Seelenbinder, Werner
- Dates of Life
- 1904 – 1944
- Place of birth
- Stettin (heute Szczecin, Polen)
- Place of death
- Brandenburg an der Havel
- Occupation
- Ringer ; Widerstandskämpfer ; Kommunist ; Sportler ; Widerstandskämpfer
- Religious Denomination
- konfessionslos
- Authority Data
- GND: 118612662 | OGND | VIAF: 72186843
- Alternate Names
-
- Seelenbinder, Werner Bruno Erich
- Seelenbinder, Werner
- Seelenbinder, Werner Bruno Erich
- Зеленбиндер, Вернер
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Seelenbinder, Werner Bruno Erich
1904 – 1944
Ringer, Widerstandskämpfer
Der Ringer Werner Seelenbinder zählte wegen zahlreicher nationaler und internationaler Turniersiege im Halbschwergewicht, griechisch-römischer Stil, zu den erfolgreichsten und populärsten deutschen Schwerathleten der 1920er und 1930er Jahre. Seit 1928 KPD-Mitglied, schloss er sich nach 1933 dem kommunistischen Widerstand an, wurde 1942 verhaftet und nach seiner Verurteilung durch den Volksgerichtshof 1944 hingerichtet. Am 6. Mai 2008 erfolgte seine Aufnahme in die Hall of Fame des deutschen Sports.
Dates of Life
Werner Seelenbinder, BArch / Bildarchiv (InC) -
Author
→Stefan Jordan (München)
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Citation
Jordan, Stefan, „Seelenbinder, Werner“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.04.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118612662.html#dbocontent

Ausbildung, Beruf und sportliche Karriere
Seelenbinder übersiedelte mit seiner Familie 1909 von Stettin (heute Szczecin, Polen) nach Berlin-Friedrichshain, wo er die Volksschule besuchte. Anschließend wechselten sich Tätigkeiten als Gelegenheitsarbeiter mit Phasen der Arbeitslosigkeit ab, ehe Seelenbinder Ende 1935 als Transportarbeiter beim AEG-Apparatewerk in Berlin-Treptow Anstellung fand und seit 1939 im Rüstungsbetrieb Eisenwerk Wanheim in Berlin-Marienfelde (heute Berlin-Tempelhof) dienstverpflichtet war.
Seelenbinders sportliche Karriere begann im Athletikclub Eiche 1900 in Berlin-Friedrichshain. 1919 trat er dem Arbeiter-Sportclub Berolina 03 in Neukölln (seit 1920 Berlin-Neukölln) bei. Nach dessen Auflösung infolge der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 wechselte er zur bürgerlichen Sportvereinigung „Ost“. Anfänglich in allen Disziplinen der Schwerathletik aktiv, spezialisierte sich der 1,78 Meter große und 86 Kilogramm schwere Seelenbinder auf das Ringen im griechisch-römischen Stil. Bis 1931 errang er sieben Mal die Berlin-Brandenburgische Ringer-Meisterschaft, zwischen 1933 und 1941 wurde er sechs Mal deutscher Meister im Halbschwergewicht. Bei den Europameisterschaften 1937 und 1938 belegte er jeweils den dritten, bei den Olympischen Spielen in Berlin 1936 den vierten Platz. 1926 nahm er mit dem deutschen Team am Internationalen Arbeiter-Turn- und Sportfest in Berlin teil, wo er ebenso den ersten Platz im Halbschwergewichtswettbewerb belegte wie 1928 bei der I. Internationalen (Allunions-) Spartakiade der Roten Sportinternationale in Moskau, wohin er 1927 erstmalig gereist war (erneut 1930).
Widerstandstätigkeit
Seelenbinder trat 1928 der KPD bei. Weil er bei der Siegerehrung der deutschen Ringermeisterschaft im August 1933 den „deutschen Gruß“ verweigert hatte, wurde er von der Gestapo verhaftet und mehrere Tage im Columbia-Haus inhaftiert. Sein mit Berliner KPD-Funktionären koordinierter Plan, bei der Siegerehrung bei den Olympischen Spielen 1936 öffentlich gegen Adolf Hitler (1889–1945) zu protestieren, scheiterte, nachdem Seelenbinder die Bronzemedaille knapp verpasst hatte. Bei Reisen zu nationalen wie internationalen Wettkämpfen, u. a. nach Skandinavien und Frankreich, übernahm Seelenbinder Kurierdienste für die Rote Sportinternationale und andere Organisationen des kommunistischen Widerstands. 1938 schloss er sich der Widerstandsgruppe um Robert Uhrig (1903–1944) an. Nach deren Enttarnung wurde Seelenbinder am 2. Februar 1942 verhaftet, während seiner Haftzeit in mehreren Lagern und Gefängnissen schwer misshandelt und am 5. September 1944 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde im Zuchthaus Brandenburg-Görden mit dem Fallbeil vollstreckt, nachdem ein Gnadengesuch abgelehnt worden war.
Rezeption
In seiner aktiven Zeit zählte Seelenbinder zu den erfolgreichsten und populärsten deutschen Schwerathleten. Die Erinnerung an ihn als Sportler wie als Widerstandskämpfer setzte unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs ein. Am 29. Juli 1945 gedachte der Berliner Stadtrat Ottomar Geschke (1882–1957) seiner im Rahmen eines Gedenktags für die Opfer des Faschismus. Am 9. September 1945 erfolgte auf Bezirksbeschluss die Umbenennung des Neuköllner Stadions in Werner-Seelenbinder-Kampfbahn (seit 1954 mit Gedenkstein). Nach der Gründung zweier deutscher Staaten ließ die Rezeption in der Bundesrepublik und Berlin-West nach – die nach Seelenbinder benannte Sportstätte erhielt Ende der 1940er Jahre ihren alten Namen zurück – , während Seelenbinder in der DDR zu einer zentralen Figur des Arbeitersports stilisiert wurde. 1950 wurde in Berlin-Ost die Werner-Seelenbinder-Halle neu eröffnet; der DEFA-Spielfilm „Einer von uns“ (1960, Regie: Helmut Spieß, 1902–1962), Walter Radetz‘ (1926–1986) Romanbiografie „Der Stärkere“ (1961) sowie zahlreiche Broschüren und Artikel popularisierten Seelenbinders Persönlichkeit. Am 6. Mai 2008 erfolgte seine Aufnahme in die Hall of Fame des deutschen Sports.
Sportliche Erfolge
1925 | Sieger im Ringen, griechisch-römischer Stil, Halbschwergewicht | Arbeiterolympiade | Frankfurt am Main |
1926 | Sieger im Ringen, griechisch-römischer Stil, Halbschwergewicht | Ländervergleichskampf der deutschen Arbeiterringer gegen die Sowjetunion | Berlin |
1926 | Sieger im Ringen, griechisch-römischer Stil, Mittelgewicht | internationales Ringerturnier anlässlich des Arbeiter-Turn- und Sportfests | Berlin |
1927 | 3. Platz, im Ringen, griechisch-römischer Stil, Halbschwergewicht | Turnier des finnischen Arbeiter-Sportverbands TUL | Helsinki |
1928 | Sieger im Ringen, griechisch-römischer Stil, Halbschwergewicht | I. Internationale (Allunions-) Spartakiade der Roten Sportinternationale | Moskau |
1930 | Sieger im Ringen, griechisch-römischer Stil, Halbschwergewicht | internationales Turnier der Arbeiterringer | Moskau |
1931 | 2. Platz im Ringen, griechisch-römischer Stil, Halbschwergewicht | Weltmeisterschaft der Arbeiterringer | Oslo |
1933 | Deutscher Meister im Ringen, griechisch-römischer Stil | Deutsche Meisterschaft | Dortmund-Hörde |
1935 | Deutscher Meister im Ringen, griechisch-römischer Stil | Deutsche Meisterschaft | Bad Reichenhall |
1936 | Deutscher Meister im Ringen, griechisch-römischer Stil | Deutsche Meisterschaft | Ludwigshafen am Rhein |
1936 | 4. Platz im Ringen, griechisch-römischer Stil | Olympische Spiele | Berlin |
1937 | Deutscher Meister im Ringen, griechisch-römischer Stil | Deutsche Meisterschaft | Mannheim-Sandhofen |
1937 | 3. Platz im Ringen, griechisch-römischer Stil | Europameisterschaft | Paris |
1938 | Deutscher Meister im Ringen, griechisch-römischer Stil | Deutsche Meisterschaft | Berlin |
1938 | 3. Platz im Ringen, griechisch-römischer Stil | Europameisterschaft | Tallinn (Estland) |
1941 | Deutscher Meister im Ringen, griechisch-römischer Stil | Deutsche Meisterschaft | Berlin |
1945 | Werner-Seelenbinder-Kampfbahn (seit 24.10.2004 Werner-Seelenbinder-Sportpark Neukölln), Berlin-Neukölln |
31.7.1947 | Seelenbinderstraße, Berlin-Köpenick |
1950–1992 | Werner-Seelenbinder-Halle, Berlin-Ost |
30.4.1955 | Gedenktafel, Berlin-Alt Treptow, Hoffmannstraße 15/26 (seit 2010 Martin-Hoffmann-Straße), heute Sportmuseum Berlin |
1956 | Gedenktafel am Wohnhaus der Familie, Berlin-Friedrichshain, Glatzer Straße 6 |
1957–1982 | Gedenktafel von Hans Kies (1910–1984) am Wohnhaus 1936–1942, Berlin, Palisadenstraße 56 |
1972 | Werner-Seelenbinder-Weg, Olympiagelände München |
7.10.1972 | NVA-Hubschraubergeschwader 34 „Werner Seelenbinder“ |
1978 | Werner-Seelenbinder-Gedenklauf, Gröden (Brandenburg) (jährlich) |
in der DDR zahlreiche Werner-Seelenbinder-Schulen, u. a. Berlin-Hohenschönhausen und Fürstenwalde, sowie -sportstätten, u. a. Luckenwalde, Brandenburg an der Havel, Jena-Lobeda | |
1992 | Berliner Gedenktafel, Konrad-Agahd-Schule, Berlin-Neukölln (ehemalige Trainingsstätte) |
24.10.2004 | Werner-Seelenbinder-Sportpark, Berlin-Neukölln |
6.5.2008 | Mitglied der Hall of Fame des deutschen Sports |
Gedenktafel, Berlin-Köpenick, Mandrellaplatz 9 |
Nachlass:
nicht bekannt.
Gedruckte Quellen:
Abdrucke der Briefe Seelenbinders aus der Haftzeit, in: Friedel Schirm, 33 Monate. Erinnerungen an Werner Seelenbinder, 1984.
Stephan Hermlin, Werner Seelenbinder, in: ders., Die erste Reihe, 1951, S. 71–77.
Walter Radetz, Der Stärkere. Ein Buch über Werner Seelenbinder, 1961, 41982, ungar. 1964, russ. 1965 (P; Romanbiografie)
Walter Radetz, Werner Seelenbinder. Leben – Haltung – Wirkung, 1968. (P)
Karl Heinz Jahnke, Gegen den Mißbrauch der olympischen Idee 1936. Sportler im antifaschistischen Widerstand, 1972, S. 108–116.
Willi Schröder, Werner Seelenbinder. Ungebeugt vor dem letzten Gang, in: Bundesvorstand des DTSB der DDR. Abteilung Porpaganda/Kultur (Hg.), Rote Sportler im antifaschistischen Widerstand, 1978, S. 28–37. (P)
Friedel Schirm, 33 Monate. Erinnerungen an Werner Seelenbinder, 1984. (P)
Karl Heinz Jahnke, Ermordet und ausgelöscht. Zwölf deutsche Antifaschisten, 1995, S. 106–114 u. 125. (P)
Michaela Behrens, Widerstand bis zum Schluss. Werner Seelenbinder wurde im Sportpark beigesetzt, in: dies., Stadtgespräche aus Neukölln, 2014, S. 137–141. (P)
Matthias Heisig/Frieder Boehne, Schwieriges Gedenken. Werner Seelenbinder und Neukölln, in: Frieder Boehne/Bernhard Bremberger/Matthias Heisig (Hg.), „Da müsst ihr euch mal drum kümmern“. Werner Gutsche (1923–2012) und Neukölln, 2016, S. 259–277. (P)
James McNeish, Seelenbinder the Olympian who defied Hitler, 2016. (P) (romanartige Biografie)
Spielfilm:
Einer von uns, DEFA 1960, Regie: Helmut Spieß.
Porträtmedaille, 1954–1989, verliehen mit dem Ehrentitel „Meister des Sports“ und „Verdienter Meister des Sports“. (weiterführende Informationen)
Gedenkstele mit Bronzebüste v. Otto Maerker (1891–1967), 1950–1992, Vorraum der Werner-Seelenbinder-Halle, Berlin-Ost.
10+5 Pfennig-Briefmarke der Deutschen Post (DDR), Entwurf v. Gerhard Stauf (1924–1996), 1963.
Bronzebüste v. Michael Klein (geb. 1943), 1975/76, Abbildung in: Deutsche Fotothek. (Onlineressource)