Dehler, Thomas
- Dates of Life
- 1897 – 1967
- Place of birth
- Lichtenfels (Oberfranken)
- Place of death
- Streitberg (Wiesenthal)
- Occupation
- Rechtsanwalt ; Politiker ; Bundesminister ; Bundestagsvizepräsident ; Jurist
- Religious Denomination
- römisch-katholisch
- Authority Data
- GND: 118524348 | OGND | VIAF: 74644089
- Alternate Names
-
- Dehler, Thomas
Linked Services
- * Kalliope-Verbund
- Archivportal-D
- * Deutsches Literaturarchiv Marbach - Kallías
- * Personen im Personenverzeichnis der Fraktionsprotokolle KGParl [1949-]
- Personendaten-Repositorium der BBAW [2007-2014]
- Pressemappe 20. Jahrhundert
- CDU - Bundesvorstands-Protokolle
- * Korrespondierende Wissenschaften. Historikerkorrespondenzen aus dem 20. Jahrhundert [2022-]
- Diplomatische Dokumente der Schweiz 1848-1975 (via metagrid.ch) [2019]
- * Kabinettsprotokolle der Bundesregierung [2003-]
- * Historisches Lexikon Bayerns
- * Nachlassdatenbank beim Bundesarchiv
- * Protokolle des Bayerischen Ministerrats 1945-1954
- * Katalog des Deutschen Kunstarchivs (DKA) im Germanischen Nationalmuseum
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- * Deutsches Literaturarchiv Marbach - Kallías
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Personen in Bavarikon [2013-]
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- * Jahresberichte für deutsche Geschichte - Online
Relations
Genealogical Section (NDB)
Life description (NDB)
- Erich Mende (1916–1998)
- Ernst Lemmer (1898–1970)
- Gerd Aretz (1930–2009)
- Hans-Dietrich Genscher (1927–2016)
- Heinrich Landahl (1895–1971)
- Hermann Höpker Aschoff (1883–1951)
- Jan Schlesinger (geb. 1935)
- Josef Werner, geb. 1858
- Karl Rothenbücher (1880–1932)
- Konrad Adenauers (1876–1967)
- Nikita Chruschtschow (1894–1971)
- Reinhold Maier (1889–1971)
- Siegfried Adler, geb. 1875
- Theodor Heuss (1884–1963)
- Walter Scheel (1919–2016)
Personen in der GND - familiäre Beziehungen
Places
Map Icons
Localized places could be overlay each other depending on the zoo m level. In this case the shadow of the symbol is darker and the individual place symbols will fold up by clicking upon. A click on an individual place symbol opens a popup providing a link to search for other references to this place in the database.
-
Dehler, Thomas
1897 – 1967
Rechtsanwalt, Politiker, Bundesminister, Bundestagsvizepräsident
Thomas Dehler, in der Weimarer Republik politisch im Linksliberalismus engagiert und verheiratet mit einer jüdischen Frau, verteidigte seit 1933 als Anwalt vom NS-Staat verfolgte Personen und gehörte einer liberalen Widerstandsgruppe an. In den 1950er Jahren zählte er als erster Bundesjustizminister und dritter FDP-Vorsitzender zu den bekanntesten liberalen Politikern. Seine Karriere wurde aber immer wieder durch seine ungestüme Rhetorik beeinträchtigt.
Dates of Life
Geboren am 14. Dezember 1897 in Lichtenfels (Oberfranken) Gestorben am 21. Juli 1967 in Streitberg (Wiesenthal) Grabstätte Friedhof in Lichtenfels Konfession römisch-katholisch -
Author
→Jürgen Frölich (Bonn)
-
Citation
Frölich, Jürgen, „Dehler, Thomas“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118524348.html#dbocontent
Dehler wurde in eine mittelständische Metzger- und Gastwirtsfamilie geboren, die zweien ihrer vier Söhne ein Universitätsstudium ermöglichte. Nach einem verkürzten Abitur und neben seinem Kriegseinsatz als Sanitätssoldat studierte er Medizin in München und Würzburg, dann Jura an denselben Universitäten sowie in Freiburg im Breisgau und wurde 1920 in Würzburg zum Dr. iur. promoviert. In München, wo er 1923 auch das Zweite Staatsexamen ablegte, wurde er nach eigener Aussage stark durch den Staats- und Kirchenrechtler Karl Rothenbücher (1880–1932) beeinflusst.
Dehler begann sein politisches Engagement als Student im Umfeld der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP), deren demokratischer Nationalismus ihn ebenso prägte wie die Erfahrungen der Münchner Räterepublik und der Anfänge der NSDAP. Über die DDP-Jugendorganisation, die Deutschen Jungdemokraten, und das Reichsbanner „Schwarz-Rot-Gold“ kam er u. a. mit Ernst Lemmer (1898–1970) und Heinrich Landahl (1895–1971) in Kontakt. Dehler gehörte dem Vorstand des Münchner Ortsvereins an und kandidierte in Oberbayern 1924 für den Land- und Reichstag; nach seiner Übersiedlung übernahm er 1926 den Vorsitz der DDP-Ortsgruppe in Bamberg, den er bis zur erzwungenen Selbstauflösung der Partei 1933 innehatte. Einerseits durch seine Heirat mit einer Jüdin, andererseits durch seinen jüdischen Bamberger Sozius Josef Werner (geb. 1858) baute Dehler Beziehungen zu jüdischen Deutschen auf, die er nach 1933 nicht abbrach und deren Interessen er, z. B. in „Arisierungsverfahren“, weiter vertrat. 1939 übernahm er mit einem Mitarbeiter der Galerie die Kunstgalerie Jordan & Co. seines Schwagers Siegfried (Fritz) Jordan (1889–1941) in der Prinzregentenstraße in München, da dieser sein Gewerbe abmelden musste. Er geriet ins Visier sowohl der NS-Presse als auch der NS-Sicherheitsorgane, was 1938 zu einer kurzzeitigen Inhaftierung durch die Nürnberger Gestapo führte. Seine Mitte der 1930er Jahre einsetzenden Widerstandsaktivitäten im Umkreis ehemaliger Weimarer „Jungdemokraten“, der „Robinsohn-Strassmann-Gruppe“, die er bis in die 1940er Jahre auf lokaler Ebene fortsetzte, blieben zwar verborgen, dennoch wurde Dehler seit Beginn des Zweiten Weltkriegs zunehmend ausgrenzt, seine anwaltliche Tätigkeit immer weiter unterbunden und er 1944 nach kurzzeitigem Kriegsdienst 1939/40 zur Organisation Todt zwangsdienstverpflichtet.
Nach Kriegsende begann Dehlers rasanter beruflicher und politischer Wiederaufstieg, der ihn, beteiligt am parteipolitischen und rechtsstaatlichen Wiederbeginn in Bamberg, an die Spitze der Bamberger Staatsanwaltschaft und der bayerischen FDP sowie in den Landtag führte; bei der Gründung des FDP-Bundesverbandes wurde er Ende 1948 in den engeren Vorstand gewählt. Sein Hauptaugenmerk galt zu diesem Zeitpunkt der Verfassungsgebung in Bonn, auf die er als bayerisches Mitglied des Parlamentarischen Rates und dessen Redaktionsausschusses vielleicht am stärksten von den sechs FDP-Politikern Einfluss nahm. Danach galt Dehler als der FDP-Rechtsexperte und wurde, 1949 als bayerischer FDP-Spitzenkandidat in den Bundestag eingezogen, im ersten Kabinett Konrad Adenauers (1876–1967) mit der Leitung des Justizministeriums betraut.
Neben dem Aufbau des eigenen Ministeriums, bei dem Dehler auch auf Beamte mit NS-Vergangenheit zurückgriff, und seiner vehementen und erfolgreichen Abwehr von Bestrebungen zur Wiedereinführung der Todesstrafe galt seine Tätigkeit v. a. der Errichtung einer Verfassungsgerichtsbarkeit. Das 1951 eröffnete Bundesverfassungsgericht, dessen Ansiedlung in Karlsruhe er durchsetzte, entsprach nicht in allem seinen Vorstellungen, da er aufgrund des Verfahrens bei der Richterernennung eine „politische Gerichtsbarkeit“ befürchtete und sich in den Auseinandersetzungen um den Deutschland-Vertrag 1952 darin bestätigt sah. Da er aber nicht nur in diesem Zusammenhang mit einer sehr kämpferischen Rhetorik auftrat, wurde er u. a. auf Drängen seiner Parteifreunde Theodor Heuss (1884–1963) und Hermann Höpker Aschoff (1883–1951) von Adenauer 1953 nicht erneut in die Regierung berufen.
Stattdessen übernahm Dehler Ende 1953 den Fraktionsvorsitz im Bundestag und wenig später auch den Parteivorsitz; als Vertreter des süddeutschen Linksliberalismus und überzeugter Marktwirtschaftler galt er als geeignet, die tiefgespaltene FDP zu einen und neben dem Bundeskanzler besser zu profilieren. Dehler nutzte hierfür die Deutschland-Politik, in der er einen strikt am Vorrang der Wiedervereinigung ausgerichteten Kurs verfolgte. Das brachte ihn in Konflikt mit Adenauers Westpolitik, der 1955 in der Saarfrage offen ausbrach und Anfang 1956 zum Bruch der Regierungskoalition führte, wobei die FDP ihre Minister und 30 % ihrer Bundestagsabgeordneten verlor, als Dehler sie in die Opposition führte. Dadurch bereits angeschlagen, sorgten auch seine gefürchteten „Sonntagsreden“ dafür, dass seine innerparteiliche Position unterminiert wurde. Anfang 1957 musste er Fraktions- und Parteivorsitz abgeben, da sich die Parteigremien mit dem neuen Vorsitzenden Reinhold Maier (1889–1971) eine bessere Ausgangsposition für die Bundestagswahl versprachen.
Seitdem war Dehler einfacher Abgeordneter, seit 1960 Bundestagsvizepräsident, der immer wieder mit Einzelaktionen auf sich aufmerksam machte, u. a. mit einer außenpolitischen Fundamentalkritik an Adenauer Ende Januar 1958, einem Treffen mit Nikita Chruschtschow (1894–1971) bei einer Moskau-Reise im September 1963 und seinem Plädoyer im März 1965 für eine zwanzigjährige Verjährungsfrist auch bei NS-Verbrechen. Obwohl für ihn der „Schlüssel zur Wiedervereinigung“ in Moskau lag, stand der überzeugte Anti-Sozialist den Anfängen der Entspannungspolitik skeptisch gegenüber. Er starb wenige Tage, nachdem er sich für Walter Scheel (1919–2016) als Nachfolger des von ihm wenig geschätzten Erich Mende (1916–1998) an der Spitze der FDP ausgesprochen hatte. Dessen Nachfolger Hans-Dietrich Genscher (1927–2016) wiederum sah in Dehler seinen wichtigsten politischen Ziehvater und setzte 1976 die Benennung der FDP-Parteizentrale nach ihm durch.
1926 | Mitglied der Freimaurerloge „Zur Verbrüderung an der Regnitz“, Bamberg (Meister vom Stuhl 1929) |
1947 | Ehrenbürger von Lichtenfels (Oberfranken) |
1961 | Bayerischer Verdienstorden |
1964 | Wolfgang-Döring-Medaille |
1976 | Thomas-Dehler-Haus der FDP, Bonn, 1999 Berlin (2017 umbenannt) |
1985 | Thomas-Dehler-Preis der Thomas-Dehler-Stiftung (unregelmäßig) |
1997 | Briefmarke der Deutschen Post zum 100. Geburtstag |
Nachlass:
Archiv des Liberalismus, Gummersbach, N 1 u. N 53.
Stadtarchiv Bamberg, D 1042. (Teilnachlass)
Bundesarchiv, Koblenz, B 141. (Bundesjustizministerium)
Gedruckte Quellen:
Udo Wengst (Bearb.), FDP-Bundesvorstand. Die Liberalen unter dem Vorsitz von Thomas Dehler und Reinhold Maier, Sitzungsprotokolle 1954-1960, 1991.
Thomas Hertfelder/Jürgen C. Heß (Hg.), Streiten um das Staatsfragment. Theodor Heuss und Thomas Dehler berichten von der Entstehung des Grundgesetzes, 1999.
Helmut Löttel (Bearb.), Adenauer und die FDP, 2013.
Volker Stalmann (Bearb.), Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag. Protokolle 1949–1969, 2 Bde., 2016.
Die Begründung des Strafurteils, 1920. (ungedr. Diss. iur., Universität Würzburg)
Vom liberalen Recht, in: Kulturpolitik und Menschenbildung. Festschrift für Paul Luchtenberg, 1965, S. 55–70.
Reden und Aufsätze, 1969.
Bundestagsreden, 1973.
Lob auf Franken. Ein Bekenntnis, 1966, Neuausg. 2000.
Friedrich Henning (Hg.), Theodor Heuss: Lieber Dehler! Der Briefwechsel mit Thomas Dehler, 1983.
Monografien:
Wolfram Dorn/Friedrich Henning (Hg.), Thomas Dehler. Begegnungen, Gedanken, Entscheidungen, o. J. [1977].
Friedrich Klingl, „Das ganze Deutschland soll es sein!“ Thomas Dehler und die außenpolitischen Weichenstellungen der fünfziger Jahre, 1987.
Detlef Rilling, Thomas Dehler, eine politische Biographie – ein Leben in Deutschland, 1988.
Horst Sassin, Liberale im Widerstand. Die Robinsohn-Strassmann-Gruppe 1934–1942, 1993.
Udo Wengst, Thomas Dehler (1897-1967). Eine politische Biographie. 1997. (L, P)
Haus der Geschichte der Bundesrepublik (Hg.), Thomas Dehler und seine Politik, 1998.
Lutz Nickel, Dehler – Maier – Mende. Parteivorsitzende der FDP, 2005.
Manfred Görtemaker/Christoph Safferling (Hg.), Die Akte Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Zeit, 2016.
Aufsätze:
Friedrich Henning, Thomas Dehler (1897–1967), in: Fränkische Lebensbilder, hg. v. Alfred Wendehorst/Gerhard Pfeiffer, Bd. 10, 1982, S. 239–257.
Udo Wengst, Thomas Dehler, in: Torsten Oppelland (Hg.), Deutsche Politiker 1949–1969, Bd. 1, 1999, S. 141–151.
Jürgen Frölich, Zwischen Reich und FDP, Bundesverfassungsgericht und Sozialismus. Theodor Heuss an Thomas Dehler am 25.11.1952, in: Ines Soldwisch/ders. (Hg.), Theodor Heuss im Original. Ausgewählte Dokumente in der Analyse, 2013, S. 91–106.
Matthias Stickler, Thomas Dehler (1897–1967) als Korporationsstudent – Anmerkungen zu einem bisher wenig beachteten Thema, in: Oliver Mohr (Hg.), 150 Jahre Coburger Convent, 2018, S. 345–367.
Udo Wengst, Thomas Dehler in den Beratungen über die bayerische Verfassung 1946 und das Grundgesetz von 1949, in: Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung 32 (2020), S. 93–108.
Lexikonartikel:
Udo Wengst, Art. „Dehler, Thomas“, in: Udo Kempf/Hans-Georg Merz (Hg.), Kanzler und Minister 1949–1998. Biografisches Lexikon der deutschen Bundesregierungen, 2001, S. 198–202.
Udo Wengst, Art. „Dehler, Thomas“, in: Rudolf Vierhaus/Ludolf Herbst (Hg.), Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages 1949–2002, Bd. 1, 2002, S. 137.
Peter Kaupp, Art. „Dehler, Thomas“, in: Helge Dvorak (Hg.), Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft, Bd. 1, T. 9, 2021, S. 24–26. (L)
Rede Dehlers gegen die Todesstrafe im Deutschen Bundestag am 2.10.1952.
Thomas Dehler im Gespräch mit Günther Gaus 1963.
Thomas Dehler bei 100 Köpfe der Demokratie. (P)
Thomas Dehler bei der Bundeszentrale für politische Bildung. (P)
Kabinettsprotokolle der Bundesregierung Bd. 1, 1949 ff..
Fraktionsprotokolle der FDP 1949–1969.
Koordinierungsstelle|Erinnerungszeichen des Stadtarchivs München.
Gemälde v. Jan Schlesinger (geb. 1935), 1978, FDP-Bundesgeschäftsstelle, Bonn, Abbildung in: Neue Bonner Depesche 6 /1978, S. 8.
110 Pfennig Briefmarke d. Deutschen Post v. 1997, Entwurf v. Gerd Aretz (1930–2009).