Hellmuth Frhr. Lucius v. Stoedten, 1869–1935, auf Gr.-Ballhausen, dt. Gesandter in Stockholm u. Den Haag, 2] 1912 →Adalbert Gf. v. Francken-Sierstorpff, 1856–1922, preuß. Rittmeister, 1910–19 Mitgl. d. Internat. Olymp. Komitees, Vizepräs. d. Dt. Automobil-Clubs), Soz.fürsorgerin, Vors. d. Kreisverbands Neunkirchen d. Roten Kreuzes (s. Rhdb.);
E →Ferdinand Frhr. v. S. (1880–1954, preuß. Major, Dipl., Botschafter, Wirkl. Legationsrat (s. Wenzel; Rhdb.), Margarete (1884–1917, ⚭ →Richard v. Kühlmann, 1873–1948, Dr. iur., Dipl., Staatssekr. im AA, WGR, s. NDB 13);
Gvv d. Ehefrau →Heinrich Rudolf Böcking (1785–1862, s. o.), →Carl v. Schubert (1882–1947, Dipl. (s. NDB 23). -
Biographie
S. besuchte die Realschule in Mainz und Siegen und absolvierte nach dem Abschluß 1852–54 eine Lehrzeit im familieneigenen Neunkircher Eisenwerk. Anschließend studierte er bis 1858 in Bonn und Berlin Rechtswissenschaft, Staatswissenschaft und Eisenhüttenkunde, unterbrochen von einer einjährigen Militärzeit beim 7. Rhein. Ulanenregiment. Ohne Studienabschluß kehrte S. 1858 in die Saarregion zurück und trat in die Leitung des Neunkircher Eisenwerks ein, das sein Onkel Karl Böcking seit dem Selbstmord seines Vaters 1848 geführt hatte. Nach dessen Ausscheiden 1871 leitete S. die familieneigene OHG (1888 KG) alleine, an der nach der Ausbezahlung der Schwestern noch drei Brüder beteiligt waren. Am Krieg von 1870/71 nahm er als Offizier teil, aus dem er, mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet, als Rittmeister heimkehrte.
Unter S.s Führung wurde das Neunkircher Hüttenwerk kontinuierlich weiter ausgebaut, u. a. 1882 durch die Errichtung des ersten Thomasstahlwerks in der Saarregion. Daneben betrieb S. den Erwerb lothring. Minettegruben und den Aufbau eines Hochofenwerkes im dortigen Ückingen 1890, er leitete 1900 noch den Kauf von Steinkohlenzechen im Ruhrgebiet (Minister Achenbach) ein. Er saß im Aufsichtsrat der „Dillinger Hüttenwerke AG“ und bestimmte aufgrund des beherrschenden Aktienbesitzes der Familie deren Entwicklung entscheidend mit. 1875 hatte S. auch die Halberger Hütte erworben, die sein Neffe und Mitanteilseigner Rudolph Böcking leitete. Damit deckten die Konzernunternehmen S.s alle damaligen Produktionsbereiche der Eisenindustrie ab.
Die Kontrolle der industriellen Familienunternehmen in seiner Hand bzw. die hohe Konzentration der regionalen Eisenindustrie verschaffte S. eine erhebliche Machtposition an der Saar, die auch eine Basis für seine politische Karriere bildete. 1867 wurde er als Vertreter der von ihm mitbegründeten Freikonservativen Partei in den Reichstag des Norddt. Bundes gewählt, 1871–81 war er Reichstagsmitglied. Er setzte sich gegen die Aufhebung der Eisenzölle 1873 ein und war seit 1879 einer der Hauptbefürworter der Wiedereinführung der Schutzzölle. Als einer der führenden Parlamentarier der Freikonservativen bzw. Deutschen Reichspartei (Mitgl. seit 1867) agierte er gegen eine Ausweitung der Befugnisse des Parlaments und unterstützte Bismarcks Kampf gegen die Sozialdemokratie, wobei er mit Vorschlägen einer Abschaffung des passiven Wahlrechts über die Bestimmungen des Sozialistengesetzes noch hinausging. Bereits im Norddt. Reichstag forderte S. die Einführung obligatorischer Arbeiterunterstützungs-, Fabrikkranken- und Pensionskassen sowie allgemeine Invaliden-, Witwen- und Waisenunterstützungen unter staatlicher Aufsicht und wollte auch die Arbeitgeber an Finanzierung und Verwaltung der Kassen beteiligt sehen, lehnte jedoch einen fiskalischen Beitrag an die Sozialversicherungen ab. Stattdessen betonte er die große Bedeutung betrieblicher Regelungen für das persönliche Verhältnis zwischen Arbeiter und Arbeitgeber. Deshalb brachte S. den Staatszuschuß zur geplanten Unfallversicherung gemeinsam mit dem Zentrum im Reichstag 1881 zu Fall, wodurch er als sozialpolitischer Wortführer der Freikonservativen in Gegensatz zur eigenen Fraktion und zu Bismarck geriet. Da die Regierung ihm 1881 zugleich die Unterstützung in seinem Kampf gegen die Sozialdemokratie und die liberale Presse im Saarrevier versagte, legte er 1881 sein Reichstagmandat nieder, wurde jedoch 1882 ins preuß. Herrenhaus berufen.
S. widmete sich in der Folgezeit wieder stärker seinen industriellen Unternehmen. Er vertrat eine strenge protestantische Ethik und forderte von seinen Beschäftigten nach militärischem Vorbild unbedingten Gehorsam, der vom Heiratsdispens über die Kündigung bei Lektüre unerwünschter Zeitungen bzw. dem Besuch politischer Wahlversammlungen bis hin zur Bevormundung der Arbeiterschaft durch die Ausgabe gekennzeichneter Wahlzettel reichte. Gleichzeitig baute S. seine betriebliche Sozialpolitik (Knappschaft mit Krankengeld, freie Kur u. Arzneien, Invaliden- u. Witwenpensionen, Eigenheimbauförderung, Krankenhaus, Achtstundentag u. Sonntagsruhe) umfassend aus.
Nach seiner Erhebung in den Freiherrenstand 1888 – eine erste Nobilitierung hatte|S. 1868 noch abgelehnt – kehrte er 1889 in die Politik zurück und saß als Mitglied der freikonservativen Fraktion bis zu seinem Tod im Reichstag. Aufgrund der Freundschaft mit Ks. Wilhelm II. besaß S. in den 1890er Jahren großen Einfluß auf dessen Regierungspolitik, insbesondere die Sozialpolitik („Ära S.“). Er unterstützte Caprivis Handelspolitik, agierte gegen Zollsenkungen und half umstrittene Gesetzesvorhaben wie die Gewerbeordnungsnovelle 1890 durch den Reichstag zu bringen. Er arbeitete in zahlreichen Kommissionen (Handel u. Gewerbe, Budget, Eisenenquete, Eisenbahn-Tarifenquete) mit und war Mitglied der Kommission, die den Entwurf des BGB abschließend beriet. Sozialpolitisch kämpfte S. bis an sein Lebensende für die Einführung einer Witwen- und Waisenversicherung und erfolglos für die Verlängerung des Sozialistengesetzes und der „Zuchthausvorlage“. Als überzeugter Vertreter des Obrigkeitsstaates und konservativen Paternalismus bekämpfte S. trotz seiner finanziellen Unterstützung der ev. Kirche auch sozialpolitisch engagierte Pfarrer an der Saar und die christlich-soziale Bewegung um Adolf Stoecker sowie die Kathedersozialisten heftig, wobei er sich vielfach der Zeitungen bediente, auf welche er durch Geschäftsanteile maßgeblichen Einfluß hatte (Die Post, Saar- u. Bliesztg.). S. war 1882 auch Mitgründer des Dt. Kolonialvereins.
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Auszeichnungen
A KR (1866);
GKR;
preuß. Roter Adler-Orden 2. Kl.;
preuß. Kronenorden 2. Kl.;
Komturkreuz d. preuß. Hausordens v. Hohenzollern;
Gr.offz. d. belg. Leopold-Ordens mit Stern;
– Denkmal v. F. Schaper, 1902 (Neunkirchen/Saar). -
Werke
A. Tille, Die Reden d. Frhrn. C. F. v. S.-H., 12 Bde., 1906–15.
-
Literatur
Fünfviertel Jh. Neunkircher Eisenwerk u. Gebr. S., 1935 (P);
F. Hellwig, C. Frhr. v. S.-H., 1936 (P);
ders., in: Saarländ. Lb. III, 1986, S. 153–98;
J. Jacob, C. F. S., Hüttenbes. u. Pol., in: Stumm in Neunkirchen, hg. v. R. v. Dülmen u. J. Jacob, 1993, S. 13–38 (P);
G. Brakelmann, C.-F. S. (1836–1901, Christl. Untern., Soz.pol., Antisozialist, 1993;
V. Stalmann, Die Partei Bismarcks, Die Dt. Reichs- u. Freikons. Partei 1866–1890, 2000;
M. Alexander, Die Freikons. Partei 1890–1918, 2000;
R. Banken, in: Bewegen, Verbinden, Gestalten, Untern. v. 17. bis z. 20. Jh., FS f. Klara van Eyll, hg. v. →U. S. Soénius, 2003, S. 251–64;
ders., Die Industrialisierung d. Saarregion, Bd. 2: Take-Off-Phase u. Hochindustrialisierung 1850–1914, 2003;
K. Tenfelde, Krupp u. S., Über Untern.kultur im Dt. Ks.reich, in: H.-W. Herrmann, R. Hudemann u. E. Kell (Hg.), Forsch.aufgabe Ind.kultur, 2004, S. 231–52;
Biogr. Hdb. Rhein. Prov.LT (P);
BBKL 23;
Biogr. Lex. Sozialpolitik;
– zur Fam.:
GHdA 104, Adelige Häuser B XX, S. 469. -
Autor/in
Ralf Banken -
Zitierweise
Banken, Ralf, "Stumm-Halberg, Carl Ferdinand Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 644-646 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118799274.html#ndbcontent