Ilg, Karl
- Lebensdaten
- 1913 – 2000
- Geburtsort
- Dornbirn (Vorarlberg)
- Sterbeort
- Innsbruck
- Beruf/Funktion
- Volkskundler
- Konfession
- unbekannt
- Normdaten
- GND: 118708686 | OGND | VIAF: 93270111
- Namensvarianten
-
- Ilg, Karl Franz Josef
- Ilg, Karl
- Ilg, Karl Franz Josef
- Ilg, Carl
- Ilg, Karl Franz Joseph
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- Adolf Helbok (1883–1968)
- Friedrich Metz (1890–1969)
- Hans Grießmair (1938–2022)
- Herlinde Menardi (geb. 1949)
- Hermann Bausinger (1926–2021)
- Hermann Wopfner (1876–1963)
- Herwig van Staa (geb. 1942)
- Ingo Schneider (geb. 1958)
- Richard Weiss (1907–1962)
- Richard Wolfram (1901–1995)
- Rudolf Zündel (geb. 1939)
- Wilhelm Heinrich Riehl (1823–1897)
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Ilg, Karl Franz Josef
1913 – 2000
Volkskundler
Als Leiter des Instituts für Volkskunde an der Universität Innsbruck und langjähriger Vorsitzender des Österreichischen Fachverbands für Volkskunde prägte Karl Ilg sein Fach in der Zweiten Republik. Seine Forschungsschwerpunkte waren die Geschichte und Kultur Vorarlbergs, die Volksgruppe der „Walser“ sowie das „Auslandsdeutschtum“ in Südamerika. Ilg beharrte auf dem Konzept „Volk“ als Basis seiner Forschungen und stand der Erneuerung seines Fachs im Sinne einer Empirischen Kulturwissenschaft ablehnend gegenüber.
Lebensdaten
Geboren am 23. Dezember 1913 in Dornbirn (Vorarlberg) Gestorben am 11. Juli 2000 in Innsbruck Konfession römisch-katholisch Karl Ilg, Vorarlberger Landesbibliothek (InC) -
Autor/in
→Anna Larl (Innsbruck) Konrad J. Kuhn (Innsbruck)
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Zitierweise
Larl, Anna / Kuhn, Konrad J., „Ilg, Karl“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.04.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118708686.html#dbocontent
Nach dem Besuch der Volksschule in Dornbirn (Vorarlberg) und des Franziskanergymnasiums in Hall (Tirol) studierte Ilg seit 1933 Volkskunde, Philosophie, Geografie und Geschichtswissenschaft an der Universität Innsbruck. Während seiner Studienzeit trat er der Cartellverbindung Leopoldina bei und war von 1935 bis 1937 Vorsitzender der Katholischen Deutschen Hochschülerschaft. 1937 bei Hermann Wopfner (1876–1963) mit der Studie „Die Reformen der Verwaltung für Vorarlberg während der Regierungszeit der Kaiserin Maria Theresia (1740–80)“ zum Dr. phil. promoviert, hielt sich Ilg 1937/38 zu Studienzwecken in Rom und München auf und wurde im Mai 1939 Assistent von Friedrich Metz (1890–1969) am Alemannischen Institut der Universität Freiburg im Breisgau.
Von 1940 bis 1945 leistete Ilg Kriegsdienst bei der Wehrmacht, u. a. bei der Luftwaffe, und kehrte – mit Unterstützung des kurz darauf aufgrund seiner NS-Belastung entlassenen Volkskundeprofessors Adolf Helbok (1883–1968) – im September 1945 als Assistent Wopfners an die Universität Innsbruck zurück. In seiner 1946 veröffentlichten, von ethnisch-naturräumlichen Argumenten gekennzeichneten Habilitationsschrift widmete sich Ilg den im Mittelalter aus dem schweizerischen Oberwallis nach Vorarlberg eingewanderten „Walsern“, die er zu einer „heldischen“ Volksgruppe stilisierte, welche durch ein karges Leben in den Bergen geprägt worden sei und deren Charakteristika er anhand ihrer Wirtschafts-, Lebens- und Bauweise aufzeigen zu können glaubte. Die Studie weist deutliche thematische und methodische Parallelen zu Wopfners ethnografischer Erforschung der Bergbauernschaft in Tirol sowie eine Nähe zu völkischen Argumentationslinien auf, die spezifische Leistungen deutschsprachiger Siedler postulierte.
1949 übernahm Ilg als Nachfolger Wopfners die Leitung des Instituts für Volkskunde der Universität Innsbruck. 1954 zum außerordentlichen Professor für Volkskunde ernannt, bezog sich Ilg in seiner Antrittsvorlesung „Gegenwartsaufgabe von Sitte und Brauch“ affirmativ auf den Schweizer Volkskundler Richard Weiss (1907–1962) sowie auf Wilhelm Heinrich Riehl (1823–1897). 1955 war Ilg Mitgründer der Gesellschaft für den Volkskundeatlas in Österreich und fungierte als deren Landesleiter in Tirol. Dieses Forschungsvorhaben ermöglichte auch NS-belasteten Kollegen ein Betätigungsfeld, darunter Richard Wolfram (1901–1995) und Helbok, den Ilg wiederholt in das Institut einband.
1958 gründete Ilg den Österreichischen Fachverband für Volkskunde, den er bis 1970 und erneut von 1977 bis 1989 leitete. 1961 wurde er zum ordentlichen Professor an der Universität Innsbruck ernannt. Ilgs Forschung folgte einem traditionell-konservativen Verständnis seiner Disziplin; seine Arbeiten v. a. zur Sachkultur- und Hausforschung sind von evolutionistischen Denkmodellen und kulturräumlichen Argumentationslinien gekennzeichnet. Die seit den 1960er Jahren v. a. von Hermann Bausinger (1926–2021) vorangetriebene Modernisierung und Neukonzeption des Fachs als „Empirische Kulturwissenschaft“ lehnte Ilg ab und führte im Sommer 1970 im Sinne einer konservativ-ethnozentrischen Fachtradition „Europäische Ethnologie“ als Innsbrucker Fachbezeichnung ein.
Einhergehend mit Forschungsreisen nach Argentinien, Brasilien, Chile, Paraguay und Venezuela, wurde in den 1970er Jahren das sog. Auslandsdeutschtum in Südamerika zu einem weiteren Forschungsschwerpunkt Ilgs. Geleitet von einem modernisierungskritischen wie auch nationalistisch-ethnischen Kulturkonzept, legte er ein besonderes Augenmerk auf Bräuche, Sprache, Geräte und Wohnbauten, die er dokumentieren und nach den Prämissen einer „angewandten Volkskunde“ wiederbeleben wollte. Diese volkskundliche Darstellung deutschsprachiger Auswanderer in Südamerika blieb innerfachlich eine Randerscheinung.
Nach seiner Emeritierung Ende September 1984 trat Ilg nur noch vereinzelt mit Veröffentlichungen hervor. Zu seinen Schülern zählen u. a. der spätere Direktor des Südtiroler Landesmuseums für Volkskunde, Hans Grießmair (1938–2022), der nachmalige Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa (geb. 1942), die spätere Leiterin des Tiroler Volkskunstmuseums Herlinde Menardi (geb. 1949) und der ebenfalls an der Universität Innsbruck lehrende Ethnologe Ingo Schneider (geb. 1958).
1933 | Mitglied der Cartellverbindung Leopoldina, Innsbruck |
1955 | Mitglied der Gesellschaft für den Volkskundeatlas in Österreich |
1957 | Mitglied des Österreichischen Fachverbands für Volkskunde |
1965 | Großes Ehrenzeichen der Republik Österreich |
1968 | Ehrenbürger der Gemeinde Treze Tílias (Brasilien) |
1969 | Oberrheinischer Kulturpreis |
1971 | Silbernes Ehrenzeichen des Landes Vorarlberg |
1974 | Ehrenzeichen des Landes Tirol |
1976 | Ritterkreuz des Silvesterordens |
1977 | Großes Silbernes Ehrenzeichen der Republik Österreich |
1984 | Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse |
1984 | Goldenes Ehrenzeichen des Landes Salzburg |
Escola Alemã „Prof. Karl Ilg“ [Deutsche Prof.-Karl-Ilg-Schule], Treze Tílias (Brasilien) |
Nachlass:
Vorarlberger Landesarchiv, Bregenz, Rep. 14-338.
Weitere Archivmaterialien:
Universitätsarchiv Innsbruck, PA KI. (Personalakten)
Salzburger Landesinstitut für Volkskunde, NL ÖGEKW-ÖFV-K1 0001–0039. (Vereinsakten; Korrespondenz)
Monografien:
Die Reformen der Verwaltung für Vorarlberg während der Regierungszeit der Kaiserin Maria Theresia (1740–80), 1937. (ungedr. Diss. phil.)
Die Walser in Vorarlberg. Die Verbundenheit mit dem Boden. Siedlung und Wirtschaft als volkskundliche Grundlagen, 1949. (Habilitationsschrift)
Die Walser in Vorarlberg. Ihr Wesen. Sitte und Brauch als Kräfte der Erhaltung ihrer Gemeinschaft, 1956.
Landes- und Volkskunde. Geschichte, Wirtschaft und Kunst Vorarlbergs, 4 Bde., 1961–1967.
Pioniere in Brasilien. Durch Bergwelt, Urwald und Steppe erwanderte Volkskunde der deutschsprachigen Siedler in Brasilien und Peru, Innsbruck, 1972.
Pioniere in Argentinien, Chile, Paraguay und Venezuela. Durch Bergwelt, Urwald und Steppe erwanderte Volkskunde der deutschsprachigen Siedler, 1976.
Das Deutschtum in Brasilien, 1978.
Heimat Südamerika. Brasilien und Peru. Leistung und Schicksal deutschsprachiger Siedler, 1982.
Das Deutschtum in Chile und Argentinien, 1982.
Das Deutschtum in Paraguay und Peru, 1989.
Aufsätze und Artikel:
Das Tal des Sagittario in den Abruzzen, in: Zeitschrift für Erdkunde 8 (1939), S. 178–186.
Der Mistral, in: Geographische Zeitschrift 50 (1944), S. 118–123.
Die Zeit der Einwanderung der Walser und ihre Bedeutung für die bäuerliche Wirtschaft am Beispiel Vorarlbergs betrachtet, in: Montfort 2 (1947), S. 283–295.
Herd und Ofen, in: Tiroler Heimat 12 (1948), S. 37–46.
Die Sense in ihrer Entwicklung und Bedeutung, in: Karl Ilg (Hg.), Beiträge zur Volkskunde Tirols. Festschrift zu Ehren Hermann Wopfners, 1948, S. 179–190.
Im Bewegungsfeld der bäuerlichen Hauslandschaft in Tirol und Vorarlberg, in: Tiroler Heimat 13/14 (1949/50), S. 91–116.
Die Walser und die Bedeutung ihrer Wirtschaft in den Alpen, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 39 (1952), S. 63–75.
Gedanken und Probleme der Gesamt-Walservolkskunde, in: Wir Walser 1 (1963), H. 1, S. 5 f.
Die heutige Lage des Walservolkstums in Vorarlberg, in: ebd., H. 2, S. 1–7.
Die Bedeutung der Walser für Vorarlberg, in: Montfort 15 (1963), S. 116–122.
Volkskundliche Studien. Zum 50. Geburtstag von Karl Ilg, hg. v. Dietmar Assmann, 1964. (Aufsatzsammlung)
Volk, Volkskunde, Europäische Ethnologie, in: Wolfgang Meid/Hermann M. Ölberg/Hans Schmeja, (Hg.), Studien zur Namenkunde und Sprachgeographie, 1971, S. 445–455.
Art und Bedeutung der landwirtschaftlichen Geräte der deutschstämmigen Kolonisten in Südamerika, in: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde 74 (1971), S. 62–76.
Volk und Wissenschaft. Beiträge zur Volkskunde Westösterreichs, hg. v. Peter Stürz/Paul Rachbauer/Michael Becker, 1979. (Aufsatzsammlung)
Volkskunde an der Universität Innsbruck. Ihre Entstehung und unsere Ziele, in: Wolfram Krömer/Osmund Menghin (Hg.), Die Geisteswissenschaften stellen sich vor, 1983, S. 135–144.
40 Jahre Volkskunde – bis nach Südamerika, in: Hubert Regner/Eberhard Tiefenthaler/Elmar Fleisch (Hg.), „Zur Summe eines Lebens“. em. Univ-Prof. Dr. Karl Ilg, 1990, S. 9–21.
Die Geschichte der tirolischen Volkskunde von den Anfängen bis 1980, in: Tiroler Heimat 59 (1995), S. 177–244.
Monografien und Sammelbände:
Hubert Regner/Eberhard Tiefenthaler/Elmar Fleisch (Hg.), „Zur Summe eines Lebens“. em. Univ-Prof. Dr. Karl Ilg, 1990.
Peter Goller, „...natürlich immer auf wissenschaftlicher Ebene!“. Mystifikationen. Die geisteswissenschaftlichen Fächer an der Universität Innsbruck im Übergang von Nazifaschismus zu demokratischer Republik nach 1945. Dokumentation einer Kontinuität, 1999.
Manuela Rathmayer, Fachgeschichte aus dem Zettelkasten. Legitimationsstrategien von Wissenschaftlichkeit am Beispiel des Atlas der deutschen Volkskunde, 2020. (ungedr. Masterarbeit, Universität Innsbruck) (Onlineressource)
Aufsätze und Artikel:
Klaus Beitl, Univ.-Prof. Dr. Karl Ilg. 70 Jahre, in: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde 87 (1984), S. 49 f. (Onlineressource)
Reinhard Johler, Geschichte und Landeskunde. Innsbruck, in: Wolfgang Jacobeit/Hannjost Lixfeld/Olaf Bockhorn (Hg.), Völkische Wissenschaft. Gestalten und Tendenzen der deutschen und österreichischen Volkskunde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, 1994, S. 449–462.
Reinhard Johler, „Tradition und Gemeinschaft“. Der Innsbrucker Weg, in: ebd., S. 589–601.
Hans Gschnitzer, In memoriam Univ.-Prof. Dr. Karl Ilg 1913–2000, in: Tiroler Heimatblätter 75 (2000), S. 146 f.
Leander Petzoldt, Nachruf auf Karl Ilg, in: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde 103 (2000), S. 530 f. (Onlineressource)
Reinhard Bodner/Ingo Schneider, Volkskunde in Innsbruck. Ein Fall für die Historiker?, in: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde 109 (2006), S. 175–191. (Onlineressource)
Reinhard Bodner, Innrain zweiundfünfzig, elfter Stock. Eine Stoffsammlung zur Volkskunde in Innsbruck, in: Tobias Schweiger/Jens Wietschorke (Hg.), Standortbestimmungen. Beiträge zur Fachdebatte in der Europäischen Ethnologie, 2008, S. 52–69.
Timo Heimerdinger/Konrad J. Kuhn, Europäische Ethnologie. Zur Produktivität der offenen Europakonzeption einer akademischen Disziplin, in: Andrea Brait/Stefan Ehrenpreis/Stella Lange (Hg.), Europakonzeptionen, 2020, S. 169–190.
Konrad J. Kuhn/Anna Larl, Denkkontinuitäten, Austrifizierung und Modernisierungskritik. Adolf Helbok und die Volkskunde in Österreich nach 1945, in: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde 122 (2019), S. 241–273. (Onlineressource)
Konrad J. Kuhn, Heimat-Schreiben in der Selbstbeschränkung. Wissen und Politiken einer „Volkskunde Tirols“, in: Tiroler Heimat 85 (2021), S. 79–94.
Konrad J. Kuhn, „Walser-Volkskunde“. Nahverhältnisse, alpin-kulturelle Rückprojektionen und Wissenschaft über ein „Bergvolk“, in: Karl C. Berger/Alexandra Bröckl/Valeska Flor/Jenny Illing/Gilles Reckinger/Martina Röthl (Hg.), „Es wäre ja schade, wenn alles geklärt wäre.“ Empirische Kulturwissenschaft als kritische Gesellschaftsanalyse, 2023, S. 69–87.
zehn Fotografien v. Rudolf Zündel (geb. 1939), ca. 1985, Vorarlberger Landesbibliothek, Bregenz. (Onlineressource)