Pfaundler von Hadermur, Leopold
- Lebensdaten
- 1839 – 1920
- Geburtsort
- Innsbruck
- Sterbeort
- Graz
- Beruf/Funktion
- Physiker ; Professor der Physik ; Chemiker ; Esperantist
- Konfession
- keine Angabe
- Normdaten
- GND: 116143533 | OGND | VIAF: 30279935
- Namensvarianten
-
- Pfaundler von Hadermur, Leopold
- Hadermur, Leopold Pfaundler von
- Pfaundler, L. de
- Pfaundler, Leopold
- Pfaundler, Leopold von
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Pfaundler, Leopold (österreichischer Adel 1910)
Chemiker und Physiker, * 14.2.1839 Innsbruck, † 6.5.1920 Graz. (katholisch)
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Genealogie
Aus seit d. 15. Jh. in Tirol nachweisbarer Fam., Trompeter am Hof Maximilians I.;
V Ignaz Johann P. (1808-61), Dr. iur., Advokat in I., o. Prof. d. österr. Zivilrechts an d. Univ. ebd. (s. ÖBL); M Rosine Holland († 1892);
⚭ 1869 Amalie (* 1843), T d. Hptm. Eduard Steffan (s. NDB IV*), u. d. Amalie Ganahl;
3 S →Meinhard (s. 2), →Richard (1882–1959), Prof. f. Finanzwiss. in I. (s. Kürschner, Gel.-Kal. 1954), →Hermann (* 1882), Dr. iur., Min.rat, Sektionschef d. Bundeskanzleramtes in Wien (s. Wi. 1935, beide s. Jb. d. Wiener Ges. 1929), 1 T Margarete (1870–1948, ⚭ →Theodor Escherich, 1857–1911, Kinderarzt, s. NDB IV). -
Biographie
Nach dem Besuch des Gymnasiums 1848-56 studierte P. in Innsbruck Chemie, u. a. bei dem Organiker →Heinrich Hlasiwetz (1825–75), und publizierte bereits erste Arbeiten. 1859 wurde das Studium durch den Krieg in Norditalien unterbrochen, an dem P. freiwillig teilnahm. Dabei fand er Interesse an trigonometrischen Höhenmessungen und verfertigte aus Geldmangel das notwendige Instrument selbst. Im Sommer 1863 vermaß er damit die Stubaier Alpen. Während seines späteren Lebens erfand P. verschiedene physikalische Apparate und Vorrichtungen, so einen Temperaturregler (1863), ein Stromkalorimeter (1869), ein Differentialluftthermometer (1875), einen Seismographen (1897) und einen Distanzmesser (1915).
Im Sommersemester 1861 studierte P. in München bei →Justus v. Liebig und wurde im selben Jahr in Innsbruck ohne Dissertation zum Dr. phil. promoviert. Anschließend studierte er Chemie und Physik in Paris, besonders bei →Adolphe Wurtz (1817–84) und →Henry Victor Regnault (1810–78), wo er begann, sich mit der „chemischen Mechanik“, der Lehre über chemische Vorgänge zu befassen. 1866 habilitierte sich P. in Innsbruck für physikalische Chemie (Verbindungen nach unbestimmten Verhältnissen [ungedr.]) und beschäftigte sich mit der Theorie chemischer Prozesse. 1867 erklärte er die molekular-kinetischen Gleichgewichte durch die Annahme, daß „sich gleichzeitig nicht alle Moleküle in demselben Bewegungszustand befinden“. Er vermutete die Bildung von „momentan entstandenen … zusammengesetzten Molekülen“, die entweder in die Moleküle der Endprodukte oder in die Ausgangsmoleküle zerfallen. Diese Vorstellung greift den Übergangskomplexen der chemischen Kinetik vor.
1867 wurde P. zumo. Professor der Physik befördert, 1891 als Nachfolger Ludwig Boltzmanns an die Univ. Graz berufen. Bei seiner Emeritierung 1910 wurde er in den Adelstand erhoben. Während der Zeit seiner Lehrtätigkeit hatte er keine ausreichenden Möglichkeiten für Experimentalforschungen. Er mußte sich meist auf die Vorbereitung von Demonstrationsexperimenten beschränken|und vorzugsweise literarisch arbeiten. So bearbeitete er neu die 8. (1877-82), 9. (1886-98) und teilweise die 10. (1906-14) Auflage des „Lehrbuchs der Physik und Meteorologie“ von Müller-Pouillet, referierte für die Zeitschrift „Fortschritte der Physik“ und verfaßte eine Reihe populärer Schriften. Obwohl P. nach 1877 nichts einschlägiges mehr publizierte, beeinflußten seine „Beiträge zur chemischen Statik“, und zwar seine molekularkinetische Darstellung der chemischen Gleichgewichte und seine Idee des Übergangszustandes, die Entwicklung der physikalischen Chemie über Jahrzehnte hin.|
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Auszeichnungen
Mitgl. d. Ak. d. Wiss. in Wien (korr. 1870, wirkl. 1887) u. d. Leopoldina (1882).
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Werke
ca. 110 Art. u. 10 Einzelpublikationen, u. a.: Producte d. Einwirkung v. Phosphorchlorid auf Campher, in: Liebigs Ann. d. Chemie 115, 1860, S. 29-37;
Die Stubaier Gebirgsgruppe hypsometr. u. orograph. bearb., 1865 (mit L. Barth);
Btrr. z. chem. Statik, in: Poggendorffs Ann. d. Physik u. Chemie 131, 1867, S. 55-85;
Der „Kampf ums Dasein“ unter d. Molekülen, Ein weiterer Btr. z. chem. Statik, ebd. Jubelband 1874, S. 182-98;
Ueber d. Berechnung d. Temperaturcorrection b. calorimetr. Messungen, in: Wiedemanns Ann. d. Physik u. Chemie 11, 1880, S. 237-46;
Die Physik d. tägl. Lebens, 1904, ⁵1922;
Internat, photograph. Lex. in Ido [eine Variante d. Esperanto), Deutsch, Engl., Franz. u. Ital., 1914. -
Literatur
Ak. d. Wiss. Wien, Alm. f. 1920, 70. Jg., S. 117-20 (P);
R. Steinmauer, in: F. Huter (Hg.), Die Fächer Math., Physik u. Chemie an d. phil. Fak. zu Innsbruck bis 1945, 1971, S. 78-81;
E. W. Lund, „Activated complex“: a centenary?, in: Journal of Chemical Education 45, 1968, S. 125-28;
Pogg. III-V;
ÖBL. | -
Quellen
Qu Bibl. d. Österr. Ak. d. Wiss. (Personalakten).
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Autor/in
Alexander Kipnis -
Zitierweise
Kipnis, Alexander, "Pfaundler von Hadermur, Leopold" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 302-303 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116143533.html#ndbcontent