Weil, Bruno
Weil, Bruno (Ernesto Jacobo Bruno Weil)
1883 – 1961
Jurist, jüdischer Funktionär, Publizist
- Lebensdaten
- 1883 – 1961
- Geburtsort
- Saarlouis
- Sterbeort
- New York City
- Beruf/Funktion
- Jurist ; jüdischer Funktionär ; Publizist ; Rechtsanwalt ; Schriftsteller
- Konfession
- jüdisch
- Normdaten
- GND: 117250929 | OGND | VIAF: 100279631
- Namensvarianten
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- Weil, Ernesto Jacobo Bruno
- Weil, Bruno
- Weil, Ernesto Jacobo Bruno
- Weil, E. J. Bruno
- Weil, Ernst Bruno Jacob
- Weil, Ernst Jacob Bruno
- Weill, Bruno
- Weil, Ernesto Jakobo Bruno
- Weil, Ernst Bruno Jakob
- Weil, Ernst Jakob Bruno
- mehr
Quellen(nachweise)
Literatur(nachweise)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- Personen in der Judaica-Sammlung der Universitätsbibliothek Frankfurt/Main
Objekt/Werk(nachweise)
Porträt(nachweise)
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Personen im NDB Artikel
- Alfred Hirschberg (1901–1971)
- Arthur Hays Sulzberger (1891–1968)
- Cyrus Adler (1863–1940)
- Emil Margulies (1877–1943)
- Henry Morgenthau Sr. (1856–1946)
- Henry Torrès (1891–1966)
- Jacob Robinson (1889–1977)
- Konrad Adenauer (1876–1967)
- Leo Motzkin (1867–1933)
- Louis Brandeis (1856–1941)
- Ludwig Holländer (1877–1936)
- Ludwig Münchmeyer (1885–1947)
- Nahum Goldmann (1895–1982)
- Richard Oswald (1880–1963)
- Robert Piloty (1863–1926)
- Stephen Wise (1874–1949)
- Theodor Heuss (1884–1963)
- Thomas Dehler (1897–1967)
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Bruno Weil war in den 1920er und 1930er Jahren als Jurist, Publizist und führender jüdischer Funktionär tätig. Der Kampf gegen Antisemitismus und Nationalsozialismus wurde zu seiner Lebensaufgabe, die er auch seit seiner Emigration nach New York City 1937 verfolgte. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte Weil seine Kontakte in die bundesdeutsche Politik, um über Wiedergutmachungen zu verhandeln.
Lebensdaten
Geboren am 4. April 1883 in Saarlouis Gestorben am 11. November 1961 in New York City Grabstätte in New York City Konfession jüdisch -
Lebenslauf
4. April 1883 - Saarlouis -
Genealogie
Vater Lion Weil 9.6.1853–28.7.1927 aus Saarwellingen (Saarland), Kaufmann, Fabrikbesitzer in Saarlouis Großvater väterlicherseits Jacques (Jakob) Weil 8.11.1811–16.5.1875 aus Saarwellingen; Viehhändler ebenda Großmutter väterlicherseits Madeleine Weil, geb. Levy 14.8.1814–ca. 1890 Mutter Augusta Karoline Weil, geb. Kahn 13.5.1859–28.3.1917 Großvater mütterlicherseits Guillaume (Wilhelm) Kahn 13.8.1828–ca. 1899 Großmutter mütterlicherseits Nancy Weil, geb. Reichert 25.7.1834–26.11.1898 Schwester Hedwig Friederike Weil gest. 12.12.1888 Heirat 1926 in Ort Ehefrau Alice Weil, geb. Levy gest. 30.10.1964 gest. in New York City Stieftochter Gerda Flaum Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Weil, Bruno (1883 – 1961)
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Vater
Lion Weil
9.6.1853–28.7.1927
aus Saarwellingen (Saarland), Kaufmann, Fabrikbesitzer in Saarlouis
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Großvater väterlicherseits
Jakob Weil
8.11.1811–16.5.1875
aus Saarwellingen; Viehhändler ebenda
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Großmutter väterlicherseits
Madeleine Weil
14.8.1814–ca. 1890
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Mutter
Augusta Weil
13.5.1859–28.3.1917
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Großvater mütterlicherseits
Guillaume Wilhelm Kahn
13.8.1828–ca. 1899
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Großmutter mütterlicherseits
Nancy Weil
25.7.1834–26.11.1898
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Schwester
Hedwig Friederike Weil
gest. 12.12.1888
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Heirat
in
Ort
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Ehefrau
Alice Weil
gest. 30.10.1964
gest. in New York City
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Biografie
Nach dem Abitur am Gymnasium in Metz (Lothringen, heute Département Moselle, Frankreich) 1901 studierte Weil Rechtswissenschaften und Nationalökonomie in München und Straßburg (heute Strasbourg, Frankreich). Vor dem Hintergrund erlebten Antisemitismus‘ und durchdrungen von Ideen des politischen Liberalismus entwickelte er sein Selbstverständnis als deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, das ihn in die Nähe des Kartell-Convents der Verbindungen deutscher Studenten jüdischen Glaubens (K. C.) brachte. Weil verfasste Streitschriften gegen Burschenschaften, die Juden die Mitgliedschaft verweigerten, und wandte sich in seinem lebenslangen Kampf gegen den Antisemitismus auch gegen den Indifferentismus in jüdischen und nicht-jüdischen Lagern. 1906 und 1908 gab er die K. C.-Jahrbücher heraus und kam dabei mit Ludwig Holländer (1877–1936), dem späteren Direktor des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens e. V. (C. V.), in Kontakt.
Nach seiner Promotion zum Dr. iur. et rer. pol. bei Robert Piloty (1863–1926) an der Universität Würzburg 1906 und anschließendem Referendariat in Rombach (Lothringen, heute Rombas, Département Moselle, Frankreich) arbeitete Weil seit 1910 als Rechtsanwalt in Straßburg. 1913/14 trat er in der „Zabern-Affäre“ um Übergriffe des Militärs gegen die elsässische Bevölkerung als Anwalt der „Frankfurter Zeitung“ auf. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs veröffentlichte er 1914 ohne Genehmigung des örtlichen Polizeipräsidenten die Broschüre „Elsass-Lothringen und der Krieg“, wurde wegen Umgehung der Zensur vor einem außerordentlichen Kriegsgericht angeklagt und freigesprochen. Danach zum Kriegsdienst eingezogen, war Weil bis Kriegsende als Soldat an der Ostfront eingesetzt.
1920 zog Weil nach Berlin und arbeitete als Industrieanwalt sowie Berater der britischen und französischen Botschaft. Im C. V. kämpfte er gegen den zunehmenden rassischen Antisemitismus im Zuge des Aufstiegs der NSDAP. Mit Sachbüchern wie „Die jüdische Internationale“ (1924) und dem von Richard Oswald (1880–1963) verfilmten „Der Prozess des Hauptmann Dreyfus“ (1930) versuchte er, die nicht-jüdische Bevölkerung über Antisemitismus aufzuklären. 1926 führte er einen erfolgreichen Prozess gegen den antisemitischen Pastor Ludwig Münchmeyer (1885–1947) und prangerte den Nationalsozialismus in öffentlichen Reden an. Damit adaptierte Weil die Strategie des C. V., dessen stellvertretender Vorsitzender er 1926 wurde.
Weils Arbeit in den späten 1920er Jahren war von seinem Einsatz für die deutsche Demokratie geprägt, für deren Erhalt er als Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und der C.V.-Führung seit 1929 Landtags- und Reichstagsmitglieder zu mobilisieren suchte. 1932 kandidierte Weil (erfolglos) als letzter jüdischer Kandidat der aus der DDP hervorgegangenen Deutschen Staatspartei bei den Reichstagswahlen.
Weil erkannte, dass dem NS-Regime über den Weg außenpolitischer Interventionen Einhalt geboten werden müsse und informierte bei Auslandsreisen jüdische Organisationen und Politiker über die Lage in Deutschland, um sie zum Handeln zu bewegen. Geheime Treffen führten ihn 1933 in Prag mit Nahum Goldmann (1895–1982), Stephen Wise (1874–1949) und Leo Motzkin (1867–1933) sowie 1934 in Luzern mit Emil Margulies (1877–1943) und Jacob Robinson (1889–1977) zusammen. Dabei besprach er an der Seite von Alfred Hirschberg (1901–1971), der Weil postum als Teil eines „Jüdischen Widerstands“ bezeichnete, ein Vorgehen gegen die Judenverfolgungen in Oberschlesien sowie im Berner Prozess um die „Protokolle der Weisen von Zion“. Mit der C. V.-Führung beteiligte sich Weil seit 1934 daran, Informationen über die Lage in NS-Deutschland an das Jewish Central Information Office in Amsterdam zu schmuggeln. 1935 mit Redeverbot belegt, reiste Weil nach Erlass der Nürnberger Gesetze für zwei Monate in die USA, um Politiker und Funktionäre wie Wise, Cyrus Adler (1863–1940), Henry Morgenthau Sr. (1856–1946), Arthur Hays Sulzberger (1891–1968) und Louis Brandeis (1856–1941) vor der Illusion eines möglichen Modus Vivendi mit dem NS-Regime zu warnen und sie zum Widerstand aufzurufen.
1936/37 unternahm Weil Reisen nach Südamerika, um Immigrationsmöglichkeiten für deutsche Juden auszuloten. 1937 emigrierte er nach Argentinien. Während einer Reise nach Frankreich 1939 mit seiner Frau als „feindliche Ausländer“ im Lager Le Vernet (Département Alpes-de-Haute-Provence) interniert, kam er nach Interventionen von Morgenthau Sr. frei und kehrte nach Buenos Aires zurück, wo er 1940 ein Komitee zur Hilfeleistung für das Lager Gurs (Département Pyrénées-Atlantiques, Frankreich) gründete. Bereits während des Zweiten Weltkriegs setzte sich Weil mit der Frage der Wiedergutmachung für die nationalsozialistischen Verbrechen auseinander und gründete hierzu 1942 die Axis Victims League, deren Präsident er wurde. Im selben Jahr bezichtige ihn der Anwalt Henry Torrès (1891–1966) der Kollaboration mit NS-Funktionären; den folgenden Verleumdungsprozess gewann Weil in New York City. Der Vorfall inspirierte ihn, das Manuskript „Deutschland Judenrein“ zu verfassen, in dem er sich mit den bis heute nachwirkenden und auf den C. V. zielenden Vorwürfen der Anbiederung an das NS-Regime auseinandersetzte.
1948 übersiedelte Weil nach New York City, von wo aus er seine Kontakte in die westdeutsche Politik für Wiedergutmachungsleistungen einsetzte. Um deren Umsetzung zu forcieren, traf er u. a. im August 1950 mit Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876–1967) sowie im Oktober 1950 mit Bundespräsident Theodor Heuss (1884–1963) und Bundesjustizminister Thomas Dehler (1897–1967) zusammen.
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Auszeichnungen
1901 Mitglied des Kartell-Convent deutscher Studenten jüdischen Glaubens 1926 stellvertretender Vorsitzender des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens e. V. 1932 Vorsitzender des Bezirks Berlin West der Deutschen Demokratischen Partei 1942 Gründer und Präsident der Axis Victims League 1954 Ehrenmitglied der Federal Bar Association of New York, New Jersey and Connecticut -
Quellen
Nachlass:
Leo Baeck Institute, Center for Jewish History, New York City. (weiterführende Informationen)
Weitere Archivmaterialien:
Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem, Archiv des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens e. V.
American Jewish Committee Archives, New York City. (unkatalogisierte Bestände)
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Werke
Juden in der deutschen Burschenschaft. Ein Beitrag zum Streit um die konfessionelle Studentenverbindung, 1905.
Die Mitwirkung der Volksvertretung bei Staatsverträgen, 1906. (Diss. iur.)
Elsass-Lothringen und der Krieg, 1914. (Broschüre)
Die Jüdische Internationale, 1924.
Der Borkum Prozess, 1925.
Der politische Prozess, in: Jacques Stern/Erick Eyck/Bruno Weil, Deutsches Judentum und Rechtskrisis, 1927, S. 67–91.
Der Prozess des Hauptmann Dreyfus, 1930.
Glück und Elend des Generals Boulanger, 1932.
Panama, 1933.
Der Weg der deutschen Juden, 1934.
Baracke 37, Stillgestanden! Ich sah Deutschlands Fall hinter Stacheldraht, 1937.
Durch drei Kontinente, 1948.
Der Geiselmord von Lampsakos, 1958.
Clodia. Roms große Dame und Kurtisane, 1960.
2000 Jahre Cicero, 1962.
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Literatur
Monografien:
Fritz Moses, Aus der Geschichte der Wiedergutmachung. Zu Bruno Weils Siebzigstem Geburtstag, 1953.
Peter C. Keller, Mutterkorn Vaterland, Bruno Weil. Autor, Advokat, Politiker, 1988.
American Jewish KC Fraternity, Bruno Weil, Sonderausg. November 1962.
Aufsätze:
María Oliveira-Cézar, Bruno Weil y familia. Trayectoria y ciudadanias, in: Investigaciones y Ensayos 69 (2020). (Onlineressource).
Lexikonartikel:
N. N., Art. „Weil, Bruno“, in: Werner Röder/Herbert A. Strauss (Hg.), Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933–1945, Bd. 1, 1999, S. 803 f.
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Onlineressourcen
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Porträts
Fotografien, in: Leo Baeck Institute New York – Berlin.
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Autor/in
→Hendrik Schemann-Kösters (Münster)
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Zitierweise
Schemann-Kösters, Hendrik, „Weil, Bruno“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/117250929.html#dbocontent