Fahrenkrog, Ludwig
- Lebensdaten
- 1867 – 1952
- Geburtsort
- Rendsburg bei Kiel
- Sterbeort
- Biberach an der Riß
- Beruf/Funktion
- Maler ; Schriftsteller ; Spiritualist
- Konfession
- evangelisch-lutherisch, 1893 Baptist, 1900 konfessionslos, 1913 Gründer der Germanischen Glaubens-Gemeinschaft
- Normdaten
- GND: 116383135 | OGND | VIAF: 17972558
- Namensvarianten
-
- Fahrenkrog, Ludwig Carl Wilhelm
- Fahrenkrog, Ludwig Karl Wilhelm
- Fahrenkrog, Ludwig
- Fahrenkrog, Ludwig Carl Wilhelm
- Fahrenkrog, Ludwig Karl Wilhelm
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- Anton von Werner (1843–1915)
- Ernst Wachler (1871–1945)
- Fidus (1868–1948)
- Friedrich Schöll (1874–1967)
- Hans Scholl (1918–1943)
- Hugo Vogel (1855–1934)
- Jürgen Rieger (1946–2009)
- Karl Strünckmann (1872–1953)
- Nancy Faeser (geb. 1970)
- Otto Sigfrid Reuter (1856–1945)
- Paul de Lagarde (1827–1891)
- Philipp Stauff (1876–1923)
- Sophie Scholl (1921–1943)
- Wilhelm Altenloh (1908–1985)
- Wilhelm Hauer (1881–1962)
- Wilhelm Kusserow (1901–1983)
- Wilhelm Schwaners (1863–1944)
- Woldemar Friedrich (1846–1910)
- Árpád von Nahodyl Neményi (geb. 1958)
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Fahrenkrog, Ludwig Carl (Karl) Wilhelm
1867 – 1952
Maler, Schriftsteller, Spiritualist
Ludwig Fahrenkrog gehörte zu den wichtigsten Künstlern der völkischen Bewegung und hatte großen Einfluss auf die deutschreligiösen Bestrebungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er leitete von 1913 bis zu seinem Tod die von ihm gegründete Germanische Glaubens-Gemeinschaft, auf deren Theorien, Praktiken und Strukturen sich neuheidnische Gruppierungen bis heute berufen.
Lebensdaten
-
Autor/in
→Lukas Rösli (Berlin)
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Zitierweise
Rösli, Lukas, „Fahrenkrog, Ludwig“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116383135.html#dbocontent
Über Kindheit, Jugend und Schulausbildung Fahrenkrogs, der in einem lutherisch geprägten Elternhaus in Rendsburg bei Kiel aufwuchs, ist wenig bekannt. Seit 1882 absolvierte er in Altona bei Hamburg eine Ausbildung zum Dekorations- und Stubenmaler, ehe er als Geselle in Hamburger Handwerksbetrieben tätig war. Ab 1887 studierte er an der Akademie der Künste zu Berlin, wurde von Woldemar Friedrich (1846–1910) und Hugo Vogel (1855–1934) geprägt und beendete sein Studium 1892 als Meisterschüler des einflussreichen Malers und Kunstpolitikers Anton von Werner (1843–1915). 1893 erhielt Fahrenkrog für sein Gemälde „Kreuzigung Christi“ den Rom-Preis der Akademie und lebte 1894/95 als Stipendiat in Rom, wo er sich – entgegen der Intention des Stipendiums, das eine Beschäftigung mit der Kunst der Antike und der italienischen Renaissance vorsah – v. a. der Freiluftmalerei widmete.
1898 wurde Fahrenkrog Lehrer für figürliches Zeichnen, Malen und Bildkomposition an der Kunstgewerbeschule Barmen (Wuppertal) und wirkte hier von 1913 bis 1931 als Professor. Seit der Jahrhundertwende wurde er durch seine Nähe zu führenden Persönlichkeiten der Jugend- und Lebensreformbewegung geprägt. Der Historienmalerei des Wilhelminismus und dem symbolistisch geprägten Jugendstil verpflichtet, fand Fahrenkrog auch internationale Anerkennung und zählte neben Fidus (1868–1948), mit dem er zeitlebens eng befreundet war, zu den bekanntesten neuheidnisch orientierten Malern des frühen 20. Jahrhunderts. Moderne Kunstströmungen wie Avantgarde, Expressionismus und Kubismus lehnte er vehement ab.
Fahrenkrog setzte sich intensiv mit der christlichen Dogmatik auseinander, begeisterte sich für Germanentum und nordische Mythologie und verließ 1900 die evangelische Kirche. 1902 sorgte er auf einer Ausstellung im Glaspalast München mit dem Gemälde „Jesu predigend (Offenbarung)“, das Christus im Kontrast zu üblichen Darstellungsformen als glattrasierten, kurzhaarigen, „arischen“ Asketen zeigt, der Gesichtszüge des Künstlers aufweist, für einen Skandal.
In der Folgezeit plante Fahrenkrog die Gründung einer neuheidnischen Vereinigung, die vermeintlich vergessene, „arteigene“ Religionspraktiken wiederbeleben sollte, und veröffentlichte dazu 1907/08 in Wilhelm Schwaners (1863–1944) Zeitschrift „Der Volkserzieher“ drei Aufrufe. Fahrenkrog verfasste mehrere Dramen mit Bezug zur altnordisch-isländischen Literatur, wie „Baldur“ (1908), „Wölund“ (1914), „Nornegast“ (1922) und „Die Godentochter“ (1923), die in dem von Ernst Wachler (1871–1945) gegründeten, auch international angesehenen Bergtheater Thale (Harz) aufgeführt wurden.
Seit 1911 Mitglied in dem von Otto Sigfrid Reuter (1856–1945) geführten Deutschen Orden, gründete Fahrenkrog 1912 u. a. mit Schwaner auf dem Hermannsberg bei Rattlar die Germanisch-deutsche Religions-Gemeinschaft, die sich 1913 in Germanische Glaubens-Gemeinschaft (GGG) umbenannte und der neben Fidus und Wachler u. a. Philipp Stauff (1876–1923) als prominente Mitglieder der völkischen Kulturszene angehörten. Von 1914 bis 1952 leitete Fahrenkrog die hierarchisch-patriarchal organisierte Gemeinschaft, stand allen Untergliederungen (Sippen, Gaue) als „Hochwart“ vor und war v. a. aufgrund der Schrift „Das Deutsche Buch“ (1921) sowie regelmäßiger Beiträge in den GGG-Organen „Die Nornen“ und „Der Weihwart“ ihr theoretischer Vordenker. Mitte der 1920er Jahre erzielte die GGG mit ca. 400 Mitgliedern ihre stärkste Wirkung. Fahrenkrogs Vorstellung einer germanischen Religiosität war klar antisemitisch konnotiert und basierte auf der schon von Paul de Lagarde (1827–1891) postulierten Idee einer rassisch-biologistisch ausgerichteten Volksnation.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme trat Fahrenkrog 1933 dem „Führerrat“ der von Wilhelm Hauer (1881–1962) geleiteten Arbeitsgemeinschaft Deutscher Glaubensbewegungen bei, verließ diesen jedoch 1934, da Hauer nicht gegen das Christentum als Staatsreligion opponierte, sondern lediglich eine Anerkennung des Neuheidentums als dritter, gleichberechtigter Konfession im NS-Staat erreichen wollte. In der Folgezeit ging die NS-Führung auf Distanz zu Fahrenkrog; Im Januar 1936 verfügte Wilhelm Altenloh (1908–1985) im Auftrag des Politischen Polizei-Kommandeurs der Länder ein Verbot öffentlicher Veranstaltungen der GGG. 1941 beteiligte sich Fahrenkrog nochmals an dem Versuch, ein Sammelbecken nichtchristlicher Religionsgruppen zu gründen, was trotz prominenter Unterstützung, u. a. durch den Psychiater Karl Strünckmann (1872–1953) und den Pädagogen Friedrich Schöll (1874–1967), scheiterte.
Über Fahrenkrogs Wirken nach 1945 ist wenig bekannt. Sein Versuch, sich und seine Kunst von NS-Verbindungen zu distanzieren, wird u. a. in zwei Gemälden greifbar, die er nach 1945 von Hans Scholl (1918–1943) und Sophie Scholl (1921–1943) anfertigte und die 1949 von der Industrie- und Handelskammer der Universität München gestiftet wurden.
Auch nach der Löschung der GGG aus dem Vereinsregister 1964 wurde Fahrenkrogs neuheidnisches Denken weiter rezipiert. In den 1990er Jahren erhoben zwei Gruppierungen Rechtsanspruch auf die Nachfolge der GGG: die 1991 von Árpád von Nahodyl Neményi (geb. 1958) unter dem Pseudonym Géza von Neményi in Berlin als Verein eingetragene Germanische Glaubens-Gemeinschaft und die von Wilhelm Kusserow (1901–1983) gegründete, seit 1989 von dem NPD-Politiker Jürgen Rieger (1946–2009) geleitete Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e. V., die im September 2023 auf Weisung der Bundesministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser (geb. 1970), verboten wurde.
1893 | Rom-Preis der Akademie der Künste, Berlin |
1925 | Professor of Arts (Ehrenprofessor), National University Dakota, Mitchell (South Dakota, USA) |
1933 | Mitglied des Frontkämpferbunds bildender Künstler |
1933–1945 | Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste |
1938 | Innungs-Ehrenmeister der Hamburger Malergilde |
1938 | Ehrenbürger der Stadt Hamburg |
Nachlass:
Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, Deutsches Kunstarchiv. (weiterführende Informationen)
Weitere Archivmaterialien:
Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Sigmaringen, Wü 13 T 2 Nr. 923/014. (Spruchkammerakten) (Onlineressource)
Gedruckte Quellen:
Hellmuth Mielke, Ludwig Fahrenkrog. Ein Maler und Dichter. Mit sieben Text-Illustrationen und zwei Kunstbeilagen nach Gemälden des Meisters, in: Reclams Universum. Moderne illustrierte Wochenschrift 29 (1913). S. 995–999.
Artur Hoffmann-Kutschke, Deutschland den Deutschen! Dem deutschen Künstler Ludwig Fahrenkrog in Dank und Freundschaft, 1920.
Kurt Engelbrecht, Ludwig Fahrenkrog. Seine Schöpfungen und ihre Bedeutung für unser Volkstum, 1927.
Ludwig Dessel, Fahrenkrog und die Germanische Glaubens-Gemeinschaft. Ein Beitrag zur geschichtlichen Treue, 1937.
Religiöse und politische Schriften:
Geschichte meines Glaubens, 1906.
Sturm über Land. Kriegsbilder, 1915.
Ludwig Fahrenkrog/Heinrich Gutberlet, Deutsche Gedanken, 1920.
Gott im Wandel der Zeiten. Ein Buch in sieben Büchern, 6 Bde., 1922–1931.
Das deutsche Buch, 1921, 31923, Nachdr. 2007.
Germanischer Glaube, 1924.
Pantheismus und Dualismus. Eine Antwort auf bisher ungelöste Fragen, 1929.
Der geopferte Gott, 1931.
Der Sinn des Hakenkreuzes und die Germanische Glaubens-Gemeinschaft, 1933.
Germanisches Glaubensgut, 1934.
Jung-deutsche Religion, 1935.
Selbsterlösung, 1935.
Wie sagst du es deinem Kinde? Eine Umfrage, 1935.
Held oder Händler?, 1936.
Aufsätze zum Germanenglauben, 1937.
Bildende Kunst:
Kreuzigung Christi, Gemälde (Öl/Leinwand), ca. 1893.
Die Verführung, Gemälde (Öl/Leinwand), 1894.
Ecce homo, Gemälde (Öl/Leinwand), 1894.
Unverstandene Liebe, Gemälde (Öl/Leinwand), 1894.
Holstein in der Fremde, Gemälde (Öl/Leinwand), 1895.
Höllenfahrt Christi, Gemälde (Öl/Leinwand), 1896.
Neues Leben, Gemälde (Öl/Leinwand), 1900.
Jesus predigend (Offenbarung), Gemälde (Öl/Leinwand), 1901.
Jesu Versuchung, Gemälde (Öl/Leinwand), 1903.
Der Menschheit Woge, Kreide-Zeichnung, 1904.
Die goldenen Tage der Kindheit, Wandbild (Höheren Töchterschule, Oberbarmen), 1904.
Baldur segnet die Fluren, Gemälde (Öl/Leinwand), 1905.
Es ist vollbracht, Zeichnung, 1905.
Die Seele des Kindes, Gemälde (Öl/Leinwand), 1906.
Wandern und Träumen, Gemälde (Öl/Leinwand), 1906.
Parzifal und die Blumenmädchen, Gemälde (Öl/Leinwand), 1909.
Die heilige Stunde, Gemälde (Öl/Leinwand), 1910.
Auferstandener Christus, Wandbild (Kreuzkirche, Wuppertal-Langerfeld), 1911.
Neue Wege für die Zukunft, Graphit-Zeichnung, 1912.
Parzifal, Gemälde (Öl/Leinwand), 1912.
Die Schuld, Gemälde (Öl/Leinwand), 1913.
Sinkende Sonne, Gemälde (Öl/Leinwand), 1913.
Der Väter Land, Gemälde (Öl/Leinwand), 1914.
Der junge Tag, Gemälde (Öl/Leinwand), 1915.
Das Ereignis, Kohle-Zeichnung, 1916.
Friede, Gemälde (Öl/Leinwand), 1917.
Charlotte Fahrenkrog, Büste, 1920.
Das goldene Tor, Gemälde (Öl/Leinwand), 1920.
Der Weg zum Licht, Graphit-Zeichnung, 1920.
Fräulein Ohlert, Büste, 1920.
Die Seele des Kindes, Gemälde (Öl/Leinwand), 1920.
Quälende Gewalten, Kohle-Zeichnung, 1921.
Bismarck – Wacht im Westerwald, Gemälde (Öl/Leinwand), 1934.
Ekkehart, Gemälde (Öl/Leinwand), 1934.
Sophie Scholl, Gemälde (Öl/Leinwand), 1949.
Literarische Werke:
Baldur. Drama, 1908.
Wölund. Drama, 1914.
Lucifer. Dichtung in Bild und Wort, 1914.
Nornegast. Drama, 1922.
Die Godentochter. Drama, 1923.
Baldur. Sonnenwend-Spiel nach dem gleichnamigen dreiaktigen Drama, 1924.
Das goldene Tor. Dichtungen in Wort und Bild, 1927.
Stefanie von Schnurbein, Die Suche nach einer „arteigenen“ Religion in „germanisch-“ und „deutschgläubigen“ Gruppen, in: Uwe Puschner/Walter Schmitz/Justus Ulbricht (Hg.), Handbuch zur „Völkischen Bewegung“ 1871–1918, 1996, S. 172–185.
Stefanie von Schnurbein, Ludwig Fahrenkrog, in: ebd., S. 904. (Kurzbiografie)
Stefanie von Schnurbein, Göttertrost in Wendezeiten. Neugermanisches Heidentum zwischen New Age und Rechtsradikalismus, 1993.
Marina Schuster, Bildende Künstler als Religionsstifter. Das Beispiel der Maler Ludwig Fahrenkrog und Hugo Höppener genannt Fidus, in: Richard Faber/Volkhard Krech (Hg.), Kunst und Religion. Studien zur Kultursoziologie und Kulturgeschichte, 1999, S. 275–287
Winfried Mogge, Ludwig Fahrenkrog und die Germanische Glaubens-Gemeinschaft, in: Kai Buchholz/Rita Latocha/Hilke Peckmann/Klaus Wolbrecht (Hg.), Die Lebensreform. Entwürfe zur Neugestaltung von Leben und Kunst um 1900, Bd. 1, 2001, S. 429–432.
Uwe Puschner, Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich. Sprache – Rasse – Religion, 2001.
Daniel Junker, Gott in uns! Die Germanische Glaubens-Gemeinschaft. Ein Beitrag zur Geschichte völkischer Religiosität in der Weimarer Republik, 2002.
Claus Wolfschlag, Ludwig Fahrenkrog. Das goldene Tor. Ein deutscher Maler zwischen Jugendstil und Germanenglaube, 2006.
Monika Spiller, Art. „Fahrenkrog, Ludwig“, in: Württembergische Biographien 3 (2017), S. 54–56. (Onlineressource)
Fotografien, 1904–1952, Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, Deutsches Kunstarchiv.