Baer, Reinhold
- Lebensdaten
- 1902 – 1979
- Geburtsort
- Berlin
- Sterbeort
- Zürich
- Beruf/Funktion
- Mathematiker
- Konfession
- unbekannt
- Normdaten
- GND: 117707538 | OGND | VIAF: 9966446
- Namensvarianten
-
- Baer, Reinhold
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Baer, Reinhold
1902 – 1979
Mathematiker
Der Mathematiker Reinhold Baer, der an der Universität Halle-Wittenberg, in den USA und seit 1956 an der Universität Frankfurt am Main wirkte, lieferte wichtige Beiträge zur Entwicklung der modernen Algebra, insbesondere zur Gruppentheorie, die er auf projektive Ebenen und geometrische Konfigurationen anwendete. 1941 führte er den Begriff des injektiven Moduls ein.
Lebensdaten
Geboren am 22. Juli 1902 in Berlin Gestorben am 22. Oktober 1979 in Zürich Konfession jüdisch; seit 1920 evangelisch-lutherisch Reinhold Baer, MFO (InC) -
Autor/in
→Karl-Heinz Schlote (Altenburg)
-
Zitierweise
Schlote, Karl-Heinz, „Baer, Reinhold“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/117707538.html#dbocontent
Nach dem Abitur 1920 in Charlottenburg bei Berlin studierte Baer an der TH Hannover Maschinenbau und wechselte 1921 zum Mathematikstudium an die Universität Freiburg im Breisgau. 1922 ging er an die Universität Göttingen, wo ihn Emmy Noether (1882–1935) beeinflusste, und 1924 nach Kiel. Baer wurde 1925 bei Hellmuth Kneser (1898–1973) in Göttingen mit einer Arbeit über Kurventypen auf Flächen (gedruckt 1927) zum Dr. phil. promoviert. Nach kurzer Tätigkeit als Lehrer wurde er 1926 Assistent bei Alfred Loewy (1873–1935) in Freiburg und habilitierte sich in Göttingen 1928 für Mathematik mit einer Arbeit über Mischgruppen. Im selben Jahr wechselte er als Privatdozent an die Universität Halle-Wittenberg. Obwohl sich das Badische Unterrichtsministerium bemühte, ihn durch eine Erhöhung seiner Vergütung in Freiburg zu halten, akzeptierte Baer die weniger lukrativen finanziellen Bedingungen und ging an das von Heinrich W. E. Jung (1876–1953) und Helmut Hasse (1898–1979) geführte hallische Mathematische Institut.
Baer gehörte zu den ersten Gelehrten, die von den Nationalsozialisten aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ beurlaubt wurden und Lehrverbot erhielten. 1933 emigrierte er als Stipendiat an die University of Manchester und ging 1935 an das Institute for Advanced Study in Princeton (New Jersey, USA), wobei er von dort 1936/37 eine Gastvorlesung an der New York University hielt. 1937 lehrte er als Assistant Professor für Mathematik an der University of North Carolina in Chapel Hill (North Carolina, USA) und seit 1938 als Associate Professor für Mathematik an der University of Illinois in Urbana (Illinois, USA), wo er 1944 einen analogen Lehrstuhl erhielt. 1957 wechselte er auf ein Ordinariat für Mathematik an die Universität Frankfurt am Main. In dieser Zeit hielt er zahlreiche Gastvorlesungen u. a. in den USA, in Neuseeland, Südafrika und Japan sowie an der ETH in Zürich, wo er auch seinen Lebensabend verbrachte.
In seinen Forschungen beschäftigte sich Baer v. a. mit Fragen der Algebra, insbesondere der Gruppentheorie und der Topologie, wobei in der Hallenser Zeit der Kontakt mit Hasse und Heinrich Brandt (1886–1954) für die Profilierung seiner algebraischen Forschungen eine wichtige Rolle spielte. Mit Hasse edierte er 1930 die grundlegende Arbeit von Ernst Steinitz (1871–1928) zur algebraischen Theorie der Körper. Mehrere Begriffe der Algebra sind mit Baers Namen verknüpft: Baer-Gruppen, Baer-Ringe und Baer-Radikal (einer Gruppe), außerdem geht der Begriff des injektiven Moduls auf ihn zurück. Eingehend studierte er Fragen der Gruppenerweiterung, nilpotente und auflösbare Gruppen sowie die Anwendung der Gruppentheorie in der Theorie endlicher projektiver Ebenen.
Mehrfach setzte sich Baer mit Fragen der Axiomatik auseinander, speziell ob die einen Begriff definierenden Axiomensysteme unabhängig und vollständig sind und wie verschiedene Definitionen zusammenhängen. So verglich er 1929 die Definition der topologischen Grundbegriffe Felix Hausdorffs (1868–1942), Maurice René Fréchets (1878–1973) und Horst Tietz' (1921–2012), die auf dem Begriff der Umgebung, des Häufungspunkts bzw. der offenen Menge basierten. Baer sah in der Stetigkeit den für die Topologie zentralen Begriff und führte seit den späten 1920 Jahren bis 1933 mit Friedrich W. Levi (1888–1966) entsprechende Studien durch. Weitere Themen seiner Forschungen waren der Scharbegriff, geordnete Körper, Funktionenkörper, die Anwendung der Kontinuumhypothese in der Gruppentheorie, mengentheoretische Fragen sowie endliche Geometrien.
Baer war Begründer bzw. Mitbegründer mehrerer mathematischer Fachzeitschriften sowie deren Herausgeber bzw. Mitherausgeber, wie „Compositio Mathematica“ (1934–1966), „American Journal of Mathematics“ (1949–1955), „Ergebnisse der Mathematik“ (seit 1952), „The Illinois Journal of Mathematics“ (1956–1963) und dem „Archiv der Mathematik“ (seit 1959). Weiterhin war Baer Gründungsmitglied der Gesellschaft für Mathematische Forschung und wurde 1968 Ehrenmitglied des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach. Zu seinen Schülern zählen Heinz Lüneburg (1935–2009), Peter Dombrowski (geb. 1928), Gerhard O. Michler (geb. 1938), Bernd Fischer (1936–2020), Donald G. Higman (geb. 1928), Dieter Held (geb. 1936), Hans Kurzweil (1942–2014), Christoph Hering (geb. 1939), Helmut Bender (geb. 1942), Otto H. Kegel (geb. 1934), Rüdiger Göbel (1940–2014), Christine Williams Ayoub (geb. 1922) und Kenneth G. Wolfson (geb. 1924).
1959 | Gründungsmitglied der Gesellschaft für Mathematische Forschung |
1968 | Ehrenmitglied des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach |
1974 | Dr. rer. nat. h. c., Universität Gießen |
1976 | Dr. rer. nat. h. c., Universität Kiel |
1978 | Hon. D. Sc., University of Birmingham (Großbritannien) |
1979 | Reinhold-Baer-Kolloquium (weiterführende Informationen) |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, EA 3/150 Kultusministerium: Personalakten.
Gedruckte Quellen:
Fragebogen zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933, in: Birgit Bergmann/Moritz Epple (Hg.), Jüdische Mathematiker in der deutschsprachigen akademischen Kultur, 2009, S. 202–205.
Monografien:
Reinhold Baer/Helmut Hasse, Steinitz, Ernst. Algebraische Theorie der Körper, 1930.
Linear Algebra and Projective Geometry, 1952, 21966, Nachdr. 2005, russ. 1955.
Group Theory, Geometrical Structures and their Interrelations, 1964.
Aufsätze:
Kurventypen als Flächen, in: Journal für reine und angewandte Mathematik 156 (1927), S. 231–246. (Diss. phil.)
Über nicht-archimedische geordnete Körper, in: Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1927), S. 3–13.
Algebraische Theorie der differentiierbaren Funktionenkörper, in: ebd., S. 15–32.
Über ein Vollständigkeitsaxiom in der Mengenlehre, in: Mathematische Zeitschrift 27 (1928), S. 536–539.
Zur Einordnung der Theorie der Mischgruppe in die Gruppentheorie, in: Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1928), S. 3–18. (Habilitationsschrift)
Isotopie von Kurven auf orientierbaren, geschlossenen Flächen und ihr Zusammenhang mit der topologischen Deformation der Flächen, in: Journal für reine und angewandte Mathematik 159 (1928), S. 101–116.
Zur Axiomatik der Kardinalzahlarithmetik, in: Mathematische Zeitschrift 29 (1929), S. 381–386.
Die Abbildungstypengruppen der orientierbaren geschlossenen Fläche vom Geschlecht 2, in: Journal für reine und angewandte Mathematik 160 (1929), S. 1-25.
Zur Einführung des Scharbegriffs, in: ebd., S. 199–207.
Beziehungen zwischen den Grundbegriffen der Topologie, in: Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1929), S. 3–23.
Eine Anwendung der Kontinuumshypothese in der Algebra, in: Journal für reine und angewandte Mathematik 162 (1930), S. 132 f.
Reinhold Baer/Helmut Hasse, Zusammenhang und Dimension topologischer Körperräume, in: Journal für reine und angewandte Mathematik 167 (1932), S. 40–45.
Reinhold Baer/Friedrich Lewi, Stetige Funktionen in topologischen Räumen, in: Mathematische Zeitschrift 34 (1932), S. 110–130.
Situation der Untergruppen und Struktur der Gruppe, in: Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1933), S. 12–17.
Erweiterung von Gruppen und ihren Isomorphismen, in: Mathematische Zeitschrift 38 (1934), S. 375–416.
Klassifikation der Gruppenerweiterungen, in: Journal für reine und angewandte Mathematik 187 (1950), S. 75–94.
Festschriften:
Festschrift zum 60. Geburtstag am 22. Juli 1962 von Freunden, Kollegen und Schülern gewidmet, 1962.
M. Pinl, Kollegen in einer dunklen Zeit. 3. T. Halle: (Reinhold Baer, Heinrich Grell), in: Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung 73 (1972), S. 153 f.
Lexikonartikel:
J C. Poggendorffs biographisch-literarisches Handwörterbuch der exakten Naturwissenschaften, Bd. 6, 1936, S. 104, Bd. 7a, 1955, S. 77 f. u. Bd. 8, 1996, S. 191 f.
Günther Eisenreich, Art. „Baer, Reinhold“ in: Siegfried Gottwald/Hans-Joachim Ilgauds/Karl-Heinz Schlote (Hg.), Lexikon bedeutender Mathematiker, 1990, S. 33 f.
John J. O’Connor/Edmund F. Robertson, Art. „Reinhold Baer“, in: MacTutor History of Mathematics Archive, 2014. (P) (Onlineressource)
Karin Richter, Art. „Reinhold Baer“, in: Catalogus Professorum Halensis. (P) (Onlineressource)
Nachrufe:
Karl W. Gruenberg, Obituary. Reinhold Baer, in: Bulletin London Mathematical Society 13 (1981), S. 339–361. (P)
Otto H. Kegel, Obituary. Reinhold Baer (1902–1979), in: Mathematical Intelligencer 2 (1980), S. 181 f.
Wolfgang Franz, Prof. Dr. Reinhold Baer †, in: Uni-Report, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main 12 (1979), Nr. 14, S. 5.
Fotografien, 1950er Jahre bis 1972, Oberwolfach Photo Collection.