Spiegel, Tilly
Spiegel, Ottilie ( Tilly ) Sali (verheiratete Tilly Spiegel-Marek)
1906 – 1988
Widerstandskämpferin, Journalistin, Politikerin
- Lebensdaten
- 1906 – 1988
- Geburtsort
- Novoselica (Bukowina, heute Nowoselyzja, Ukraine)
- Sterbeort
- Wien
- Beruf/Funktion
- Widerstandskämpferin ; Journalistin ; Politikerin
- Konfession
- jüdisch, seit 1928 konfessionslos
- Normdaten
- GND: 1202456960 | OGND | VIAF
- Namensvarianten
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- Spiegel, Ottilie Sali
- Spiegel-Marek, Tilly
- Spiegel, Tilly
- Spiegel, Ottilie Sali
- Spiegel-Marek, Tilly
- mehr
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Tilly Spiegel engagierte sich seit 1935 gegen das austrofaschistische Regime und leistete seit spätestens Januar 1942 im Rahmen der französischen Résistance Widerstand gegen das NS-Regime. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat sie journalistisch hervor und beteiligte sich ehrenamtlich am Aufbau des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes.
Lebensdaten
Geboren am 10. Dezember 1906 in Novoselica (Bukowina, heute Nowoselyzja, Ukraine) Gestorben am 15. Juli 1988 in Wien Grabstätte Zentralfriedhof in Wien Konfession jüdisch, seit 1928 konfessionslos -
Lebenslauf
10. Dezember 1906 - Novoselica (Bukowina, heute Nowoselyzja, Ukraine) -
Genealogie
Vater Karl Chaim Spiegel 1880–1942 Kaufmann; Holocaustopfer, gest. im Ghetto Izbica oder in Włodawa bei Lublin (Polen) Mutter Hilde (Hilda) Spiegel, geb. Gelbard 1883–1942 Hausfrau; Holocaustopfer, gest. im Ghetto Izbica oder in Włodawa bei Lublin (Polen) Schwester Betty Spiegel geb. 1909 emigrierte nach Großbritannien Schwester Antonie Spiegel geb. 1910 Angestellte; emigrierte nach Großbritannien Schwester Dina Spiegel geb. 1912 Bruder Hermann Spiegel geb. 1914 Zahntechniker; emigrierte in die USA Bruder Leo Spiegel geb. 1920 Kaufmann 1. Heirat 14.5.1947 in Wien Ehemann Franz Marek (geborener Efraim Feuerlicht) 18.4.1913–28.6.1979 aus Przemyśl (Galizien, heute Polen); jüdisch; Journalist, Autor, Politiker, Widerstandskämpfer Schwiegervater Herman (Hersch) Feuerlicht geb. 8.12.1879 aus Galizien; meist arbeitslos; emigrierte im März 1939 nach Palästina Schwiegermutter Rosa Feuerlicht, geb. Rachel Engelberger geb. 24.2.1883 aus Buczacz (Galizien, heute Ukraine); Hausfrau; emigrierte im März 1939 nach Palästina Scheidung 1974 Kinder keine Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Spiegel, Tilly (1906 – 1988)
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Vater
Karl Spiegel
1880–1942
Kaufmann; Holocaustopfer, gest. im Ghetto Izbica oder in Włodawa bei Lublin (Polen)
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Mutter
Hilde Spiegel
1883–1942
Hausfrau; Holocaustopfer, gest. im Ghetto Izbica oder in Włodawa bei Lublin (Polen)
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Schwester
Betty Spiegel
geb. 1909
emigrierte nach Großbritannien
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Schwester
Antonie Spiegel
geb. 1910
Angestellte; emigrierte nach Großbritannien
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Schwester
Dina Spiegel
geb. 1912
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Bruder
Hermann Spiegel
geb. 1914
Zahntechniker; emigrierte in die USA
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Bruder
Leo Spiegel
geb. 1920
Kaufmann
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1.·Heirat
in
Wien
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Ehemann
18.4.1913–28.6.1979
aus Przemyśl (Galizien, heute Polen); jüdisch; Journalist, Autor, Politiker, Widerstandskämpfer
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Biografie
Spiegel siedelte infolge des Ersten Weltkriegs mit ihrer Familie Ende 1918 nach Wien über, wo sie von 1921 bis 1925 die Handelsakademie für Mädchen besuchte und sich seit 1926/27 im Kommunistischen Jugendverband engagierte. Zur selben Zeit schloss sie sich der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) an, in der sie seit Anfang der 1930er Jahre als Bezirksleiterin, seit 1933 als Mitglied der KPÖ-Stadtleitung eine wichtige Rolle spielte. Nach dem Verbot ihrer Partei durch das austrofaschistische Regime wurde Spiegel aufgrund des Verteilens kommunistischer Schriften von Februar 1935 bis Dezember 1936 inhaftiert, 14 Monate davon verbrachte sie im „schweren Kerker“. Anschließend ging sie für kurze Zeit nach Paris, wo sie als Turnlehrerin tätig war.
Im Dezember 1937 siedelte Spiegel in die Region zwischen Vorarlberg und der Schweiz über, um den Grenzübertritt von Freiwilligen zu organisieren, die im Spanischen Bürgerkrieg gegen die Truppen General Francisco Francos (1892–1975) kämpfen wollten. Wegen dieser illegalen Tätigkeit wurde sie im Dezember desselben Jahres festgenommen und bis Mai 1938 in St. Gallen inhaftiert. Nach ihrer Haftentlassung floh Spiegel, die als Kommunistin jüdischer Herkunft durch den nationalsozialistischen „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 besonders bedroht war, nach Paris. Hier engagierte sie sich in der Flüchtlingshilfe, v. a. im Rahmen des von Marie von Frischauf (1892–1966) gegründeten und geleiteten Cercle Culturel Autrichien, und lernte u. a. ihren späteren Ehemann Franz Marek (1913–1979) kennen.
Direkt nach Beginn des Zweiten Weltkriegs avancierte Spiegel im September 1939 innerhalb der KPÖ zur politischen Verantwortlichen für die Parteiorganisation in Frankreich und blieb bis zum Einmarsch der Wehrmacht in Frankreich im Juni 1940 in dieser Funktion. Infolge des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion im Juni 1941 schloss sich Spiegel der Résistance-Gruppierung „Travail allemand“ (TA) an, die u. a. zum Ziel hatte, Informationen von Wehrmachtssoldaten zu erhalten und diese durch Agitation zu einer Abkehr vom NS-Regime zu bewegen. Innerhalb des TA stieg Spiegel im Januar 1942 zur interregionalen Instrukteurin („Inter“) auf. In dieser Funktion organisierte sie die Herstellung von an Wehrmachtssoldaten heimlich verteilten Flugblättern, hielt u. a. Verbindungen zu in deutsche Dienststellen eingeschleusten Résistance-Kämpfern sowie zu den Leitungen der TA, die regionale Zentralen in Brüssel, Paris und Lyon aufgebaut hatten, und arrangierte Verstecke für Deserteure. Am 11. August 1944 wurde Spiegel mit Marek durch die Gestapo aufgegriffen, in das Militärgefängnis Fresnes bei Paris verbracht und dort zum Tode verurteilt; die kurz darauf erfolgte Befreiung der Stadt durch alliierte Truppen verhinderte die Vollstreckung des Urteils.
Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Spiegel nach Wien zurück, erlangte innerhalb der KPÖ aber keine führende Position mehr. In den 1940er bis 1960er Jahren engagierte sie sich u. a. für die KPÖ-Tageszeitung „(Österreichische) Volksstimme“ und für das von Marek redigierte Parteiorgan „Weg und Ziel“ sowie von Oktober 1953 bis Ende 1955 als Redakteurin bei Radio Wien. In Reaktion auf die Niederschlagung des „Prager Frühlings“ durch Truppen des Warschauer Pakts legte Spiegel um 1970 ihre KPÖ-Mitgliedschaft nieder und konzentrierte sich in der Folgezeit ganz auf ihre Arbeit für das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Ihre wichtigsten Aufgabengebiete waren anfänglich die Ersterschließung der DÖW-Archivalien sowie die Erhebung von Oral History-Interviews. Im Rahmen des DÖW verfasste sie zwei Überblicksdarstellungen über österreichische Staatsbürger in der belgischen und französischen Résistance sowie über österreichische Widerstandskämpferinnen im Allgemeinen.
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Auszeichnungen
1975 Goldenes Verdienstzeichen der Republik Österreich -
Quellen
Nachlass:
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Wien, 21.222.
Weitere Archivmaterialien:
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Wien, Interview-Nr. 146 (Interview mit Spiegel v. 25.4.1984); Nr. 2616 (Schilderung der Tätigkeit österreichischer Widerstandskämpfer in Frankreich u. Belgien 1940–1945 sowie Aufschlüsselung für Yad Vashem über österreichische Juden, 1956); Nr. 5 458 (Bericht der Staatsanwaltschaft Wien in der Strafsache gegen Julius Donner, Ottilie Spiegel u. Heinrich Lenhofer v. 28.9.1935); Nr. 6 034 (BKA/Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit betr. die Erhebungen gegen Ottilie Spiegel, Julius Donner u. Heinrich Lenhofer, Oktober 1935).
Zentrales Parteiarchiv der Kommunistischen Partei Österreichs, Wien. (Fragebogen Spiegels v. 18.3.1952)
Schweizerisches Bundesarchiv, Bern, Akt C.29/A116-37.167 P. (Vernehmung Spiegels v. 16.12.1937)
Staatsarchiv St. Gallen, G3.11.2. (Urteil des Bezirksgerichts Unterrheintal in der Strafsache Foscht u. Spiegel, 11.2.1938).
Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Bestand Jerusalem, AW 2590, 205. (Auswanderungsfragebogen Karl Chaim Spiegels v. 14.6.1938)
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR, SgY 30/1400/34, Bl. 34–46. (Niederschrift des mündlichen Berichts Franz Mareks v. 15.10.1959)
Gedruckte Quellen:
Tilly Spiegel, Die Diskussion in der KP Österreichs. Leserbrief aus „Weg und Ziel“, in: Günther Hillmann, Selbstkritik des Kommunismus. Texte der Opposition, 1967, S. 217–220.
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Werke
Österreicher in der französischen Widerstandsbewegung, in: Internationale Hefte der Widerstandsbewegung 2 (1960), H. 4, S. 42–55.
Frauen und Mädchen im österreichischen Widerstand, 1967.
Österreicher in der französischen und belgischen Résistance, 1969.
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Literatur
Helmut Kopetzky, Die andere Front. Europäische Frauen in Krieg und Widerstand 1939 bis 1945, 1983, S. 110–118 u. 226.
Max Graf/Sarah Knoll (Hg.), Franz Marek. Lebenserinnerungen und Schlüsseltexte, 2017, S. 143, 148 u. 178.
Ina Markova, Tilly Spiegel. Eine politische Biografie, 2019. (P)
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Onlineressourcen
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Autor/in
→Ina Markova (Wien)
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Zitierweise
Markova, Ina, „Spiegel, Tilly“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.03.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/1202456960.html#dbocontent