Gräter, Franz
- Lebensdaten
- 1797 – 1861
- Geburtsort
- Öhringen (Hohenlohe)
- Sterbeort
- Hall (heute Schwäbisch Hall)
- Beruf/Funktion
- Schriftsteller ; Zeichenlehrer ; Buchillustrator
- Konfession
- evangelisch-lutherisch,seit 1830 General Church of New Jerusalem (New Church)
- Normdaten
- GND: 116813288 | OGND | VIAF: 57376301
- Namensvarianten
-
- Gräter, Johann Heinrich Franz
- Graeter, Franz
- Gräter, Francis
- Gräter, Franz
- Gräter, Johann Heinrich Franz
- Graeter, Franz
- Gräter, Francis
- Gräter, Franz
- Gräther, Franz
- Gräther, Johann Heinrich Franz
- Graether, Franz
- Gräther, Francis
- Gräther, Franz
Vernetzte Angebote
Verknüpfungen
Orte
Symbole auf der Karte
Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.
-
Gräter, Johann Heinrich Franz (Franz Graeter; Francis Gräter)
1797 – 1861
Schriftsteller, Zeichenlehrer, Buchillustrator
Der Zeichner, Literat und politische Aktivist Franz Gräter engagierte sich seit 1816 in der burschenschaftlichen Bewegung. In den 1820er Jahren zu vierjähriger Haft verurteilt, lebte er von 1826 bis 1842 im Exil in den USA, wo er sich als Zeichenlehrer und Buchillustrator einen Namen machte. Zurück in Deutschland, trat er während der 1848er-Revolution für eine demokratische, auf Volkssouveränität basierende Republik ein.
Lebensdaten
Geboren am 9. Juni 1797 in Öhringen (Hohenlohe) Gestorben am 30. Juli 1861 in Hall (heute Schwäbisch Hall) Konfession evangelisch-lutherisch; seit 1830 General Church of New Jerusalem (New Church) -
Autor/in
→Jürgen Müller (Frankfurt am Main)
-
Zitierweise
Müller, Jürgen, „Gräter, Franz“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116813288.html#dbocontent
Gräter besuchte das Gymnasium in Hall und das Obergymnasium in Stuttgart. Nach dem Abitur studierte er seit 1816 Evangelische Theologie in Tübingen. Hier beteiligte er sich im Dezember 1816 an der Gründung der Burschenschaft „Arminia“, als deren Delegierter er auf dem Jenaer Burschentag vom Oktober 1818 bei der Gründung der „Allgemeinen deutschen Burschenschaft“ mitwirkte. Auch auf dem Burschentag vom September/Oktober 1820 in Dresden nahm Gräter als Vertreter der Tübinger Burschen teil, obwohl die „Arminia“ bereits 1819 verboten worden war. Nach der Rückkehr vom Dresdener Burschentag reiste Gräter im Februar 1821 in die Schweiz, angeblich, um dort die ihm angebotene Stelle eines Privatlehrers an einer Schule in Mollis (Kanton Glarus) anzutreten, vermutlich aber mit der Absicht, nach Norditalien zu gehen, um sich dort den italienischen Aufständischen gegen die österreichische Herrschaft anzuschließen. Anfang März reiste Gräter in Begleitung des italienischen Carbonaro Joachim de Prati (1790–1863) weiter nach Genua, wo sie erfuhren, dass der italienische Aufstand von österreichischen Truppen niedergeschlagen worden war. Gräter kehrte deshalb über Marseille und die Schweiz nach Württemberg zurück und trat dort als Soldat in die Armee ein.
1823 nahm Gräter seinen Abschied und begann im Herbst das Studium der Medizin in Tübingen, das er nicht abschloss. Er engagierte sich abermals in der Burschenschaft, wurde im September 1824 wegen der Mitgliedschaft im geheimen radikaldemokratischen „Jünglingsbund“ festgenommen, auf der Festung Hohenasperg inhaftiert und im Mai 1825 zu vier Jahren Haft verurteilt. 1826 erfolgte seine vorzeitige Entlassung unter der Auflage, in die USA auszuwandern.
In Northampton nahe Boston (Massachusetts) fand Gräter eine Anstellung als Lehrer für Deutsch und Zeichnen an der Round Hill School, an der auch der 1824 aus Deutschland emigrierte Karl Ludwig Beck (1798–1866) als Latein- und Turnlehrer tätig war. 1828 oder 1829 siedelte Gräter nach Boston über, wo er als Sprach- und Zeichenlehrer an der Harvard University arbeitete und privaten Zeichenunterricht gab. Zu seinen Schülerinnen gehörte Sophia Peabody (1809–1871), die spätere Ehefrau des Schriftstellers Nathaniel Hawthorne (1804–1864). Von 1834 bis 1839 war Gräter Zeichenlehrer an der Temple School in Boston und beteiligte sich als Illustrator an mehreren Büchern; so fertigte er etwa die Zeichnungen für den 1837 von Charles T. Jackson (1805–1880) veröffentlichten „Atlas of Plates, Illustrating the Geology of the State of Maine“ an. In seiner Zeit in Northampton und Boston stand Gräter im engen Kontakt mit der deutschen Emigrantenkolonie um Karl Follen (1796–1840) und Beck und war 1835 Mitgründer und Vorstandsmitglied der „German Society“ in Boston.
1839 zog Gräter mit seiner Familie nach New York, wo er in wirtschaftlich schwierigen Verhältnissen lebte. Nach einer Amnestie kehrte er 1842 nach Deutschland zurück und ließ sich in Stuttgart nieder, doch gelang es ihm nicht, eine neue berufliche Existenz aufzubauen. Gesundheitlich angeschlagen, verfiel Gräter dem Alkohol. Anfang 1845 wurde er nach Hall ausgewiesen, wo er von der Armenfürsorge lebte. Mit dem Beginn der Revolution 1848 wurde er wieder politisch aktiv und spielte eine führende Rolle im „Vaterländischen Verein“ und im „Demokratischen Verein“ in Hall. Er nahm an Volksversammlungen teil und forderte den Sturz des Königs sowie die Einführung der Republik. Bei der Niederschlagung der Revolution im Herbst 1848 wurde Gräter nicht verhaftet, möglicherweise weil er zu dieser Zeit schon schwer erkrankt war. Er wurde jedoch als „staatsgefährdende Person“ unter Polizeiaufsicht gestellt. Seine private Existenz war zu dieser Zeit bereits durch seine Trunksucht und Schulden ruiniert. Das letzte Jahrzehnt seines Lebens verbrachte Gräter in Armut in Hall.
Gräter war von 1816 bis zu seiner erzwungenen Emigration 1826 einer der politisch aktivsten Burschenschafter, der im engen Kontakt mit anderen republikanisch gesinnten politischen Oppositionellen wie Wilhelm Snell (1789–1851), Follen,Samuel Gottlieb Liesching (1786–1864) und Karl Völker (1796–1884) gegen das repressive System der Restaurationszeit agitierte. Er war ein von liberalen und republikanischen Prinzipien überzeugter politischer Aktivist, dem zwar der politische und berufliche Erfolg letztlich versagt blieb, der aber in der demokratischen Tradition des deutschen Vormärz eine wichtige Rolle als Agitator spielte.
1830 | Mitglied der Boston Society |
1835 | Mitgründer und Vorstandsmitglied der German Society, Boston |
Nachlass:
Tagebuch von Franz Gräter 1840–1845. (Privatbesitz)
Weitere Archivmaterialien:
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, E 319 Bü 2. (Protokoll der Spezialuntersuchungskommission über die Vernehmung des Beschuldigten Johann Heinrich Franz Gräter aus Schwäbisch Hall 1824)
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, E 146 Bü 8486 (Politische Persönlichkeiten, Anfangsbuchstabe F–Z, 1825–1858); E 146 Bü 1955 alt. (Gesuch von Franz Gräter um Wiederaufnahme als württembergischer Staatsbürger vom 9.12.1842)
Special Collections, Raymond H. Folger Library, University of Maine, Orono, Maine.
Autor:
Francis Graeter, Mary’s Journey. A German Tale, 1829; dt. Mariens Reise. Novelle, Abdruck in: Morgenblatt für gebildete Stände Nr. 186–200 v. 5.8.–21.8.1830, S. 741–798.
Der Eulenthurm. Novelle, Abdruck in: Morgenblatt für gebildete Stände Nr. 158–162 v. 3.7.–8.7.1830, S. 629–648.
Francis Graeter, German and English Phrases and Dialogues. For the Use of Students in the German Language, 1831.
Francis Graeter, Hydriatics, or Manual of the Water Cure, Especially as Practised by Vincent Priessnitz in Graefenberg. Compiled and Translated from the Writings of Charles Munde, Dr. Oertel, Dr. Bernhard Hirschel and other Eye-Witnesses and Practitioners, 1842.
Illustrator:
Charles Beck, A Treatise on Gymnasticks, Taken Chiefly from the German of F. L. Jahn, 1828.
Sarah P. Doughty, Rose and Her Lamb and Other Tales, 1831.
Lydia Mary Child, The Oasis, 1834.
Charles T. Jackson, Atlas of Plates, Illustrating the Geology of the State of Maine, Accompanying the First Report on the Geology of That State. Published by Order of the Legislature of Maine, 1837.
Mary LeBaron Stockwell, Descendants of Francis LeBaron of Plymouth, 1904.
Max Doblinger/Georg Schmidgall, Geschichte und Mitgliederverzeichnisse burschenschaftlicher Verbindungen in Alt-Österreich und Tübingen 1816 bis 1936. Mit einer Einf. v. Paul Wentzcke, 1940.
Stuart Macdonald, The History and Philosophy of Art Education, 1970.
Eugen Wendler, Friedrich List und die „Demagogengesellschaft“ von 1825 auf dem Hohenasperg, in: ders., Friedrich List im Zeitalter der Globalisierung, 2014, S. 43–56.
Ingeborg Forssmann, Franz Gräter und Elizabeth Goodwin, in: Suhlenfege 1 (1995), S. 11–16.
Thomas Oelschlägel, Hochschulpolitik in Württemberg 1819–1825. Die Auswirkungen der Karlsbader Beschlüsse auf die Universität Tübingen, 1995.
Peter Hubert (Hg.), Franz Gräter (1797–1861) – Literat und Revolutionär, hg. im Auftrag des Hällisch-Fränkischen Museums. Begleitheft zur Ausstellung, 1998. (P)
Megan Marshall, The Peabody Sisters. Three Women Who Ignited American Romanticism, 2005.
Porträt, undatiert (Familienbesitz), Abbildung in: Peter Hubert (Hg.), Franz Gräter (1797–1861) – Literat und Revolutionär, hg. im Auftrag des Hällisch-Fränkischen Museums. Begleitheft zur Ausstellung, 1998.