Lebensdaten
1897 – 1968
Geburtsort
Leipzig
Sterbeort
Jerewan (Sowjetunion, heute Armenien)
Beruf/Funktion
Journalist ; Politiker
Konfession
evangelisch,später konfessionslos
Normdaten
GND: 118681850 | OGND | VIAF: 32790596
Namensvarianten
  • Berger, Hans
  • Comrade Edwards
  • Eisler, Gerhart
  • mehr

Porträt(nachweise)

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Zitierweise

Eisler, Gerhart, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118681850.html [02.10.2024].

CC0

  • Gerhart Eisler war ein kommunistischer Funktionär und Journalist mit österreichischen Wurzeln, der nach seinem Zerwürfnis mit der KPD-Führung seit 1929 als Spitzenfunktionär der Kommunistischen Internationale in China und den USA wirkte. Seit 1941 in New York City journalistisch tätig, floh er als politisch Verfolgter 1949 aus den USA und avancierte zum Vorsitzenden des Staatlichen Rundfunkkomitees der DDR.

    Lebensdaten

    Geboren am 20. Februar 1897 in Leipzig
    Gestorben am 21. März 1968 in Jerewan (Sowjetunion, heute Armenien)
    Grabstätte Friedhof der Sozialisten (Ehrengrab) in Berlin-Friedrichsfelde
    Konfession evangelisch; später konfessionslos
    Gerhart Eisler, Imago Images (InC)
    Gerhart Eisler, Imago Images (InC)
  • Lebenslauf

    20. Februar 1897 - Leipzig

    1901 - Wien

    Übersiedlung der Familie

    1901 - 1913 - Wien

    Schulbesuch (Abschluss: Matura)

    Volksschule; Rasumowsky-Gymnasium (heute Gymnasium Kundmanngasse)

    1913 - 1915 - Wien

    Studium der Volkswirtschaftslehre, Philosophie und Rechtswissenschaften

    Universität

    1915 - 1918 - Isonzo-Front

    Kriegsdienst (zuletzt Leutnant der Reserve)

    k. u. k. Armee

    1918 - 1920 - Wien

    Fortsetzung des Studiums (ohne Abschluss)

    Universität

    November 1918 - 1921 - Wien

    Mitgründer; Mitglied

    Kommunistische Partei Deutsch-Österreichs

    1918 - 1919 - Wien

    Mitglied

    Arbeiter- und Soldatenrat

    1919 - 1920 - Wien

    Journalist

    u. a. Der Kommunismus (theoretische Zeitung der KPDÖ)

    Januar 1921 - Berlin

    Übersiedlung

    1921 - 1968

    Mitglied

    KPD; seit 1946 SED

    1922 - 1925 - Berlin

    Chefredakteur

    Die Rote Fahne (Abendausgabe)

    1921 - 1922 - Berlin

    Redakteur

    Internationale (Zeitschrift)

    1922 - 1923 - Berlin

    Redakteur

    KPD-Pressedienst

    1923 - April 1924 - Halle an der Saale

    Leiter

    KPD-Oberbezirk Mitteldeutschland

    1921 - 1929 - Berlin

    Mitglied (mit Unterbrechung 1925/26)

    KPD-Bezirksleitung

    1926 - 1928 - Berlin

    Leiter der Informationsabteilung

    Zentralkomitee (ZK) der KPD

    1926 - 1927 - Berlin-Moabit

    Untersuchungshaft

    März 1927 - Juni 1929 - Berlin

    Kandidat (in Abwesenheit gewählt)

    ZK der KPD

    März 1929 - Sommer 1931 - Shanghai; Nanking (China)

    Beauftragter

    Kommunistische Internationale (Komintern)

    1931 - 1933 - Moskau

    Mitarbeiter im Angloamerikanischen Sekretariat

    Komintern

    1933 - 1936 - USA; New York City

    Vertreter

    Komintern

    Juli 1935 - August 1935 - Moskau

    Teilnehmer

    7. Weltkongress der Komintern

    1936 - 1939 - Prag; Paris; Spanien

    Mitarbeiter, u. a. verantwortlich für den Aufbau des Kurzwellensenders „29,8“ in Spanien

    KPD-Auslandsleitung

    August 1939 - 1941 - Le Vernet (Département Alpes-de-Haute-Provence, Frankreich); Les Milles bei Marseille

    Inhaftierung

    Mai 1941 - Ellis Island

    Ausreise nach Mexiko; Internierung in New York City; Verbot der Weiterreise

    Internierungslager

    1941 - 1946 - New York City

    Chefredakteur; seit 1945 Mitherausgeber

    The German American (Zeitschrift)

    Herbst 1946 - 1949 - USA

    politische Verfolgung; Verurteilungen zu Haftstrafen

    Federal Bureau of Investigation (FBI); House Committee on Un-American Activities des US-Kongresses

    Dezember 1948 - Leipzig

    Berufung in Abwesenheit zum Professor für politische und soziale Fragen

    Universität

    1949 - 1950 - Berlin

    Mitglied

    Parteivorstand der SED

    1949 - 1950

    Abgeordneter der SED

    Volkskammer

    Oktober 1949 - Dezember 1952 - Berlin-Ost

    Leiter

    Amt für Information der DDR-Regierung

    1953 - 1955

    parteioffizielle Untersuchungen wegen „Verdachts der Agententätigkeit“

    1953 - 1956 - Berlin-Ost

    freier Journalist; Redakteur

    v. a. Wochenpost. Zeitung für Politik, Kultur, Wirtschaft, Unterhaltung

    1956 - 1968 - Berlin-Ost

    stellvertretender Vorsitzender unter Hermann Ley (1911–1990); seit 1962 Vorsitzender

    Staatliches Rundfunkkomitee der DDR

    1967 - 1968 - Berlin-Ost

    Mitglied

    Zentralkomitee der SED

    21. März 1968 - Jerewan (Sowjetunion, heute Armenien)
  • Genealogie

    Vater Rudolf Eisler 7.1.1873–13.12.1926 aus Wien; jüdisch, später konfessionslos; Dr. phil.; Philosoph und Übersetzer; gest. in Wien
    Großvater väterlicherseits Ferdinand Eisler 25.12.1846–25.3.1913 aus Kolin (Böhmen, heute Tschechien); jüdisch; Kaufmann und Buchhalter; gest. in Wien
    Großmutter väterlicherseits Rosa Eisler, geb. Meyer gest. 7.4.1926 aus Wien; jüdisch; Hausfrau; gest. in Wien
    Mutter Ida Maria Eisler, geb. Fischer 1875–27.12.1927 aus Schwetzingen bei Heidelberg; evangelisch-lutherisch; Hausfrau; vereinzelt freie Mitarbeiterin der „Leipziger Neuesten Nachrichten“
    Großvater mütterlicherseits Anton Fischer aus Schwetzingen bei Heidelberg; Fleischer
    Großmutter mütterlicherseits Regine Fischer aus Pomßen bei Leipzig
    Schwester Ruth Fischer , geb. Elfriede Maria Eisler 11.12.1895–13.3.1961 Politikerin, Publizistin; 1915–1922 in 1. Ehe verh. mit Paul Friedländer (1891–ca. 1943), Mitbegründer der KPD und Journalist
    Bruder Johannes (Hanns) Eisler 6.7.1898–6.9.1962 Komponist; Musiktheoretiker
    1. Heirat 27.6.1921 in Wien
    Ehefrau Hedwig (Hede) Eisler , geb. Tune (später Hede Massing) 6.1.1900–8.3.1981 aus Wien; Schauspielerin; kommunistische Spionin in den USA; Autorin; 1927/28 in 2. Ehe verh. mit Julian Gumperz (1898–1972), Soziologe; kommunistischer Publizist; Mitarbeiter des Instituts für Sozialforschung; 1936 in 3. Ehe verh. mit Paul W. Massing (1902–1979), Dr. phil., Soziologe
    Schwiegervater Philipp Tune
    Schwiegermutter Rosa Tune
    2. Heirat 15.7.1931 in Wien
    Ehefrau Ella (Elli) Eisler, geb. Tune 15.11.1908–11.10.2001 aus Wien; Schwester von Hede Eisler; lebte 1947 in Schweden
    Scheidung ca. 1942
    Tochter Anna (Natascha) Eisler geb. 2.11.1931 lebte 1947 mit ihrer Mutter in Schweden
    3. Heirat 27.8.1942 in Norwalk (Connecticut, USA)
    Ehefrau Brunhilde (Hilde) Eisler , geb. Vogel-Rothstein 28.1.1912–8.10.2000 aus Tarnopol (Russland, heute Ukraine); Journalistin, Chefredakteurin der Zeitschrift „Magazin“; gest. in Berlin
    Onkel väterlicherseits Armand Eisler 6.5.1880–16.9.1957 Dr. iur.; Jurist; 1938/39 KZ-Häftling in Dachau und Buchenwald; Emigration in die USA; Vorsitzender der American Association of Former Inmates of Concentration Camps
    Neffe Friedrich Gerhart Friedländer 25.12.1917–20.5.2001 Mathematiker; 1933 Emigration nach England; Lecturer an der Victoria University of Manchester; Honorary Fellow an der University College London; verh. mit Yolande Friedländer, geb. Moden (1924–1968)
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Eisler, Gerhart (1897 – 1968)

    • Vater

      Rudolf Eisler

      7.1.1873–13.12.1926

      aus Wien; jüdisch, später konfessionslos; Dr.·phil.; Philosoph und Übersetzer; gest. in Wien

      • Großvater väterlicherseits

        Ferdinand Eisler

        25.12.1846–25.3.1913

        aus Kolin (Böhmen, heute Tschechien); jüdisch; Kaufmann und Buchhalter; gest. in Wien

      • Großmutter väterlicherseits

        Rosa Eisler

        gest. 7.4.1926

        aus Wien; jüdisch; Hausfrau; gest. in Wien

    • Mutter

      Ida Maria Eisler

      1875–27.12.1927

      aus Schwetzingen bei Heidelberg; evangelisch-lutherisch; Hausfrau; vereinzelt freie Mitarbeiterin der „Leipziger Neuesten Nachrichten“

      • Großvater mütterlicherseits

        Anton Fischer

        aus Schwetzingen bei Heidelberg; Fleischer

      • Großmutter mütterlicherseits

        Regine Fischer

        aus Pomßen bei Leipzig

    • Schwester

      Ruth Fischer

      11.12.1895–13.3.1961

      Politikerin, Publizistin; 1915–1922 in 1. Ehe verh. mit Paul Friedländer (1891–ca. 1943), Mitbegründer der KPD und Journalist

    • Bruder

      Johannes (Hanns) Eisler

      6.7.1898–6.9.1962

      Komponist; Musiktheoretiker

    • 1. Heirat

      in

      Wien

      • Ehefrau

        Hedwig (Hede) Eisler

        6.1.1900–8.3.1981

        aus Wien; Schauspielerin; kommunistische Spionin in den USA; Autorin; 1927/28 in 2. Ehe verh. mit Julian Gumperz (1898–1972), Soziologe; kommunistischer Publizist; Mitarbeiter des Instituts für Sozialforschung; 1936 in 3. Ehe verh. mit Paul W. Massing (1902–1979), Dr. phil., Soziologe

    • 2.·Heirat

      in

      Wien

      • Ehefrau

        Hedwig (Hede) Eisler

        6.1.1900–8.3.1981

        aus Wien; Schauspielerin; kommunistische Spionin in den USA; Autorin; 1927/28 in 2. Ehe verh. mit Julian Gumperz (1898–1972), Soziologe; kommunistischer Publizist; Mitarbeiter des Instituts für Sozialforschung; 1936 in 3. Ehe verh. mit Paul W. Massing (1902–1979), Dr. phil., Soziologe

    • 3.·Heirat

      in

      Norwalk (Connecticut, USA)

      • Ehefrau

        Hedwig (Hede) Eisler

        6.1.1900–8.3.1981

        aus Wien; Schauspielerin; kommunistische Spionin in den USA; Autorin; 1927/28 in 2. Ehe verh. mit Julian Gumperz (1898–1972), Soziologe; kommunistischer Publizist; Mitarbeiter des Instituts für Sozialforschung; 1936 in 3. Ehe verh. mit Paul W. Massing (1902–1979), Dr. phil., Soziologe

  • Biografie

    alternativer text
    Gerhart Eisler (links), BArch / Bildarchiv (InC)

    Eisler besuchte von 1901 bis 1913 eine Volksschule und das humanistische Rasumowsky-Gymnasium in Wien, wo er sich in der Jugendkulturbewegung um den Reformpädagogen Siegfried Bernfeld (1892–1953) engagierte und u. a. mit dem späteren Dirigenten Josef Trauneck (1898–1975) befreundete. Sein 1913 begonnenes Studium der Volkswirtschaftslehre, Philosophie und Rechtswissenschaften an der Universität Wien beendete er 1920 ohne Abschluss. Unterbrochen wurde es durch Eislers Kriegsdienst in der k. u. k. Armee vom Frühsommer 1915 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, während dem er v. a. an der Isonzo-Front eingesetzt war und hohe Auszeichnungen für seine militärischen Leistungen erhielt. Seit November 1918 zurück in Wien, schloss sich Eisler der Kommunistischen Partei (KP) Deutsch-Österreichs sowie der für eine Rätediktatur eintretenden „Roten Garde“ an und wirkte seit Mitte 1919 als Schriftleiter des theoretischen Parteiorgans „Der Kommunismus“. Im Januar 1921 siedelte er nach Berlin über und trat der KPD bei, in deren Presseapparat er arbeitete und deren Oberbezirk Mitteldeutschland er 1923/24 leitete.

    Als seine ältere Schwester Ruth Fischer (1895–1961) im Mai 1924 die Führung der KPD übernahm, verlor Eisler seine Stellung im Parteiapparat, da er sich als Angehöriger der sog. Mittelgruppe gegen Fischers ultralinke Positionen gestellt hatte. Nach dem Übergang der KPD-Leitung auf Ernst Thälmann (1886–1944) im August 1925 rückte Eisler als regelmäßiger Teilnehmer an den Sitzungen des Politbüros, dem er offiziell nicht angehörte, wieder in den engeren Führungszirkel der Partei auf. In der KPD stand Eisler als Angehöriger der Gruppe der sog. Versöhnler zwischen dem gemäßigten Parteiflügel um Heinrich Brandler (1881–1967) und dem stalinistisch orientierten Flügel um Thälmann. Im September 1928 sorgte Eisler dafür, dass die Maßnahmen der KPD-Führung zur Aufdeckung einer von Thälmann gedeckten Unterschlagung im Parteibezirk Hamburg (Wittorf-Affäre) in einem offiziellen Kommuniqué bekannt gemacht wurden. In der Folge verlor er alle Parteifunktionen und wurde der Kommunistischen Internationale (Komintern) in Moskau zur Verfügung gestellt. Als Mitarbeiter des Fernöstlichen Büros in Shanghai koordinierte Eisler von März 1929 bis Sommer 1931 die Zusammenarbeit mit der KP Chinas.

    Von 1933 bis 1935 war Eisler Beauftragter der Komintern in den USA und nahm im Sommer 1935 als Delegierter der KP der USA am 7. Weltkongress der Komintern in Moskau teil. Hier erwirkte er bei Wilhelm Pieck (1876–1960) die Erlaubnis, zur deutschen Parteiarbeit zurückzukehren, und war von Ende 1935 bis August 1939 politischer Mitarbeiter der Auslandsleitung der KPD in Prag und Paris. Von Oktober 1936 bis März 1939 war er nach Spanien abkommandiert, wo er den Deutschen Sender „29,8“ leitete, der die Idee einer antifaschistischen Volksfront propagierte. Ende August 1939 als „feindlicher Ausländer“ in Paris festgenommen, wurde Eisler in das Gefangenenlager Le Vernet in den französischen Pyrenäen verbracht und Ende 1940 in das Lager Les Milles nahe Marseilles verlegt. Im Mai 1941 erhielt er die Erlaubnis, nach Mexiko auszureisen, wurde bei seiner Überfahrt jedoch in New York City festgehalten und kurzzeitig auf Ellis Island interniert, nachdem die US-Behörden entschieden hatten, deutschen und österreichischen Staatsangehörigen eine Weiterreise nach Lateinamerika zu verweigern, um dort keine profaschistische „Fünfte Kolonne“ entstehen zu lassen.

    Im US-amerikanischen Exil trat Eisler v. a. als Chefredakteur der Zeitschrift „The German American“ hervor, in der die Idee einer antifaschistischen Volksfront in den USA propagiert wurde. Höhepunkt dieser Bestrebungen war die Gründung des Council for a Democratic Germany im Mai 1944, der sich als Repräsentant des gesamten deutschen Volkes in den USA verstand und v. a. Überlegungen zum gesellschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands nach dem Krieg anstellte. Gelegentlich schrieb Eisler unter dem Pseudonym Hans Berger für die Tageszeitung der KP der USA, „Daily Worker“, und veröffentlichte im Sommer 1945 mit Albert Norden (1904–1982) und Albert Schreiner (1892–1979) das Buch „The Lesson of Germany. A Guide To Her History“, das US-amerikanischen Lesern v. a. die Hintergründe der nationalsozialistischen Machtübernahme in Deutschland nahebringen sollte. In den USA wurde es kaum zur Kenntnis genommen, eine deutsche Übersetzung erschien nicht.

    Im Juli 1946, kurz vor seiner genehmigten Abreise nach Deutschland, wurde Eislers Ausreisegenehmigung durch das Federal Bureau of Investigation (FBI) aufgehoben, nachdem Louis F. Budenz (1891–1972), ein früheres Mitglied der Kommunistischen Partei der USA, öffentlich den – sachlich falschen – Vorwurf erhoben hatte, Eisler sei ein führender sowjetischer Agent und „Chef aller Roten“ in den USA. Es folgte eine langjährige Kampagne gegen Eisler, in deren Rahmen seine Schwester vor dem House Committee on Un-American Activities gegen ihn aussagte. Eisler wurde der Missachtung des US-Kongresses und Steuerhinterziehung bezichtigt und verurteilt. Um der Vollstreckung der mehrjährigen Haftstrafe zu entgehen, flüchtete er als blinder Passagier eines polnischen Passagierschiffs aus den USA und gelangte über Großbritannien, das eine von den USA geforderte Auslieferung ablehnte, im Mai 1949 in die Sowjetische Besatzungszone. Dort wurde Eisler kurz darauf Mitglied des Parteivorstands der SED, Leiter der Verwaltung für Information der Deutschen Wirtschaftskommission und nach der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 Leiter des Presseamts und somit Pressesprecher der DDR-Regierung.

    Infolge parteioffizieller Untersuchungen um seine Vergangenheit als „Versöhnler“ und Westemigrant wurde Eisler auf dem III. Parteitag der SED im Sommer 1950 nicht wieder in die erweiterte Parteiführung gewählt und kurz darauf von der operativen Arbeit des Presseamts entfernt. Im Februar 1951 war er gezwungen, in der Tageszeitung „Neues Deutschland“, dem Zentralorgan der SED-Führung, eine demütigende Selbstkritik zu veröffentlichen, die ihm vorübergehend Ruhe verschaffte. Von Anfang 1953 bis Mitte 1955 als freier Journalist in Berlin-Ost tätig, erhielt Eisler auf Vermittlung Walter Ulbrichts (1893–1973), den er seit Beginn der 1920er Jahre aus der gemeinsamen Arbeit im Apparat der KPD kannte, regelmäßig bezahlte Aufträge und fungierte de facto als außenpolitischer Redakteur der auflagestarken Wochenzeitung „Wochenpost“.

    Im Januar 1957 wurde Eisler durch den Ministerrat der DDR zum stellvertretenden Vorsitzenden des Staatlichen Rundfunkkomitees der DDR ernannt, das er von März 1962 bis zu seinem Tod leitete. Eisler wurde zwar erst im April 1967 Mitglied des Zentralkomitees der SED, als inoffizieller Berater Ulbrichts nahm er jedoch bereits zuvor Einfluss auf wichtige Entscheidungen. So lieferte er im Dezember 1963 die Idee für ein Passierscheinabkommen mit dem Senat von Berlin-West, verhinderte nach verschiedenen Berichten, dass der Empfang des „Westfernsehens“ in der DDR unter Strafe gestellt wurde, und sicherte im Dezember 1965 den Erhalt des Jugendradiosenders „DT64“.

  • Auszeichnungen

    1916 Silberne Tapferkeitsmedaille 2. Klasse
    1917 Militär-Verdienstkreuz 3. Klasse mit Kriegsdekoration und Schwertern
    1917 Militär-Verdienstmedaille (Bronze) am Bande des Militär-Verdienstkreuzes (mit Schwertern)
    1950 Gerhart-Eisler-Straße, Kleinmachnow (Brandenburg)
    1957 Vaterländischer Verdienstorden in Silber
    1962 Karl-Marx-Orden
    1963 Dr. h. c., Universität Leipzig
    1964 Vaterländischer Verdienstorden in Gold
    1969–1990 Gerhart-Eisler-Oberschule, Berlin-Pankow
    1975 Gerhart-Eisler-Plakette des Staatlichen Rundfunkkomitees der DDR
    1977 Sonderbriefmarke der Post der DDR
    1987 Gerhart-Eisler-Straße, Berlin-Hellersdorf (seit 1992 Nossener Straße)
    nach 1968 Gerhart-Eisler-Straße, Voigtstedt (Thüringen)
    nach 1968 Gerhart-Eisler-Straße, Kleinmachnow (Brandenburg)
    nach 1968 Gerhart-Eisler-Turnhalle, Löcknitz (Mecklenburg-Vorpommern)
  • Quellen

    Nachlass:

    Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, SAPMO, NY 4117. (weiterführende Informationen)

    Weitere Archivmaterialien:

    Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, SAPMO, DY 30/7 1032 (Akten der zentralen Parteikontrollkommission der SED 1948–1962) u. DY 30/8 9231 (Kaderakte im Zentralkomitee der SED).

    Russisches Staatsarchiv für sozial-politische Geschichte (RGASPI), Moskau, 495-205-154. (Kaderakte, Kommunistische Internationale)

    Gedruckte Quellen:

    Hearings on Gerhart Eisler. Investigation on Un-American Propaganda Activities in the United States. Transcript of Proceedings, 1947.

    Thirty Years of Treason. Excerpts from Hearings before the House Committee on Un-American Activities, 1938–1968, 1971.

    Nathan Notowicz (Hg.), „Wir reden hier nicht von Napoleon, wir reden von Ihnen!“. Gespräche mit Hanns Eisler und Gerhart Eisler, 1971.

  • Werke

    Gerhart Eisler/Albert Norden/Albert Schreiner, The Lesson of Germany. A Guide To Her History, 1945.

    Eisler Hits Back. The German American, [1946].

    My Side of the Story. The Statement, the Newspapers Refused to Print, 1947.

    Fighting Words. Selections from Twenty-Five Years of The Daily Workers, 1949.

    Freundschaft für immer. Brief an alle Bürger der DDR anläßlich des 34. Jahrestages der großen sozialistischen Oktoberrevolution, 1951.

    Der Staatsvertrag zwischen den Regierungen der UdSSR und der DDR, 1955.

    Kann es eine Freundschaft zwischen der UdSSR und den USA geben?, 1957.

    Friede ist die erste Bürgerpflicht, 1960.

    Walter Ulbricht/Gerhart Eisler, Westdeutschland braucht eine neue Politik. Sonntagsgespräch des Deutschlandsenders zu den Bundestagswahlen am 19. September 1965, [1965].

    Offene Worte. Eine Auswahl von interessanten Beiträgen Prof. Gerhart Eislers, die in der „Jungen Welt“ als Antwort auf Leserfragen veröffentlicht wurden, 1966.

    Auf der Hauptstraße der Weltgeschichte. Artikel, Reden und Kommentare 1956–1968. Mit einem Nachw. v. Hilde Eisler, 1981.

  • Literatur

    Nachruf des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und des Ministerrats der Deutschen Demokratischen Republik, in: Neues Deutschland v. 22.3.1968.

    Albert Norden, Getreuer Streiter für den Sozialismus. Aus der Rede auf der Trauerfeier für Gerhart Eisler, in: Neues Deutschland v. 26.3.1968.

    Jürgen Schebera, Gerhart Eisler. Kommunist, Publizist, Politiker, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung 25 (1983), H. 5, S. 724–736.

    Jürgen Schebera, The Lessons of Germany. Gerhart Eisler im Exil. Kommunist, Publizist, Galionsfigur der HUAC-Hexenjäger, in: Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch 7 (1989), S. 85–97.

    Catherine Epstein, The Last Revolutionaries. German Communists and their Century, 2003.

    Ronald Friedmann, Ulbrichts Rundfunkmann. Eine Gerhart-Eisler-Biographie, 2007.

    Ronald Friedmann, Walter Ulbricht und Gerhard Eisler. Skizze einer seltsamen Freundschaft, in: Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung 8 (2009), H. 3, S. 95–107.

    Mario Keßler, Westemigranten. Deutsche Kommunisten zwischen USA-Exil und DDR, 2019.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografie v. John Albert (geb. 1912), 1946, International Center of Photography, New York City. (Onlineressource)

    Fotografien, 1951–1966, Digitales Bildarchiv des Bundesarchivs.

    Fotografien seit 1949, Deutsche Fotothek. (Onlineressource)

    Bronzeplastik v. Herbert Burschik (1922–1990), 1971. (Onlineressource)

  • Autor/in

    Ronald Friedmann (Berlin)

  • Zitierweise

    Friedmann, Ronald, „Eisler, Gerhart“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118681850.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA