Leipelt, Hans
- Lebensdaten
- 1921 – 1945
- Geburtsort
- Wien
- Sterbeort
- München
- Beruf/Funktion
- Widerstandskämpfer ; Student
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 119477904 | OGND | VIAF: 3281594
- Namensvarianten
-
- Leipelt, Hans Konrad
- Leipelt, Hans
- Leipelt, Hans Konrad
- Leipelt, Hans Conrad
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Leipelt, Hans Konrad
1921 – 1945
Widerstandskämpfer, Student
Hans Leipelt setzte nach dem Tod der Geschwister Scholl die Arbeit der „Weißen Rose“ fort, indem er deren Flugblätter verbreitete. In München und Hamburg vielfältig für den Widerstand aktiv, wurde er 1943 verhaftet, 1944 zum Tode verurteilt und im Folgejahr hingerichtet.
Lebensdaten
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Autor/in
→Angela Bottin (Hamburg)
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Zitierweise
Bottin, Angela, „Leipelt, Hans“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/119477904.html#dbocontent
Leipelt wuchs in einem gut situierten und weltoffenen Elternhaus in Wien und Hamburg auf. Er besuchte seit 1930 das Stresemann-Realgymnasium in Hamburg-Harburg, wo er nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in Konflikt mit der neuen Schulwirklichkeit geriet und das Gymnasium zum Ende des Schuljahrs 1935 verlassen musste. Von seinen Eltern anschließend für ein knappes Jahr nach Wien zu den Großeltern geschickt, erhielt Leipelt im März 1938 das Abitur an einer Oberschule in Hamburg-Wilhelmsburg, wo seine Familie inzwischen lebte. Der Tod seines Onkels und Paten Otto Baron (1888–1938), der nach Gestapohaft in Wien zum Schutz seiner Familie Suizid begangen hatte, prägte ihn tief. Diskussionen bei Besuchen der Verwandtschaft in Brünn (heute Brno, Tschechien) schärften sein politisches Denken.
Von April bis Oktober 1938 leistete Leipelt Reichsarbeitsdienst beim Bau des Westwalls und absolvierte danach seinen Militärdienst. Seit Beginn des Zweiten Weltkriegs in Polen als Frontsoldat eingesetzt, begann im Juni 1940 in Frankreich seine Freundschaft mit Karl Ludwig Schneider (1919–1981), der sich später ebenfalls dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus anschloss.
Im August 1940 wurde Leipelt als „Mischling ersten Grades“ aus der Wehrmacht entlassen und erhielt zum Wintertrimester 1940 eine Ausnahmegenehmigung des Reichsjustizministeriums für ein Chemiestudium an der Hansischen Universität Hamburg. Hier zunehmender antisemitischer Diskriminierung ausgesetzt, wechselte er zum Wintersemester 1941/42 an das von Heinrich Wieland (1877–1957) geleitete Chemische Staatslaboratorium der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er u. a. die Studentin Marie-Luise Jahn (1918–2010) kennenlernte.
Aufgrund der Deportation seiner Großmutter und des plötzlichen Todes seines Vaters hielt sich Leipelt in der zweiten Jahreshälfte 1942 überwiegend in Hamburg auf, intensivierte hier seine konspirativen Kontakte und erhielt Ende 1942 durch Schneider Kenntnis vom dritten Flugblatt der „Weißen Rose“. Zurück in München, erreichte ihn im Februar 1943 das sechste Flugblatt der „Weißen Rose“, das er, unterstützt von Jahn, Lieselotte Dreyfeldt (1921–2018), Mirjam David (1917–1975) und weiteren, in zahlreichen Abschriften an der Universität und in der Stadt verteilte.
Zu Ostern 1943 brachte Leipelt das sechste Flugblatt und weiteres Material, darunter einen Bericht über studentische Unruhen anlässlich einer Rede des Gauleiters Paul Giesler (1895–1945) im Deutschen Museum, mit nach Hamburg. Hier verstärkte er mit Schneider und weiteren Regimegegnern die Anstrengungen, effektivere Formen des Widerstands zu organisieren. Zugleich sammelte Leipelt Geld zur Unterstützung der Familie des zum Tode verurteilten Musikwissenschaftlers und Widerstandskämpfers Kurt Huber (1893–1943).
Leipelt wurde am 8. Oktober 1943 in München wegen dieser Geldsammlungen festgenommen und im Polizeigefängnis in der Ettstraße inhaftiert. Er sah sich denselben Vernehmern gegenüber, die schon die Geschwister Scholl verhört hatten. Seit dem 3. Dezember 1943 wartete er im Gefängnis München-Stadelheim auf die am 13. Oktober 1944 stattfindende Verhandlung des Volksgerichtshofs in Donauwörth, der ihn „wegen Vorbereitung zum Hochverrat in Tateinheit mit Wehrkraftzersetzung, Feindbegünstigung und Rundfunkverbrechen“ zum Tode verurteilte.
Nach der Vollstreckung des Urteils am 29. Januar 1945 im Gefängnis München-Stadelheim wurde Leipelts Leichnam in einem anonymen Reihengrab auf dem Friedhof am Perlacher Forst nahe der Hinrichtungsstätte begraben. Obwohl Mitverfolgte wie Valentin Freise (1918–2002), Franz Treppesch (1905–1970) und Schneider sowie der Gefängnispfarrer Karl Alt (1897–1951) früh auf sein mutiges Handeln aufmerksam machten, fand Leipelt in der Rezeptionsgeschichte der „Weißen Rose“ lange keinen Platz.
1946 | Universität München, Marmortafel von Theodor Georgii (1883–1963) |
1958 | Universität München, Bronze-Relief im Lichthof |
1963 | Hans-Leipelt-Straße, München-Freimann |
1964 | Leipelt-Straße, Hamburg-Wilhelmsburg |
1971 | Gedenkplatte im Foyer des Auditorium maximum der Universität Hamburg |
1984 | Hans-Leipelt-Haus, Evangelische Jugend München |
Hans-Leipelt-Straße, Donauwörth | |
1995 | Hans-Leipelt-Schule. Staatliche Fachoberschule und Berufsoberschule Donauwörth |
2000 | Hans-Leipelt-Seminarraum auf dem HighTech Campus der Fakultät für Chemie und Pharmazie der Universität München mit Gedenktafel |
2015 | Hans-Leipelt-Foyer im Haus F der Fakultät für Chemie und Pharmazie der Universität München |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Staatsarchiv Hamburg, 731-8_A 761 Leipelt, Hans. (Zeitungsausschnittsammlung)
Archiv des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, München, ZS 3065. (Zeugenschrifttum Valentin Freise) (Onlineressource)
Gedruckte Quellen:
Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Bd. 11, bearb. v. Lisa Hauff, 2020, S. 496–498. (Gnadengesuch Leipelts v. 29.10.1944)
Barbara Günther/Ulf Bollmann/Rita Bake, Stolpersteine in Hamburg-Harburg und Hamburg-Wilhelmsburg. Biografische Spurensuche, 2012, S. 289. (Abschiedsbrief Leipelts an seine Schwester Maria v. 29.1.1945)
Karl Alt, Todeskandidaten. Erlebnisse eines Seelsorgers im Gefängnis München-Stadelheim mit zahlreichen im Hitlerreich zum Tode verurteilten Männern und Frauen, 1946, S. 91–94.
Vereinigung der Antifaschisten und Verfolgten des Naziregimes Hamburg e.V. (Hg.), „Candidates of humanity“. Dokumentation zur Hamburger Weißen Rose anlässlich des 50. Geburtstages von Hans Leipelt, bearb. v. Ursel Hochmuth, 1971.
Karl Ludwig Schneider, Ansprache aus Anlass der 40-jährigen Wiederkehr der „Reichskristallnacht“ am 9. November 1978 an der Gedenkplatte für die Toten der „Hamburger Weißen Rose“ im Auditorium maximum der Universität Hamburg, in: ZAS – Zentralblatt für den Ausbildungssektor, Nr. 10, Dezember 1978, S. 3.
Ursel Hochmuth/Gertrud Meyer, Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand 1933–1945, 21980.
Angela Bottin, ENGE ZEIT. Spuren Vertriebener und Verfolgter der Hamburger Universität, 1992 (darin Erstveröffentlichung des handschriftlichen Gnadengesuchs von Leipelt).
Marie-Luise Schultze-Jahn: „… und ihr Geist lebt trotzdem weiter!“ Widerstand im Zeichen der Weißen Rose, 2003.
Hans-Ulrich Wagner (Hg.), Hans Leipelt und Marie-Luise Jahn. Studentischer Widerstand in der Zeit des Nationalsozialismus am Chemischen Staatslabor der Universität München, 2003.
Klaus Möller, Biografien zu Hermine Baron, Hans Leipelt und Dr. Katharina Leipelt, in: Barbara Günther/Ulf Bollmann/Rita Bake, Stolpersteine in Hamburg-Harburg und Hamburg-Wilhelmsburg. Biografische Spurensuche, 2012, S. 283–290.
Simone König, Die Gedenkveranstaltungen zur Erinnerung an den Widerstand der Weißen Rose an der Ludwig-Maximilians-Universität München von 1945 bis 1968, 2017.
Angela Bottin, „Ich zähle mehr als meine Jahre ...“. Hans K. Leipelt. Vortrag zum 75. Todestag in der Hans-Leipelt-Schule Donauwörth vom 29. Januar 2020. (einsehbar u. a. in der DenkStätte der Weiße-Rose-Stiftung e. V. in München)
Angela Bottin, ENGE ZEIT – Spuren Vertriebener und Verfolgter der Hamburger Universität 1933 bis 1944, Neuauflage des Ausstellungskatalogs von 1991 mit einer Einleit. v. Angela Bottin, 2021.
zwei Fotografien, 1941/42, Weiße-Rose-Stiftung e. V., München.
Fotografien, Privatarchiv Angela Bottin, Hamburg. (teilweise veröffentlicht in: Angela Bottin, ENGE ZEIT – Spuren Vertriebener und Verfolgter der Hamburger Universität 1933 bis 1944, Neuauflage des Ausstellungskatalogs von 1991 mit einer Einleit. v. Angela Bottin, 2021)