Leber, Annedore
Leber, Annedore (geborene Annedore Rosenthal)
1904 – 1968
Publizistin, Verlegerin, Widerstandskämpferin
- Lebensdaten
- 1904 – 1968
- Geburtsort
- Berlin-Wilmersdorf
- Sterbeort
- Berlin-Zehlendorf
- Beruf/Funktion
- Publizistin ; Verlegerin ; Widerstandskämpferin ; Politikerin ; Widerstandskämpferin
- Konfession
- bis 1932 evangelisch-lutherisch, seit 1945 römisch-katholisch
- Normdaten
- GND: 116849800 | OGND | VIAF: 5015614
- Namensvarianten
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- Rosenthal, Annedore
- Leber, Annedore
- Rosenthal, Annedore
- Leber, Anne Dore
- Rosenthal, Anne Dore
- mehr
Biografische Lexika/Biogramme
Literatur(nachweise)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- * Deutsches Literaturarchiv Marbach - Kallías
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- Index Theologicus (IxTheo)
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Seit 1927 mit Julius Leber (1891–1945) verheiratet, beteiligte sich Annedore Leber am Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Nach dem Ende der NS-Diktatur bemühte sie sich als SPD-Politikerin, Publizistin und Verlegerin mit Erfolg darum, das Erbe der Opposition gegen den Nationalsozialismus nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Mit den Sammelbiografien „Das Gewissen steht auf“ (1954) und „Das Gewissen entscheidet“ (1957) prägte sie das öffentliche Bild des Widerstands in den 1950er und 1960er Jahren.
Lebensdaten
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Lebenslauf
18. März 1904 - Berlin-Wilmersdorf -
Genealogie
Vater Georg Otto Wilhelm Rosenthal 23.1.1874–16.3.1934 aus jüdischer Familie; Dr. phil.; Lehrer, seit 1918 Oberstudiendirektor am Katharineum in Lübeck; 1933 Entlassung aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ Großvater väterlicherseits N. N. Rosenthal Kaufmann Mutter Auguste Emilie Franziska Rosenthal, geb. Bauch gest. 1955 Bruder Helmut Rosenthal 13.2.1901–1936 Heirat 21.11.1927 in Lübeck Ehemann Julius Leber 16.11.1891–5.1.1945 aus Biesheim (Oberelsass, heute Département Haut-Rhin, Frankreich); Dr. rer. pol.; Chefredakteur des „Lübecker Volksboten“; SPD-Politiker; Widerstandskämpfer (hingerichtet) Schwiegervater Jean Baptiste Leber 1865–1926 Maurer Schwiegermutter Katharina Leber, geb. Schubetzer 1868–1948 Hausfrau Tochter Katharina Christiansen-Leber, geb. Leber 31.3.1929–26.9.2008 Journalistin Sohn Matthias Georg Leber 21.4.1933–18.8.1963 Mediziner; Suizid Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Leber, Annedore (1904 – 1968)
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Vater
23.1.1874–16.3.1934
aus jüdischer Familie; Dr. phil.; Lehrer, seit 1918 Oberstudiendirektor am Katharineum in Lübeck; 1933 Entlassung aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“
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Großvater väterlicherseits
Rosenthal
Kaufmann
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Mutter
Auguste Rosenthal
gest. 1955
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Bruder
Helmut Rosenthal
13.2.1901–1936
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Heirat
in
Lübeck
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Ehemann
16.11.1891–5.1.1945
aus Biesheim (Oberelsass, heute Département Haut-Rhin, Frankreich); Dr.·rer.·pol.; Chefredakteur des „Lübecker Volksboten“; SPD-Politiker; Widerstandskämpfer (hingerichtet)
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Biografie
Aufgewachsen in Berlin-Wilmersdorf, Fürstenwalde (Brandenburg) und Lübeck, erhielt Leber Privatunterricht durch ihren Vater und legte 1922 im thüringischen Rudolstadt unter ihrem Geburtsnamen Annedore Rosenthal das Abitur als Externe ab. Ihr anschließendes Studium der Rechtswissenschaften an der Universität München brach sie 1925 ab und siedelte nach Lübeck über, wo sie eine Ausbildung zur Schneiderin absolvierte (1935 Schneidermeisterin). Seit November 1927 mit dem sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Julius Leber (1891–1945) verheiratet, trat sie im selben Jahr der SPD bei und lebte bis 1933 in Lübeck.
Nach der Verhaftung ihres Ehemanns durch die Nationalsozialisten verdiente Leber seit März 1933 den Lebensunterhalt der Familie als Schneiderin. Seit Oktober 1935 wohnte sie in Berlin und führte als Schneidermeisterin von ihrem Zuhause aus ein eigenes Modeatelier mit zehn Angestellten. 1937 erwirkte Leber durch unablässigen Einsatz die Befreiung ihres Mannes aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen, der seine Widerstandstätigkeit sogleich wieder aufnahm. Um die im Hause Leber stattfindenden konspirativen Gespräche nicht zu gefährden, gab sie 1938 das Modeatelier auf und ging als Leiterin der Schnittmusterherstellung an den Deutschen Verlag Berlin, in dem sie um 1942 Leiterin der gesamten Mode- und Schnittmuster-Produktion wurde. Von ihrem Arbeitsplatz aus übernahm Leber organisatorische und kommunikative Aufgaben für den Widerstand; überliefert ist, dass sie seit 1938 von Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg (1902–1944), einem der Mitverschwörer des 20. Juli 1944, im Verlag besucht wurde.
Nach der erneuten Verhaftung ihres Ehemanns, der Anfang Juli 1944, also vor dem Attentat des 20. Juli, von einem Spitzel verraten worden war, wurde Leber für zwei Monate im Untersuchungsgefängnis Moabit in Berlin in Sippenhaft genommen. Nach dem Ende des NS-Regimes amtierte sie 1945/46 als Leiterin des Frauensekretariats der SPD, die sie von 1946 bis 1950 als Abgeordnete der Berliner Stadtverordnetenversammlung, von 1954 bis 1962 als Bezirksverordnete von Zehlendorf und von 1963 bis 1967 als Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin-West vertrat.
Neben ihrem politischen Engagement verfolgte Leber eine publizistische und verlegerische Karriere. Von 1946 bis 1950 gab sie mit Paul Löbe (1875–1967) und Arno Scholz (1904–1971) die erste freie Tageszeitung im britischen Sektor Berlins, „Telegraf“, heraus und gründete im September 1947 den Mosaik-Verlag (seit 1961 Verlag Annedore Leber), den sie bis zu ihrem Lebensende leitete und in dem v. a. politische und pädagogische Werke, Kinderbücher und Publikationen der UNESCO erschienen. Von 1947 bis 1949 gab sie mit der Zeitschrift „Mosaik“ ein auf Frauen zugeschnittenes Monatsmagazin heraus, das praktische Hilfestellung für den Nachkriegsalltag sowie politische Bildungsangebote umfasste und aktive Politikerinnen wie Eleanor Roosevelt (1884–1962) als weibliche Vorbilder präsentierte.
Die publizistisch bedeutendsten und zugleich verlegerisch kommerziell erfolgreichsten Veröffentlichungen Lebers waren „Das Gewissen steht auf. 64 Lebensbilder aus dem deutschen Widerstand 1933–1945“ (1954) und der Ergänzungsband „Das Gewissen entscheidet. Bereiche des deutschen Widerstandes von 1933–1945 in Lebensbildern“ (1957), die sie mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt (1913–1992), und dem Politikwissenschaftler Karl Dietrich Bracher (1922–2016) herausgab. Die mit bis dahin unbekannten Fotografien aus den Schauprozessen des Berliner Volkgerichtshofs bebilderten Bände zeigten anschaulich die soziale Bandbreite und unterschiedlichen Motivlagen des Widerstands gegen den Nationalsozialismus und fanden in der Presse große Anerkennung, u. a. bei Marion Gräfin Dönhoff (1909–2002). Leber avancierte in der bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft zu einer der wichtigsten Instanzen zum Thema Widerstand, dem sie beim Wiederaufbau der deutschen Demokratie große öffentliche Sichtbarkeit verlieh.
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Auszeichnungen
1968 Annedore-Leber-Grundschule, Berlin 1979 Annedore-Leber-Oberschule, Berlin 1979 Annedore-Leber-Berufsbildungswerk, Berlin (weiterführende Informationen) 2004 Gedenktafel, Pariser Str 14a, Berlin-Charlottenburg seit 2014 Annedore-Leber-Preis des Annedore-Leber-Berufsbildungswerks, Berlin 2016 Arbeitskreis „Lern- und Gedenkort Annedore und Julius Leber“, Berlin-Schöneberg (weiterführende Informationen) 2016 Annedore Leber-Park, Berlin-Schöneberg -
Quellen
Nachlass:
Bundesarchiv, Koblenz, N 1732. (Nachlass Julius Leber und Familie) (weiterführende Informationen)
Weitere Archivmaterialien:
Archiv der sozialen Demokratie, Bonn, Personalia 6 057: Annedore Leber.
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Werke
Monografien:
Den toten immer lebendigen Freunden. Eine Erinnerung zum 20. Juli 1944, 1946.
Annedore Leber/Helena Hartwig, 313 Berufe für junge Mädchen, [1952], 61969.
Annedore Leber/ Freya Gräfin von Moltke, Für und wider. Entscheidungen in Deutschland 1918–1945, 1961, 101969.
Doch das Zeugnis lebt fort. Der jüdische Beitrag zu unserem Leben, 1965.
Herausgeberschaften:
Mosaik. Das Monatsblatt der Zeit, 1947–1949. (weiterführende Informationen)
Annedore Leber/Gustav Dahrendorf (Hg.), Ein Mann geht seinen Weg. Schriften, Reden und Briefe von Julius Leber, 1952.
Annedore Leber/Walter May (Hg.), Nikolas und Nikolinchen. Lehrstücke für den gemeinschaftlichen Unterricht in der Grundschule, 2 Bde., 1953.
Annedore Leber/Walter May (Hg.), Der Weltgarten. Ein großer Plan für alle Kinder, 1953.
Das Gewissen steht auf. 64 Lebensbilder aus dem deutschen Widerstand 1933–1945, gesammelt v. Annedore Leber, hg. in Zusammenarbeit mit Willy Brandt u. Karl Dietrich Bracher, 1954, 111966, erw. Neuausg. hg. v. Karl Dietrich Bracher, 1984, engl. 1957, franz. 1996.
Das Gewissen entscheidet. Bereiche des deutschen Widerstandes von 1933–1945 in Lebensbildern, gesammelt v. Annedore Leber, hg. in Zusammenarbeit mit Willy Brandt u. Karl Dietrich Bracher, 1957, 61963.
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Literatur
Dorothea Beck, Julius Leber. Sozialdemokrat zwischen Reform und Widerstand, 1983.
Ditmar Staffelt, Der Wiederaufbau der Berliner Sozialdemokratie 1945/46 und die Einheitsfrage. Ein Beitrag zur Nachkriegsgeschichte der unteren und mittleren Organisationsgliederungen der SPD, 1986, S. 431.
Antje Dertinger, Frauen der ersten Stunde. Aus den Gründerjahren der Bundesrepublik, 1989, S. 60–68.
Werner Breunig/Siegfried Heimann/Andreas Herbst (Hg.), Biografisches Handbuch der Berliner Stadtverordneten und Abgeordneten 1946–1963, 2011, S. 164.
Frauke Geyken, „Wir standen nicht abseits“. Frauen im Widerstand gegen Hitler, 2014, S. 9–15, 28–30, 47–57, 140–148, 157–166, 175–184, 201–210, 217–230, 257–263 u. 272–281.
Frauke Geyken, Annedore Leber, in: FemBio. Frauen-Biographieforschung, 2014. (P) (Onlineressource)
Frauke Geyken, „Nur Mut!“ Annedore Leber und ihre Zeitschrift „Mosaik“, 1947–1949, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 68 (2017), S. 213–219.
Frauke Geyken, Annedore Leber. Widerstandskämpferin und Demokratin der ersten Stunde, in: Blog Münchner Stadtbibliothek, 2020. (P) (Onlineressource)
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Onlineressourcen
Kurzbiografie, in: Lern- und Gedenkort Annedore und Julius Leber. (P)
Kurzbiografie, in: Gedenkstätte Deutscher Widerstand. (P)
Kurzbiografie, in: AG Orte der Demokratiegeschichte. 100 Köpfe der Demokratie. (P)
Biogramm, in: Lebendiges Museum Online. (P)
Julius und Annedore Leber Archiv. (persönliche Homepage, Tonaufzeichnungen, P)
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Porträts
Fotografien, Julius und Annedore Leber Archiv, München. (weiterführende Informationen)
Fotografien, Archiv der sozialen Demokratie, Bonn.
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Autor/in
→Frauke Geyken (Göttingen)
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Zitierweise
Geyken, Frauke, „Leber, Annedore“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116849800.html#dbocontent