Haacke, Wilmont
- Lebensdaten
- 1911 – 2008
- Geburtsort
- Monschau (Eifel)
- Sterbeort
- Göttingen
- Beruf/Funktion
- Publizist ; Journalist ; Publizistikwissenschaftler
- Normdaten
- GND: 116344423 | OGND | VIAF: 111349540
- Namensvarianten
-
- Wilhelm Haacke
- Will Mont
- Will Hacke; Stefan Lafeuille
- Haacke, Wilmont
- Wilhelm Haacke
- Will Mont
- Will Hacke; Stefan Lafeuille
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- Julius Rodenberg (1831–1914)
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Haacke, Wilmont (eigentlich Wilhelm Haacke)
Pseudonyme: Will Mont; Will Hacke; Stefan Lafeuille
1911 – 2008
Publizist, Journalist, Publizistikwissenschaftler
Wilmont Haacke war ein hoch angesehener Feuilleton- und Zeitschriftenforscher. Er machte seit 1942 in der nationalsozialistischen Zeitungswissenschaft Karriere, war aber ebenso an der Neugestaltung des Fachs als Publizistikwissenschaft nach 1945 beteiligt. Haacke leitete von 1963 bis 1973 das Institut für Publizistik der Universität Göttingen und trat bis 1993 als Herausgeber des zentralen Fachorgans „Publizistik“ hervor.
Lebensdaten
Geboren am 4. März 1911 in Monschau (Eifel) Gestorben am 23. Juli 2008 in Göttingen -
Autor/in
→ Thomas Wiedemann (München) / Thomas Birkner (Salzburg)
-
Zitierweise
Wiedemann, Thomas / Birkner, Thomas, „Haacke, Wilmont“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116344423.html#dbocontent
Haacke besuchte das Realgymnasium der Staatlichen Bildungsanstalt in Naumburg an der Saale und erhielt 1931 das Abitur. Nach einem Semester in Göttingen wechselte er 1932 nach Berlin und studierte bis 1937 Zeitungswissenschaft, Literatur und Geschichte sowie wohl auch Germanistik, Anglistik, Philosophie und Psychologie. Neben dem Studium arbeitete er unter wechselnden Pseudonymen als Feuilletonist verschiedener Tageszeitungen im In- und Ausland, u. a. bei dem mehrsprachigen Londoner Wochenblatt „European Herald“, für das Haacke Rezensionen über Theater, Filme und Bildende Kunst schrieb und von 1934 bis 1938 als Deutschland-Korrespondent fungierte. Seit 1937 war er verantwortlich für die Sonntagsbeilagen „Literatur und Zeit“ und „Geistiges Leben“ bei dem gleichgeschalteten „Berliner Tageblatt“.
1937 trat Hacke der NSDAP bei und wurde bei Emil Dovifat (1890–1969) und Julius Petersen (1878–1941) in Berlin mit einer Arbeit über den jüdischen Publizisten und Schriftsteller Julius Rodenberg (1831–1914) zum Dr. phil. promoviert. Die Studie durfte aufgrund ihres Forschungsgegenstands im „Dritten Reich“ nicht veröffentlicht werden und erschien erst 1950. Seit 1937 weiter als Journalist tätig, wurde Haacke 1939 Assistent von Karl Oswin Kurth (1910–1981) an der Universität Wien und half, das dortige Institut für Zeitungswissenschaft aufzubauen. 1942 habilitierte er sich bei Josef März (1892–1955) mit der Studie „Feuilletonkunde. Das Feuilleton als literarische und journalistische Gattung“ für Zeitungswissenschaft an der Deutschen Karls-Universität in Prag. Die antisemitischen Passagen seiner Habilitationsschrift wurden nach 1945 in einer überarbeiteten Fassung entfernt. 1942 wurde Haacke als Nachfolger Wilhelm Kapps (1865–1943) zum Direktor des Instituts für Zeitungswissenschaften der Universität Freiburg im Breisgau berufen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg als Protagonist der NS-Zeitungswissenschaft seines Amtes enthoben, war Haacke seit 1946 in der Verwaltung der Universität Mainz sowie als Lektor des Erwin Burda Verlags tätig. Sein Entnazifizierungsverfahren durchlief er in der französischen Besatzungszone und wurde als Mitläufer eingestuft. 1949 berief ihn der Leiter des Instituts für Zeitungswissenschaft der Universität Münster, Walter Hagemann (1900–1964), zu seinem Assistenten, sodass Haacke den Neuanfang und die weitere Entwicklung des Fachs in der frühen Bundesrepublik mitgestalten konnte. Im Mai 1953 erhielt er eine Dozentur für Publizistik an der Hochschule für Arbeit, Politik und Wirtschaft in Wilhelmshaven und nahm bis 1963 zudem einen Lehrauftrag für Pressegeschichte in Münster wahr.
Haacke wurde 1955 außerplanmäßiger Professor in Wilhelmshaven und übernahm 1958 dort die Leitung des neu gegründeten Instituts für Publizistik. 1956 beteiligte er sich an der Gründung der Zeitschrift „Publizistik“ – einem zentralen Fachorgan, das er – zunächst mit Dovifat und Hagemann – bis 1993 herausgab. Nach der Vereinigung der Hochschule Wilhelmshaven mit der Universität Göttingen war Haacke hier von 1963 bis 1973 Ordinarius für Publizistik und Direktor des Instituts für Publizistik.
Haackes Hauptwerk ist das dreibändige „Handbuch des Feuilletons“ (1951–1953), die bereinigte Neufassung seiner Habilitation, für die er eine Fülle an Material heranzog und neben der Dokumentation publizistischer Persönlichkeiten eine umfassende, bis heute unübertroffene Beschreibung der „kleinen Form“ (der Zeitungssparte, der Textgattung und ihrer Stilmittel) lieferte. Hervorzuheben ist zudem seine Beschäftigung mit dem Zeitschriftenwesen, in der er nach einer Verbindung von deskriptiven, historischen und analytischen Herangehensweisen suchte. Da Haacke jede Form der Feldforschung strikt ablehnte, spielte er bei der Weiterentwicklung des Fachs, das sich seit den 1950er Jahren zunehmend an der analytischen und empirischen Massenkommunikationsforschung nach US-amerikanischem Vorbild orientierte, nur mehr eine untergeordnete Rolle. Zu Haackes Schülern zählen u. a. Dietmar Grieser (geb. 1934), Hansjürgen Koschwitz (geb. 1933) und Wilfried Scharf (geb. 1945).
1934–1945 | Mitglied im Reichsverband der deutschen Presse |
1963 | Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Zeitungswissenschaft (DGPuZ), heute Deutsche Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) |
Nachlass:
nicht bekannt.
Die Luftschaukel. Stelldichein kleiner Prosa, 1939, 71944. (Hg.)
Das Ringelspiel. Kleine Wiener Prosa, 1940, 31941. (Hg.)
Einer bläst die Hirtenflöte. Ausgewählte Feuilletons von Victor Auburtin, 1940. (Hg.)
Notizbuch des Herzens, 1941.
Das Wiener jüdische Feuilleton, in: Walther Heide (Hg.), Handbuch der Zeitungswissenschaft, 1942, Sp. 2051–2072 u. 2151–2159.
Die Jugendliebe. Novelle, 1943.
Feuilletonkunde. Das Feuilleton als literarische und journalistische Gattung, 2 Teile, 1943/44. (Habilitationsschrift)
Julius Rodenberg und die Deutsche Rundschau. Eine Studie zur Publizistik des deutschen Liberalismus (1870–1918), 1950. (Diss. phil.)
Handbuch des Feuilletons, 3 Bde., 1951–1953.
Die Zeitschrift – Schrift der Zeit, 1961.
Wege und Umwege zur Kommunikationsforschung, in: Publizistik 9 (1964), S. 195–208.
Die politische Zeitschrift 1665–1965, 2 Bde., 1968/82.
Erscheinung und Begriff der politischen Zeitschrift, 1968.
Publizistik und Gesellschaft, 1970.
Monografien:
Siegfried Weischenberg, Journalistik, Medienkommunikation. Theorie und Praxis, Bd. 1, 2004, S. 57–59.
Bernd Sösemann (Hg.), Emil Dovifat. Studien und Dokumente zu Leben und Werk, 1998.
Maria Löblich, Die empirisch-sozialwissenschaftliche Wende in der Publizistik- und Zeitungswissenschaft, 2010.
Thomas Wiedemann, Walter Hagemann. Aufstieg und Fall eines politisch ambitionierten Journalisten und Publizistikwissenschaftlers, 2012.
Aufsätze und Artikel:
Eszter Bokor, Wilmont Haacke und das (jüdische) Feuilleton, in: Medien & Zeit 14 (1999), Nr. 1, S. 58–61.
Hanno Hardt, Am Vergessen scheitern. Essay zur historischen Identität der Publizistikwissenschaft, 1945–1968, in: Medien & Zeit 17 (2002), Nr. 2–3, S. 34–39.
Horst Pöttker, Konformität – Opportunismus – Opposition. Zur Typologie von Verhaltensweisen im NS-Regime und danach, in: ebd., S. 46–56.
Rudolf Stöber, Wilmont Haacke. Die politische Zeitschrift, in: Christina Holtz-Bacha/Arnulf Kutsch (Hg.), Schlüsselwerke für die Kommunikationswissenschaft, 2002, S. 176 f.
Wolfgang R. Langenbucher, Ronneberger war ein Chamäleon, in: Wolfgang Duchkowitzsch/Fritz Hausjell/Bernd Semrad (Hg.), Die Spirale des Schweigens. Zum Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit, 2004, S. 23–40.
Verena Blaum, Schmarotzende Misteln. Wilmont Haacke und die sogenannte Verjüdung des deutschen Feuilletons, in: ebd., S. 181–192.
Walter J. Schütz, 38 = 50 minus 12. Geschichte(n) im Rückblick der „Publizistik“-Redaktion, in: Christina Holtz-Bacha/Arnulf Kutsch/Wolfgang R. Langenbucher/Klaus Schönbach (Hg.), 50 Jahre Publizistik, 2006, S. 15–32.
Wilfried Scharf, Wilmont Haacke. Wissenschaftliche Karriere und Bedeutung für das Fach, in: ebd., S. 113–143.
Heidrun Ehrke-Rotermund, Rudolf Pechel und Wilmont Haacke. Zwei Intellektuelle im „Dritten Reich“ oder: Vom „guten Bekannten“ zur Unperson, in: Euphorion 108 (2014), Nr. 4, S. 417–448.
Thomas Wiedemann, Art. „Wilmont Haacke“, in: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hg.), Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft, 2014. (Onlineressource)
Bettina Braun, „Der neue Feuilletonist in Deutschland marschiert auf der Straße mit“. Die Konzeption einer „deutschen“ Textgattung in der zeitungswissenschaftlichen Forschung Wilmont Haackes, in: Hildegard Kernmayer/Simone Jung (Hg.), Feuilleton. Schreiben an der Schnittstelle zwischen Journalismus und Literatur, 2018, S. 79–104.
Heidrun Ehrke-Rotermund, Was hatte dieser „anständige Mensch“ mit dem Nationalsozialismus zu tun? Wilmont Haacke (1911–2008). Rekonstruktion einer Verstrickung, in: Euphorion 115 (2021), Nr. 1, S. 87–134.
Laudationes und Nachrufe:
Franz Ronneberger, Wilmont Haacke zum 65. Geburtstag, in: Publizistik 21 (1976), S. 88 f.
Hansjürgen Koschwitz, Wilmont Haacke 70 Jahre, in: Publizistik 26 (1981), S. 111 f. (P)
Dietmar Grieser, Der Feuilletonprofessor. Zum 80. Geburtstag von Wilmont Haacke, in: Publizistik 36 (1991), S. 97 f.
Wilfried Scharf, Wilmont Haacke 90 Jahre alt, in: Publizistik 46 (2001), S. 69 f.
Wilfried Scharf, Abschied von Wilmont Haacke (4.3.1911–23.7.2008), in: Publizistik 53 (2008), S. 579 f.
Jens Brüning, Ein großer Zeitungsforscher, in: Deutschlandfunk Kultur v. 2.8.2008. (Onlineressource)
Marc Reichwein, Kleine Form gegen den Kadetten-Drill. Vor 100 Jahren wurde der Feuilleton-Forscher Wilmont Haacke geboren, in: Welt Online v. 4.3.2011. (Onlineressource)
Fotografie v. Liselotte Strelow (1908–1981), ca. 1962, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen.