Böse, Johann Georg
- Lebensdaten
- 1662 – 1700
- Geburtsort
- Oschatz
- Sterbeort
- Sorau (Niederlausitz)
- Beruf/Funktion
- evangelischer Theologe ; Pietist ; Pfarrer
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 102456119 | OGND | VIAF: 24991715
- Namensvarianten
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- Böse, Johann Georg
- Böse, Johann Georg
- Boesius, Johannes Georgius
- Böse, Johann G.
- Böse, Johann George
- Böse, Johannes Georgius
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Böse, Johann Georg
evangelischer Theologe, getauft 28.6.1662 Oschatz (Sachsen), † 18.2.1700 Sorau (Niederlausitz).
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Genealogie
V Paul, Krämer in Oschatz;
⚭ bald nach 1690 Eleonore (1706 in 2. Ehe verheiratet mit →Johann Heinrich Michaelis, 1668–1738, Professor der orientalischen Sprachen, später der Theologie in Halle), T des Stadtrichters und Hospitalvorstehers Severin Kupitz in Sorau. -
Biographie
Erst von der Zeit an, da B. Diakonatsgehilfe (1690) und Diakonus in Sorau wurde, wissen wir etwas über ihn. Sein Buch, durch das er bekannt geworden ist, der „Terminus peremptorius salutis humanae“ (Frankfurt 1698), ist alles andere als eine originale Leistung. Der Grundgedanke stammt von Philipp Jac. Spener, der mehrmals der Meinung Ausdruck gegeben hat, daß im Leben des Unbußfertigen leicht ein Zeitpunkt eintreten könnte, nach dessen Verfluß Gott keine Gnade und keinen Trieb zur Buße mehr gebe, sondern die Herzen verstockt werden lasse. B., der das berechtigte seelsorgerliche Anliegen Speners aufnahm, hat dem Gedanken eine lehrhafte Wendung gegeben. Der Streit, den B., schwindsüchtig und leidenschaftlich, in Sorau auslöste, und die ungeheure Erregung unter den ca. 20 Geistlichen des Reichsfürstlich Prommnitz’schen Konsistorialbezirks wären nicht der Erwähnung wert, wäre nicht der Kampf durch Einforderung von Fakultätsgutachten nach Leipzig verpflanzt worden. Während B. den Aufregungen der Auseinandersetzungen erlag, stritten →Thomas Ittig und →Adam Rechenberg, Speners Schwiegersohn, fünf Jahre in Leipzig um den terminus peremptorius. Die Zahl der Streitschriften wurde ungewöhnlich groß. Der so genannte „Terministische Streit“ wurde die große theologische Auseinandersetzung zwischen orthodoxen Lutheranern und Pietisten in Leipzig. So unglücklich die pietistische Aussage in ihrer lehrhaften Formulierung war, so sehr ist durch den Kampf um den Terminismus die Macht des starren Leipziger Luthertums gebrochen worden. Dadurch, daß B. den Anstoß gegeben hat zu der Auseinandersetzung, hat er eine gewisse Bedeutung für die Durchsetzung des Pietismus gegen die orthodox-lutherische Theologie.
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Werke
Weitere W M. Bösens Apologie auf d. Rostock. Responsum …, 1699, in: Varia de termino salutis, Bd. 2 (Öfftl. Wiss. Bibl. Berlin).
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Literatur
ADB III;
J. G. Walch, Hist. u. theol. Einl. in d. Religionsstreitigkeiten d. ev.-luth. Kirche, Jena 1733–39, Bd. 2, S. 851-992;
F. H. Hesse, Der terminist. Streit, 1877;
PRE. -
Autor/in
Franz Lau -
Zitierweise
Lau, Franz, "Böse, Johann Georg" in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 408 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd102456119.html#ndbcontent
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Böse, Johann Georg
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Biographie
Böse: Johann Georg B., geb. 1662 in Oschatz, Sohn eines dortigen Bürgers und Handelsmannes, empfing seine Vorbildung auf der Schule zur Pforte, wo ihn die Frage über Allgemeinheit oder Beschränktheit der göttlichen Gnade schon mit 17 Jahren lebhaft bewegte, und machte sodann in Leipzig unter J. B. Carpzow's Leitung seine theologischen Studien. Nach einem wahrscheinlichen Aufenthalt in Bautzen wurde er 1690 Gehülfe des Diaconus Jentsch in Sorau; hier gewann der Archidiaconus J. Fritzsche, 1698 Schade's Nachfolger in Berlin, Einfluß über ihn, und diesem gelang es, ihn in die Spener’sche|Richtung und sogar in die einseitig pietistische Auffassung des Christenthums und der geistlichen Amtsführung vollständig einzuführen. Er behauptete diesen Standpunkt auch als Nachfolger im Diaconate von Sorau (1694), trotz mehrerer an ihn ergehenden Ermahnungen und Verwarnungen. Nach einigen Jahren erschien die Schrift Schade's: „Praxis des Beichtstuhls und des Abendmahls“, 1697; durch sie angeregt veröffentlichte B. selbst, so sehr auch Spener widerrathen mochte, eine eigene Schrift: „Terminus peremtorius salutis humanae“, 1698. Es war die That seines Lebens, aber sie hat auch seine letzten Lebensjahre ganz verbittert. Die Behauptung eines peremtorischen Heilstermins, über welchen hinaus der Einzelne sich der göttlichen Gnade nicht mehr zu getrösten habe, wurde von dem gräflich Promnitz’schen Consistorium zu Sorau sofort aufgegriffen; es folgte eine Anklage und Untersuchung, deren Acten an die theologische Facultät zu Leipzig geschickt wurden, diese aber votirte unter dem 11. Aug. 1698 zu Ungunsten Böse's. Vergeblich appellirte der Angegriffene an das Oberconsistorium zu Lübben, dort hatte er sich schon am 20. Nov. zur Verantwortung zu stellen. Beide Theile stärkten sich jetzt durch Gutachten: B. selbst wandte sich an Thomasius, welcher mit bekanntem Freimuth verfuhr, denn in seinem Rechtsgutachten vom 23. Decbr. 1698 wurden dem vorangegangenen Untersuchungsproceß nicht weniger als fünfzehn Nichtigkeiten und Ungesetzlichkeiten nachgewiesen. Ganz entgegengesetzt urtheilte am 18. Jan. 1699 die von dem Sorauer Consistorium befragte theologische Facultät zu Wittenberg. Kurz vorher waren durch das Oberconsistorium von Lübben die Verhandlungen noch der theologischen Facultät zu Rostock zugesandt worden; aber auch hier herrschte der richterliche Geist der altorthodoxen Schule, ihr Urtheil fiel am 30. März oder 3. April 1699 verwerfend aus. Böse's Lage verschlimmerte sich, auch der Irrthum des Chiliasmus wurde ihm vorgeworfen, er sah sich beschimpfenden Kränkungen ausgesetzt und mit Absetzung bedroht. In solcher Noth schrieb er eine Apologie und schickte sie nebst der Bitte um Begutachtung der Sache an die theologische Facultät zu Leipzig. Die letztere, in welcher die pietistische Richtung inzwischen die Oberhand gewonnen hatte, gab jetzt zu Ende 1699 in zwei Schreiben allerdings eine günstige und freisprechende Meinung ab, aber ohne ihm damit zu nützen: er fand einen andern Helfer in dem frühzeitigen Tode, der ihn schon am 8. Febr. 1700 von aller Drangsal befreite.
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Autor/in
Gaß. -
Zitierweise
Gaß, Wilhelm, "Böse, Johann Georg" in: Allgemeine Deutsche Biographie 3 (1876), S. 187-188 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd102456119.html#adbcontent