Esser, Hermann
- Lebensdaten
- 1900 – 1981
- Geburtsort
- Röhrmoos (Oberbayern)
- Sterbeort
- Holzkirchen (Oberbayern)
- Beruf/Funktion
- Politiker ; Journalist ; Funktionär ; Nationalsozialist
- Konfession
- römisch-katholisch
- Normdaten
- GND: 122330811 | OGND | VIAF: 10725218
- Namensvarianten
-
- Esser, Hermann
Vernetzte Angebote
- Biografien des Projekts „Beamte nationalsozialistischer Reichsministerien“ [2020]
- Abgeordnete des Bayerischen Parlaments seit 1819 - Biogramme [2005-]
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- * Personen im Bayerischen Verwaltungshandbuch (BLO) [2009-]
- * Datenbank der deutschen Parlamentsabgeordneten Basis: Parlamentsalmanache/Reichstagshandbücher 1867 - 1938 [1867-1938]
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- * Datenbank der deutschen Parlamentsabgeordneten Basis: Parlamentsalmanache/Reichstagshandbücher 1867 - 1938 [1867-1938]
- * Historisches Lexikon Bayerns
- * Nachlassdatenbank beim Bundesarchiv
- Personenliste "Simplicissimus" 1896 bis 1944 (Online-Edition)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- * Personen im Bayerischen Verwaltungshandbuch (BLO) [2009-]
Verknüpfungen
Personen im NDB Artikel
- Adolf Hitlers (1889–1945)
- Adolf Wagner (1890–1944)
- Alfred Rosenberg (1893–1946)
- Benito Mussolini (1883–1945)
- Georg Franz-Willing (1915–2008)
- Gregor Straßer (1892–1934)
- Heinrich Himmler (1900–1945)
- John Toland (1912–2004)
- Joseph Goebbels (1897–1945)
- Julius Streicher (1885–1946)
- Werner Maser (1922–2007)
Orte
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Esser, Hermann
1900 – 1981
Politiker, Journalist
Hermann Esser war ein führender Akteur und Propagandist in der Frühzeit der NSDAP und zählte bis in die 1930er Jahre zu den Vertrauten Adolf Hitlers (1889–1945). Im „Dritten Reich“ bekleidete er kurzfristig verschiedene Minister- und Staatssekretärsämter in Bayern sowie im Deutschen Reich und war v. a. mit Angelegenheiten des Fremdenverkehrs befasst.
Lebensdaten
Geboren am 29. Juli 1900 in Röhrmoos (Oberbayern) Gestorben am 7. Februar 1981 in Holzkirchen (Oberbayern) Grabstätte Friedhof in Holzkirchen Konfession römisch-katholisch -
Autor/in
→Othmar Plöckinger (Salzburg)
-
Zitierweise
Plöckinger, Othmar, „Esser, Hermann“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.04.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/122330811.html#dbocontent
Esser besuchte die Volksschule in München und Kempten, wo er auch Schüler des humanistischen Gymnasiums wurde. Ohne das Abitur abgelegt zu haben, meldete er sich am 1. August 1917 als Kriegsfreiwilliger. Ob er Kriegseinsätze hatte, ist ungeklärt. 1918/19 kurzzeitig für die SPD aktiv, wechselte Esser nach Ausrufung der Münchner Räterepublik die politische Seite, schloss sich von April bis Juni 1919 dem Freikorps Schwaben an und äußerte sich in einem antibolschewistischen Aufklärungskurs der Reichswehr im Sommer 1919 antisemitisch. Im Frühjahr 1920 trat er erneut in den Dienst des bayerischen Reichswehrgruppenkommandos 4 und wurde zum Stab des Wehrkreises VII (Bayern) kommandiert, wo er nach eigenen Angaben bis 1922 im Pressebereich tätig war.
Seit 8. März 1920 Mitglied der NSDAP, trug Esser als einer ihrer wichtigsten Redner wesentlich zur Ausdehnung der Partei auf ganz Bayern und Norddeutschland bei. Ende 1920 beteiligte er sich am Erwerb des „Völkischen Beobachters“ durch die NSDAP, in dem er gelegentlich publizierte und dessen Schriftleiter er im Mai/Juni 1921 war. Bei der Parteikrise im Sommer desselben Jahres stellte sich Esser auf die Seite Adolf Hitlers (1889–1945), war von 1921 bis 1923 Hauptverantwortlicher der Parteipropaganda und verstärkte u. a. durch Vergleiche Hitlers mit Benito Mussolini (1883–1945) wesentlich die Entstehung des „Führer-Mythos“. Ende April 1923 wurde Esser von Hitler, der kurz darauf bei dessen erster Hochzeit Trauzeuge war, mit der Organisation öffentlicher Versammlungen der NSDAP beauftragt.
Nach dem Scheitern des Hitlers-Putsches im November 1923, bei dem er keine bedeutende Rolle spielte, floh Esser nach Österreich und hielt sich bis März 1924 illegal in Innsbruck, Klagenfurt und v. a. Salzburg auf. Nach seiner Rückkehr vom Münchner Volksgericht wegen illegalen Grenzübertritts und Landfriedensbruchs verurteilt, bildete Esser seit August 1924 mit Julius Streicher (1885–1946) und Alfred Rosenberg (1893–1946) den Führungskreis der „Großdeutschen Volksgemeinschaft“, die bei der Neugründung der NSDAP am 24. Februar 1925 eine wesentliche Rolle spielte.
In der Folge erhielt Esser die symbolträchtige Mitgliedsnummer 2, wurde mit der Parteiorganisation im Regierungsbezirk Oberbayern beauftragt und Leiter des Propagandaausschusses der Reichsleitung der NSDAP. Seine auf Provokation ausgerichteten Aktivitäten führten zu zahlreichen Prozessen und medialer Aufmerksamkeit, verdeckten aber seine organisatorischen Schwächen nicht, die auch unter den norddeutschen Nationalsozialisten um Gregor Straßer (1892–1934) und Joseph Goebbels (1897–1945) harsche Kritik hervorriefen. Im Februar 1926 durch Hitler von der Propagandaleitung der NSDAP abgezogen, übernahm Esser die Schriftleitung des im Juli 1926 gegründeten „Illustrierten Beobachters“, ohne dadurch seinen parteiinternen Niedergang verhindern zu können. 1927 veröffentlichte er seine einzige größere Schrift „Die jüdische Weltpest“, die bis 1943 sechs Auflagen erlebte.
Seit Ende der 1920er Jahre beschränkte sich der Einfluss Essers zunehmend auf die bayerische Politik. Seit Mai 1928 NSDAP-Abgeordneter im Kreistag von Oberbayern und seit Dezember 1929 im Münchner Stadtrat zog Esser nach den Landtagswahlen vom 24. April 1932 in den Bayerischen Landtag ein und war nach der nationalsozialistischen Machtübernahme vom 28. April 1933 bis Anfang 1934 dessen Präsident. Seit November 1933 amtierte er zudem als zweiter stellvertretender Reichstagspräsident. Neben mehreren Ehrenämtern wurde Esser am 17. März 1933 zum Kommissarischen Staatssekretär für die Abteilung Arbeit im Bayerischen Ministerium des Äußeren ernannt und stieg am 13. April 1933 zum Staatsminister ohne Geschäftsbereich sowie zum Chef der Bayerischen Staatskanzlei auf. In dieser Zeit beschäftigte er sich v. a. mit Fragen der Presse, was ihn bald in Konflikt mit anderen Nationalsozialisten wie Heinrich Himmler (1900–1945) und Adolf Wagner (1890–1944) brachte, die sich für die Presseüberwachung zuständig sahen, und Anfang 1934 zu seiner Abberufung führte. Als Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft von März 1934 bis März 1935 erlebte er den Höhepunkt seiner politischen Karriere.
In der Folgezeit konzentrierten sich Essers Aktivitäten auf Angelegenheiten des Fremdenverkehrs, die in den Zuständigkeitsbereich des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) fielen. 1935 wurde er Vorsitzender des neu gegründeten Reichsausschusses für Fremdenverkehr, scheiterte jedoch mit seinem Plan, ein eigenes Ministerium für Fremdenverkehr einzurichten, am Widerstand von Goebbels. 1939 festigte sich Essers Einfluss im Fremdenverkehrswesen durch seine Ernennung zum Staatssekretär im RMVP und die Gründung der Hermann-Esser-Forschungsgemeinschaft, die dem Fremdenverkehr eine wissenschaftliche Basis geben sollte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Esser in Dietramszell bei München festgenommen und in mehreren Internierungslagern festgehalten, darunter zu Vernehmungen im Nürnberger Justizpalast. Zunächst als minderbelastet eingestuft und am 24. Dezember 1947 freigelassen, tauchte Esser unter und wurde am 8. August 1949 in Abwesenheit von der Spruchkammer München als „Hauptschuldiger“ zu fünf Jahren Arbeitslager verurteilt. Am 11. September 1949 wurde er aufgrund von Veröffentlichungen in der Münchner Zeitschrift „Revue“ ausfindig gemacht und in Eichstätt interniert. Obwohl die Berufungskammer das 1949 ergangene Urteil bestätigte, wurde Esser am 11. Oktober 1950 die verbliebene Reststrafe von eineinhalb Jahren erlassen, drei Jahre später wurden die weiteren Teile des Urteils aufgehoben. Anschließend bestritt Esser seinen Lebensunterhalt als Finanzberater und inszenierte sich in Interviews als intimer Kenner Hitlers und der NSDAP-Geschichte. Seine Falschdarstellungen v. a. zur Frühgeschichte der NSDAP und zu Hitlers Privatleben fanden wiederholt Eingang in Boulevardmedien und wurden z. T. auch von der Forschung übernommen, etwa in Publikationen von Georg Franz-Willing (1915–2008), Werner Maser (1922–2007) und John Toland (1912–2004).
1933 | Ehrenbürger u. a. der Städte Kempten, Röhrmoos bei München, Prien am Chiemsee und Neuburg an der Donau |
1933 | Fliegerführer im Rang eines Obergruppenführers der SA |
1934 | „Ehrenführer“ der Luftwaffe |
Nachlass:
Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, Abt. V. (weiterführende Informationen)
Weitere Archivmaterialien:
Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, Abt. IV (Kriegsarchiv), RWGrKo 4 (Unterlagen der Presse- und Propagandaabteilung); Kriegsstammrollen (Esser, Hermann); OP 7 4288 (Offiziers-Personalakt Esser, Hermann).
Bayerisches Staatsarchiv, München, MSpKA, K 379. (Spruchkammerakten)
Archiv des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, München, ED 561/1-7. (v. a. Unterlagen aus der Zeit nach 1945, u. a. Korrespondenz)
Die jüdische Weltpest. Kann ein Jude Staatsbürger sein?, 1927, ab 2. erw. Aufl. 1939 u. d. T. Die jüdische Weltpest. Judendämmerung auf dem Erdball, 61943.
Monografien:
Alfred Ringer, Die Hermann Esser Forschungsgemeinschaft für Fremdenverkehr in Frankfurt a. Main, [1939].
Sonja Noller, Die Geschichte des „Völkischen Beobachters“ von 1920–1923, 1956.
Albrecht Tyrell, Vom „Trommler“ zum „Führer“. Der Wandel von Hitlers Selbstverständnis zwischen 1919 und 1924 und die Entwicklung der NSDAP, 1975.
Paul Hoser, Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe der Münchner Tagespresse zwischen 1914 und 1934, 2 Teile, 1990.
Gerhard Paul, Aufstand der Bilder. Die NS-Propaganda vor 1933, 21992.
Robert Probst, Die NSDAP im Bayerischen Landtag 1924–1933, 1998.
Mathias Rösch, Die Münchner NSDAP 1925–1933. Eine Untersuchung zur inneren Struktur der NSDAP in der Weimarer Republik, 2002. (Onlineressource)
Othmar Plöckinger, Unter Soldaten und Agitatoren. Hitlers prägende Jahre im deutschen Militär 1918–1920, 2013.
Christopher Görlich, NSDAP Mitglied Nr. 2. Hermann Esser und der Fremdenverkehr im Nationalsozialismus, 2015.
Aufsätze und Artikel:
Robert Wistrich, Art. „Esser, Hermann“, in: ders., Wer war wer im Dritten Reich? Ein biographisches Lexikon, überarb. u. erw. v. Hermann Weiß, 1992, S. 82–84.
Jana Richter, Art. „Esser, Hermann“, in: Hermann Weiß (Hg.), Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, überarb. Neuausg., 22011, S. 113 f.
Paul Hoser, Hermann Esser und Kempten, in: Allgäuer Geschichtsfreund. Zeitschrift für historische Forschung und Heimatpflege 121 (2021), S. 67–95.
zahlreiche Fotografien, Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek München, Sammlung Heinrich Hoffmann.
Fotografie, ca. 1933, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. VIII. Wahlperiode 1933, hg. v. Büro des Reichstags, 1933, S. 329. (Onlineressource)
Fotografie, ca. 1933, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. IX. Wahlperiode 1933, hg. v. Büro des Reichstags, 1934, S. 397. (Onlineressource)