Eigruber, August
- Lebensdaten
- 1907 – 1947
- Geburtsort
- Steyr (Oberösterreich)
- Sterbeort
- Landsberg am Lech
- Beruf/Funktion
- Politiker ; NS-Gauleiter ; Reichsstatthalter
- Konfession
- römisch-katholisch
- Normdaten
- GND: 127548963 | OGND | VIAF: 33023493
- Namensvarianten
-
- Eigruber, August
Vernetzte Angebote
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Eigruber, August
1907 – 1947
Politiker, NS-Gauleiter, Reichsstatthalter
August Eigruber engagierte sich bereits als Jugendlicher für den Nationalsozialismus und wurde 1936 NSDAP-Gauleiter von Oberösterreich. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 führte der administrativ unerfahrene Multifunktionär seinen Gau bis Kriegsende mit besonderem Fanatismus. Verantwortlich für mehrere Endphaseverbrechen, wurde er nach dem Zweiten Weltkrieg zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Lebensdaten
Geboren am 16. April 1907 in Steyr (Oberösterreich) Gestorben am 28. Mai 1947 (hingerichtet) in Landsberg am Lech Grabstätte in vermutlich Landsberg am Lech Konfession römisch-katholisch -
Autor/in
→Martin Moll (Graz)
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Zitierweise
Moll, Martin, „Eigruber, August“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/127548963.html#dbocontent
Eigruber besuchte bis 1921 die Volks- und Realschule in Steyr und absolvierte danach eine einjährige Ausbildung an der dortigen Bundeslehranstalt für Eisen- und Stahlverarbeitung. Anschließend arbeitete er – unterbrochen von Phasen der Arbeitslosigkeit – bis 1934 bei wechselnden Arbeitgebern als Feinmechaniker, Hilfs- und Magazinarbeiter sowie Vermessungstechniker. 1922 trat Eigruber der Nationalsozialistischen Arbeiterjugend Oberösterreichs bei, einem Vorläufer der Hitler-Jugend, deren Landesführer für Oberösterreich er 1925 wurde. Seit 1928 Mitglied der NSDAP, übernahm er 1930 die Bezirksleitung für Steyr-Land sowie 1931 für Steyr-Stadt.
Nach dem Verbot der NSDAP in Österreich im Juni 1933 engagierte sich Eigruber als Gaugeschäftsführer sowie Gauleiter für Oberösterreich im Untergrund für die Partei. Zahlreiche Verhaftungen und Inhaftierungen in Gefängnissen des österreichischen Ständestaats festigten seinen innerparteilichen Ruf als unbeirrbarer Aktivist. Beim Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Österreich am 12. März 1938 ernannte sich Eigruber zum Landeshauptmann von Oberösterreich. Am selben Tag bestätigte Adolf Hitler (1889–1945) bei seinem Besuch in Linz diese Selbstermächtigung und setzte Eigruber als Gauleiter der NSDAP ein.
Nach der Umwandlung Oberösterreichs in den Reichsgau „Oberdonau“ im März 1940 wurde Eigruber dessen Reichsstatthalter. In administrativen Fragen unerfahren, vereinigte er somit in seiner Person die staatliche Führung, die Gauselbstverwaltung und die Parteiführung. Ergänzt wurde diese Machtfülle durch die Ernennung zum Reichsverteidigungskommissar seines Gaus im November 1942 und zahlreiche Posten in Aufsichtsräten bedeutender Großbetriebe, u. a. in der Alpine Montan AG Hermann Göring, der Steyr-Daimler-Puch AG, der Wohnungs-AG der Reichswerke Hermann Göring, der Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerks-AG sowie der Rhein-Main-Donau AG.
In Eigrubers Einflussbereich lagen seit 1938 das SS-geführte Konzentrationslager Mauthausen und die 1940 eingerichtete Tötungsanstalt Hartheim, in der bis 1944 im Rahmen der NS-„Euthanasie“ rund 30 000 Menschen ermordet wurden. Eigruber besuchte beide Einrichtungen mindestens einmal. Er soll sich um die Belieferung des Konzentrationslagers mit Lebensmitteln und Baumaterial sowie um die Vermittlung von Häftlingen als Arbeiter in Rüstungsbetrieben gekümmert haben; der in Hartheim hauptverantwortliche Arzt Rudolf Lonauer (1907–1945) entstammte der Landesverwaltung Oberdonaus. Eigruber bereicherte sich bei der „Arisierung“ enteigneten jüdischen Vermögens und ließ in der Kriegsendphase rund 100 Regimegegner ermorden, darunter Häftlinge des Konzentrationslagers Mauthausen sowie Widerstandskämpfer der „Welser Gruppe“. Noch nach Hitlers Suizid animierte er die Bevölkerung seines Gaus zum Weiterkämpfen, als US-Truppen von Westen auf Linz vorrückten.
Anfang Mai 1945 setzte sich Eigruber mit falschen Papieren nach Kirchdorf an der Krems ab und versuchte vergeblich, im Salzbergwerk Altaussee gelagerte Kunstschätze im Sinne einer Politik der „Verbrannten Erde“ sprengen zu lassen. Am 10. August 1945 in St. Pankraz nahe Kirchdorf verhaftet, verfasste er im Winter 1945/46 als Zeuge im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess mehrere Affidavits für Ernst Kaltenbrunner (1903–1946), bevor er sich von März bis Mai 1946 mit 60 Mitangeklagten im Dachauer Mauthausen-Hauptprozess für einige seiner Verbrechen (Mangelernährung der Häftlinge, Zurverfügungstellung von Hartheim, Erschießungsbefehle) verantworten musste. Seine Behauptung, nur Befehle befolgt zu haben, bewahrte ihn nicht vor dem Todesurteil und der Hinrichtung durch den Strang im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg am Lech.
1939 | Goldenes Ehrenzeichen und Blutorden der NSDAP |
1939 | Totenkopfring der SS |
1939 | Ehrendegen des Reichsführers-SS |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 9361-III/522759. (Personenbezogene Unterlagen der SS und SA)
Oberösterreichisches Landesarchiv, Linz, Politische Akten, Schuber 49. (Akten der Reichsstatthalterei des Reichsgaus Oberdonau)
Österreichisches Staatsarchiv Wien/Archiv der Republik, Gaupersonalamt des Gaues Wien, Gauakt Nr. 332 557. (August und Johanna Eigruber)
Archiv des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, München, ZS 453. (Zeugenschrifttum August Eigruber) (Onlineressource)
Gedruckte Quellen:
Verordnungs- und Amtsblatt für den Reichsgau Oberdonau, 1940–1945.
Ein Gau wächst ins Reich. Das Werden Oberdonaus im Spiegel der Reden des Gauleiters August Eigruber, hg. v. d. Gaupropagandaleitung Oberdonau der NSDAP, 1941.
Reinhard Pohanka, Pflichterfüller. Hitlers Helfer in der Ostmark, 1997, S. 48–56.
Harry Slapnicka, Um die Gauleiter-Posten der „Ostmark“. Wie Goebbels mitmischt – Personalpolitik im Schatten des Krieges, in: Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 1996 (1997), S. 401–410.
Joachim Lilla, Die Vertretung Österreichs im Großdeutschen Reichstag, in: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48 (2000), S. 229–327.
Thomas Dostal, Das „braune Netzwerk“ in Linz. Die illegalen nationalsozialistischen Aktivitäten zwischen 1933 und 1938, in: Fritz Mayrhofer/Walter Schuster (Hg.), Nationalsozialismus in Linz, Bd. 1, 2001, S. 21–136. (Onlineressource)
Kurt Tweraser, Wirtschaftspolitik zwischen „Führerstaat“ und „Gaupartikularismus“. Eigruber und Hinterleitner: Der „Gaufürst“ und sein Wirtschaftsberater, in: Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 2003/04 (2004), S. 499–514.
Josef Goldberger/Cornelia Sulzbacher, Oberdonau, 2008.
Hermann Weiß, Art. „Eigruber, August“, in: ders. (Hg.), Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, überarb. Neuausg., 22011, S. 108 f.
Wolfgang Graf, Österreichische SS-Generäle. Himmlers verlässliche Vasallen, 2012, S. 130–136. (P)
Christian Angerer/Maria Ecker (Hg.), Nationalsozialismus in Oberösterreich. Opfer. Täter. Gegner, 2014.
Martin Moll, August Eigrubers Aufzeichnungen über Tagungen der Reichs- und Gauleiter 1942/43. Bewertung – Kommentar – Edition, in: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs 25 (2018), S. 197–254.
Datenbank der deutschen Parlamentsabgeordneten.
Forum oberösterreichische Geschichte. Virtuelles Museum Oberösterreich. (P)
„Welt im Film“ vom 12. April 1946 (darin Sequenz „Prozess Mauthausen“, Min. 6:23–7:52, u. a. mit Aufnahmen von der Befragung Eigrubers als Angeklagter).
„Welt im Film“ vom 6. Mai 1946 (darin Sequenz „Prozess Mauthausen: Das Urteil“, Min. 6:29–9:11, u. a. mit Aufnahme des Todesurteils gegen Eigruber).
zahlreiche Fotografien, Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek München, Sammlung Heinrich Hoffmann.