Mosler, Hermann

Lebensdaten
1912 – 2001
Geburtsort
Hennef an der Sieg
Sterbeort
Heidelberg
Beruf/Funktion
Völkerrechtler ; Richter am Internationalen Gerichtshof ; Vizepräsident des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ; Hochschullehrer ; Jurist ; Richter
Konfession
römisch-katholisch
Normdaten
GND: 118584502 | OGND | VIAF: 17262785
Namensvarianten

  • Mosler, Hermann
  • Mosler, H.

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Zitierweise

Mosler, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118584502.html [01.02.2025].

CC0

  • Mosler, Hermann

    1912 – 2001

    Völkerrechtler, Richter am Internationalen Gerichtshof, Vizepräsident des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

    Hermann Mosler wirkte von 1959 bis 1980 als erster deutscher Richter am Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg und von 1976 bis 1985 am Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Als Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg forschte er zur auswärtigen Gewalt, zu den Europäischen Gemeinschaften und zur internationalen Gerichtsbarkeit. 1974 stellte er an der Den Haager Académie de droit international sein Konzept der „International Society as a Legal Community“ vor.

    Lebensdaten

    Geboren am 26. Dezember 1912 in Hennef an der Sieg
    Gestorben am 4. Dezember 2001 in Heidelberg
    Grabstätte Friedhof Handschuhsheim in Heidelberg
    Konfession römisch-katholisch
    Hermann Mosler (InC)
    Hermann Mosler (InC)
  • 26. Dezember 1912 - Hennef an der Sieg

    1922 - 1931 - Bonn

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Beethoven-Gymnasium

    1931 - 1935 - Bonn

    Studium der Rechtswissenschaften (Abschluss: Erstes juristisches Staatsexamen)

    Universität

    1935 - 1939 - Köln

    Referendar

    Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

    1937 - Bonn

    Promotion (Dr. iur.)

    Universität

    1937 - 1945 - Berlin

    Assistent; Referent

    Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

    1939 - Berlin

    Zweites juristisches Staatsexamen

    1946 - 1949 - Bonn

    Habilitation; Privatdozent; Rechtsanwalt; Gutachter

    Universität

    1949 - 1954 - Frankfurt am Main

    Professor für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungsrecht

    Universität

    1950 - 1950 - Washington, DC

    Gastprofessor

    Georgetown-University

    1950 - 1951 - Paris

    Mitglied

    Westdeutsche Verhandlungsdelegation zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl

    1951 - 1953 - Bonn

    Leiter der Rechtsabteilung

    Auswärtiges Amt

    1954 - 1980 - Heidelberg

    Professor für Öffentliches Recht

    Universität

    1954 - 1981 - Heidelberg

    Direktor

    Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

    1959 - 1981 - Straßburg

    Richter, seit 1974 Vizepräsident

    Europäischer Gerichthof für Menschenrechte

    1976 - 1985 - Den Haag

    Richter

    Internationaler Gerichtshof

    4. Dezember 2001 - Heidelberg

    Mosler, der aus einer rheinländischen bürgerlich-katholischen Familie stammte, besuchte das humanistische Beethoven-Gymnasium in Bonn und legte dort 1931 sein Abitur ab. Nach seinem Jurastudium an der Universität Bonn von 1931 bis 1935 wurde er hier 1937 bei Richard Thoma (1874–1957) mit einer Schrift zur „Intervention im Völkerrecht“ zum Dr. iur. promoviert. Die Dissertation nimmt keine spezifisch nationalsozialistische Perspektive auf das Völkerrecht ein, bezieht sich aber positiv auf Hitlers „Friedensreden“. Mosler war kein NSDAP-Mitglied, trat jedoch 1933/34 für einige Monate als Anwärter der Sturmabteilung (SA) bei. Während seines Referendariats in Köln und Berlin von 1935 bis 1939 und im Anschluss daran verfasste er als Forschungsassistent bzw. Forschungsreferent am Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Berichte über aktuelle völkerrechtliche Entwicklungen und über das geltende französische und belgische öffentliche Recht, ab 1940 auch zu Fragen des Besatzungsrechts; während des Zweiten Weltkriegs erstellte er zudem Gutachten zu Themen des humanitären Völkerrechts. Als Mitarbeiter des Instituts wurde er unabkömmlich gestellt.

    1946 habilitierte sich Mosler zum Thema Wirtschaftskonzessionen bei Änderungen der Staatshoheit an der Universität Bonn, wo er in der Folge als Privatdozent lehrte und parallel die Verteidigung des angeklagten Unternehmers Alfried Krupp von Bohlen und Halbach (1907–1967) bei den Nürnberger Nachfolgeprozessen mit völkerrechtlichen Gutachten unterstützte. 1949 erhielt er einen Ruf als Professor für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungsrecht an die Universität Frankfurt am Main.

    Erfahrungen in der Rechtspraxis sammelte Mosler 1950 als juristischer Berater der von Walter Hallstein (1901–1982) geleiteten bundesdeutschen Delegation bei den Verhandlungen zum Schuman-Plan, der Grundlage für die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. 1951 bis 1953 amtierte er als Leiter der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes unter Außenminister und Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876–1967) und war an der Aushandlung des Generalvertrags beteiligt, der die alliierte Besatzung beenden sollte. Zudem vertrat er die Bundesregierung im „Kampf um den Wehrbeitrag“ und im „Konkordatsstreit“ vor dem Bundesverfassungsgericht.

    Von 1954 bis 1981 war Mosler Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg, das zum Zentrum für völkerrechtliche Expertise in der Bundesrepublik avancierte. In seiner Forschung ordnete er die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl juristisch ein, befasste sich mit der außenpolitischen Kompetenzverteilung nach dem Grundgesetz und analysierte die völkerrechtliche Bedeutung internationaler Organisationen und des ius cogens-Konzepts. Auch widmete er sich der Rechtsprechung internationaler Gerichte, insbesondere im Hinblick auf prozessuale Fragen.

    Dabei gewann Mosler seine wissenschaftlichen Fragen oft aus seiner rechtspraktischen Tätigkeit, die er nach dem Ausscheiden aus dem Auswärtigen Amt fortführte: Ab 1959 fungierte er parallel zu seiner Tätigkeit als Wissenschaftler als erster deutscher Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, zeitweise als dessen Vizepräsident. Zwischen 1976 und 1985 war Mosler Richter am Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag als zweiter deutscher Richter nach Walter Schücking (1875–1935). Am EGMR und am IGH wirkte er an bedeutenden Verfahren mit wie dem 1980 entschiedenen Teheraner Geiselfall und dem 1984 für zulässig erklärten Nicaragua-Fall: Ersterer betraf die Besetzung der US-amerikanischen Botschaft in Teheran durch iranische Studierende, letzterer die Finanzierung und Ausrüstung der in Nicaragua kämpfenden Contra-Rebellen durch die USA.

    Mosler wurde international, auch wegen seiner Position als Direktor des Heidelberger Max-Planck-Instituts, als das Gesicht der bundesdeutschen Völkerrechtswissenschaft wahrgenommen, was seine Aufnahme in das Institut de Droit international 1957 und die Einladung, 1974 als erster Deutscher nach dem Zweiten Weltkrieg den General Course im Rahmen der Haager Akademie für Völkerrecht zu halten, zeigen. Sein methodischer Zugriff auf das Völkerrecht hat bis heute einen starken Einfluss auf die deutsche Völkerrechtswissenschaft. Sein Haager Kurs von 1974 nannte „constitutional elements“ als Beleg für seine These von der „international society as a legal community“. Teils wird er deswegen als Vorläufer der Debatte über die Konstitutionalisierung im Völkerrecht angesehen. Mosler pflegte einen rechtspraktisch orientierten Ansatz, der über seine zehn Habilitanden, u. a. Rudolf Bernhardt (1925–2021), Helmut Steinberger (1931–2014), Christian Tomuschat (geb. 1936) und Eckart Klein (geb. 1943), auf die Nachfolgegeneration ausstrahlte.

    1957 Associé des Institut de Droit International, Genf
    1975 ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Heidelberg (1982–1986 Präsident)

    Nachlass:

    Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin, III. Abt., Rep. 44, ZA 139 Nachlass Hermann Mosler.

    Weitere Archivmaterialien:

    Universitätsarchiv Bonn, PA 6 248, PA 2875. (Personalakten)

    Universitätsarchiv Frankfurt am Main, Abt. 13, Nr. 149, Abt. 114, Nr. 113. (Personalakten)

    Monografien:

    Die Intervention im Völkerrecht, 1937. (Diss. iur.)

    Wirtschaftskonzessionen bei Änderung der Staatshoheit. Eine völkerrechtliche Studie zum Hoheitswechsel und zur Hoheitsausübung auf fremdem Staatsgebiet, 1948. (Habilitationsschrift)

    Die Großmachtstellung im Völkerrecht, 1949.

    Das Völkerrecht in der Praxis der deutschen Gerichte, 1957.

    Herausgeberschaft:

    Hermann Mosler/Karl Doehring (Hg.), Die Beendigung des Kriegszustandes mit Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, 1963.

    Aufsätze:

    Die Änderungen im Statut der Deutschen Reichsbahn und Reichsbank, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 7 (1937), S. 457–461.

    Zur Auslegung von Art. 7 § 3 des deutsch-polnischen Wiener Abkommens über Staatsangehörigkeits- und Optionsfragen vom 30. August 1924, in: ebd., S. 832–840.

    Die internationale Rechtslage der Rheinschiffahrt nach der deutschen Note vom 14.11.1936, in: Niemeyers Zeitschrift für internationales Rechts 52 (1937), S. 144–158.

    Die Revision des Haager Abkommens über die Anwendung des Genfer Abkommens auf den Seekrieg, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 8 (1938), S. 282–291.

    Das französische Prisenverfahren im gegenwärtigen Kriege, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 10 (1940), S. 480–494.

    Die Verwaltung in Elsass und Lothringen zur Zeit des Waffenstillstandes, Reichsverwaltungsblatt 61 (1940), S. 501–506.

    Der Konflikt über die gerichtliche Nachprüfung der Verordnung der Generalsekretäre in den belgischen Ministerien, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 11 (1942/43), S. 610–620.

    Der Einfluss der Rechtstellung Deutschlands auf die Kriegsverbrecherprozesse, in: Schweizerische Juristen-Zeitung 2 (1947), S. 362–370.

    Die religiös-sittlichen Grundlagen des Völkerrechts, in: Religiöse, geistige, soziale Erneuerung, Akademikertagung, Bonn 1946, 1947, S. 96–106.

    Die Kriegshandlung im rechtswidrigen Kriege, in: Jahrbuch für internationales und ausländisches öffentliches Recht 2/3 (1948), S. 335–357.

    Der Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Entstehung und Qualifizierung, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 14 (1951), S. 1–45.

    Die Rechtsgrundlagen der europäischen Integration, in: Wirtschaft und Erziehung 12 (1951), S. 535–534.

    Die Wendung zum supranationalen Gedanken im Schumanplan, in: Recht, Staat, Wirtschaft 3 (1951), S. 245–259.

    Kulturabkommen des Bundesstaates. Zur Frage der Beschränkung der Bundesgewalt in auswärtigen Angelegenheiten, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 16 (1955/56), S. 1–34.

    Zur Anwendung der Grundsatzartikel des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 17 (1956/1957), S. 407–427.

    L’application du droit international public par les tribunaux nationaux, in: Recueil des Cours de l'Académie de La Haye en ligne 91 (1957), S. 619–711.

    Die Aufnahme in internationale Organisationen, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 19 (1958), S. 275 – 317.

    Organisation und Verfahren des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 20 (1960), S. 415 – 449.

    Die Erweiterung des Kreises der Völkerrechtssubjekte, in: Berichte der Gesellschaft für Völkerrecht 4 (1961), S. 39–83.

    The Protection of Human Rights by International Legal Procedure, in: Georgetown Law Journal 52 (1964), S. 800–823.

    European Law, Does it exist?, in: Current legal problems 19 (1966), S. 168–191.

    National- und Gemeinschaftsinteressen im Verfahren des EWG-Ministerrats. Die Beschlüsse der außerordentlichen Tagung des EWG-Rates in Luxemburg vom 29. Januar 1966, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 26 (1966), S. 1–32.

    Begriff und Gegenstand des Europarechts, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 28 (1968), S. 481–502.

    Der „Gemeinschaftliche Ordre Public“ in europäischen Staatengruppen, in: Revista Española de Derecho Internacional 21 (1968), S. 523–535.

    Ius Cogens im Völkerrecht, in: Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht 25 (1968), S. 9–40.

    The International Society as a Legal Community, in: Recueil des Cours de l'Académie de La Haye en ligne 140 (1974), S. 1–320.

    Völkerrecht als Rechtsordnung, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 36 (1976), S. 6–49.

    The International Court of Justice at its Present State of Development, in: Dalhousie Law Journal 5 (1979), S. 545–567.

    Supra-national Judicial Decisions and National Courts, in: Hastings International & Comparative Law Review 4 (1980/81), S. 425–472.

    Hermann Mosler/Karin Oellers-Frahm, Art. 92–96, in: Bruno Simma, (Hg.), The Charter of the United Nations. A Commentary, Second Edition, Bd. II, 2002.

    Jochen A. Frowein, Hermann Mosler 70 Jahre, in: Archiv des öffentlichen Rechts 107 (1982), S. 630–632. (zugangsbeschränkte Onlineressource)

    Rudolf Bernhardt, Die Rückkehr Deutschlands in die internationale Gemeinschaft. Hermann Moslers Beitrag als Wissenschaftler und internationaler Richter, in: Der Staat 42 (2003), S. 583–599.

    Jochen A. Frowein, Nachruf Hermann Mosler, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 61 (2001), S. 725–727.

    Jochen A. Frowein, Zum Tod von Hermann Mosler, in: Archiv für öffentliches Recht 127 (2002), S. 323 f.

    Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. 4: 1945–1990, 2012.

    Felix Lange, Praxisorientierung und Gemeinschaftskonzeption. Hermann Mosler als Wegbereiter der westdeutschen Völkerrechtswissenschaft nach 1945, 2017.

  • Autor/in

    Felix Lange (Köln)

  • Zitierweise

    Lange, Felix, „Mosler, Hermann“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118584502.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA