Sollmann, Max
- Lebensdaten
- 1904 – 1978
- Geburtsort
- Bayreuth
- Sterbeort
- München
- Beruf/Funktion
- SS-Offizier ; Leiter des „Lebensborn e. V.“ ; Kaufmann
- Konfession
- konfessionslos
- Normdaten
- GND: 1188429426 | OGND | VIAF: 3125156075620553980007
- Namensvarianten
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- Sollmann, Max
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Sollmann, Max
1904 – 1978
SS-Offizier, Leiter des Lebensborn e. V.
Als gelernter Kaufmann und „Alter Kämpfer“ machte Sollmann im „Dritten Reich“ Karriere im Stab des Reichführers-SS, Heinrich Himmler (1900–1945). Von 1940 bis 1945 leitete er die SS-Organisation Lebensborn e. V., die europaweit über 20 Heime für gemäß der NS-Rassenlehre „wertvolle“ Schwangere, Mütter und Kinder betrieb. Im Zweiten Weltkrieg beteiligte sich der Verein unter Sollmanns Führung zudem an der „Zwangsgermanisierung“ verschleppter nicht-deutscher Kinder.
Lebensdaten
Geboren am 6. Juni 1904 in Bayreuth Gestorben am 27. Mai 1978 in München Konfession konfessionslos -
Autor/in
→Annemone Christians-Bernsee (Köln)
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Zitierweise
Christians-Bernsee, Annemone, „Sollmann, Max“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/1188429426.html#dbocontent
Aus einer Handwerkerfamilie stammend, verließ Sollmann 1920 die Oberrealschule in München und begann hier eine kaufmännische Ausbildung bei dem Kunstverlag R. & D. Bischoff. In dieser Zeit schloss er sich dem Freikorps Epp und dem Bund Oberland an, trat 1921 in die NSDAP ein und nahm am 9. November 1923 als einer der jüngsten Unterstützer am Putschversuch Adolf Hitlers (1889–1945) teil. Nach Abschluss seiner Lehre arbeitete Sollmann als kaufmännischer Angestellter für verschiedene Münchner Unternehmen, ehe er im Frühjahr 1929 nach Kolumbien auswanderte und als kaufmännischer Beauftragter der Generaldirektion der Tropical Oil Company, einer Tochtergesellschaft des US-Erdöl-Konzerns Standard Oil, tätig wurde. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme siedelte er 1933 nach Berlin über, wo er leitende Funktionen in Aktiengesellschaften übernahm und sein Netzwerk als „Alter Kämpfer“ reaktivierte.
Seit 1937 Mitglied der SS und erneut der NSDAP, wurde Sollmann in den persönlichen Stab des Reichsführers-SS, Heinrich Himmler (1900–1945), berufen, wo er in der Abteilung „Wirtschaftliche Hilfe“ mit Entschuldungs- und Darlehensangelegenheiten für SS-Angehörige betraut war. Anfang 1940 war er kurzzeitig Referent für Finanzen und Wirtschaft im Stabshauptamt des „Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums“ in Berlin, wechselte anschließend zurück nach München und wurde im Februar 1940 von Himmler als Nachfolger Guntram Pflaums (1903–ca. 1945) mit der Leitung des Lebensborn e. V. beauftragt. Die stark verschuldete SS-Organisation betrieb im Deutschen Reich, in Norwegen, Belgien, Frankreich und den Niederlanden Heime für unverheiratete Schwangere, junge Mütter und deren Kinder, die aus rassenideologischer Perspektive als förderungswürdig galten. Sollmann strukturierte den Verein nach dem NS-Führerprinzip um, indem er das bisherige Vorstandskollegium abschaffte, um künftig als alleiniger Vorstand agieren zu können. Er beschnitt zudem die Kompetenzen des ärztlichen Leiters des Lebensborn, Gregor Ebner (1892–1974), der bis dahin in medizinischen Fragen alleinverantwortlich gehandelt hatte.
Zur Akquirierung von Räumlichkeiten und Waren arbeitete Sollmann im Zweiten Weltkrieg eng mit der Geheimen Staatspolizei zusammen und trug die „Arisierung“ jüdischen Eigentums mit. Unter seiner Führung dehnte der Lebensborn seine Tätigkeit seit 1942 im Rahmen von sog. Eindeutschungsaktionen auf das östliche Europa aus und ließ v. a. in Polen mindestens 300 – vermutlich aber weit mehr – „volksdeutsche“ Waisenkinder sowie Kinder, die in Pflegefamilien oder bei deutsch-polnischen Eltern lebten, ohne Wissen der Eltern oder Erziehungsberechtigten nach Deutschland verschleppen. Sollmann beteiligte sich zudem an der NS-Kinder-„Euthanasie“, indem er 1942 die Verlegung von mindestens zwei Kindern aus Lebensborn-Heimen in Tötungsanstalten in Brandenburg-Görden und Wien veranlasste.
Am 6. Juli 1945 von US-amerikanischen Truppen in Bad Tölz verhaftet und in verschiedenen Internierungslagern inhaftiert, wurde Sollmann 1947 im Prozess Rasse- und Siedlungshauptamt (achter Nürnberger Nachfolgeprozess) wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen angeklagt. Obwohl sich das Gericht unter Vorsitz des Richters Lee Buren Wyatt (1890–1960) mit den Auslese- und Verschleppungsmaßnahmen des Lebensborn beschäftigte, deutete es den Verein in Verkennung der eigentlichen Programmatik letztlich als reine Fürsorgeinstitution. Sollmann wurde am 10. März 1948 der Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation (SS) für schuldig befunden und zu zwei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt; die Strafe galt als bereits verbüßt. Das Verfahren vor der Hauptspruchkammer München, in dem Sollmann betonte, stets überzeugter Nationalsozialist gewesen zu sein, endete 1950 mit der Verurteilung zu 30 Tagen Sonderarbeit und 30 % Vermögensentzug. Nach der Berufung wurde das Strafmaß auf eine Sühneleistung von 50 D-Mark reduziert. Von weiterer Strafverfolgung unbehelligt, arbeitete Sollmann von 1952 bis 1956 als kaufmännischer Leiter des Landmaschinenherstellers Hans Glas GmbH im niederbayerischen Dingolfing und anschließend als Berater der Rex-Motoren-Werke GmbH in München.
1938 | Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP |
1939 | Goldenes Ehrenzeichen (Blutorden) der NSDAP |
Reichsportabzeichen in Silber | |
SA-Sportabzeichen |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, BArch NS 19/1034. (Bericht über die Tätigkeit des Lebensborn; Schriftwechsel 1942–1944),
Arolsen Archives, DE ITS 4.1 (Lebensborn e.V.) u. DE ITS 4.1.3 (Amerikanisches Militärtribunal I, Kammer I, Fall VIII: SS-Rasse und Siedlungshauptamt).
Staatsarchiv München, Registratur S, SpkA K 328 u. SpkA K 1030. (Spruchkammerverfahren zu Gregor Ebner und Max Sollmann; Lebensborn)
Landesarchiv Berlin, B Rep. 057-01 Nr. 2660. (Personenheft Max Sollmann)
Georg Lilienthal, Der „Lebensborn e.V.“. Ein Instrument nationalsozialistischer Rassenpolitik, 1985, erw. Neuausg. 2003.
Isabel Heinemann, Rasse, Siedlung, deutsches Blut. Das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS und die rassenpolitische Neuordnung Europas, 2003, S. 101–111 u. 508–530.
Volker Koop, „Dem Führer ein Kind schenken“. Die SS-Organisation Lebensborn e. V., 2007.
Thomas Bryant, Himmlers Kinder. Zur Geschichte der SS-Organisation „Lebensborn“ e. V. 1935–1945, 2011.
Angelika Baumann/Andreas Heusler (Hg.), Kinder für den „Führer“. Der Lebensborn in München, 2013.
Annemone Christians-Bernsee, Art. „Lebensborn“, in: Historisches Lexikon Bayerns, 2022. (Onlineressource)
Fotografie, ca. 1946, Wikimedia Commons. (Onlineressource)