Vasella, Oskar
- Lebensdaten
- 1904 – 1966
- Geburtsort
- Chur
- Sterbeort
- Freiburg (Uechtland)
- Beruf/Funktion
- Historiker
- Konfession
- katholisch
- Normdaten
- GND: 123392403 | OGND | VIAF: 18129960
- Namensvarianten
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- Vasella, Oscar
- Vasella, Oskar
- Vasella, Oscar
- Vasella, O.
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Vasella, Oskar (auch Oscar)
|Historiker, * 15.5.1904 Chur, † 20.12.1966 Freiburg (Uechtland), ⚰ Chur, Friedhof Hof. (katholisch)
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Genealogie
Väterlicher- u. mütterlicherseits aus d. ital.sprachigen Südbündnertal Val Poschiavo (Puschlav);
V Pietro (1862–1938), Zeughausangest., Büchsenmacher;
M Emilia Gervasi (1869–1945);
Ov Giovanni (auch Johann) (1861–1921), Domherr d. Bm. Chur, bfl. Kanzler, Schriftst. (s. HBLS; Helvetia Sacra);
– ⚭ Zizers 1942 →Ursulina (1916–2001), Kindergärtnerin, T d →Joseph Vieli (1884–1962), 1927–35 Bündner Reg.rat, 1939–56 Ständerat (s. HLS), u. d. Olga Roberti (1896–1962);
2 S →Andrea (* 1943), Prof. d. Chemie 1977–93 an d. Univ. Zürich, 1993–2008 an d. ETH Zürich (s. Kürschner, Gel.-Kal. 2014), →Daniel (* 1953), Arzt, 1996–2010 CEO, 1999–2013 Präs. d. Verw.rats d. Novartis AG, Dr. med. h. c. (Basel 2002), 2 T Ursula Maria (1944–63), Silvia Sabina (1946–82). -
Biographie
V. wuchs deutsch- und italienischsprachig in Chur auf und besuchte die Klosterschulen von Disentis, Saint-Maurice sowie Sarnen, wo er 1923 die Matura erwarb. Anschließend studierte er bei →Albert Büchi (1864–1930), →Gustav Schnürer (1860–1941) und Franz Steffens (1853–1930) Geschichte an der kath. Univ. Freiburg (Ue.) und wurde 1928 mit der Dissertation „Geschichte des Prediger-Klosters St. Nicolai in Chur, Von seinen Anfängen bis zur ersten Aufhebung (1280–1538)“ zum Dr. phil. promoviert. Er setzte seine Studien fort in Bern (Recht), an der Sorbonne in Paris (Mediävistik) sowie in Berlin u. a. bei →Paul Kehr (1860–1944) und Albert Brackmann (1871–1952). 1931 habilitierte sich V. in Freiburg (Ue.) mit „Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse im Bistum Chur mit besonderer Berücksichtigung des Klerus vom Ausgang des 13. Jh. bis um 1530“. Nach dem Tod seines Lehrers A. Büchi trat V. dessen Nachfolge an der Univ. Freiburg (Ue.) an (1933 ao., 1936 o. Prof., vier Mal Dekan d. phil. Fak., 1948–50 Rektor). In seinem zweiten Dekanat (1945/46) betrieb er die Entlassung von drei nazifreundlichen dt. Professoren →(Heribert Reiners, →Richard Newald, →Josef Spieler). Als Rektor stellte er die finanziell angeschlagene Universität mit der alljährlichen Kollekte bei den Schweizer Katholiken auf solide Grundlagen, wodurch sich die arme Katholikenuniversität zu einer mittelgroßen Schweizer Hochschule entwickelte.
V. prägte über Jahrzehnte die schweizer. Hochschulpolitik, u. a. als Mitbegründer des „Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung“ (1952). Seit 1935 Mitglied des Gesellschaftsrats, präsidierte er 1956–60 als erster Katholik die „Allgemeine Geschichtforschende Gesellschaft der Schweiz“ (AGGS, heute Schweizer. Ges. f. Geschichte, SGG). 1955–61 vertrat V. die Schweizer Historiker im Vorstand der „Schweizerischen Geisteswissenschaftlichen Gesellschaft“ (SGG, heute Schweizer. Ak. d. Geistes- u. Sozialwiss., SAGW). Ab 1950 gehörte er dem Beirat der „Görres-Gesellschaft“ an und war v. a. im „Corpus Catholicorum“ aktiv. Ferner war er Vertreter der Schweiz in der internationalen Pius-Stiftung für die Papsturkunden sowie 1932–66 Redaktor der (kath.) „Schweizerischen Zeitschrift für Kirchengeschichte“ (samt 20 Beiheften), die V. zu seinem persönlichen wiss. Sprachrohr formte.
Seine Forschungsschwerpunkte lagen in der Geschichte des Spätmittelalters, der Reformation und der kath. Reform, vornehmlich im Kt. Graubünden. Ausgehend von Arbeiten zur Bündner Geschichte entwickelte sich V. zum führenden (kath.) Schweizer Reformationshistoriker. Durch stark quellenfundierte Studien räumte er mit der militant-apologetischen Sicht der älteren kath. Reformationsgeschichte auf und machte – bereits vor dem ökumenischen Aufbruch des Vaticanums II – Platz für ein differenziertes Bild, das die Anliegen der Reformatoren positiv würdigte und die Reformbedürftigkeit der spätmittelalterlichen Kirche klar bejahte.
Einen internationalen Ruf erwarb sich V. mit Arbeiten wie „Der bäuerliche Wirtschaftskampf und die Reformation in Graubünden (1526 bis etwa 1540)“ (1943), „Österreich und die Bündnispolitik der kath. Orte, 1527–1529“ (1951), „Abt →Theodul Schlegel von Chur und seine Zeit, 1515–1529“ (1951), „Ritter Melchior Lussy, schweizer. Staatsmann und Ritter vom Heiligen Grab“ (1956) und v. a. mit seinem Standardwerk „Reform und Reformation in der Schweiz, Zur Würdigung der Anfänge der Glaubenskrise“ (1958). V. war einer der wenigen schweizer. Hochschullehrer, denen es gelang, eine eigentliche „Schule“ aufzubauen. Über seine zahlreichen Schüler (u. a. →James Schwarzenbach, →Gottfried Boesch, →Raimund Tschudi, →Mauritius Fürst) und fast 100 Dissertationen prägte er bis gegen Ende des 20. Jh. die kath. Historikerschaft in der Deutschschweiz.
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Auszeichnungen
A u. a. Mitgl. d. Bad. Hist. Komm.;
Rr. d. Hl. Grabes. -
Werke
W 10 Monogrr., davon 2 Edd., u. a. Das Visitationsprotokoll über d. schweizer. Klerus d. Bm. Konstanz v. 1586, 1963);
80 Zss.- u. Ztg.art., u. a. in d. NZZ, 350 Rezensionen u. 46 Nekr.;
Art. in NDB, LThK²u. Schweizer Lex.;
– Geistliche u. Bauern, Ausgew. Aufss. z. SpätMA u. Ref. in Graubünden u. seinen Nachbargebieten, hg. v. U. Brunold u. W. Vogler, 1996;
– Nachlaß: StA Graubünden, Chur (P), hierzu Findbuch v. U. Brunold. -
Literatur
L FS O. V., 1964 (W-Verz. bis 1963, P);
C. Pfaff, Die Pflege d. Gesch. an d. Univ. Freiburg/Schweiz, in: Zs. f. Schweizer. KGesch. 69, 1975, S. 170–81;
ebd. 90, 1996, bes. M. Jorio, S. 83–99 (W-Verz. 1964–67);
G. Boesch, in: Schweizer. Zs. f. Gesch. 17, 1967, S. 377–80;
R. Bornatico, in: Quaderni Grigionitaliani 36, 1967, S. 153–58;
R. Ruffieux, in: Revue d’histoire ecclésiastique 62, 1967, S. 1059;
Universitas|Friburgensis 25, 1967, S. 20–25;
P. Tomaschett, in: Calender Romontsch 109, 1968, S. 47–51;
G. Deplazes, in: Bündner Jb. 1968, S. 160–62;
A. A. Schmid, in: Bed. Bündner aus 5 Jhh., II, 1970, S. 629–38;
U. Altermatt, Gesch. d. Univ. Freiburg, Schweiz, II, 1991, bes. S. 673–78; HLS -
Autor/in
Marco Jorio -
Zitierweise
Jorio, Marco, "Vasella, Oskar" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 720-722 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd123392403.html#ndbcontent