Häupl, Karl
- Lebensdaten
- 1893 – 1960
- Geburtsort
- Seewalchen am Attersee (Oberösterreich)
- Sterbeort
- Basel
- Beruf/Funktion
- Zahnarzt ; Kieferorthopäde ; Pathologe
- Konfession
- unbekannt
- Normdaten
- GND: 1013083121 | OGND | VIAF: 47160594
- Namensvarianten
-
- Häupl, Karl
- Häupl, Karl
- Haeupl, Karl
- Häupl, K.
- Häupl, Carl
- Häupl, Carl
- Haeupl, Carl
Vernetzte Angebote
Verknüpfungen
Orte
Symbole auf der Karte
Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.
-
Häupl, Karl
1893 – 1960
Zahnarzt, Kieferorthopäde
Karl Häupl wurde mit Viggo Andresen (1870–1950) in den 1920er Jahren zum Begründer der weltweit bekannten und v. a. im deutschsprachigen Raum bis in die 1980er Jahre weit verbreiteten Funktionskieferorthopädie. Gemeinsam etablierten sie u. a. den „Aktivator“ als kieferorthopädisches Gerät (Andresen-Häupl-Aktivator). Das mit Andresen verfasste, vielfach übersetzte Buch „Funktions-Kieferorthopädie“ (1936) wurde zum Standardwerk.
Lebensdaten
Geboren am 12. April 1893 in Seewalchen am Attersee (Oberösterreich) Gestorben am 29. Juni 1960 in Basel Grabstätte Friedhof (Ehrengrab) in Seewalchen -
Autor/in
→Dominik Groß (Aachen)
-
Zitierweise
Groß, Dominik, „Häupl, Karl“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/1013083121.html#dbocontent
Nach dem Besuch der Volksschule Seewalchen am Attersee, des Gymnasiums Kollegium Petrinum in Linz-Urfahr und des Gymnasiums Kremsmünster (alle Oberösterreich) studierte Häupl seit 1912 – mit kriegsdienstbedingten Unterbrechungen – Medizin an der Universität Innsbruck, wo er im März 1919 zum Dr. med. univ. promoviert wurde (Berufsdoktorat). Anschließend wirkte Häupl als Assistent am Zahnärztlichen Institut der Universität Innsbruck und siedelte 1920 nach Norwegen über. Nach kurzzeitigen Tätigkeiten bei verschiedenen Hafenzahnärzten in Bergen und Oslo wurde er im September 1923 Erster Assistent der chirurgischen Abteilung der Königlichen Zahnärztlichen Hochschule in Oslo. 1924 legte er dort die zahnärztliche Prüfung ab und habilitierte sich 1927 für Zahnheilkunde.
1929 wurde Häupl Leiter des Pathologischen Laboratoriums der Osloer Zahnärztlichen Hochschule, 1931 beamteter Professor für Allgemeine Pathologie und Spezielle Pathologie der Zähne und der Kiefer und im Oktober 1934 ordentlicher Professor und Vorstand der Klinik für Zahn- und Kieferkrankheiten an der Deutschen Universität Prag. 1941/42 stand er dem Reservelazarett I für Kiefer- und Gesichtsverletzte in Prag und anschließend dem Reservelazarett 122 in Berlin-Tempelhof vor. Im November 1943 zum ordentlichen Professor und Leiter der Abteilung für Kieferorthopädie und zahnärztliche Prothetik am Zahnärztlichen Institut der Universität Berlin berufen, stieg er hier im März 1944 zum Institutsdirektor auf.
Im September 1945 wurde Häupl, der seit 1939 Mitglied der NSDAP war, von der Berliner Universität aus politischen Gründen entlassen. Nach Innsbruck zurückgekehrt, erhielt er hier im selben Jahr die ordentliche Professur für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und wurde mit dem Wiederaufbau des Innsbrucker Zahnärztlichen Instituts betraut. Häupls nahezu nahtlose Nachkriegskarriere fußte nicht zuletzt auf der Annahme, dass dieser sich im „Dritten Reich“ (partei-)politisch neutral verhalten habe und auf einer Reihe eigener Falschaussagen und Beschönigungen während seines Entnazifizierungsverfahrens in Innsbruck und seiner daraus resultierenden Einstufung als politisch (weitgehend) unbelastet. Mittlerweile steht fest, dass er zu den politisch belasteten Fachvertretern gehörte. Neben seiner Mitgliedschaft in der NSDAP stellte er während der NS-Zeit in archivalisch erhaltenen Schreiben seine politische Linientreue heraus und genoss die Unterstützung maßgeblicher NS-Netzwerke; so erfolgte seine Berufung zum ordentlichen Professor der Universität Berlin auf ausdrückliche Fürsprache und Weisung von Hermann Göring (1893–1946).
Häupl baute seine Karriere weiter aus: Nach mehreren abgelehnten Rufen (Hamburg, Marburg an der Lahn, Freiburg im Breisgau, Wien) wechselte er 1951 als Klinikdirektor an die renommierte Westdeutsche Kieferklinik der Medizinischen Akademie Düsseldorf und fungierte dort als Ordinarius für Mund-, Kiefer- und Zahnheilkunde sowie für Kiefer- und Gesichtschirurgie. 1957 übernahm er das Rektorat der Medizinischen Akademie Düsseldorf.
Häupl zählt zu den bedeutendsten zahnärztlichen Hochschullehrern des 20. Jahrhunderts und war einer der letzten, die das gesamte Gebiet der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde beherrschten. Er wirkte v. a. in der Kieferorthopädie, aber auch in anderen Teilbereichen der Zahnheilkunde (Oralpathologie, Parodontologie, Prothetik) weit über den deutschen Sprachraum hinaus. Die größte Wirkung erzielten seine Beiträge zur Funktionskieferorthopädie, der er mit seinen Studien und Publikationen zum Durchbruch verhalf. Dabei werden herausnehmbare Apparaturen (Zahnspangen) eingesetzt, um die Weich- und Hartgewebe des Kausystems funktionell zu reizen und im gewünschten Sinne zu beeinflussen. Zu Häupls Schülern zählen die später europaweit tätigen Hochschullehrer Josef Eschler (1908–1969), William Grossmann (1911–1982) und Hans Wunderer (1912–1994).
1938 | korrespondierendes Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde |
um 1948 | Senator der Universität Innsbruck |
1952 | Ehrenbürger von Seewalchen am Attersee (Oberösterreich) |
1954 bis 1960 | Präsident der Deutschen ARPA (Arbeitsgemeinschaft für Parodontoseforschung, heute DGParo, Deutsche Gesellschaft für Parodontologie) |
1954 | Ehrenmitglied des Vereins der Finnischen Zahnärzte |
1955 | Ehrenmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde |
1955 | Mitglied der Leopoldina (weiterführende Informationen) |
1958 | Dr. med. h. c., Universität Freiburg im Breisgau |
1960 | Dr. med. dent. h. c. Universität Halle-Wittenberg |
1959 | Mitglied des American College of Dentists |
1978 | Karl-Häupl-Institut, Fortbildungsinstitut der Zahnärztekammer Nordrhein |
2003 | Karl-Häupl-Kongress, Fortbildungskongress der Zahnärztekammer Nordrhein |
Ehrenmitglied des Vereins der Zahnärzte Österreichs | |
Ehrenmitglied der Tiroler Zahnärzte | |
Ehrenmitglied der dänischen und italienischen ARPA | |
korrespondierendes Mitglied des Vereins der Dänischen, Schwedischen und Norwegischen Zahnärzte | |
korrespondierendes Mitglied der Zahnärztlichen Gesellschaft, Oslo |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 4901/13 265; R 4901/23 870, Bl. 30; R 9 361-II/217 433; R 9 361-VI/1011; R 9 361-VI/3339; R 9 361-IX/12980 332
Stadtarchiv Düsseldorf V, 42 213. (Personalakte)
Stadtarchiv Innsbruck. (Entnazifizierungsakte)
Universitätsarchiv HU Berlin, UK-P H 033. (Personalakte)
Universitätsarchiv Innsbruck, Akten der Medizinischen Fakultät, Nr. 1817, 1937–38; Medizinische Berufungsakten seit 1869.
Universitätsarchiv Wien, Med. Fak. 132 ex 1947/48, Fol. 2/1-2, 18.05.1948.
Bibliografien:
Astrid Weigand, Die Personalbibliographien der Professoren und Dozenten der Hals-, Nasen- und Ohrenklinik und der Zahn- und Kieferklinik der Deutschen Universität zu Prag 1900–1945, 1972, S. 87–105.
Rolf Jüliger, Karl Häupl. Eine biographische Synopse unter besonderer Berücksichtigung des wissenschaftlichen Werkes, 1988, S. 110–127.
Monografien:
Karl Häupl/Franz Josef Lang, Die marginale Paradentitis, 1927. (Weiterentwicklung der Habilitationsschrift)
Karl Häupl/Ingjald Reichborn-Kjennerud, Moderne zahnärztliche Kronen- und Brückenarbeiten, 1929, 21938 u. d. T. Zahnärztliche Kronen- und Brückenarbeiten.
Viggo Andresen/Karl Häupl, Die Funktions-Kieferorthopädie, 1936, 61957, engl. 1952, ital. 1950.
Grundriß der Histopathologie des Zahnes und seines Stützapparates, 1940.
Lehrbuch der Zahnheilkunde, 2 Bde., 1949/50, 21953.
Karl Häupl/Hermann Kirsten/Hans Rehm/Hermann Böttger, Zahnärztliche Prothetik, 2 Bde., 1951/59, 21961/65.
Karl Häupl/William Grossmann/Patrick Clarkson, Textbook of Functional Jaw Orthopaedics, 1952.
Die funktionelle Theorie der Zahnlockerung, 1953.
Kieferorthopädie, 1959, 21963 mit Hans Wunderer.
Herausgeberschaften:
Deutsche Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, mit Zentralblatt, 1953–1960.
Die Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Ein Handbuch für die zahnärztliche Praxis, 6 Bde. in 7 Teilen, 1955–1960. (teils mit Wilhelm Meyer und Karl Schuchardt)
Artikel:
Die Beziehungen des festsitzenden Brückenersatzes zu den lebenden Geweben, in: Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 8 (1953), S. 113–127
Kritische Bemerkungen zu K. Reitans Ausführungen: Die Bedeutung des funktionellen Faktors bei der Gewebereaktion, in: Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 9 (1954), S. 384–389.
Der kieferorthopädische Gewebeumbau bei Behandlung des dysgnathen Frontzahnüberbisses mit dem Aktivator, in: Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 9 (1954), S. 1158–1170.
Erwin Reichenbach, Karl Häupl zum 65. Geburtstag, in: Fortschritte der Kieferorthopädie 18 (1957), S. 277–279.
Fritz Brosch, Karl Häupl zum 65. Geburtstag am 12. April 1958, in: Deutsche Zahn-Mund-Kieferheilkunde 28 (1958), H. 9/10, S. 353–356. (P)
Josef Eschler, Prof. Dr. med. Karl Häupl zum 65. Geburtstag, in: Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 13 (1958), S. 417–419.
Arthur-Jean Held, Zu Ehren von Prof. Karl Häupl anläßlich seines 65. Geburtstages, in: Österreichische Zeitschrift für Stomatologie 55 (1958), H. 4, S. 172 f.
Kurt Maretzky, Wegbereiter zu neuen Zielen. Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. Karl Häupl zur Vollendung des 65. Lebensjahres, in: Zahnärztliche Mitteilungen 46 (1958), H. 8, S. 281 f.
Artur Martin Schwarz, Professor Dr. Karl Häupl zum 65. Geburtstag am 12. April, in: Österreichische Zeitschrift für Stomatologie 55 (1958), H. 4, S. 169–171 u. 174.
Hermann Böttger, Prof. Dr. Dr. h. c. Karl Häupl †, in: Zahnärztliche Rundschau 69 (1960), H. 8, S. 280.
Josef Eschler, Karl Häupl 1893–1960, in: Fortschritte der Kieferorthopädie 21 (1960), H. 3, S. 391 f.
Hermann Mathis, In memoriam. Prof. Dr. med. Dr. med. h. c. Dr. med. dent. h. c. Karl Häupl (1893–1960), in: Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 15 (1960), S. 1127 f.
Erwin Reichenbach, Zum 75jährigen Bestehen der Klinik und Poliklinik für Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, in: Wissenschaftliche Zeitschrift (Halle-Wittenberg). Mathematisch-Naturwissenschaftliche Reihe 9 (1960), S. 225–234.
Max Spreng, In memoriam. Prof. Dr. med., Dr. med. h. c., Dr. med. dent. h. c. Karl Häupl. 1893–1960, in: Schweizerische Monatsschrift für Zahnheilkunde 70 (1960), S. 787–789.
Rolf Jüliger, Karl Häupl. Eine biographische Synopse unter besonderer Berücksichtigung des wissenschaftlichen Werkes, 1988. (P, W)
Ernst Klee, Art. „Häupl, Karl“, in: ders., Das Personenlexikon zum Dritten Reich, 42013, S. 217.
Dominik Groß, Die Geschichte des Zahnarztberufs in Deutschland. Einflussfaktoren. Begleitumstände. Aktuelle Entwicklungen, 2019, S. 147.
Dominik Groß, Karl Häupl (1893–1960). His Life and Works with Special Consideration of his Role in the Third Reich, in: DZZ International 2/3 (2020), S. 95–101.
Dominik Groß, Karl Häupl (1893–1960). Leben und Werk unter besonderer Berücksichtigung seiner Rolle im „Dritten Reich“, in: Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 76 (2020), S. 226–233.
Dominik Groß, Art. „Häupl, Karl“, in: ders. (Hg.), Lexikon der Zahnärzte und Kieferchirurgen im „Dritten Reich“ und im Nachkriegsdeutschland. Täter, Mitläufer, Oppositionelle, Verfolgte, Unbeteiligte, Bd. 1, 2022, S. 425–435.
Fotografie, Abbildung in: Fritz Brosch, Karl Häupl zum 65. Geburtstag am 12. April 1958, in: Deutsche Zahn-Mund-Kieferheilkunde 28 (1958), H. 9/10, S. 353.