Dassler, Horst
- Lebensdaten
- 1936 – 1987
- Geburtsort
- Erlangen
- Sterbeort
- Erlangen
- Beruf/Funktion
- Unternehmer ; Sportfunktionär
- Konfession
- römisch-katholisch
- Normdaten
- GND: 119044633 | OGND | VIAF: 35257754
- Namensvarianten
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- Dassler, Horst
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Dassler, Horst
1936 –1987
Unternehmer, Sportfunktionär
Horst Dassler zählt zu den einflussreichsten Sportunternehmern seiner Zeit. Er baute die Firma adidas France zu einem weltweit agierenden Unternehmen auf und übernahm 1985 den Vorstandsvorsitz des adidas-Konzerns in Herzogenaurach. Dassler gilt als Wegbereiter des modernen, kommerzialisierten Profisports mit neuen Vermarktungsmethoden wie dem Handel mit Übertragungsrechten, aber auch negativen Begleiterscheinungen wie Korruption.
Lebensdaten
Geboren am 12. März 1936 in Erlangen Gestorben am 9. April 1987 in Erlangen Grabstätte Familiengrab in Herzogenaurach Konfession römisch-katholisch -
Autor/in
→Jörg Lesczenski (Frankfurt am Main)
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Zitierweise
Lesczenski, Jörg, „Dassler, Horst“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/119044633.html#dbocontent
Dassler besuchte die Volksschule Herzogenaurach, danach für vier Jahre das Gymnasium im Internat Kloster Ettal. Vermutlich 1949 wechselte er für zwei Jahre auf das Gymnasium in Erlangen, wo er die Mittlere Reife erwarb. Er setzte anschließend seine Ausbildung auf der Handelshochschule in Nürnberg fort und erwarb – wohl zwischen 1953 und 1955 – wie sein Vater Adolf Dassler (1900-1978) an der renommierten Schuhfachschule in Pirmasens handwerklich-technische Kenntnisse in der Schuhproduktion sowie Einsichten in die Betriebsführung. Eine staatliche Prüfung zum Schuhtechniker legte er nicht ab; diese wurde erst 1956 eingeführt.
Seinen Schulbesuch unterbrach er zweimal, um sich bei Aufenthalten in Barcelona und London weiterzubilden. 1956 vertrat er auf Weisung seiner Eltern das Familienunternehmen bei den Olympischen Sommerspielen in Melbourne. Sein offenes Auftreten und seine unkonventionellen Werbestrategien – er verschenkte adidas-Schuhe an die Athleten – machten das Unternehmen bei Sportlern, Trainern und Funktionären bekannt und etablierten ihn auf der internationalen Sportbühne. Seine Werbekampagne führte dazu, dass 70 von 147 Goldmedaillengewinnern Schuhe der Marke adidas trugen.
Nach Dasslers erfolgreichem Auftritt in Australien übernahm er in der Firmenzentrale verschiedene kaufmännische Aufgaben und erhielt er 1959 den Auftrag, für das Unternehmen neue Produktionsstätten in einer im selben Jahr erworbenen Schuhfabrik in Dettwiller (Elsaß, Frankreich) aufzubauen. Unter seiner Regie entwickelte sich aus der kleinen adidas-Tochtergesellschaft in rund zehn Jahren ein multinationales Unternehmen mit rasch steigenden Produktions- und Mitarbeiterzahlen und Verkaufsschlagern wie dem Basketballschuh „Superstar“ (1969), mit neuen Fabriken in Ungarn, Rumänien und der Tschechoslowakei sowie eigenen Abteilungen für Export und Marketing. In den 1970er Jahren folgte die internationale Expansion von adidas France, dessen Firmensitz 1973 nach Landersheim (Département Bas-Rhin, Frankreich) gelegt wurde. Dassler erwarb umfangreiche Beteiligungen und Optionsrechte an Firmen, die Sportbekleidung und -artikel produzierten und vertrieben (le coq sportif, Pradet, Pony International, Afri Sports SA, etc.).
Zum Erfolg des Unternehmens trugen seit den 1960er Jahren v. a. neue Wege im Marketing bei, was der Kommerzialisierung des Sports einen beträchtlichen Schub verlieh. Zu einem Meilenstein wurde für Dassler die Fußball-Weltmeisterschaft 1962. In Chile brachte er mit finanziellen Zuwendungen an Sportler, Funktionäre und Trainer zahlreiche Teams dazu, adidas-Produkte zu tragen; dies führte bis heute zu dem Vorwurf, der Bestechung und Korruption im Profisport die Türen geöffnet zu haben.
Mit seiner Idee, im Vorfeld großer internationaler Sportveranstaltungen Werbe-, Marken- und Fernsehrechte zu erwerben und weiterzuverkaufen, hob Dassler die weltweite Kommerzialisierung des Sports auf ein neues Niveau. So erwarb z. B. die Société Monégasque de Promotion International West Nally SAS (SMPI), die er im Februar 1977 mit dem britischen Werbefachmann Patrick Nally (geb. 1947) in Monaco gegründet hatte, die Marketingrechte von internationalen Sportverbänden (FIFA, IOC etc.) und verkaufte sie an Sponsoren weiter. Über die Marketing- und Sportrechtegesellschaften wie der SMPI und später der Rofa Management AG (1979) sowie der International Sports Culture and Leisure Marketing AG (1982) knüpfte Dassler ein dichtes Netz zwischen Sportlern, Trainern, Verbandsfunktionären, Medien und global agierenden Großunternehmen, das Sport und Wirtschaft eng miteinander verband.
Unter Dasslers Leitung wuchs die Tochtergesellschaft adidas France zu einem Machtfaktor innerhalb des Gesamtkonzerns heran, was zu familiären Spannungen führte, zumal seine Familie lange nichts von seinen Beteiligungen an Sportartikelfirmen und seinem Handel mit Marketing- und Übertragungsrechten wusste. Erst im Januar 1983, als er von französischen Zollbeamten in Marseille verhört wurde, die ihm Verstöße gegen das Devisen- und Kreditrecht vorwarfen, wurden die Dimensionen seiner Unternehmenspolitik deutlich. Teile der Familie interpretierten sein Geschäftsgebaren als groben Vertrauensbruch, forderten seine Demission als Geschäftsführer in Frankreich und verlangten, ihn aus dem Gesellschafterkreis auszuschließen. Da ihm die übrigen Teilhaber der adidas-Sportschuhfabriken Adi Dassler Stiftung & Co KG, seine vier Schwestern, die je 20 % am Unternehmen hielten, bei einer Abberufung rund 150 Millionen D-Mark hätten auszahlen müssen, nahm die Familie von einer Trennung Abstand. Zudem erschien Dassler aufgrund seiner Fachkenntnisse und seiner vielfältigen Beziehungen zu den Interessengruppen des nationalen und internationalen Sports für den Konzern als unverzichtbar. Nach dem Tod seiner Mutter Käthe Dassler (1917–1984) übernahm er deren Position des Vorstandsvorsitzes. In den zwei Jahren bis zu seinem frühen Tod konnte er die wichtigsten unternehmerischen Herausforderungen, u. a. das schwache USA-Geschäft und die Integration seines in Frankreich errichteten Firmenimperiums in den adidas-Konzern, nicht mehr abschließend lösen. Sein Nachfolger wurde der Schweizer René C. Jäggi (geb. 1948), ein Ziehkind Dasslers, der noch nicht lange die Sparte Marketing und Vertrieb leitete und am 1. November 1987 die Amtsgeschäfte an der Unternehmensspitze übernahm.
Mit Dasslers Tod begannen für den Konzern unruhige Jahre, die auch nicht beendet wurden durch die Umwandlung in eine (Familien-)Aktiengesellschaft, an der die Schwestern Dasslers je 20 %, seine beiden Kinder Adolphe und Suzanne je 10 % und die Adi und Käthe Dassler Stiftung einen Anteil von unter 1 % hielten. Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten, benötigte der Konzern eine Kapitalzufuhr in Höhe von ca. 350 bis 400 Millionen D-Mark, die die Familie nicht aufbringen konnte. Im Juli 1990 verkauften die vier Schwestern ihre Anteile für rund 470 Millionen D-Mark an den französischen Unternehmer Bernard Tapie (1943–2021), 1993 übernahm Robert Louis-Dreyfus (1946–2009) mit mehreren französischen Investoren nahezu sämtliche Anteile an adidas und wurde Vorstandsvorsitzender. Der Konzern stellte sich in den USA mit Erfolg organisatorisch und personell neu auf, betrieb eine moderne Markenpolitik, und setzte auf ein zielgruppenspezifisches Marketing für jüngere Kundschaft. Nach der gelungenen Sanierung ging adidas 1995 an die Börse.
1983 | Olympischer Orden in Silber |
Unternehmensarchiv adidas. (weiterführende Informationen)
Adi & Käthe Dassler Memorial Stiftung, Zürich. (weiterführende Informationen)
N. N. „Dassler will alles kontrollieren“, in: Der Spiegel Nr. 23 v. 1.6.1986. (Onlineressource)
Wilfried Geldner, Adi Dassler, 1999. (P)
N. N., Missmanagement bei Adidas. Der schlappe Champion, in: manager magazin v. 28.8.2001. (Onlineressource)
Thomas Kistner, Fifa Mafia. Die schmutzigen Geschäfte des Weltfußballs, 2012.
Oliver Fritsch, Die Erfinder der modernen Sportkorruption, in: Die Zeit v. 21.5.2014. (Onlineressource)
Barbara Smit, Die Dasslers. Drei Streifen gegen Puma. Zwei verfeindete Brüder und der Kampf um die Weltmarktführerschaft, 2017. (P)
Rainer Karlsch/Christian Kleinschmidt/Jörg Lesczenski/Anne Sudrow, Unternehmen Sport. Die Geschichte von adidas, 2018. (P)
Rainer Karlsch/Christian Kleinschmidt, Spitzensport und Marktstrategien. Adidas zwischen „Wirtschaftswunder“ und „Weltmarkt“, in: Sport und Gesellschaft 16 (2019), S. 302–332.
Fernsehfilme:
Duell der Brüder – Die Geschichte von Adidas und Puma, Regie: Oliver Dommenget, 2016.
Deutschlands große Clans – Die Adidas Story, TV-Reihe ZDFzeit, Regie: Uli Weidenbach, 2018.