Martius, Carl Alexander von
- Lebensdaten
- 1838 – 1920
- Geburtsort
- München
- Sterbeort
- Stauffenhof bei Bad Reichenhall
- Beruf/Funktion
- Chemiker ; Industrieller ; Unternehmer
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 116811374 | OGND | VIAF: 62309962
- Namensvarianten
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- Martius, Carl Alexander (bis 1903)
- Martius, Carl Alexander von
- Martius, Carl Alexander (bis 1903)
- martius, carl alexander
- Martius, Karl Alexander
- Martius, Karl Alexander von
- Martius, Karl Alexander (bis 1903)
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Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel
- NDB 9 (1972), S. 449 (Hofmann, August Wilhelm von)
- NDB 16 (1990), S. 310 Familienartikel (Martius.)
- NDB 16 (1990), S. 310 (Martius, Carl Friedrich Philipp Ritter von)
- NDB 17 (1994), S. 59 in Artikel Mendelssohn Batholdy, Paul (Mendelssohn Bartholdy, Paul)
- NDB 19 (1999), S. 564 in Artikel Oppenheim, Franz (Oppenheim, Franz)
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Martius, Carl Alexander von (preußischer Adel 1903)
Chemiker, * 19.1.1838 München, † 26.2.1920 Stauffenhof bei Bad Reichenhall. (evangelisch)
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Genealogie
V →Carl (s. 1);
– ⚭ Berlin 1872 Margarethe (1853–1926), T d. Bankiers Eduard Veit u. d. Marianne Kunze;
3 S, 1 T, u. a. →Alexander (1874–1939), Landrat, →Curt (1883–1922). Dr. phil., Chemiker, Elisabeth (⚭ →Hans Adolf v. Bülow, 1857–1915, preuß. Gesandter b. d. meckl. Höfen u. d. Freien Städten). -
Biographie
Unter dem Einfluß des mit seinem Vater befreundeten →J. v. Liebig entschied sich M. schon während der Schulzeit für das Studium der Chemie. Er erhielt seine Ausbildung in Liebigs Laboratorium. Nach bestandenem Doktorexamen vermittelte ihn dieser als Assistent an A. W. Hofmann, der dem Royal College of Chemistry in London vorstand. M. war jedoch weniger an der wissenschaftlichen Laufbahn als an praktischer Tätigkeit interessiert und nahm im Laufe des Jahres 1862 eine Stelle in der angesehenen Farbenfabrik Roberts, Dale & Co. in Warrington an. Als Hofmann 1865 nach Deutschland zurückkehrte und in Berlin die Nachfolge Mitscherlichs antrat, wurde M. erneut Assistent bei ihm. In seinem Auftrag richtete er das ehemalige Privatlaboratorium von →Heinrich Rose für Hofmanns Unterricht ein.
Mit M. waren auch die Assistenten A. Geyger und O. Olshausen nach Berlin gekommen. Aus diesem Kreis, der die Chemical Society in London kannte, kam der Anstoß, auch in Berlin einen Zusammenschluß der Chemiker herbeizuführen. Es fanden sich genügend Interessenten, und M. sowie der Privatdozent H. Wichelhaus entwarfen 1867 die Statuten in Anlehnung an das Londoner Vorbild. Ende 1867 war die Gründungsversammlung der „Deutschen Chemischen Gesellschaft zu Berlin“ (seit 1876 Deutsche Chemische Gesellschaft), deren Vorstandsmitglied M. lange Zeit war. Er gehörte später auch der Kommission zur Errichtung des Hofmann-Hauses der Deutschen Chemischen Gesellschaft an.|In Berlin setzte M. die Forschungen über Teerfarbstoffe fort („Martiusgelb“). Vor der Habilitation stehend, entschloß er sich jedoch zur industriellen Verwertung seiner Erfahrungen und gründete gemeinsam mit dem Chemiker P. Mendelssohn-Bartholdy 1867 in Rummelsburg bei Berlin die „Gesellschaft für Anilinfabrikation“. 1872 fusionierte diese mit der nicht weit entfernt in Treptow gelegenen Farbenfabrik von Dr. Jordan zur „Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation zu Berlin (Agfa) “. Nach dem Tode Mendelssohn-Bartholdys (1880) übernahm M. die Firmenleitung, unterstützt von F. Oppenheim und S. Pfaff. Als M. 1898 in den Aufsichtsrat übertrat, rückte Oppenheim zum Generaldirektor auf.
In Verbindung mit der Ausweitung des Angebots der Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation auf die Farbenproduktion und die Herstellung von Photomaterialien wandte sich M. immer stärker den allgemeinen Problemen der chemischen Industrie zu. Zwar kamen laufend neue Erzeugnisse auf den Markt, jedoch die Betriebe arbeiteten durchaus nicht immer wirtschaftlich. Eine der Ursachen war der mangelnde Patentschutz. Hier setzten M.s Aktivitäten ein. Er gehörte zusammen mit W. Siemens, A. W. Hofmann u. a. dem 1874 in Berlin gegründeten deutschen Patentschutzverein an, der wichtige Vorarbeiten für das Reichspatentgesetz von 1877 leistete. Dem im selben Jahr gegründeten Kaiserl. Patentamt gehörte M. ebenfalls als nichtständiges Mitglied an.
Das schlechte Abschneiden der deutschen chemischen Industrie auf der Weltausstellung in Philadelphia (1873), deren Beitrag von offizieller deutscher Seite (F. Reuleaux) als „billig und schlecht“ beurteilt wurde, veranlaßte M. und J. F. Holtz (Chemische Fabrik auf Aktien, vorm. E. Schering), den Plan zur Begründung eines wirtschaftlichen Zusammenschlusses der deutschen chemischen Industrie zu fassen, der 1877 mit der Gründung des „Vereins zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie Deutschlands“ verwirklicht wurde. Auch als Angehöriger des Wirtschaftlichen Ausschusses, des Reichsversicherungsamtes, der Deutschen Eisenbahntarif-Kommission, der Handelskammer von Berlin und des preuß. Herrenhauses setzte sich M. für die Interessen der chemischen Industrie und der darin Beschäftigten ein. Mehr auf Preußen bezogen war sein Wirken im „Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes“, der ihn 1918 zum Ehrenmitglied ernannte. Seit 1880 setzte sich M. als Vertreter der Verbände für die Schaffung einer gewerblich technischen Reichsbehörde nach dem Vorbild der preuß. „Technischen Deputation für Handel und Gewerbe“ ein, die speziell den Bedürfnissen der Chemie dienen sollte. Da weder in den Verbänden noch in der Reichsregierung konsensfähige Vorstellungen erarbeitet werden konnten, blieb das Projekt in der Schwebe. Nachdem um 1905 von E. Fischer, W. Nernst, W. Ostwald u. a. die Errichtung einer „Chemischen Reichsanstalt“ nach dem Vorbild der „Physikalisch-Technischen Reichsanstalt“ vorgeschlagen wurde, schaltete sich M. erneut in die kontroverse Diskussion ein. Als ab 1910 der Plan zur Errichtung hochschulunabhängiger reiner Forschungsinstitute im Rahmen einer „Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften“ entstand und Realisierungschancen hatte, ging das Projekt „Chemische Reichsanstalt“ darin auf, und M. beteiligte sich durch eine persönliche Spende sowie durch eine der Agfa an der Gründung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie. – Die letzten Lebensjahre verbrachte M. größtenteils auf seinem Landsitz Stauffenhof bei Bad Reichenhall.
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Werke
Aufsätze in Fach- u. Verbands-Zss.
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Literatur
Berr. d. Dt. Chem. Ges. 51, 1918, S. 690;
H. Wichelhaus, ebd. 53, 1920, S. 72-75;
H. Grossmann, in: Chemiker-Ztg. 44, 1920, S. 317 f. (P);
Verhh. d. Ver. z. Beförderung d. Gewerbfleißes 99, 1920, S. 105-09;
Gewerbl. Rechtsschutz u. Urheberrecht 25, 1920, S. 65;
Sozialist. Mhh. 1920, S. 563;
A. Pinner, Einweihung d. Hofmann-Hauses am 20.10.1900, 1901;
W. Ruske, 100 j. Dt. Chem. Ges., 1967;
G. Wendel, Die Kaiser-Wilhelm-Ges. 1911–14, 1975, S. 58, 62, 94, 251, 260;
C. Ungewitter, Ausgew. Kap. aus d. chem.-industr. Wirtsch.-pol. 1877-1927, 1927, S. 1 ff. (P);
W. Greiling, 75 J. Chemieverband, 1952, S. 9 ff. (P);
A. Fleischer, Patentgesetzgebung u. chem.-pharmazeut. Industrie im dt. Kaiserreich (1871–1918), 1984, S. 60 f.;
W. Ruske, 100 J. Materialprüfung in Berlin, 1971, S. 277 ff. (P);
Pogg. V;
BJ II (TI.). -
Autor/in
Michael Engel -
Zitierweise
Engel, Michael, "Martius, Carl Alexander von" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 312-313 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116811374.html#ndbcontent