Szepan, Fritz
- Lebensdaten
- 1907 – 1974
- Geburtsort
- Gelsenkirchen
- Sterbeort
- Gelsenkirchen
- Beruf/Funktion
- Fußballsportler ; Verwaltungsangestellter ; Kaufmann ; Trainer ; Kaufmann im Einzelhandel ; Berufsfußballspieler
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 130045241 | OGND | VIAF: 3569378
- Namensvarianten
-
- Szepan, Friedrich Hermann
- Szepan, Fritz
- Szepan, Friedrich Hermann
- Sczepan, Friedrich
- Sczepan, Friedrich Hermann
- Szepan, Friedrich
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Szepan, Fritz (eigentlich Hermann Friedrich Szepan)
1907 – 1974
Fußballsportler, Verwaltungsangestellter, Kaufmann
Fritz Szepan war einer der begabtesten und bekanntesten deutschen Fußballspieler der 1920er bis 1940er Jahre sowohl in seinem Verein, dem FC Gelsenkirchen-Schalke 04, wie in der Deutschen Nationalmannschaft. Mit seinem Schwager Ernst Kuzorra (1905–1990) und den anderen am „Schalker Kreisel“ Beteiligten errang er sechs Deutsche Meisterschaften und einen Pokalsieg (Tschammer-Pokal). Im „Dritten Reich“ ließen er und die Schalker Mannschaft sich von den Nationalsozialisten instrumentalisieren. Szepan profitierte durch einen erzwungenen Verkauf eines Geschäfts unter Wert von dem als „Arisierung“ bezeichneten Raub jüdischer Vermögen.
Lebensdaten
Geboren am 2. September 1907 in Gelsenkirchen Gestorben am 14. Dezember 1974 in Gelsenkirchen Grabstätte Evangelischer Friedhof Rosenhügel in Gelsenkirchen Konfession evangelisch-lutherisch -
Autor/in
→Stefan Goch (Bochum)
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Zitierweise
Goch, Stefan, „Szepan, Fritz“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/130045241.html#dbocontent
Szepan wuchs im masurischen Arbeitermilieu des Gelsenkirchener Stadtteils Schalke auf. Nach dem Besuch der Volksschule, die er ohne Abschluss verließ, absolvierte er von 1921 bis 1924 eine Ausbildung zum Klempner bei der Gelsenkirchener Firma Küppersbusch. Auf Empfehlung seines Freundes und späteren Schwagers Ernst Kuzorra (1905–1990) kam er 1923/24 zum Fußballverein FC Gelsenkirchen-Schalke 04, wo er zu dem wegen seines Spielsystems mit Flachpassspiel und zwischen den Spielern kreiselndem Ball so genannten Schalker Kreisel gehörte. Dank Szepans Talent als Halbstürmer und weiterer Ausnahmespieler stieg der FC Schalke 04 zur besten Fußballmannschaft der 1930er und beginnenden 1940er Jahre auf und errang nach zahlreichen regionalen Meisterschaften 1934, 1935, 1937, 1939, 1940 und 1942 die Deutsche Fußball-Meisterschaft; 1937 wurde sie mit Szepan Pokalsieger (Tschammer-Pokal). Szepan wurde aufgrund seiner Spielstärke und Übersicht 1929 erstmals in die deutsche Fußballnationalmannschaft berufen, für die er bis 1930 34 Mal spielte und deren Kapitän er von 1934 an in den folgenden 30 Spielen war.
Um den Fußballsport mit Spitzenleistungen praktizieren zu können, benötigte Szepan wie andere Sportler unter den Bedingungen des illusorischen Amateurprinzips im deutschen Fußball eine flexible und existenzsichernde berufliche Tätigkeit. Nachdem der FC Schalke 04 seinen Spielern Zahlungen zukommen gelassen hatte, um ihnen Training und Spiele zu ermöglichen, wurde die Mannschaft 1931 vom Deutschen Fußball-Bund wegen des Verstoßes gegen die Amateurbestimmungen vorübergehend gesperrt. Vor diesem Hintergrund unterstützte der Verein Szepan durch ein (bis 1932 mit Kuzorra) betriebenes Tabakgeschäft, später eine Gastwirtschaft. Nachdem er 1933 mit seinem Versuch einer eigenen Existenzgründung gescheitert und erwerbslos geworden war, erhielt er im Februar 1934 eine Anstellung bei der Stadtverwaltung Gelsenkirchen. Seit August 1937 betrieb Szepan als Selbstständiger eine Tankstelle.
Szepan ließ sich im „Dritten Reich“ als bekannter Sportler von den Nationalsozialisten instrumentalisieren und rief zur Unterstützung Adolf Hitlers (1889–1945) und der NSDAP auf. Nach dem Ende der Aufnahmesperre am 1. Mai 1937 in die Partei aufgenommen, wurde er 1939 von Reichsportführer Hans von Tschammer und Osten (1887–1943) in den „Führerrat des Reichsfachamtes Fußball“ berufen. Als Szepans Versuche, sich eine selbstständige wirtschaftliche Existenz aufzubauen, erneut scheiterten, übernahm er 1938 das „arisierte“ Textilgeschäft „Kaufhaus Julius Rode & Co.“ in Gelsenkirchen, das er bis 1972 unter eigenem Namen betrieb. Die jüdischen Besitzer Sally Meyer (1880–1944) und Julie Lichtmann (1882–1944) wurden deportiert und in Riga ermordet. Szepan erkannte das Unrecht der Arisierung auch nach 1945 nicht an; das Rückerstattungsverfahren endete 1954 mit einer geringfügigen Entschädigungszahlung an die Jewish Trust Corporation. 1947 wurde Szepan im Rahmen der Entnazifizierungverfahren vom städtischen Entnazifizierungsausschuss unter Kontrolle des Sonderbeauftragten für die Entnazifizierung im Lande Nordrhein-Westfalen als politisch entlastet eingestuft.
1949 beendete Szepan seine Laufbahn als aktiver Fußballsportler und wirkte als Trainer bis 1954 beim Wiederaufbau der Schalker Mannschaft und beim TSV Marl-Hüls. 1955 führte er als Trainer Rot-Weiß Essen zur Deutschen Meisterschaft. In den schwierigen Zeiten am Beginn der 1963 eingeführten Bundesliga übernahm er 1964/65 und 1966/67 das Präsidentenamt des Schalker Fußballvereins. Von einer Straßenbenennung mit dem Namen Szepans in Gelsenkirchen wurde 2005 auf der Grundlage von Forschungsarbeiten des Instituts für Stadtgeschichte zum Verhalten Szepans im „Dritten Reich“ abgesehen.
Heinz Berns/Hermann Wiersch, Das Buch vom Deutschen Fußballmeister. Fritz Szepan und Ernst Kuzorra. Die Geschichte zweier Mannen und einer Mannschaft, 1936.
Siegfried Gehrmann, Fritz Szepan und Ernst Kuzorra – Zwei Fußballidole des Ruhrgebiets, in: Sozial- und Zeitgeschichte des Sports 2 (1988), H. 3, S. 57–71.
Stefan Goch/Norbert Silberbach, Zwischen Blau und Weiß liegt Grau – Der FC Schalke 04 im Nationalsozialismus, 2005.
Stefan Goch, Die „Arisierung“ eines Kleinkaufhauses in Schalke. Der „Fall Szepan“, in: Heinz-Jürgen Priamus (Hg.), Was die Nationalsozialisten „Arisierung“ nannten. Wirtschaftsverbrechen in Gelsenkirchen während des „Dritten Reiches“, 2007, S. 57–90.
Frank Bajohr, Fritz Szepan. Fußball-Idol und Nutznießer des NS-Regimes, in: Diethelm Blecking/Lorenz Peiffer (Hg.), Sportler im „Jahrhundert der Lager“: Profiteure, Widerständler und Opfer, 2012, S. 110–115.
Stefan Goch, 1938 – 5. November: Fritz Szepan übernimmt jüdisches Geschäft. Schalke und die Nazis. Wer faszinierte wen? in: Gerd Voss u. a. (Hg.), FC Schalke 04. 100 Schalker Jahre. 100 Schalker Geschichten, 2004, S. 120–123; 2. überarbeitete Auflage in: FC Schalke 04 (Hg.), Königsblau. Die Geschichte des FC Schalke 04, 2015, S. 140–145.
Stefan Goch/Thomas Spiegel, 1925 – 9. August: Szepan debütiert in Schalkes erster Elf. „Du warst einer der Größten, Fritz“, in: Gerd Voss u. a. (Hg.), FC Schalke 04. 100 Schalker Jahre 100 Schalker Geschichten, 2004, S. 74–79; 2. überarbeitete Auflage in: FC Schalke 04 (Hg.), Königsblau. Die Geschichte des FC Schalke 04, 2015, S. 82–89.
Hardy Grüne, Glaube, Liebe Schalke. Die komplette Geschichte des FC Schalke 04, 32012.
Georg Röwekamp, Der Mythos lebt. Die Geschichte von Schalke 04. Mit Spielerlexikon und Statistik, 82012.