Kelly, Petra
- Lebensdaten
- 1947 – 1992
- Geburtsort
- Günzburg
- Sterbeort
- Bonn
- Beruf/Funktion
- Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin ; Politikerin ; Politologin
- Konfession
- römisch-katholisch, später konfessionslos
- Normdaten
- GND: 118721747 | OGND | VIAF: 56624124
- Namensvarianten
-
- Kelly, Petra Karin
- Lehmann, Petra Karin / geboren
- Kelly, Petra
- Kelly, Petra Karin
- Lehmann, Petra Karin / geboren
- Kelly, Petra K.
- Lehmann, Petra Karin
- Celly, Petra
- Celly, Petra Carin
- Lehmann, Petra Carin / geboren
- Celly, Petra K.
- Lehmann, Petra Carin
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Kelly, Petra Karin (geborene Petra Karin Lehmann)
1947 – 1992
Friedens-, Umwelt-, und Menschenrechtsaktivistin, Politikerin
Petra Kelly gehörte zur Gründungsgeneration der Partei „Die Grünen“ und war von 1980 bis 1982 Sprecherin des ersten Bundesvorstands der Partei. Sie war führende Friedens- und Umweltaktivistin und Kämpferin für Menschenrechte, u. a. Trägerin des „alternativen Nobelpreises“. Kelly steht für die Integration der neuen sozialen Bewegungen in das parlamentarische System der Bundesrepublik und wurde zur Symbol- und Identifikationsfigur der Alternativbewegung in Deutschland.
Lebensdaten
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Autor/in
→Philipp Gassert (Mannheim)
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Zitierweise
Gassert, Philipp, „Kelly, Petra“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118721747.html#dbocontent
Nachdem ihr Vater 1954 die Familie verlassen hatte, wuchs Kelly in einem katholischen Umfeld mit der Mutter und der sie später in ihrer politischen Arbeit stark unterstützenden Großmutter auf. Dies prägte ihr Verständnis als Feministin. Als ihre Mutter 1959 den US-Offizier John Edward Kelly heiratete, nahm sie dessen Nachnamen ohne Adoption an. 1966 schloss sie die Schule in den USA mit Auszeichnung ab und studierte anschließend bis 1969 an der renommierten School of International Service der American University in Washington, DC, Politikwissenschaften. Hier politisch-organisatorisch aktiv, lernte sie wichtige Politiker kennen und engagierte sich im Präsidentschaftswahlkampf 1968 für Robert F. Kennedy (1925–1968) und Hubert Humphrey (1911–1978).
1970 kehrte Kelly nach dem Krebstod ihrer Halbschwester nach Europa zurück. Mit einer nach Grace benannten Stiftung setzte sie sich seit 1973 mit ihrem Konzept des „Kinderplaneten“ für Krebsforschung und Kinderrechte ein. 1970/71 studierte sie Politikwissenschaften am Europa-Institut der Universität Amsterdam und arbeitete anschließend als Praktikantin bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaft (EG) in Brüssel, wo sie 1972 eine der ersten Beamtinnen in der Verwaltung der EG-Kommission wurde.
Seit 1972 engagierte sich Kelly in linksalternativen Umwelt- und Friedensinitiativen, ab 1975 regelmäßig auf Demonstrationen der Anti-Atomkraft-Bewegung, auch international. Seit Mitte der 1970er Jahre arbeitete sie im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) mit, dessen Vorstandsmitglied sie 1979 wurde, sowie in der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner, der Humanistischen Union und weiteren Initiativen in Brüssel und der Bundesrepublik. Sie stand im engen Austausch mit Ökologie-, Frauen- und Friedensbewegungen in ganz Europa, USA, Japan und Australien. 1979 trat sie aus der SPD aus, der sie seit 1972 angehört hatte, wurde 1980 Gründungsmitglied der Bundespartei Die Grünen und war Spitzenkandidatin des Landesverbands der Grünen in Baden-Württemberg in der ersten Direktwahl zum Europaparlament 1979, wo die Partei keine Sitze erhielt.
Nach weiteren vergeblichen Anläufen bei der Bundestagswahl 1980 und der Landtagswahl in Bayern 1982 wurde Kelly 1983 als Abgeordnete der Grünen in den Bundestag gewählt. Damit verstärkte sich die Parlamentarisierung der alternativen Politik, gleichzeitig nahmen Kelly und andere Abgeordnete der Grünen weiterhin an Demonstrationen teil, seit 1982/83 insbesondere im Rahmen der Friedensbewegung. Hierbei verbanden sich Ökologie und Friedensfragen im Konzept des „Ökopax“. Kelly war an parteipolitischer Arbeit, administrativen Abläufen wie auch Gesetzgebungsverfahren nicht interessiert, ihre Stärke lag im inszenierten Auftritt, womit sie zum Aushängeschild der Grünen und der Friedensbewegung wurde, aber auch innerparteilich Kritik hervorrief.
Kelly pflegte ihr öffentliches Image, wurde von medialen Akteuren als Kontrast zur „grauen Bonner Politik“ gedeutet und zur „Jeanne d’Arc“ der Umwelt- und Friedensbewegung stilisiert. Gezielt ging sie auf die Widerstandsbewegungen im Ostblock zu: Spektakulär war ihre Plakataktion mit dem Motto „Schwerter zu Pflugscharen“ der oppositionellen DDR-Friedensbewegung, die sie u. a. mit Gert Bastian (1923–1992) und Lukas Beckmann (geb. 1950) auf dem Ostberliner Alexanderplatz am 12. Mai 1983 durchführte. Hier und bei dem Treffen mit Erich Honecker (1912–1994) und der SED-Spitze am 31. Oktober 1983, bei dem die grüne Delegation dem Staats- und Parteichef einen „Friedensvertrag“ sowie eine Schallplatte des aus der DDR ausgewiesenen Liedermachers Wolf Biermann (geb. 1936) überreichte, provozierte Kelly erneut durch den Aufdruck „Schwerter zu Pflugscharen“ auf ihrer Kleidung.
Kellys Markenkern war „Politikerin aus Betroffenheit“: Sie verband übergreifende Anliegen der Alternativbewegungen mit Individualität und konsequenter Verwischung von Privatem und Politischem als Zeichen alternativer Politik, wobei sie sich auch die Probleme zahlreicher sich an sie wendender Menschen zu eigen machte. Der mediale Kult um ihre Person und das – auch von ihr selbst gepflegte – Bild der energischen und visionären, gleichzeitig zerbrechlichen Frau machten sie politisch angreifbar, ebenso ihre Weigerung, 1985 aus ihrem Bundestagsmandat herauszurotieren, wie es die damaligen Grundsätze der Grünen erforderten.
Bei der Bundestagswahl 1990 blieben die westdeutschen Grünen unter der 5%-Hürde, wobei Kelly schon zuvor bei der Listenaufstellung ihrer Partei in Hessen erfolglos gewesen war, ebenso wie 1991 bei ihrer erneuten Kandidatur für das Amt der Vorstandssprecherin der Grünen. Versuche, als Moderatorin in Talkshows Fuß zu fassen, scheiterten. Ab 1990 stand sie, wie ihr Lebensgefährte Bastian, politisch im Abseits, lebte zurückgezogen in Bonn und kämpfte mit psychischen Problemen. Zentrales Thema ihrer letzten Jahre war der Einsatz für die Menschenrechte in Tibet. Ihre Ermordung durch Bastian und dessen anschließender Selbstmord schockierte und lud zu Spekulationen ein, zumal die Toten drei Wochen lang unentdeckt blieben. Kellys Ende ist wesentlicher Teil der Erinnerung an eine charismatische Gründungsfigur der Umwelt- und Alternativbewegung in der Bundesrepublik.
1982 | Right Livelihood Award (Alternativer Nobelpreis) |
1983 | Woman of the Year der Organisation Women Strike for Peace |
1993 | Jardí Petra Kelly, Barcelona |
1997 | Petra-Kelly-Stiftung der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin |
2002 | Light for Truth Award der International Campaign for Tibet |
2002–2014 | Petra-Kelly-Preis der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin (zweijährlich) |
2006 | Petra-Kelly-Straße, Hannover; Petra-Kelly-Allee, Bonn |
2011 | Petra-Kelly-Platz, Nürnberg-Gostenhof; Petra-Kelly-Straße, München |
Nachlass:
Petra-Kelly-Archiv im Archiv Grünes Gedächtnis, Berlin. (weiterführende Informationen)
Gedruckte Quellen:
Offener Brief an Willy Brandt, 1982.
Lebe, als müßtest Du heute sterben. Texte und Interviews, mit einem Vorw. v. Dorothee Sölle, 1997.
Vortrag:
Beuys war immer schon fort, wenn die anderen kamen! Vortrag in Düsseldorf, 18. Januar 1992, in: Petra Kelly/Joseph Beuys, Diese Nacht, in die die Menschen …, 1994, S. 101–118.
Herausgeberschaften:
Petra Kelly/Jo Leinen (Hg.), Prinzip Leben. Ökopax, die neue Kraft, 1982.
Petra Kelly/Manfred Coppik (Hg.), Wohin denn wir? Texte aus der Bewegung, 1982.
Um Hoffnung kämpfen. Gewaltfrei in eine grüne Zukunft, 1983.
Lasst uns die Kraniche suchen. Hiroshima, Analysen, Berichte, Gedanken, 1983.
Viel Liebe gegen Schmerzen. Krebs bei Kindern, 1986.
Petra Kelly/Gert Bastian (Hg.), Tibet, ein vergewaltigtes Land. Berichte vom Dach der Welt, 1988.
Mit dem Herzen denken. Texte für eine glaubwürdige Politik, 1990.
Tibet klagt an. Zur Lage in einem besetzten Land, 1990, 21992.
Monika Sperr, Petra Karin Kelly. Politikerin aus Betroffenheit, 1983.
Lukas Beckmann/Lew Kopelew (Hg.), Gedenken heißt erinnern. Petra K. Kelly, Gert Bastian, 1993.
Alice Schwarzer, Eine tödliche Liebe. Petra Kelly und Gert Bastian, 1993, 22001.
Till Bastian, Die Finsternis der Herzen. Nachdenken über eine Gewalttat, 1994.
Sara Parkin, The Life and Death of Petra Kelly, 1994.
Heinrich-Böll-Stiftung (Hg.), Petra Kelly. Eine Erinnerung, 2007. (P)
Saskia Richter, Tod einer Charismatikerin, in: Der Spiegel v. 30.9.2007. (Onlineressource)
Saskia Richter, Die Aktivistin. Das Leben der Petra Kelly, 2010.
Silke Mende, „Nicht rechts, nicht links, sondern vorn“. Eine Geschichte der Gründungsgrünen, 2011.
Jens Giesecke/Andreas Bahr, Die Staatssicherheit und die Grünen, 2016
Lukas Beckmann, „Beginne dort, wo Du bist“. Das Leben der Petra Kelly, 2022.
Shaena Lambert, Petra, 2020.
Film:
Kelly Bastian. Geschichte einer Hoffnung, Drehbuch: Wolfgang Menge/Alice Schwarzer, Regie: Andreas Kleinert, 2001.
Petra Kelly – Act Now!, Drehbuch und Regie: Doris Metz, 2024.
Fotografien, 1982–1990, Digitales Bildarchiv des Bundesarchivs.