Gottberg, Curt von
- Lebensdaten
- 1896 – 1945
- Geburtsort
- Preußisch Wilten (Ostpreußen, heute Snamenskoje, Russland, Oblast Kaliningrad)
- Sterbeort
- Lutzhöft bei Flensburg
- Beruf/Funktion
- SS-Offizier ; Höherer SS- und Polizeiführer ; Offizier ; Politiker
- Konfession
- evangelisch-lutherisch, seit 1935 „gottgläubig“
- Normdaten
- GND: 12435047X | OGND | VIAF: 18154653
- Namensvarianten
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- Gottberg, Curt Gustav Friedrich Walther von
- Gottberg, Curt von
- Gottberg, Curt Gustav Friedrich Walther von
- Gottberg, Kurt von
- Gottberg, Kurt Gustav Friedrich Walther von
- gottberg, curt gustav friedrich walter von
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Gottberg, Curt Gustav Friedrich Walther von
1896 – 1945
SS-Offizier, Höherer SS- und Polizeiführer
Curt von Gottberg machte im „Dritten Reich“ Karriere als SS-Führer und leitender Funktionär im Rasse- und Siedlungshauptamt, ehe er kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs seiner Ämter enthoben wurde. Von Heinrich Himmler (1900–1945) protegiert und zum SS- und Polizeiführer erhoben, führte er seit 1942 im besetzten Weißrussland Massenmordaktionen durch, denen zehntausende Zivilisten zum Opfer fielen.
Lebensdaten
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Autor/in
→Peter Klein (Berlin)
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Zitierweise
Klein, Peter, „Gottberg, Curt von“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/12435047X.html#dbocontent
Gottberg begann als Erbe eines ostpreußischen Ritterguts nach dem Abitur 1912 eine landwirtschaftliche Ausbildung auf dem Familiengut in Preußisch Wilten (Ostpreußen, heute Snamenskoje, Russland), die im August 1914 mit seinem Eintritt in das Kürassier-Regiment Nr. 3 als Kriegsfreiwilliger unterbrochen wurde. 1917 aufgrund schwerer Verletzungen für kriegsbeschädigt erklärt, war er nach dem Ende des Ersten Weltkriegs bis April 1920 als Oberleutnant Teil der vorläufigen Reichswehr. Anschließend schloss sich Gottberg der von Hermann Ehrhardt (1881–1971) geführten „Brigade Ehrhardt“ an und nahm im November 1923 an dem Putschversuch Adolf Hitlers (1889–1945) in München teil, ehe er sich als Landwirt nach Preußisch Wilten zurückzog.
Seit 1932 Mitglied der NSDAP und der SS, begann Gottberg nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 eine Karriere als hauptamtlicher SS-Führer im Abschnitt Königsberg (Preußen, heute Kaliningrad, Russland); weitere Stationen führten ihn nach Ellwangen (Oberabschnitt Südwest) und Braunschweig (Oberabschnitt Südost). Nach einem schweren Verkehrsunfall Gottbergs im Januar 1936, der zur Amputation eines Unterschenkels führte, veranlasste sein Mentor und Förderer Heinrich Himmler (1900–1945) eine Übernahme der Behandlungskosten sowie eine Begleichung der offenen Schulden Gottbergs durch die SS.
Im Juli 1937 übernahm Gottberg auf Veranlassung Himmlers die Leitung des Siedlungsamts im Rasse- und Siedlungshauptamt der SS. Im Mai 1939 wurde er durch Constantin Freiherr von Neurath (1873–1956) zudem zum kommissarischen Leiter des Bodenamts in Prag ernannt, einer zentralen Institution der nationalsozialistischen Siedlungspolitik in Böhmen und Mähren, und stellte in dieser Funktion rund 56 000 Hektar jüdischen Grundbesitzes unter die Zwangsverwaltung der SS. Ende November desselben Jahres wurde Gottberg – nach Vorwürfen der Misswirtschaft und auf Betreiben seines Konkurrenten Walther Darré (1895–1953) – beider Leitungspositionen enthoben, ein daraufhin eingeleitetes SS-Disziplinarverfahren endete im April 1942 mit seiner Rehabilitierung. Bereits seit Oktober 1940 als Leiter des Erfassungsamts im Berliner SS-Hauptamt tätig, wurde Gottberg durch Himmler im Juni 1942 als SS- und Polizeiführer im Generalbezirk Weißruthenien mit Sitz in Minsk eingesetzt.
Beauftragt, die steigende Aktivität organisierter Partisanenverbände hinter dem Operationsgebiet des Heeres zu zerschlagen, befehligte Gottberg in der Folgezeit eine nach ihm benannte Kampfgruppe. Zunächst dem „Chef der Bandenkampfverbände“ Erich von dem Bach-Zelewski (1899–1972) unterstellt, wirkte diese an zahlreichen großen Partisanenbekämpfungsaktionen mit und erschoss Jüdinnen und Juden, die sich in den Ghettos des Einsatzgebiets befanden. Darüber hinaus gehörten Erfassung und Raub landwirtschaftlicher Produkte sowie seit Herbst 1943 v. a. die Verschleppung von Zivilisten zur Zwangsarbeit in Deutschland zum Aufgabenbereich der „Kampfgruppe von Gottberg“.
Im September 1943 wurde Gottberg durch den Reichsminister für die besetzten Ostgebiete, Alfred Rosenberg (1893–1946), zum geschäftsführenden Generalkommissar in Minsk ernannt, womit die Verschmelzung ziviler Besatzungs- und Polizeibehörden weiter vorangetrieben wurde. Seinen Abschluss fand dieser Prozess mit der Ernennung Gottbergs zum Höheren SS- und Polizeiführer Russland-Mitte und Weißruthenien am 21. Juni 1944, als die Heeresgruppe Mitte die Gegenoffensiven der Roten Armee nicht mehr aufhalten konnte. Im Oktober 1944 wegen Herzbeschwerden nach Hohenlychen (Uckermark) und Karlsbad (heute Karlovy Vary, Tschechien) zur Rekonvaleszenz versetzt, floh von Gottberg Anfang Mai 1945 mit Himmler nach Flensburg, geriet hier in britische Kriegsgefangenschaft und nahm sich kurz darauf das Leben.
1914 | Eisernes Kreuz II. Klasse (1942 Spange) |
1917 | Verwundetenabzeichen in Schwarz |
1919 | Eisernes Kreuz I. Klasse (1943 Spange) |
1941 | Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern |
1943 | Deutsches Kreuz in Gold |
1944 | Kriegsverdienstkreuz I. Klasse mit Schwertern |
1944 | Ritterkreuz zum Eisernen Kreuz |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 9 361-III/5 26909 u. 5 6952; NS 2/55-56 (Rasse- und Siedlungshauptamt der SS).
Archiv Ministerstva vnitra ČR (Archiv des Innenministeriums der Tschechischen Republik), Prag, 114-5-16.
Russisches Staatliches Militärarchiv, Moskau, 500-1-769.
Ruth Bettina Birn, Die Höheren SS- und Polizeiführer. Himmlers Vertreter im Reich und in den besetzten Gebieten, 1986.
Moritz Felix Lück, Partisanenbekämpfung durch SS und Polizei in Weißruthenien 1943: Die Kampfgruppe von Gottberg, in: Alfons Kenkmann/Christoph Spieker (Hg.), Im Auftrag. Polizei, Verwaltung und Verantwortung, 2001, S. 225–248.
Isabel Heinemann, Rasse, Siedlung, deutsches Blut. Das Rasse- und Siedlungshauptamt der SS und die rassenpolitische Neuordnung Europas, 2003.
Peter Klein, Curt von Gottberg – Siedlungsfunktionär und Massenmörder, in: Klaus-Michael Mallmann/Gerhard Paul (Hg.), Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien, 2004, S. 95–103.
Fotografie, Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 9 361-III/5 6952.