Lebensdaten
1886 – 1983
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Mill Valley (Kalifornien, USA)
Beruf/Funktion
Kochbuchautorin
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 1219223913 | OGND | VIAF: 6357160245365452640006
Namensvarianten
  • Mayer, Alice
  • Urbach, Alice
  • Mayer, Alice

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Zitierweise

Urbach, Alice, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd1219223913.html [16.07.2024].

CC0

  • Alice Urbach gründete nach dem Tod ihres Ehemanns 1920 in Wien eine Kochschule und einen Menü-Lieferservice. 1935 publizierte sie das erfolgreiche Kochbuch „So kocht man in Wien!“. Als Jüdin musste sie im Oktober 1938 nach Großbritannien fliehen, woraufhin ihr deutscher Verlag drei Kochbücher Urbachs unter einem „arischen“ Autorennamen publizierte. Nach dem Krieg kämpfte sie erfolglos um die Restitution ihrer Rechte.

    Lebensdaten

    Geboren am 5. Februar 1886 in Wien
    Gestorben am 26. Juli 1983 in Mill Valley (Kalifornien, USA)
    Grabstätte stellte ihren Körper der medizinischen Forschung zur Verfügung
    Konfession jüdisch
    Alice und Otto Robert Urbach (InC)
    Alice und Otto Robert Urbach (InC)
  • Lebenslauf

    5. Februar 1886 - Wien

    1892 - 1904 - Wien-Döbling

    Schulbesuch

    1904 - Wien

    Privatunterricht in Gesang, Sprachen und Kochen

    Gesangsunterricht bei Rosa Papier-Paumgartner (1858–1932); Kochschule

    ca. 1926 - 1937/38 - Wien

    Gründerin

    Moderne Kochschule

    1932 - 1937/38 - Wien

    Betreiberin

    Lieferservice für Menüs

    Oktober 1938 - London; Newcastle; Windermere (Großbritannien)

    Emigration

    1939 - 1946 - Newcastle; Windermere

    Leiterin

    Heim für jüdische Flüchtlingskinder

    1946 - San Francisco

    Übersiedlung; Diätköchin; Kochlehrerin

    Judith Ets-Hokin Kochschule; Fernsehshow „Over Easy“

    26. Juli 1983 - Mill Valley (Kalifornien, USA)
  • Genealogie

    Vater Sigmund Mayer 12.12.1831–29.10.1920 aus Preßburg (heute Bratislava, Slowakei); Textilkaufmann in Wien, Kairo und Alexandria; Gesellschafter der A. Mayer & Co; Gemeinderat in Wien; Buchautor; Kolumnist für Wiener Zeitungen; Ehrenpräsident der Österreichisch-Israelitischen Union
    Großvater väterlicherseits Salomon Mayer 1798–10.10.1882 Textilhändler in Preßburg und Wien
    Großmutter väterlicherseits Antonia Mayer, geb. Frankl 1812–8.1.1895
    Mutter Pauline Mayer, geb. Gutmann 1850–1921
    Großvater mütterlicherseits Moses (Moritz) Gutmann um 1785–1845 Kaufmann
    Großmutter mütterlicherseits Theresia Gutmann, geb. Lerchenfeld um 1823–1888 aus Triesch (Třešť, Mähren, heute Tschechien)
    Halbbruder Friedrich Arnold Mayer 1862–1926 Dr. phil.; Regierungsrat; Oberbibliothekar der Universitätsbibliothek Wien; Schriftsteller (Pseudonym F. Scenicus); Redakteur; Literarhistoriker
    Halbschwester Sidonie Rosenberg, geb. Mayer 21.9.1864–1942 Journalistin; Kochbuchautorin; 1942 deportiert in das Ghetto Theresienstadt und 1942 ermordet im Vernichtungslager Treblinka
    Halbschwester Karoline Fleischner, geb. Mayer 25.7.1866–1942 Hausfrau; zuletzt in Wien, 1942 deportiert in das Ghetto Theresienstadt und 1942 ermordet im Vernichtungslager Treblinka
    Halbbruder Siegfried Mayer 1868–1929 Angehöriger der österreichischen Marine
    Halbschwester Gabriele Mayer 1872–1876
    Bruder Felix Mayer 1884–1960 Kaufmann
    Schwester Helene Eissler, geb. Mayer 18.10.1894–1942 Juristin, Dr. iur.; 1941 deportiert in das Ghetto Litzmannstadt und dort ermordet
    Heirat Dezember 1912 in Wien
    Ehemann Maximilian Urbach 26.12.1876–1.4.1920 aus Prag; Dr. med.; Arzt
    Schwiegervater Jacob Urbach 21.8.1821–4.3.1878 Kaufmann in Prag
    Schwiegermutter Elisabeth (Elise) Urbach, geb. Reiner 1836–12.3.1895
    Sohn Otto Robert Urbach 1913–1976 emigrierte 1935 in die USA; Ingenieur; US-Geheimdienstmitarbeiter; verh. mit Wera Frydtberg (1926–2008), Schauspielerin
    Enkelin Karina Urbach geb. 1968 Dr. phil. habil.; Historikerin
    Sohn Karl Friedrich Urbach 1917–2003 1938 im KZ Dachau inhaftiert; emigrierte 1939 in die USA; Arzt, Direktor des USPHS Hospital in San Francisco
    Enkelin Katrina Urbach geb. 1954 Dr. med.; Kinderärztin
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Urbach, Alice (1886 – 1983)

    • Vater

      Sigmund Mayer

      12.12.1831–29.10.1920

      aus Preßburg (heute Bratislava, Slowakei); Textilkaufmann in Wien, Kairo und Alexandria; Gesellschafter der A. Mayer & Co; Gemeinderat in Wien; Buchautor; Kolumnist für Wiener Zeitungen; Ehrenpräsident der Österreichisch-Israelitischen Union

      • Großvater väterlicherseits

        Salomon Mayer

        1798–10.10.1882

        Textilhändler in Preßburg und Wien

      • Großmutter väterlicherseits

        Antonia Mayer

        1812–8.1.1895

    • Mutter

      Pauline Mayer

      1850–1921

      • Großvater mütterlicherseits

        Moses Gutmann

        um 1785–1845

        Kaufmann

      • Großmutter mütterlicherseits

        Theresia Gutmann

        um 1823–1888

        aus Triesch (Třešť, Mähren, heute Tschechien)

    • Bruder

      Felix Mayer

      1884–1960

      Kaufmann

    • Schwester

      Helene Eissler

      18.10.1894–1942

      Juristin, Dr. iur.; 1941 deportiert in das Ghetto Litzmannstadt und dort ermordet

    • Heirat

      in

      Wien

      • Ehemann

        Maximilian Urbach

        26.12.1876–1.4.1920

        aus Prag; Dr. med.; Arzt

  • Biografie

    Urbach wuchs in Wien auf, wo sie von 1892 bis 1904 die Schule besuchte. Seit ihrem 16. Lebensjahr erhielt sie privat Sprach- und Gesangsunterricht. Nach dem Tod ihres Ehemanns 1920, der sie mittelos zurückließ, begann Urbach, Kochkurse zu geben. 1925 publizierte Urbach mit ihrer Halbschwester, der Journalistin Sidonie Rosenberg (1864–1942), „Das Kochbuch für Feinschmecker“. Um 1926 eröffnete sie die erfolgreiche „Moderne Kochschule“ in der Goldeggasse. Urbach organisierte Kochkunstschauen, wo sie Backwaren und kalte Speisen ausstellte, hielt Vorträge über Diätküche und veröffentlichte kleine Zeitungsartikel mit Rezepten. Seit 1932 betrieb sie zusätzlich einen Lieferservice für mehrgängige Menüs, womit sie zu einer Pionierin auf diesem Gebiet wurde; sie erfand auch die sog. Bridgehappen. Im Herbst 1935 erschien ihr zweites, 500 Seiten umfassendes und mit 200 Fotografien bebildertes Kochbuch „So kocht man in Wien!“ im Ernst Reinhardt Verlag, München, das ein großer kommerzieller Erfolg wurde. Deshalb gab der Verlag zwei weitere Werke bei Urbach in Auftrag: „Die fleischlose Küche“ und „Wiener Mehlspeisen“. Bevor diese in Druck gingen, verlangte der Ernst Reinhardt Verlag, seit 1937 geführt von Hermann Jungck (1904–1988), im September 1938 von ihr eine Verzichtserklärung für sämtliche Urheberrechte an den gerade fertiggestellten Kochbüchern und dem Werk „So kocht man in Wien!“, die Urbach unterschrieb.

    Urbachs Kochbücher erschienen seit 1939 unter dem neuen Autornamen Rudolf Rösch, bezeichnet als Wiener Küchenmeister und Mitarbeiter des Reichsnährstands; eine Person dieses Namens mit diesen Funktionen ist jedoch nicht ermittelbar. Die Stellen des Buchs „So kocht man in Wien!" über die Internationalität der Wiener Küche und Rezepte mit jüdischen Namen wie „Rothschild-Biskuit“, „Rothschild-Omelette“ oder „Jaffa-Torte“ wurden gestrichen. Das Buch erzielte weiterhin hohe Auflagen.

    Urbach verdiente in der britischen Emigration ihren Lebensunterhalt mit Dienstbotentätigkeiten und führte von 1939 bis 1946 ein Flüchtlingsheim für jüdische Mädchen. 1946 zog sie zu ihren Söhnen in die USA und arbeitete dort als Diätköchin. Als sie 1949 erstmals wieder Österreich besuchte, entdeckte sie die Ausgabe von „So kocht man in Wien!“ unter dem Autornamen Rösch in einer Wiener Buchhandlung und bat den Verleger Jungck erfolglos in mehreren Briefen um eine Rückgabe der Rechte. Jungck vergab stattdessen 1966 eine letzte Lizenz für dieses Buch an den Forum Verlag.

    Da Urbach nicht mehr an ihre Kochkarriere in Österreich anknüpfen konnte, blieb sie in den USA, wo sie in einer Kochschule in San Francisco unterrichtete und 1981/82 in zwei Folgen der US-amerikanischen Fernsehshow „Over Easy“ kochte. Nachdem 2020 „Das Buch Alice“ erstmals erschienen war, druckte der Ernst Reinhardt Verlag nach einer Verständigung mit Urbachs Enkelinnen, die auf eine finanzielle Entschädigung verzichteten, 100 Exemplare der Auflage des Kochbuchs von 1935 nach.

  • Auszeichnungen

    1983 Erinnerungsbank im Golden Gate Park, San Francisco
  • Quellen

    Nachlass:

    Karina Urbach, Cambridge (Großbritannien) und Katrina Urbach, San Francisco (Kalifornien, USA).

    Weitere Archivmaterialien:

    Ellis Island Foundation, New York, Passagier- und Ankunftsdaten für Alice Urbach. (zugangsbeschränkte Onlineressource)

    Stadt- und Landesarchiv Wien, Meldeunterlagen Alice Urbach, Steuerkataster, K2/1 – Zentralgewerberegister, Alice Urbach; Kochschule in 4. Goldeggasse 7 Verlassenschaftsakte Dr. Maximilian Urbach, Verlassenschaftsakte Sigmund Mayer.

    Österreichisches Staatsarchiv Wien, Landsturmevidenzblatt Dr. Maximilian Urbach KA Pers GB Evidenzen LSt MilKdo Wien Sanität 9, Archivbestände der Vermögensverkehrsstelle und des Hilfsfonds für politisch Verfolgte für Alice Urbach.

    Verlagsarchiv des Ernst Reinhardt Verlags, München, Verlagsvertrag Alice Urbach v. 25.1.1935, Erklärung v. 5. 9. 1938, 18 Briefe von Alice Urbach an Hermann Jungck, 1950–1954.

    Israelitische Kultusgemeinde Wien, Matrikelamt Geburts- und Sterbematrikel der Familie Mayer.

    The National Archives, Kew, Akten des Home Office, HO 396/94 Alice Urbach. Female Enemy Alien. Exemption from Internment-Refugee; HO 396/113 Felix Israel Mayer.

    Wiener Holocaust Library, London, Peter Sieber, The Newcastle-upon-Tyne Hostel for Jewish Refugee Girls. In Recognition of the Hostel Committee who initiated the Hostel and managed it, and of the Newcastle Jewish Community who supported it, 4184.

    Filmmaterial:

    US-amerikanische Fernsehsendung „Over Easy“, Folge 5 040 (1981) u. Folge 6 065 (1982).

  • Werke

    Vorträge:

    Die Schnellküche der modernen Frau, in: Neues Wiener Journal v. 22.11.1928.

    Das Girl am Herd, in: Neues Wiener Journal v. 24.11.1929.

    Die Kochkunst auf neuen Pfaden, in: Neues Wiener Journal v. 2.10.1930.

    Die Hausfrau und ihre Einstellung zur neuzeitlichen Ernährung, in: Neue Freie Presse v. 16.4.1931.

    Moderne Kochkunst. Sparen ohne zu entbehren, in: Kleine Volkszeitung v. 10.3.1933.

    Bücher:

    Alice Urbach/Sidonie Rosenberg, Das Kochbuch für Feinschmecker, 1925.

    So kocht man in Wien! Ein Koch- und Haushaltungsbuch der gut bürgerlichen Küche, 1936, 31938, Nachdr. 2020, unter dem Autornamen Rudolf Rösch deutsche und österreichische Ausgaben 1939 bis 1966.

    Unter dem Autornamen Rudolf Rösch:

    Rudolf Rösch, Wiener Mehlspeisen, 1939, 21953.

    Rudolf Rösch, Die fleischlose Kost. Bewährte Rezepte für die fleischlose Küche, 1939, 21954.

  • Literatur

    Karina Urbach, Das Buch Alice. Wie die Nazis das Kochbuch meiner Großmutter raubten, 2020, 42021.

    Susanne Belovari, Wiener Juden und die Wiener Küche vor 1938, 2020.

    Leonie Feuerbach, Wie die Nazis ein Kochbuch stahlen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 14.11.2020, S. 60 f. (P) (Onlineressource)

    Karina Urbach, Geraubte Bücher, in: Die Zeit v. 10.12.2020. (zugangsbeschränkte Onlineressource)

    Christiane Laudage, Späte Gerechtigkeit für jüdische Kochbuch-Autorin Alice Urbach, in: kathpress. Katholische Presseagentur Österreich v. 20.12.2020. (zugangsbeschränkte Onlineressource

    Jochen Zenthöfer, Das „arisierte“ Kochbuch, in: Jüdische Allgemeine v. 27.12.2020. (P) (Onlineressource)

    Christian House, When Hitler stole a Cookbook, in: Financial Times v. 30.7.2022. (zugangsbeschränkte Onlineressource)

    TV-Dokumentation:

    Dokumentation über Alice Urbach auf arte, Schweizer Fernsehen SFR und ORF, produziert 2021, ausgestrahlt 2022.

    Zur Familie:

    Adelheid Mayer/Elmar Samsinger, Fast wie Geschichten aus 1001 Nacht. Die jüdischen Textilkaufleute Mayer. Eine Geschichte zwischen Europa und dem Orient, 2015.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografien in Privatbesitz.

  • Autor/in

    Karina Urbach (Cambridge)

  • Zitierweise

    Urbach, Karina, „Urbach, Alice“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/1219223913.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA