Simon, Hermann
Simon, Ludwig Hermann
1867 – 1947
Psychiater
- Lebensdaten
- 1867 – 1947
- Geburtsort
- Zweibrücken bei Saarbrücken
- Sterbeort
- Gütersloh
- Beruf/Funktion
- Psychiater ; Arzt
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 11739257X | OGND | VIAF: 288144830
- Namensvarianten
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- Simon, Ludwig Hermann
- Simon, Hermann
- Simon, Ludwig Hermann
Biografische Lexika/Biogramme
Quellen(nachweise)
Literatur(nachweise)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- Nordrhein-Westfälische Bibliographie (NWBib)
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- * Jahresberichte für deutsche Geschichte - Online
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Hermann Simon stand seit 1896 in Diensten von westfälischen Provinzialheilanstalten und nahm 1905 Leitungsfunktionen in Warstein und 1914 in Gütersloh wahr. Er entwickelte das international beachtete Reformkonzept der „aktiveren Krankenbehandlung“ in der Psychiatrie, das auch sozialdarwinistische und eugenische Vorstellungen umfasste.
Lebensdaten
Geboren am 22. März 1867 in Zweibrücken bei Saarbrücken Gestorben am 14. November 1947 in Gütersloh Grabstätte Klinikfriedhof des LWL-Klinikums in Gütersloh Konfession evangelisch-lutherisch -
Lebenslauf
22. März 1867 - Zweibrücken bei Saarbrücken -
Genealogie
Vater Johann Ludwig Simon 1827–1894 Bierbrauereibesitzer in Zweibrücken bei Saarbrücken Großvater väterlicherseits Philipp Ludwig Simon 1796–1863 Bierbrauereibesitzer in Zweibrücken Großmutter väterlicherseits Margarethe Simon, geb. Seibert 1805–1890 Mutter Emma Amalie Friederike Simon, geb Ritter 1838–1906 Bruder Johann Ludwig Alexander Simon geb. 1875 Ingenieur in München Heirat 9.6.1897 in Straßburg (Elsaß, heute Strasbourg, Frankreich) Ehefrau Elisabeth Wilhelmine Marie Fanny Simon, geb. von Bomhard 1876–1950 aus Metz Schwiegervater Ernst von Bomhard 1840–1922 aus Landau in der Pfalz; Richter in Gütersloh Schwiegermutter Marie von Bomhard, geb. Schneider 1849–1922 aus Gleisweiler (Pfalz); zuletzt in Baden-Baden Kinder zwei Söhne, eine Tochter Enkel Ernst Ludwig Simon verh. mit Gisela Simon Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Simon, Hermann (1867 – 1947)
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Vater
Ludwig Simon
1827–1894
Bierbrauereibesitzer in Zweibrücken bei Saarbrücken
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Großvater väterlicherseits
Philipp Ludwig Simon
1796–1863
Bierbrauereibesitzer in Zweibrücken
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Großmutter väterlicherseits
Margarethe Simon
1805–1890
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Mutter
Emma Amalie Friederike Simon
1838–1906
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Bruder
Alexander Simon
geb. 1875
Ingenieur in München
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Heirat
in
Straßburg (Elsaß, heute Strasbourg, Frankreich)
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Ehefrau
Elisabeth Simon
1876–1950
aus Metz
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Biografie
Nach dem Abitur am Gymnasium in Zweibrücken 1885 diente Simon beim Ersten Feldartillerieregiment in München. Seit 1886 studierte er Medizin an den Universitäten in München, Berlin, Heidelberg und Straßburg (Elsaß, heute Strasbourg, Frankreich). Nach dem Staatsexamen wurde er 1891 Assistenzarzt an der Bezirks-Irrenanstalt Saargemünd und 1896 Oberarzt in den Provinzialheilanstalten Dortmund-Aplerbeck sowie 1902 in Lengerich bei Osnabrück. In dieser Zeit wurde Simon mit einem „Beitrag zur Kenntnis der Militärpsychosen“ bei Karl Ludwig Fürstner (1848–1906) an der Universität Straßburg zum Dr. med. promoviert. Seit 1905 Ärztlicher Direktor der neu erbauten Provinzialheilanstalt in Warstein, wechselte er 1914 als Ärztlicher Direktor an die noch im Bau befindliche Provinzialheil- und Pflegeanstalt Gütersloh. Im Ersten Weltkrieg, in dem Simon Kriegsdienst leistete, wurde die noch nicht fertiggestellte Einrichtung zum Offizier-Gefangenenlager. Nach seiner Rückkehr nach Gütersloh setzte er den Aufbau der Heil- und Pflegeanstalt fort und wirkte dort bis zu seiner Pensionierung Ende März 1934 als Ärztlicher Direktor. Von 1939 bis Mai 1942 war er Arzt im Reservelazarett Bethel.
Simon entwickelte seit 1905 sein Reformkonzept der „aktiveren Krankenbehandlung“, wonach allen Patienten einfache Arbeiten zugewiesen wurden, die bei erkennbaren Verbesserungen zunehmend anspruchsvoller wurden. Dieses in Gütersloh eingeführte paternalistisch organisierte, fünfstufige Leistungssystem ging über die reine Verwahrung der Patienten hinaus und war eng mit dem von Gustav Kolb (1870–1938) formulierten Reformgedanken der offenen Fürsorge verbunden. Die Bewertung des Rehabilitationserfolgs hing von individueller Leistungsfähigkeit und Nützlichkeit ab. Die nationale und internationale Rezeption setzte nach einem Vortrag Simons auf der 3. Jahresversammlung der Gesellschaft Deutscher Neurologen und Psychiater 1929 in Danzig (Pommern, heute Gdańsk, Polen) ein. In den sich anschließenden Debatten um die propagierten eugenischen Maßnahmen – auch auf nachfolgenden Konferenzen 1929 – wurde auf Ebene der Anstaltsverwaltungen kein allgemeiner Konsens erreicht. Mit der gesellschaftspolitischen Krise der frühen 1930er Jahre gewann diese sozialdarwinistische Position an allgemeiner Zustimmung.
Seinerzeit und im reformorientierten Diskurs in der Psychiatrie der 1970er Jahre als Psychiatriereformer und Wegbereiter der modernen Arbeitstherapie geehrt, wird Simon heute kritisch in die Psychiatriegeschichte eingeordnet. Vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise und massiver finanzieller Engpässe der psychiatrischen Versorgungseinrichtungen enthielt sein Konzept zunehmend sozialdarwinistische und eugenisch-rassenhygienische Maßnahmen, deren Durchsetzung er – auch unter Anwendung von Zwang – propagierte. Auch befürwortete er in einem Vortrag vor Theologen im Oktober 1931 die „Euthanasie“. Mit seiner Positionierung schuf Simon mit eine Grundlage für die nationalsozialistische „Rassenhygiene“. Nach seiner 1933 beantragten Mitgliedschaft in der NSDAP verblieb er aufgrund von Konflikten mit der örtlichen Parteiebene im Status „Anwärter“.
Ende der 1990er Jahre entwickelte sich eine fachöffentliche Debatte um die Bewertung dieser Positionen Simons. Die Vergabe des seit 1971 von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde verliehenen Hermann-Simon-Preis wurde 2009 ausgesetzt. Während das Hermann-Simon-Institut zur Rehabilitation von psychisch Kranken 2011 in LWL-Institut für Rehabilitation Warstein umbenannt wurde, behielt die Hermann-Simon-Straße in Gütersloh trotz des im selben Jahr unternommenen Versuchs einer Umbenennung ihren Namen.
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Auszeichnungen
Mitglied des Deutschen Vereins für Psychiatrie 1928 Mitglied des Deutschen Verbands für psychische Hygiene (seit 1933 Deutscher Verband für psychische Hygiene und Rassenhygiene, 1933 Vorstandsmitglied) 1971–2009 Hermann-Simon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde 1975 Hermann-Simon-Straße, Gütersloh 1984 Hermann-Simon-Institut, Warstein (2012 Umbenennung in LWL-Institut für Rehabilitation, Warstein) -
Quellen
Nachlass:
Archiv des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, 926 / Dr. Hermann Simon, 1877–1971. (weiterführende Informationen)
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Werke
Ein Beitrag zur Kenntniss der Militärpsychosen, 1901. (Diss. med.)
Aktivere Krankenbehandlung in der Irrenanstalt, 1929.
Beschäftigungsbehandlung, in: Oswald Bumke/Gustav Kolb/Hans Roemer/Eugen Kahn (Hg.), Handwörterbuch der psychischen Hygiene und der psychiatrischen Fürsorge, 1931, S. 108–113.
Ergebnisse einer aktiveren Krankenbehandlung in der Heil-und Pflegeanstalt, in: Deutsche Medizinische Wochenschrift 64 (1938), H. 34, S. 1224–1227.
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Literatur
Walter Schulte, Hermann Simon, 1867–1947, in: Kurt Kolle (Hg.), Große Nervenärzte, Bd. 2, 1959, S. 225–235.
Hans Ludwig Siemen, Reform und Radikalisierung. Veränderungen der Psychiatrie in der Weltwirtschaftskrise, in: Norbert Frei (Hg.), Medizin und Gesundheitspolitik in der NS-Zeit, 1991, S. 191–200.
Angela Grütter, Hermann Simon. Die Entwicklung der Arbeits- und Beschäftigungstherapie in der Anstaltspsychiatrie. Eine biographische Betrachtung, 1995.
Bernd Walter, Psychiatrie und Gesellschaft in der Moderne. Geisteskrankenfürsorge in der Provinz Westfalen zwischen Kaiserreich und NS-Regime, 1996.
Franz-Werner Kersting, Anstaltsärzte zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik. Das Beispiel Westfalen, 1996.
Bernd Walter, Hermann Simon. Psychiatriereformer, Sozialdarwinist, Nationalist?, in: Der Nervenarzt 73 (2002), H. 11, S. 1047–1054.
Theo R. Payk, Hermann Simon. Aktiver Therapeut und überzeugter Sozialdarwinist, in: Krankenhauspsychiatrie 14 (2003), H. 2, S. 67–72.
Norbert Jauchertz, Randnotiz. Simons Doppelgesicht, in: Deutsches Ärzteblatt 105 (2008), H. 47, S. A 2498.
Thomas Beddies, „Aktivere Krankenbehandlung “und „Arbeitstherapie “. Anwendungsformen und Begründungszusammenhänge bei Hermann Simon und Carl Schneider, in: Hans-Walter Schmuhl/Volker Roelcke (Hg.), „Heroische Therapien “. Die deutsche Psychiatrie im internationalen Vergleich, 1918–1945, 2013, S. 268–286.
Hans-Jürgen Höötmann, Online-Findbuch zum Nachlass des Anstaltspsychiaters Hermann Simon, in: Archivpflege in Westfalen-Lippe 81 (2014), S. 65–67.
Burkhart Brückner/Ansgar Fabri, Art. „Simon, Hermann“, in: Biographisches Archiv der Psychiatrie, 2015. (Onlineressource) (P)
Franz-Werner Kersting, Der Psychiater Hermann Simon im erinnerungskulturellen Kontext, in: Matthias Freese/Marcus Weidner (Hg.), Verhandelte Erinnerungen. Der Umgang mit Ehrungen, Denkmälern und Gedenkorten nach 1945, 2018, S. 209–229. (P)
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Porträts
Fotografien, 1928–1930, Archiv des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, 926 / Dr. Hermann Simon, 1877–1971. (Onlineressource)
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Autor/in
→Felicitas Söhner (Düsseldorf)
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Zitierweise
Söhner, Felicitas, „Simon, Hermann“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/11739257X.html#dbocontent