Giesel, Fritz
- Lebensdaten
- 1852 – 1927
- Geburtsort
- Winzig (Schlesien)
- Sterbeort
- Braunschweig
- Beruf/Funktion
- Chemiker
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 116620218 | OGND | VIAF: 72150066
- Namensvarianten
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- Giesel, Friedrich Oskar
- Giesel, Fritz
- Giesel, Friedrich Oskar
- Giesel, Friedrich
- Giesel, Friedrich Oscar
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Giesel, Friedrich (Fritz) Oskar
Chemiker, * 20.5.1852 Winzig (Schlesien), † 14.11.1927 Braunschweig. (evangelisch)
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Genealogie
V Johannes, Kreiswundarzt;
M Auguste Freitag;
⚭ Hamburg 1884 Martha (* 1863), T d. Manufakturwarenhändlers Konr. Schwormstädt (1825–87) in Hamburg u. d. Auguste Ed; Tante d. Frau →Ida Boy-Ed († 1928), Erzählerin (s. NDB II);
1 S, 2 T. -
Biographie
Nach Studien an der Berliner Gewerbeakademie (1872–74) wurde G. 1875 Assistent an der Versuchsstation deutscher Spiritusfabrikanten in Berlin. 1876 promovierte er in Göttingen. Im gleichen Jahre ging er an die Berliner Gewerbeakademie zurück, und zwar zu C. Liebermann, mit dem er über die Lehrjahre hinaus in Freundschaft und, trotz späterer räumlicher Trennung, in gemeinsamer wissenschaftlicher Arbeit verbunden blieb. 1878 trat G. in die Chininfabrik Braunschweig ein, die er in späteren Jahren als Prokurist vertrat. Seine Begeisterung für alle neuen Entdeckungen in den Naturwissenschaften, gepaart mit einem ausgeprägten Talent im Experimentieren, ließen den Liebhaber-Radiochemiker – G. ist Organiker, zusammen mit Liebermann arbeitete er über die Synthese von Cocain und dessen Derivaten sowie unter anderem über Cholesterinsäure, Chinizarin, Cuskhygrinhydrat – zum Altmeister der deutschen Radiumforschung werden. Bereits 1 Jahr nach der Reindarstellung des Radiums durch das Ehepaar Curie 1898 erschienen die ersten Arbeiten G.s über Radium und Polonium. Mit einer verbesserten Methode (fraktionierte Kristallisation der Bromide anstelle der bis dahin üblichen Chloride) gelang es G. als Erstem in Deutschland, hochwertige Radiumsalze darzustellen und in den Handel zu bringen. Damit bereitete er den jüngsten Disziplinen der Naturwissenschaften, der Radiologie und der Radiochemie, den Weg. Zusammen mit seinen Freunden, den Wolfenbütteler Gymnasiallehrern Elster und Geitel, untersuchte er die Wirkung der α -Strahlen auf die Sidotsche Blende; dies waren die Anfänge des klassischen (E. Rutherford) und des modernen (H. Kallmann) Szintillationszählers. In der Chininfabrik Braunschweig stellte er die ersten radioaktiven Leuchtmassen handelsmäßig her. Seine Ablenkversuche an β-Strahlen im Magnetfeld waren der Ausgangspunkt einer Entwicklung, an deren Ende das wichtige Hilfsmittel der modernen Kernphysik, das magnetische β-Spektrometer, steht. Durch Fällung aus Lösungen von Lanthanpräparaten schied er 1903 aus Pechblende ein „Emanium“ ab, das sich dann später als identisch mit dem 1900 von Debierne entdeckten Actinium erwies. Sein „β-Polonium“ war das von Rutherford isolierte Radium E. Er entdeckte die Verfärbung von Mineralien, wie Steinsalz und Flußspat, durch radioaktive Strahlung. Er erkannte auch die gesundheitsschädigende Wirkung der Radiumstrahlung auf die Haut und wurde selbst ein Opfer der bösartigen Wirkungen. Er starb an den Folgen eines Lungenkarzinoms.|
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Auszeichnungen
Mitgl. d. Leopoldina (1903), Dr.-Ing. E. h. (Braunschweig 1916), Honorarprof. (TH Braunschweig).
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Werke
u. a. Über d. Reduktionsprodukte d. Chinizarins, in: Berr. d. dt. chem. Ges. 10, 1877, S. 606-11 (mit C. Liebermann);
Über e. neue techn. Darst.art u. theilweise Synthese d. Cocains, ebd. 21, 1888, S. 3196-3202 (mit dems.);
Über künstl. Färbung v. Krystallen d. Haloidsalze d. Alkalimetalle durch Einwirkung v. Kalium- u. Natriumdampf, ebd. 30, 1897, S. 156-58;
Über Radium u. radioaktive Stoffe, ebd. 35, 1902, S. 3608-11;
Über d. Emanationskörper (Emanium), ebd. 37, 1904, S. 1696–99, S. 3963-66;
Über ß-Polonium, ebd. 39, 1906, S. 780-82 u. 1014;
Über d. Ablenkbarkeit d. Becquerelstrahlen im magnet. Felde, in: Ann. d. Physik u. Chemie, NF 69, 1899, S. 834-36;
Über Radiumbromid u. s. Flammenspektrum, in: Physikal. Zs. 3, 1902, S. 578 f.;
Über Actinium-Emanium, ebd. 5, 1904, S. 822 f.;
Die Verwendung d. Zinksulfids f. d. Braun’sche Röhre, ebd. 10, 1909, S. 377-79 (mit J. Zenneck). -
Literatur
O. Hahn, in: Physikal. Zs. 29, 1928, S. 353-57 (W, P);
Pogg. IV-VI. -
Autor/in
Theodor Schneider -
Zitierweise
Schneider, Theodor, "Giesel, Fritz" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 387 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116620218.html#ndbcontent