Bucerius, Gerd
- Dates of Life
- 1906 – 1995
- Place of birth
- Hamm (Westfalen)
- Place of death
- Hamburg
- Occupation
- Verleger ; Politiker ; Publizist ; Journalist ; Jurist ; Senator
- Religious Denomination
- evangelisch-lutherisch
- Authority Data
- GND: 118516515 | OGND | VIAF: 116372655
- Alternate Names
-
- Bucerius, Karl Anton Martin Gerhard
- Bucerius, Gerd
- Bucerius, Karl Anton Martin Gerhard
- Bucerius, G.
- Bucerius, Carl Anton Martin Gerhard
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Relations
Genealogical Section (NDB)
Life description (NDB)
- Albrecht Mendelssohn Bartholdy (1874–1936)
- Arnold Bernstein (1888–1971)
- Georg Munker
- Hilde von Lang (1925–2011)
- Josef Müller-Marein (1907–1981)
- Konrad Adenauer (1876–1967)
- Lovis H. Lorenz (1898–1976)
- Ludwig Erhard (1897–1977)
- Manfred Sihle-Wissel (geb. 1934)
- Marion Gräfin Dönhoff (1909–2002)
- Richard Tüngel (1893–1970)
- Rudolf Augstein (1923–2002)
- Wilhelm Kröger (1904–1991)
Personen in der GND - familiäre Beziehungen
Places
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Bucerius, Gerd (eigentlich Karl Anton Martin Gerhard Bucerius)
1906 – 1995
Verleger, Politiker, Publizist
Gerd Bucerius war ein bedeutender Mitgestalter des publizistischen und politischen Neuanfangs nach dem Ende des NS-Regimes. Er begründete und prägte von 1946 bis 1995 als Verleger die Wochenzeitung „Die Zeit“. Seine politische Heimat fand er in der CDU, die er von 1949 bis 1962 im Deutschen Bundestag vertrat. 1971 rief er die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius ins Leben.
Dates of Life
Geboren am 19. Mai 1906 in Hamm (Westfalen) Gestorben am 29. September 1995 in Hamburg Grabstätte Friedhof Klosterbergen in Reinbek bei Hamburg Konfession evangelisch-lutherisch -
Author
→Axel Schuster (Hamburg)
-
Citation
Schuster, Axel, „Bucerius, Gerd“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118516515.html#dbocontent
Aufgewachsen in einem gemischtkonfessionellen, gehoben-bürgerlichen Elternhaus, wurde Bucerius politisch von seinem Vater geprägt, der als Direktor der Stinnes AG in Hamburg und später als Rechtsanwalt und Notar in Altona arbeitete und Mitglied der nationalliberalen Deutschen Volkspartei (DVP) war. Nach seinem Abitur studierte Bucerius von 1925 bis 1928 Jura in Freiburg im Breisgau, Hamburg sowie Berlin und trat 1933 als Anwalt in die väterliche Kanzlei in Altona ein.
Dem Nationalsozialismus stand Bucerius ablehnend gegenüber. Seit 1932 mit einer jüdischen Ehefrau verheiratet, der er 1938 die Ausreise nach England ermöglichte, vertrat er im „Dritten Reich“ auch jüdische Mandanten, darunter den Reeder Arnold Bernstein (1888–1971). 1935 wurde Bucerius bei Albrecht Mendelssohn Bartholdy (1874–1936) mit der Studie „Der Zeitpunkt des Eigentumsverlustes an beschlagnahmten und liquidierten Gütern rechtsvergleichend dargestellt am englischen, amerikanischen und deutschen Beschlagnahmerecht des Weltkrieges“ zum Dr. iur. promoviert. In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs arbeitete er als Syndikus für die Diago-Werke Möller und Co., einem Hamburger Unternehmen für Notbehelfsbauten, und nahm auch Mandate bei Liquidationsverfahren im Ausland wahr.
1946 wurde Bucerius als Hamburger Bausenator politisch aktiv und trat kurz darauf der CDU bei. Im Wirtschaftsrat der Bizone lernte er 1948 Ludwig Erhard (1897–1977) kennen, dessen Idee der sozialen Marktwirtschaft er zeitlebens verbunden blieb. 1949 in den ersten Deutschen Bundestag gewählt, wurde Bucerius mit Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876–1967) bekannt, der ihm 1952 das Amt des Bundesbeauftragten für die Förderung der Berliner Wirtschaft übertrug, das er bis 1957 innehatte. In diesem Amt initiierte Bucerius u. a. die erfolgreiche, mindestens bis 1959 laufende Aktion „Kaufst Du was, denk an Berlin“ zur Unterstützung von in Berlin produzierten Waren. Die von Bucerius seit 1953 erhobene Forderung, den Bundestag von Bonn nach Berlin zu verlegen und Berlin als offizielle Hauptstadt zu proklamieren, wurde von Adenauer abgelehnt.
Parallel zur politischen Karriere begann das publizistische Engagement von Bucerius. Als Vorstandsmitglied der wiederbegründeten Hanseatischen Rechtsanwaltskammer mit gutem Kontakt zur britischen Militärbehörde wurde er 1946 Mit-Lizenzträger der Wochenzeitung „Die Zeit“, deren Hauptlizenznehmer Lovis H. Lorenz (1898–1976) war. Unterstützt von seiner zweiten Ehefrau Ebelin, stieg Bucerius in den folgenden Jahren zum alleinigen Inhaber der Zeitung auf und wurde 1951 zugleich Mehrheitsgesellschafter des Wochenmagazins „Stern“.
1962 trat Bucerius aus der CDU aus und legte sein Mandat im Bundestag nieder, nachdem er sich im Jahr zuvor offen gegen Adenauers erneute Kanzlerkandidatur zugunsten von Erhard engagiert hatte. Im Vorfeld seines politischen Rückzugs hatte er die Forderung der CDU/CSU-Fraktion abgelehnt, sich in seiner Funktion als „Stern“-Verleger für den im Januar 1962 publizierten Artikel „Brennt in der Hölle wirklich ein Feuer?“ zu entschuldigen, in dem der Journalist Jürgen von Kornatzky im Vorfeld des Zweiten Vatikanischen Konzils den politischen Einfluss der Katholischen Kirche kritisiert hatte. 1965 spielte Bucerius in Hamburg die Hauptrolle während der Fusion des Constanze Verlags John Jahr KG mit der Druckerei Gruner & Sohn und Verlag Henri Nannen GmbH zu dem Verlag „Gruner + Jahr“, dem zweitgrößten deutschen Presseverlag nach Springer. 1973 übertrug Bucerius seine Anteile in Höhe von 28,25 % im Tausch an die Bertelsmann AG und wurde deren Aktionär mit 11,5 %.
Die verlegerische Karriere von Bucerius, der bis zu seinem Tod Verleger der „Zeit“ blieb, war über Jahrzehnte eng verbunden mit der Journalistin Marion Gräfin Dönhoff (1909–2002). In deren Konflikt mit Chefredakteur Richard Tüngel (1893–1970) über die politische Ausrichtung der Zeitung ergriff Bucerius 1954/55 die Seite der liberal orientierten Dönhoff. 1955 wurde Tüngel von Bucerius entlassen und durch Josef Müller-Marein (1907–1981) als neuen Chefredakteur ersetzt, der bereits seit 1946 für die „Zeit“ schrieb und von dem Bucerius das Reportage-Handwerk erlernte.
Bucerius unterstützte intellektuelle Debatten, indem er etwa im April 1961 das vom Polizeisenator Wilhelm Kröger (1904–1991) verbotene Hamburger Streitgespräch des Deutschen PEN-Zentrums DDR und Bundesrepublik auf Einladung der „Zeit“ in der Universität Hamburg nachholen ließ. Während der „Spiegel-Affäre“ 1962 zeigte er sich solidarisch mit Rudolf Augstein (1923–2002) und stellte den Redaktionen des „Spiegel“ Räume und Schreibmaschinen zur Fertigstellung der nächsten Ausgabe zur Verfügung.
1971 gründete Bucerius die ZEIT-Stiftung, die sein Erbe und das seiner Frau antrat. Die Stiftung setzte zu Lebzeiten von Bucerius Akzente in der Bildungs-, Kunst- und Kulturlandschaft mit der Unterstützung der Universität Witten/Herdecke, der Stiftung Hamburgische Kunstsammlungen und dem Literaturhaus Hamburg. 1977 machte Bucerius seine Lebenspartnerin Hilde von Lang (1925–2011) zum Mitglied der Geschäftsführung des Zeitverlags Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, die diesen 1996 an die Verlagsgruppe Holtzbrinck verkaufte.
Bucerius expandierte als Verleger auch in die Schweiz. Mit der Gründung einer eigenen Gesellschaft „DuPre“ übernahm er seit 1964 sukzessive die Mehrheitsanteile an der Wochenzeitung „Die Weltwoche“ und der Zeitschrift „Annabelle“. Dieses Engagement endete 1967 mit seinem Anteilsverkauf an die Schweizer Verlagshäuser Jean Frey und Ringier.
1956 | Großkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland |
1986 | Ehrenbürger der Freien und Hansestadt Hamburg |
1990 | Ludwig-Erhard-Medaille der Ludwig-Erhard-Stiftung für Verdienste um die Soziale Marktwirtschaft |
Nachlass:
ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, Hamburg. (weiterführende Informationen)
Briefe:
Ein wenig betrübt, Ihre Marion. Marion Gräfin Dönhoff und Gerd Bucerius. Ein Briefwechsel aus fünf Jahrzehnten, 2003.
Der angeklagte Verleger, 1974.
Der Adenauer. Subjektive Beobachtungen eines unbequemen Weggenossen, 1976.
Reden über das eigene Land: Deutschland. Stefan Heym, Hans Jürgen Syberberg, Alexander Kluge, Gerd Bucerius, Günter Gaus, 1983, S. 95–115.
Zwischenrufe und Ordnungsrufe, 1984.
Ralf Dahrendorf, Liberal und unabhängig. Gerd Bucerius und seine Zeit, 2000, 32016.
Michael Göring (Hg.), Gerd Bucerius. Facetten seines Wirkens. Gerd Bucerius zum 100. Geburtstag, 2006.
Axel Schuster, Der Verleger Gerd Bucerius und sein Schweizer Engagement um „Die Weltwoche“, 2020.
Michael Göring (Hg.), ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Eine Chronik 1971–2021, 2021. (Onlineressource)
Büste v. Manfred Sihle-Wissel (geb. 1934), 1998, Literaturhaus Hamburg.