Funcke, Liselotte
Funcke, Liselotte
1918 – 2012
FDP-Politikerin, Parlamentarierin, Landesministerin, Bundesbeauftragte
- Lebensdaten
- 1918 – 2012
- Geburtsort
- Hagen
- Sterbeort
- Hagen
- Beruf/Funktion
- FDP-Politikerin ; Parlamentarierin ; Landesministerin ; Bundesbeauftragte ; Ministerin ; Politikerin ; Kauffrau ; Prokuristin
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 118832522 | OGND | VIAF: 37713297
- Namensvarianten
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- Funcke, Liselotte
- Funcke, Lieselotte
Literatur(nachweise)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- Nordrhein-Westfälische Bibliographie (NWBib)
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- Index Theologicus (IxTheo)
- * Jahresberichte für deutsche Geschichte - Online
Objekt/Werk(nachweise)
Porträt(nachweise)
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Liselotte Funcke war eine der wenigen Frauen, die in den 1960er und 1970er Jahren eine herausgehobene Position in der FDP und damit auch in der bundesdeutschen Politik einnahmen. Aus einer nationalliberalen Unternehmerfamilie stammend und als Expertin in Finanzfragen ausgewiesen, positionierte sich die langjährige Bundestagsvizepräsidentin eher linksliberal und engagierte sich auch in den Bereichen Frauenpolitik, Trennung von Kirche und Staat sowie Ausländerintegration.
Lebensdaten
Geboren am 20. Juli 1918 in Hagen Gestorben am 1. August 2012 in Hagen Grabstätte Buschey-Friedhof in Hagen-Wehringhausen Konfession evangelisch-lutherisch -
Lebenslauf
20. Juli 1918 - Hagen -
Genealogie
Vater Oscar Funcke 1885–1965 Unternehmer (Funcke & Hueck); Politiker (DVP, FDP), Bundestagsabgeordneter (FDP) Großvater väterlicherseits Wilhelm Funcke 1856–1910 Fabrikant, nationalliberaler Politiker Großmutter väterlicherseits Johanna Funcke, geb. Harkort 1862–1935 Ururgroßonkel väterlicherseits Friedrich Harkort 1793–1880 Industrieller; liberaler Politiker und Parlamentarier; Publizist Mutter Bertha Funcke, geb. Osthaus 1892–1991 Großvater mütterlicherseits Carl Ernst August Osthaus 1842–1902 Bankier Großmutter mütterlicherseits Laura Christiane Osthaus, geb. Funcke 1854–1932 Onkel mütterlicherseits Karl Ernst Osthaus 1874–1921 Kunstmäzen; 1902 Gründer und Leiter des Museums Folkwang; 1909 Gründer des Deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe in Hagen Schwester Erika Funcke 1913–2001 Bruder Oskar Funcke 1915–1987 Schwester Wilma Funcke 1916–1983 Schwester Gerda Funcke 1920–2018 Heirat ledig Kinder keine Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Funcke, Liselotte (1918 – 2012)
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Vater
1885–1965
Unternehmer (Funcke & Hueck); Politiker (DVP, FDP), Bundestagsabgeordneter (FDP)
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Großmutter väterlicherseits
Johanna Funcke
1862–1935
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Mutter
Bertha Funcke
1892–1991
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Großmutter mütterlicherseits
Laura Christiane Osthaus
1854–1932
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Schwester
Erika Funcke
1913–2001
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Bruder
Oskar Funcke
1915–1987
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Schwester
Wilma Funcke
1916–1983
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Schwester
Gerda Funcke
1920–2018
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Heirat
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Biografie
Funcke, die aus einer liberalen, politisch aktiven Unternehmerfamilie stammte, durchlief eine umfassende Ausbildung für eine leitende Tätigkeit in der Wirtschaft und war während des Studiums 1940/41 im NS-Studentenbund als Gruppenführerin der Arbeitsgemeinschaft Nationalsozialistischer Studentinnen aktiv. 1938 NSDAP-Mitglied, kam sie über eine Studentengruppierung in Kontakt mit dem Gedankengut der Bekennenden Kirche. Nach 1945 wurde sie im Entnazifizierungsverfahren in zweiter Instanz als „unbelastet“ erklärt. Nach ersten beruflichen Erfahrungen bei einem Wirtschaftsprüfer arbeitete Funcke mehr als zwei Jahrzehnte im Familienunternehmen, einer mittelständischen Schraubenfabrik, bis sie sich seit 1969 ganz der Politik widmete.
1947 trat Funcke der FDP bei, wo sie schnell in den Landesvorstand aufrückte und für die sie 1950 in den Düsseldorfer Landtag einzog; während der beiden folgenden Legislaturperioden war sie die einzige Frau in ihrer Fraktion. Der Tradition der liberalen Frauenbewegung entsprechend, beschäftigte sie sich mit sozialen und Frauenfragen. Seit 1961 im Bundestag, profilierte sich Funcke auch als Finanzpolitikerin und Vorkämpferin für Steuerreformen, insbesondere bei der Doppelbesteuerung von Unternehmensgewinnen, was ihr 1972 den Vorsitz im Bundestags-Finanzausschuss einbrachte, sowie als für Reformen aufgeschlossene Bildungspolitikerin.
1969 wurde Funcke von ihrer Fraktion als Bundestag-Vizepräsidentin nominiert und war nach der CSU-Politikerin Maria Probst (1902–1967) die zweite Frau in diesem Amt. Neben Hildegard Hamm-Brücher (1921–2016) war Funcke die bekannteste FDP-Politikerin, war von 1978 bis 1982 stellvertretende Parteivorsitzende und bekämpfte 1982 den koalitionspolitischen Wechsel ihrer Partei, weshalb ihre Parteikarriere danach weitgehend endete. Funcke engagierte sich auch in den Leitungsgremien und auf der Landes- und kommunalen Ebene der evangelischen Kirche. 1974 unterstützte sie die im „FDP-Kirchenpapier“ angestrebte strikte Trennung von Kirche und Staat, obwohl dies das Verhältnis der FDP zu den beiden großen Kirchen belastete und letztlich folgenlos blieb.
Ende 1979 gab Funcke ihr Bundestagsmandat und ihr Präsidentinnenamt auf und wurde erste Landesministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr in Düsseldorf, um die FDP in den nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf 1980 zu führen; da die Partei an der Fünf-Prozentklausel scheiterte, endete Funckes Ministeramt nach einem halben Jahr. 1981 wurde sie als Nachfolgerin von Heinz Kühn (1912–1992) zur ehrenamtlichen Beauftragten der Bundesregierung für die Integration der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen ernannt. In dieser Funktion kämpfte sie für ein Ausländerwahlrecht, das erst 1992, beschränkt auf EU-Bürger, auf Gemeindeebene eingeführt wurde, und gegen verschärfte Regelungen für den Nachzug von Familienangehörigen ausländischer Arbeitnehmer. 1991 zog sie sich, erkennbar frustriert durch die Widerstände aus der CDU-FDP-Regierung und die fortbestehende Marginalisierung ihres Amtes, aus dieser Position zurück. In ihren letzten Lebensjahren widmete sie sich v. a. der Geschichte ihrer Heimatstadt und dem Erhalt des dem freisinnigen Parlamentarier Eugen Richter (1838–1906) gewidmeten Turms.
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Auszeichnungen
1973 Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1975 mit Stern und Schulterband) 1975 Wolfgang-Döring-Medaille des FDP-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen 1984 Theodor-Heuss-Medaille der Theodor-Heuss-Stiftung 1984 Dr. h. c., Universität Bursa (Türkei) 1984 Moses-Mendelssohn-Preis des Berliner Senats 1985 Großkreuz des spanischen Zivilverdienstordens 1986 Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen 1987 Großkreuz des portugiesischen Verdienstordens 1988 Großoffizier des Verdienstordens der italienischen Republik 1990 Fritz-Bauer-Preis der Humanistischen Union 1990 Kommandeur des griechischen Phönix-Ordens 1991 Heinz-Herbert-Karry-Preis der Heinz-Herbert-Karry-Stftung 1991 Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte 1999 Dr. h. c., FernUniversität Hagen 2003 Ehrenbürgerin der Stadt Hagen Ehrenvorsitzende des FDP-Bezirksverbandes Westfalen-West und des FDP-Kreisverbandes Hagen -
Quellen
Nachlass:
Archiv des Liberalismus, Gummersbach.
Teilnachlass:
Stadtarchiv Hagen.
Bundesarchiv, Koblenz, B 149 Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung.
Gedruckte Quellen:
Sylvia Heinemann (Hg.), An Menschen ihrer Zeit. Liselotte Funcke – Briefe aus fünf Jahrzehnten, 2004. (P, L)
Volker Stalmann (Bearb.), Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag. Protokolle 1949–1969, 2 Bde., 2016.
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Werke
Liselotte Funcke/Cornelius A. von Heyl/Johannes Niemeyer, Kirche in Staat und Gesellschaft. Trennung und Partnerschaft, Gegensatz oder Ergänzung?, 1974, 31975.
Chancen und Partnerschaft in der Familienpolitik, in: Hans-Dietrich Genscher (Hg.), Liberale in der Verantwortung, 1976, S. 99–113.
Bundestagsreden und Zeitdokumente, hg. v. Horst Dahlmeyer, 21978. (P)
Ziele der Ausländerpolitik prüfen?, in: Willi Bredemeier (Hg.), Zwischen Integration und Rückwanderung. Türkische Wohnbevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland, 1983, S. 13–19.
Plädoyer für eine gerechte und humane Ausländerpolitik, 1987.
Aus der Familiengeschichte Funcke, 2002.
Hagener Industriebetriebe. Tuche – Sensen – Federn – Stahl, 2003.
War alles nur ein Spiel? Erinnerungen, o. J. [2007]. (P)
265 Jahre Bürgermeister der Stadt Hagen, 2011.
Herausgeberschaften:
Frei zu sein, um andere frei zu machen. Frauen in der Politik – die Liberalen, 1984.
Hagener Straßen erzählen Geschichte(n), 1999.
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Literatur
Gerd Rauhaus, Liselotte Funcke, in: Liselotte Funcke, Bundestagsreden und Zeitdokumente, 21978, S. XIV–XXI.
Edda Frank-Zoeldi, „Ich kämpfe gern für die, die angegriffen werden“. Liselotte Funcke, in: Liselotte Funcke (Hg.), Frei zu sein, um andere frei zu machen. Frauen in der Politik. Die Liberalen, 1984, S. 210–218. (P)
Tabea Esch, Das Kirchenpapier der FDP. Ausdruck oder Ende eines geläuterten Liberalismus?, in: Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung 20 (2008), S. 173–198.
Sylvia Heinemann, „Frauenfragen sind Menschheitsfragen“. Die Frauenpolitik der Freien Demokratinnen, 2012, S. 47–59. (P)
Sylvia Heinemann, Vom Rand zur Mitte? Partizipation und Politisierungsprozesse von liberalen Frauen in der Aufbauphase der Bundesrepublik, in: Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung 26 (2014), S. 345–372.
Lexikonartikel:
N. N., Art. „Funcke, Liselotte“, in: Ernst Goyke, Die 100 von Bonn. Zwischen Barzel und Wehner, 1970, S. 82 ff. (P)
N. N., Art. „Liselotte Funke“, in: Walter Henkels, Neue Bonner Köpfe, 1982, S. 120 ff.
N. N., Art. „Funcke, Liselotte“, in: Rudolf Vierhaus/Ludolf Herbst (Hg.), Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages 1949–2002, Bd. 1, 2002, S. 337 f. (L)
N. N., Art. „Funcke, Liselotte“, in: Martin Schumacher (Hg.), M.d.B. – Die Volksvertretung 1946–1972, 2006, S. 341 f.
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Onlineressourcen
Freie Kirche im freien Staat, 1974. (Kirchenpapier der FDP)
Gedenken an Dr. Liselotte Funcke. (Ausschnitt aus der Trauerfeier 2012)
Fraktionsprotokolle der FDP 1949-1969.
„Liselotte Funcke – Rebellin für die gute Sache“ (2021). (Webtalk der Friedrich-Naumann-Stiftung)
Liselotte Funcke, Streiterin für Gleichberechtigung, solide Finanzen und Integration. (Online-Broschüre der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, 2022)
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Porträts
Libertaler, 1976, Abbildung in: Susanne Ackermann (Hg.), 50 Jahre Archiv des Liberalismus, 2018, S. 70 f.
Fotografien, 1975–1977, Bildarchiv des Bundesarchivs. (Onlineressource)
Porträt, 1970, Bilddatenbank des Deutschen Bundestags. (Onlineressource)
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Autor/in
→Jürgen Frölich (Bonn)
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Zitierweise
Frölich, Jürgen, „Funcke, Liselotte“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.04.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118832522.html#dbocontent