Schnitger, Heinrich

Dates of Life
1925 – 1964
Place of birth
Lemgo
Place of death
Grainau (Eibsee)
Occupation
Erfinder ; Mediziner ; Arzt
Religious Denomination
unbekannt
Authority Data
GND: 107705629X | OGND | VIAF: 62144648294133339453
Alternate Names

  • Schnitger, Heinrich August Ferdinand
  • Schnitger, Heinrich
  • Schnitger, Heinrich August Ferdinand

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Citation

Schnitger, Heinrich, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd107705629X.html [07.02.2025].

CC0

  • Schnitger, Heinrich August Ferdinand

    1925 – 1964

    Erfinder, Mediziner

    Heinrich Schnitger erfand 1957 an der Universität Marburg an der Lahn die Mikroliterpipette, die es ermöglicht, im Labor sehr kleine Flüssigkeitsmengen einfach und exakt abzumessen und zu pipettieren. Dieses Instrument ist ein unverzichtbares Werkzeug der Laborpraxis, v. a. in der modernen Analytik (Medizin, Umwelt, Lebensmittel) und der biochemischen Forschung.

    Dates of Life

    Geboren am 10. Mai 1925 in Lemgo
    Gestorben am 27. August 1964 (Badeunfall) in Grainau (Eibsee)
    Grabstätte Friedhof Rintelner Straße in Lemgo
    Patent DE000001090449 == Heinrich Schnitger, Vorrichtung zum schnellen und exakten Pipettieren kleiner Flüssigkeitsmengen DE000001090449, angemeldet am 3.5.1957, veröffentlicht am 6.10.1960, S. 1, Quelle: DEPATISnet. Datenbank zu Patentveröffentlichungen aus aller Welt (Onlineressource)
    Patent DE000001090449 == Heinrich Schnitger, Vorrichtung zum schnellen und exakten Pipettieren kleiner Flüssigkeitsmengen DE000001090449, angemeldet am 3.5.1957, veröffentlicht am 6.10.1960, S. 1, Quelle: DEPATISnet. Datenbank zu Patentveröffentlichungen aus aller Welt (Onlineressource)
  • 10. Mai 1925 - Lemgo

    1935 - 1943 - Lemgo

    Gymnasium (Abschluss: Abitur)

    Engelbert-Kämpfer-Gymnasium

    1943 - 1945

    Arbeitsdienst; Kriegsdienst

    Wehrmacht

    1945 - 1949

    Tuberkuloseerkrankung

    1949 - 1956 - Marburg an der Lahn

    Studium der Humanmedizin (Abschluss: Staatsexamen)

    Universität

    1956 - Marburg an der Lahn

    Promotion (Dr. med.)

    Universität

    Mai 1957 - September 1963 - Marburg an der Lahn

    wissenschaftlicher Mitarbeiter; wissenschaftlicher Assistent

    Physiologisch-Chemisches Institut der Universität

    Oktober 1963 - August 1964 - München

    wissenschaftlicher Assistent

    Physiologisch-Chemisches Institut der Universität

    27. August 1964 (Badeunfall) - Grainau (Eibsee)

    Schnitger besuchte seit 1935 das Engelbert-Kämpfer-Gymnasium in Lemgo. Nach dem Abitur im März 1943 wurde er zum Arbeitsdienst und später zum Kriegsdienst eingezogen. Aufgrund einer schweren Lungentuberkulose kam er im Januar 1945 als Kriegsbeschädigter aus der Sowjetunion zurück. Während seiner Genesungszeit bis 1949 erfand er – teils mit seinem Vater – verschiedene Haltevorrichtungen, die er 1949/50 als Patent anmeldete, u. a. eine „Vorrichtung zum Spannen und Befestigen des Netzes bei Tischtennisspielen“.

    Schnitger studierte seit 1949 bis zum Staatsexamen 1956 Medizin an der Universität in Marburg an der Lahn. Im Rahmen seiner Promotion zum Dr. med. 1956 bei Rudolf Gross (1917–2008) bestimmte er die Gerinnungszeit von Blutproben. Da die Messung von Hand zu ungenau war, entwickelte Schnitger ein Gerät zur automatischen Messung von Blutgerinnungszeiten, das er im Mai 1954 zum Patent anmeldete. Das Prinzip seines Koagulometers wurde in Geräten u. a. von der US-Firma Becton, Dickinson & Company umgesetzt und das Patent für Schnitger ein finanzieller Erfolg.

    1957 wechselte Schnitger als wissenschaftlicher Mitarbeiter, seit 1963 als wissenschaftlicher Assistent, an das Marburger Physiologisch-Chemische Institut von Theodor Bücher (1914–1997) und war hier mit der Aufgabe betraut, für die Mikrochromatografie viele Proben zu pipettieren. Dafür mussten sehr feine Glaspipetten per Hand hergestellt, die Flüssigkeit mit dem Mund angesaugt und die Stangenpipetten vor jedem neuen Einsatz aufwendig gespült werden. Frustriert von dieser zeitraubenden, ungenauen und auch gefährlichen Methode konstruierte Schnitger in wenigen Tagen eine Pipette, mit der kleine Flüssigkeitsmengen exakt und einfach pipettiert werden. Bei der sog. Kolbenhubpipette wird beim Herunterdrücken des Kolbens genau das Volumen an Luft aus der Spritze gedrückt, das beim Loslassen des abgefederten Kolbens als Flüssigkeit aufgenommen wird. Zugleich kommt der Kolben der Spritze nicht mit der Flüssigkeit in Kontakt, sodass nur die einfach zu wechselnde Pipettenspitze durch die Probenflüssigkeit kontaminiert wird.

    Auf Anregung Büchers meldete Schnitger im Mai 1957 seine „Vorrichtung zum schnellen und genauen Pipettieren kleiner Flüssigkeitsmengen” zum Patent an. Die Medizintechnikfirma Netheler und Hinz (heute Eppendorf AG) erwarb die exklusiven Lizenzrechte und übernahm die Weiterentwicklung der seit 1961 zwischenzeitlich als „Marburg Pipette“ vermarkteten Mikroliterpipette. Da die Produktion im großen Maßstab erst Ende 1964 begann, erlebte Schnitger den kommerziellen Erfolg seiner Erfindung aufgrund seines Unfalltods nicht mehr.

    Schnitger war 1963 mit seiner Frau nach München übergesiedelt, um Bücher zu folgen, der einen Ruf als Direktor des Physiologisch-Chemischen Instituts der Universität München angenommen hatte. Die Mikropipette ermöglicht es heute, Experimente effizient, sicher und reproduzierbar durchzuführen und ist damit eine unverzichtbare Grundlage für viele wissenschaftliche Fortschritte in der Molekularbiologie, Biotechnologie und der medizinischen Forschung.

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Schriften:

    Entwicklung eines neuartigen Gerätes zur automatischen Registrierung von Blutgerinnungszeiten und kritischer Beitrag zur Theorie anderer Messprinzipien für gerinnungsphysiologische Untersuchungen, 1956. (Diss. med.)

    Heinrich Schnitger/Klaus Papenberg/E. Ganse/Rudolf Czok/Theodor Bücher/H. Adam, Chromatographie phosphathaltiger Metabolite eines menschlichen Leberpunktats, in: Biochemische Zeitschrift 332 (1959), Nr. 2, S. 167–185.

    Heinrich Schnitger/R. Scholz/Theodor Bücher/ Dietrich W. Lübbers, Comparative Fluorometric Studies on Rat Liver in vivo and on Isolated Perfused Hemoglobin-Free Liver, in: Biochemische Zeitschrift 341 (1965), Nr. 4, S. 334–339.

    Patente:

    August Schnitger/Heinrich Schnitger, Vorrichtung zum Spannen und Befestigen des Netzes bei Tischtennisspielen DE000SC003375MAZ, angemeldet 17.7.1950, veröffentlicht 27.12.1951. (Onlineressource)

    Apparat zur Ermittlung der Fibrinbildung im Blute oder in Blutplasmaloesungen und zum Registrieren der Blutgerinnungszeit DE000001022822, angemeldet 10.5.1954, veröffentlicht 16.1.1958. (Onlineressource)

    Vorrichtung zum schnellen und exakten Pipettieren kleiner Flüssigkeitsmengen DE000001090449, angemeldet 3.5.1957, veröffentlicht 6.10.1960. (Onlineressource)

    Birgit Gisela Pfeiffer, Die „Marburg-Pipette“. Die Geschichte und Entstehung der Kolbenhub-Pipette, 2004.

    Martin Klingenberg, When a Common Problem Meets an Ingenious Mind, in: EMBO Reports 6 (2005), S. 797–800. (P) (Onlineressource)

    Anja Scholzen, Die Revolution kam aus Marburg. Pipettieren, aber richtig. Die Erfindung der Kolbenhubpipette vor 36 Jahren ging um die Welt, in: Marburger UniJournal 21 (2005), S. 58–60. (P) (Onlineressource).

    Heinz Fiedler, Heinrich Schnitger und die Entwicklung der Kolbenhubpipette, in: MT im Dialog (2022). (P) (Onlineressource)

  • Author

    Florian Breitsameter (München)

  • Citation

    Breitsameter, Florian, „Schnitger, Heinrich“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/107705629X.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA