Schepmann, Wilhelm
- Lebensdaten
- 1894 – 1970
- Geburtsort
- Baak (Kreis Hattingen)
- Sterbeort
- Gifhorn (Niedersachsen)
- Beruf/Funktion
- Stabschef der SA ; NS-Politiker ; Lehrer ; Abgeordneter ; Politiker ; Nationalsozialist ; Volksschullehrer ; Polizeipräsident
- Konfession
- evangelisch, seit 1937/38 konfessionslos, seit 1945 evangelisch
- Normdaten
- GND: 129440566 | OGND | VIAF: 65086400
- Namensvarianten
-
- Schepmann, Wilhelm Hans
- Schuhmacher, Wilhelm
- Schepmann, Wilhelm
- Schepmann, Wilhelm Hans
- Schuhmacher, Wilhelm
Vernetzte Angebote
Verknüpfungen
Orte
Symbole auf der Karte
Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.
-
Schepmann, Wilhelm Hans
1894 – 1970
Stabschef der SA, NS-Politiker
Seit 1934 Führer der SA-Gruppe Sachsen, amtierte Schepmann von 1943 bis 1945 als letzter Stabschef der SA und war in dieser Funktion am Aufbau des „Deutschen Volkssturms“ beteiligt. Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierte er sich für den „Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten“ und war stellvertretender Bürgermeister von Gifhorn.
Lebensdaten
-
Autor/in
→Yves Müller (Hamburg)
-
Zitierweise
Müller, Yves, „Schepmann, Wilhelm“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/129440566.html#dbocontent
Nach dem Besuch von Volksschule und Progymnasium absolvierte Schepmann seit 1912 eine Ausbildung zum Volksschullehrer. Von November 1914 bis November 1918 nahm er als Kriegsfreiwilliger am Ersten Weltkrieg teil, trat 1919 dem Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund bei und kämpfte nach Kriegsende gegen die alliierte Rheinlandbesetzung. Im Mai 1924 (nach anderen Angaben 1923) wurde er von französischen Besatzungsbehörden wegen des Verdachts der verbotenen militärischen Ausbildung Jugendlicher verhaftet.
Schepmann trat 1925 der wiedergegründeten NSDAP bei und organisierte mit Viktor Lutze (1890–1943) den Aufbau der SA im Ruhrgebiet. Von November 1932 bis März 1934 leitete er die SA-Gruppe Westfalen und war nach der Bildung des NSDAP-Gaues Westfalen-Süd als Gauorganisationsleiter tätig. Nach erfolgloser Kandidatur bei der Wahl zum Preußischen Landtag (Mai 1928) wurde er 1929 in den Stadtrat seiner Heimatstadt Hattingen gewählt, wo er der NSDAP-Fraktion vorsaß. Nachdem er 1929 Vorsitzender der Kreistagsfraktion Ennepe-Ruhr geworden war und wiederholt öffentlich für seine Partei geworben hatte, wurde er nach einem Urteil des Disziplinargerichts des Regierungsbezirks Arnsberg vom Mai 1931 als Volksschullehrer entlassen.
Im Februar 1933 vom preußischen Innenminister Hermann Göring (1893–1946) zum Polizeipräsidenten von Dortmund ernannt, ließ Schepmann 1933/34 die organisierte Arbeiterbewegung der Stadt verfolgen und veranlasste die Entlassung politisch unliebsamer Polizeibeamter. Als Chef der SA-Obergruppe X in Dortmund (seit März 1934) wurde er infolge der Röhm-Affäre 1934 von Gauleiter Josef Wagner (1899–1945) vor dem Obersten Parteigericht der NSDAP angezeigt, hier aber im April 1935 freigesprochen. Von Juli 1934 bis August 1943 leitete Schepmann die SA-Gruppe Sachsen in Dresden, war seit März 1936 zugleich Kreishauptmann von Dresden-Bautzen und amtierte seit 1939 als Präsident des Regierungsbezirks Dresden-Bautzen.
1940 nahm Schepmann als Kompanieführer eines Infanterieregiments am Feldzug gegen Frankreich teil. Nach dem Tod Lutzes beauftragte ihn Adolf Hitler (1889–1945) im August 1943 mit der Führung der Geschäfte der Obersten SA-Führung. Seit November 1943 Stabschef der SA, wurde er im September 1944 von Hitler zum Inspekteur für die Schießausbildung im neu gebildeten „Deutschen Volkssturm“ ernannt. Die Amtszeit Schepmanns fällt zusammen mit einem begrenzten Bedeutungsgewinn der SA im NS-Staat, die in der Kriegsendphase u. a. Aufgaben in Luftschutz, Überwachung und Gefangenenbewachung wahrnahm und sich um eine verstärkte Kooperation mit der Wehrmachtführung bemühte. In den letzten Kriegswochen beteiligten sich SA-Angehörige an Gewaltverbrechen gegen alliierte Soldaten, Zwangsarbeiter und die deutsche Zivilbevölkerung.
Nach Kriegsende arbeitete Schepmann unter falschem Namen („Schuhmacher“) als Hilfsarbeiter in einem Metallwerk bei Hannover. Seit August 1947 als Hausverwalter des Kreiskrankenhauses in Gifhorn tätig, wurde er im März 1949 von der britischen Militärregierung enttarnt und festgenommen. Ein vom Spruchgericht Bielefeld geführtes Verfahren wegen Zugehörigkeit zu einer verbrecherischen Organisation wurde im Juli 1949 aus Mangel an Beweisen eingestellt. Das im Juni 1949 vom Entnazifizierungs-Hauptausschuss Lüneburg eingeleitete Verfahren endete aufgrund des niedersächsischen Gesetzes zum Abschluss der Entnazifizierung (Dezember 1951) im April 1952 mit der Einordnung Schepmanns in Gruppe V („Entlastete“). Im Februar 1950 erhob die Staatsanwaltschaft Dortmund Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Freiheitsberaubung und gefährliche Körperverletzung während seiner Zeit als Dortmunder Polizeipräsident, doch das Schwurgericht Dortmund verurteilte ihn im Juli 1950 nur zu einer Gefängnisstrafe von neun Monaten wegen Nötigung (1954 Freispruch nach Revision).
Als Schepmann 1954 in Gifhorn zum Volksschullehrer ernannt wurde, verbot ihm das niedersächsische Kultusministerium unter Richard Voigt (1895–1970) die Ausübung des Lehrerberufs. Seit 1949 Mitglied des Bundes der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE), amtierte Schepmann seit 1952 als BHE-Kreisvorsitzender in Gifhorn. 1952 wurde er für den BHE in den Stadtrat und Kreistag des Landkreises Gifhorn gewählt und war seit 1956 stellvertretender Bürgermeister der Stadt. Kurz nach seiner Wiederwahl 1961 musste er den Posten nach gewerkschaftlichen Protesten räumen.
1914 | Eisernes Kreuz II. Klasse |
1933 | Ehrenbürgerschaft von Hattingen (Aberkennung 1945) |
1933 | Ehrenbürgerschaft des Amtes Sprockhövel |
1939 | Eisernes Kreuz I. Klasse |
1939 | Spange zum Eisernen Kreuz II. Klasse |
Goldenes Ehrenzeichen der NSDAP | |
Dienstauszeichnung der NSDAP in Bronze, Silber und Gold | |
1944 | Hitler-Dotation (100 000 Reichsmark) |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, NS 23 (Hauptarchiv der NSDAP, Personenbezogene Unterlagen der NSDAP, Personenbezogene Unterlagen der SS und SA, Schriftgut der SA).
Bundesarchiv, Koblenz, N 1120/86. (Nachlass Friedrich Grimm)
Archiv des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, München, NSG-Datenbank (Wilhelm Schepmann: Obj.-Nr. 347426); ZS 443 (Zeugenschrifttum Wilhelm Schepmann) (Onlineressource).
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen – Staatsarchiv Münster, Polizeipräsidien/Sammlung Primavesi (Nr. 123a, 123b, 154, 197, 328, 509); Q 223 (Staatsanwaltschaft Dortmund 1545-46).
Niedersächsisches Landesarchiv Hannover, Niedersächsisches Innenministerium, Zeitungsausschnittsammlungen; GB/BHE, Landesverband Niedersachsen (V.V.P. 18 Nr. 98); Landgericht Hildesheim (Nds. Hild. Acc. 40/82, Nr. 10); Niedersächsische Gemeindeverwaltung (Nds. 100, Acc. 47/84 Nr. 438); Regierungsbezirk Lüneburg (Nds. 100 Acc. 47/84 Nr. 251).
Niedersächsisches Landesarchiv Osnabrück, Oldenburgische Entnazifizierungsausschüsse (Rep 980 Best. 351 Nr. 52065).
Stadtarchiv Hattingen, Personenstandsregister.
Stadtarchiv Gifhorn, Bestand D.
Auftrag und Stellung der SA, in: Rüstzeug für die Propaganda in der Ortsgruppe. Nur zum Dienstgebrauch, 8. Folge, H. 2, September 1944, S. 3–5.
Angelika Königseder, Art. „Schepmann, Wilhelm“, in: Hermann Weiß (Hg.), Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, überarb. Neuausg., 22011, S. 403 f.
Joachim Lilla (Bearb.), Statisten in Uniform. Die Mitglieder des Reichstags 1933–1945. Ein biographisches Handbuch, 2004, S. 551–553.
Joachim Lilla, Leitende Verwaltungsbeamte und Funktionsträger in Westfalen und Lippe (1918–1945/46). Biographisches Handbuch, 2004, S. 262 f.
Lars Friedrich, Die Villa des SA-Stabschefs Wilhelm Schepmann in Dresden, in: Konstantin Hermann (Hg.), Führerschule, Thingplatz, „Judenhaus“. Orte und Gebäude der nationalsozialistischen Diktatur in Sachsen, 2014, S. 108–110.
Yves Müller, Wilhelm Schepmann. Der letzte SA-Stabschef und die Rolle der SA im Zweiten Weltkrieg, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 63 (2015), S. 513–532.
Yves Müller, „Bei uns sitzt Schepmann, da ist alles in Ordnung.“ Wilhelm Schepmann – SA-Gruppenführer, Polizeipräsident, Stabschef, in: Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark 106 (2015) [2016], S. 73–106.
Barbara von Hindenburg (Hg.), Biographisches Handbuch der Abgeordneten des Preußischen Landtags. Verfassunggebende Preußische Landesversammlung und Preußischer Landtag 1919–1933, Teil 3, 2017, S. 2028–2030.
Daniel Siemens, Sturmabteilung. Die Geschichte der SA, 2019, S. 365–368, 371 u. 418.
Fotografien, Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek München, Sammlung Heinrich Hoffmann.
Fotografie, ca. 1933, Abbildung in: Der Großdeutsche Reichstag 1938, IV. Wahlperiode (nach dem 30. Januar 1933). Mit Zustimmung des Herrn Reichstagspräsidenten hg. v. E. Kienast, 1938, S. 532. (Onlineressource)