Dietrich, Sepp
- Lebensdaten
- 1892 – 1966
- Geburtsort
- Hawangen bei Memmingen
- Sterbeort
- Ludwigsburg (Württemberg)
- Beruf/Funktion
- SS-Oberst-Gruppenführer ; Panzer-Generaloberst der Waffen-SS ; General
- Konfession
- römisch-katholisch
- Normdaten
- GND: 11888932X | OGND | VIAF: 48241833
- Namensvarianten
-
- Dietrich, Josef
- Dietrich, Sepp
- Dietrich, Josef
- Dietrich, Joseph
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Dietrich, Sepp (eigentlich Joseph Dietrich)
1892 – 1966
SS-Oberst-Gruppenführer, Panzer-Generaloberst der Waffen-SS
Sepp Dietrich führte seit 1933 die „Leibstandarte SS Adolf Hitler“, eine Keimzelle der späteren Waffen-SS. Im Zweiten Weltkrieg mit den höchsten Auszeichnungen des NS-Staats dekoriert, stieg er bis zum Befehlshaber einer SS-Panzerarmee auf und verantwortete zahlreiche Kriegsverbrechen in Polen, Frankreich, Belgien, Italien und der Sowjetunion. 1946 von einem US-Militärgericht zu lebenslanger Haft verurteilt, wurde Dietrich 1955 vorzeitig entlassen und engagierte sich danach führend in Veteranenorganisationen der Waffen-SS.
Lebensdaten
Geboren am 28. Mai 1892 in Hawangen bei Memmingen Gestorben am 22. April 1966 in Ludwigsburg (Württemberg) Grabstätte Neuer Friedhof (Grab aufgelöst) in Ludwigsburg Konfession römisch-katholisch -
Autor/in
→Jens Westemeier (Aachen)
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Zitierweise
Westemeier, Jens, „Dietrich, Sepp“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.03.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/11888932X.html#dbocontent
Dietrich entstammte einem katholisch und bäuerlich geprägten Elternhaus und absolvierte nach dem Besuch der Volksschule in Memmingen seit 1908 eine Ausbildung zum Hotelkaufmann in Zürich. 1911 trat er als Freiwilliger in das 4. Bayerische Artillerieregiment ein, musste dieses infolge eines Reitunfalls jedoch bald wieder verlassen. Anschließend als Hilfsarbeiter in Kempten tätig, wurde Dietrich im August 1914 eingezogen und ausschließlich an der Westfront eingesetzt. 1918 kam Dietrich zur Bayerischen Sturmpanzer-Kraftwagen-Abteilung 13 und stieg zum etatmäßigen Unteroffizier auf.
Im März 1919 wurde Dietrich aus dem Heeresdienst entlassen und fand eine Anstellung als Wachtmeister bei der bayerischen Landespolizei in München. Dietrichs Werdegang zwischen 1921 und 1927 ist quellenmäßig kaum rekonstruierbar; seine autobiografischen Angaben aus der NS-Zeit sind z. T. nachweislich falsch, z. T. deutlich beschönigt. So ist es unklar, ob er sich 1921 dem Freikorps Oberland anschloss und im November 1923 am Hitler-Ludendorff-Putsch in München teilnahm. Nach verschiedenen Aushilfstätigkeiten arbeitete Dietrich seit Mitte der 1920er Jahre bei einer Münchner Tankstelle, deren Eigentümer der enge Vertraute Adolf Hitlers (1889–1945) und spätere SS-Brigadeführer Christian Weber (1883–1945) war. Seit 1927 als Leibwächter Teil von Hitlers engstem Umfeld, trat Dietrich 1928 der NSDAP bei und schloss sich der SS an. Von 1929 bis 1932 leitete er den SS-Abschnitt München und Oberbayern, stieg bis 1931 zum SS-Gruppenführer auf und zog nach den Parlamentswahlen vom September 1930 für die NSDAP in den Reichstag ein, dem er bis zum Ende des „Dritten Reichs“ angehörte.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme gründete Dietrich im März 1933 auf Befehl Hitlers die „Leibstandarte SS Adolf Hitler“ (LSSAH), eine SS-Sonderformation zu dessen Schutz und persönlichen Verfügung, die Dietrich bis 1943 kommandierte. Während des sog. Röhm-Putsches zeigte er seine unbedingte Loyalität gegenüber Hitler und ließ auf dessen Befehl am 30. Juni 1934 im Münchner Gefängnis Stadelheim sechs hohe SA-Führer, darunter Edmund Heines (1897–1934) und August Schneidhuber (1887–1934), durch ein LSSAH-Kommando exekutieren.
Im Zweiten Weltkrieg kam die LSSAH, bis 1943 zu einer SS-Panzerdivision erweitert, auf nahezu allen Kriegsschauplätzen zum Einsatz und verantwortete zahlreiche Kriegsverbrechen in Polen, Frankreich, der Sowjetunion, Italien sowie in Frankreich und Belgien. Militärisch bewährte sich der Verband 1941 mit einem schnellen Durchbruch in Griechenland und 1943 bei der erneuten Eroberung Charkows (heute Charkiw, Ukraine), erlitt dabei jedoch schwere Verluste. Im Juli 1943 gab Dietrich den Befehl über die LSSAH ab und übernahm – trotz fehlender Offiziersausbildung – das Kommando des neu aufgestellten I. SS-Panzerkorps „Leibstandarte“. Nach der Landung der Alliierten in der Normandie im Juni 1944 führte er dort kurzzeitig die 5. Panzerarmee und wurde im Oktober 1944 Oberbefehlshaber der 6. SS-Panzerarmee. Im August 1944 von Hitler zum SS-Oberst-Gruppenführer und Panzer-Generaloberst der Waffen-SS befördert, scheiterte bei der Ardennen-Offensive im Dezember 1944 der Angriff seiner Panzerarmee nach wenigen Tagen. Im März 1945 wurde Dietrichs Armee an die Ostfront verlegt und beteiligte sich in den letzten Kriegswochen u. a. an der Verteidigung Wiens.
Am 9. Mai 1945 geriet Dietrich bei Kufstein (Tirol) in US-amerikanische Gefangenschaft und wurde im Juli 1946 im sog. Malmedy-Prozess, bei dem Kriegsverbrechen der SS während der Ardennen-Offensive verhandelt wurden, von einem US-Militärgericht in Dachau zu lebenslanger Haft im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg am Lech verurteilt. Nachdem er 1951 zu 25 Jahren Haft begnadigt worden war, wurde Dietrich im Oktober 1955 auf Weisung des Oberbefehlshabers der US-Army Europe, General Anthony C. McAuliffe (1898–1975), auf Parole aus der Haft entlassen. 1957 hatte er sich vor dem Landgericht München I wegen Mordes im Zusammenhang mit dem sog. Röhm-Putsch zu verantworten und wurde wegen Beihilfe zum Totschlag zu 18 Monaten Haft in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech verurteilt. Im Februar 1959 auf Bewährung entlassen, engagierte sich Dietrich anschließend als Vorstandsmitglied für die Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS e. V. (HIAG), die auf eine gesellschaftliche Rehabilitierung der Waffen-SS zielte. Alkoholkrank erlag er im April 1966 einem Herzschlag; seiner Beisetzung in Ludwigsburg 1966 wohnten rund 4000 SS-Veteranen bei.
1917 | Eisernes Kreuz II. Klasse |
1918 | Königlich-Bayerisches Militär-Verdienstkreuz 3. Klasse |
1934 | Goldenes Ehrenzeichen der NSDAP |
1934 | Blutorden der NSDAP (Nr. 10) |
1940 | Ritterkreuz (1941 mit Eichenlaub, 1943 mit Schwertern, 1944 mit Brillanten) |
Mai 1942 | Dotation von 100 000 Reichsmark durch Adolf Hitler |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 9361-III/31231 u. R 9361-III/566475. (Sammlung BDC)
Bundesarchiv, Koblenz, B 305/5060, 5161 u. 5162. (Zentrale Rechtsschutzstelle, Akten zu von im Ausland verurteilten NS-Tätern)
Bundesarchiv, Koblenz, B 283/89045. (Bundesgerichtshof)
Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, Abt. IV. (Kriegsstammrolle)
Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, 1/162 Bü 226 u. 329 Sepp Dietrich. (Arbeitsministerium Baden-Württemberg, Antrag auf Entschädigung nach dem Bundesversorgungsgesetz)
Bernd Wegner, Hitlers Politische Soldaten. Die Waffen-SS. 1933–1945, 1982, 92010, S. 82–85.
Charles Messenger, Hitler’s Gladiator. The Life and Times of Oberstgruppenführer und Panzergeneral-Oberst der Waffen-SS Sepp Dietrich, 1988.
James J. Weingartner, Josef „Sepp“ Dietrich. Hitlers Volksgeneral, in: Ronald Smelser/Enrico Syring (Hg.), Die Militärelite des Dritten Reiches. 27 biographische Skizzen, 1995, S. 113–127.
Christopher Clark, Josef „Sepp“ Dietrich. Landsknecht im Dienste Hitlers, in: Ronald Smelser/Enrico Syring (Hg.), Die SS. Elite unter dem Totenkopf. 30 Lebensläufe, 22003, S. 119–133.
Jens Westemeier, Himmlers Krieger. Joachim Peiper und die Waffen-SS in Krieg und Nachkriegszeit, 2014, 22019.
Datenbank der deutschen Parlamentsangehörigen.
Filmothek des Bundesarchivs, „Welt im Film“ v. 24.7.1946. (darin Sequenz „Malmedy Prozess. Das Urteil“, Min. 8:55–10:47, mit Aufnahme Dietrichs bei der Urteilsverkündung)
Fotografie, ca. 1930, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. V. Wahlperiode 1930, hg. v. Bureau des Reichstags, 1930, S. 552. (Onlineressource)
Fotografie, ca. 1932, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. VI. Wahlperiode 1932, hg. v. Büro des Reichstags, 1932, S. 278. (Onlineressource)
Fotografie, ca. 1933, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. IX. Wahlperiode 1933, hg. v. Büro des Reichstags, 1934, S. 394. (Onlineressource)
Fotografien, 1930–1944, Bayerische Staatsbibliothek, München, Fotoarchiv Hoffmann.
Fotografie v. Georg Fruhstorfer (1915–2003), 1957, Abbildung in: bavarikon. Bayerns digitale Schatzkammer. (Onlineressource)