Brentano, Bernard von

Lebensdaten
1901 – 1964
Geburtsort
Offenbach am Main
Sterbeort
Wiesbaden
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Journalist ; Autorenlesung
Konfession
römisch-katholisch
Normdaten
GND: 118673858 | OGND | VIAF: 41881567
Namensvarianten

  • Brentano di Tremezzo, Bernard von
  • Brentano, Bernard von
  • Brentano di Tremezzo, Bernard von
  • Brentano di Tremezzo, Eugen Ludwig Franz Bernard von
  • Brentano, Bernard
  • Brentano, Bernhard von
  • Brentano, Eugen Ludwig Franz Bernard von
  • Tremezzo, Eugen Ludwig Franz Bernard von Brentano di
  • Von Brentano, Bernard

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Zitierweise

Brentano, Bernard von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118673858.html [30.01.2025].

CC0

  • Brentano, Bernard von (eigentlich Bernard von Brentano di Tremezzo)

    1901 – 1964

    Schriftsteller, Journalist

    Bernard von Brentano war im Berlin der Weimarer Republik als Journalist tätig, u. a. bei der „Frankfurter Zeitung“ und beim „Berliner Tageblatt“. Bekanntheit als Schriftsteller erlangte er durch seine im Schweizer Exil veröffentlichten Romane, insbesondere „Theodor Chindler“ (1936). Durch seine Abkehr vom Kommunismus und seinen offen zur Schau gestellten deutschen Patriotismus geriet er im Exil in die Kritik.

    Lebensdaten

    Geboren am 15. Oktober 1901 in Offenbach am Main
    Gestorben am 29. Dezember 1964 in Wiesbaden
    Grabstätte Friedhof in Wiesbaden-Sonnenberg
    Konfession römisch-katholisch
    Bernard von Brentano (InC)
    Bernard von Brentano (InC)
  • 15. Oktober 1901 - Offenbach am Main

    bis Frühjahr 1920 - Offenbach am Main

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    1920 - 1925 - Freiburg im Breisgau; seit 1920 München; seit 1921 Frankfurt am Main; seit 1921 Freiburg im Breisgau; seit 1922 Berlin

    Studium der Philosophie

    Universität

    vor 1925 - Freiburg im Breisgau; München

    Mitglied

    Bavaria; Rheno-Bavaria (katholische Studentenverbindungen)

    vor 1925 - Lugano (Kanton Tessin); Florenz; Rom

    Auslandsreisen

    Frühjahr 1925 - 1930 - Berlin

    angestellter Feuilletonist

    Frankfurter Zeitung

    1925 - 1932 - 1925 Paris; 1926 Prag; 1926 Wien; 1927 Kaunas (Litauen); 1927 Wilna (Polen, heute Vilnius, Litauen); 1927 Warschau; 1928 Paris; 1929 Großbritannien; 1930 Moskau; 1932 Moskau

    Reisen

    1930 - 1933 - Berlin

    freier Feuilletonist

    Berliner Tageblatt

    März 1933 - München; Wien

    Flucht

    April 1933 - 1949 - Zürich

    Emigration; freier Schriftsteller und Publizist

    1934 - 1949 - Küsnacht (Kanton Zürich)

    Übersiedlung

    1940 - Zürich; Berlin

    Antrag auf die Rückkehr nach Deutschland (bewilligt) und auf die Erlaubnis zur schriftstellerischen Betätigung in Deutschland (nicht bewilligt)

    Deutsches Generalkonsulat; Auswärtiges Amt

    Sommer 1936 - Oktober 1947 - 1936 Österreich; 1936 Schweiz; 1937 Frankreich; 1938 Wien; 1938 Paris; 1939 Luzern; 1940 Deutschland; 1943 Deutschland; 1947 West-Deutschland

    Reisen

    1940 - Zürich

    Erhalt eines Visums durch den deutschen Generalkonsul Hermann Voigt (1889–1968)

    Deutsches Generalkonsulat

    1949 - Wiesbaden

    Übersiedlung

    29. Dezember 1964 - Wiesbaden

    Frühe Jahre und Karrierebeginn in Berlin

    Brentano wuchs in einer katholisch geprägten Familie in Wiesbaden auf und besuchte eine Schule in Offenbach. Nach dem Abitur 1920 studierte er bis 1925 Philosophie in Freiburg im Breisgau, München, Frankfurt am Main und Berlin und übernahm anschließend auf Vermittlung seines Freunds Joseph Roth (1894–1939) dessen Stelle als Feuilleton-Journalist im Berliner Büro der „Frankfurter Zeitung“. 1930 wechselte er unter Chefredakteur Theodor Wolff (1868–1943) zum „Berliner Tageblatt“ und publizierte daneben in weiteren Zeitschriften wie der „Weltbühne“, der „Linkskurve“ und der „Literarischen Welt“.

    Neben literarischen und kulturellen Themen fanden nun vermehrt innen- und außenpolitische Fragen Eingang in Brentanos Artikel und publizistische Bände. Er wandte sich dem Marxismus zu und wurde 1928 Mitglied im Bund Proletarisch-Revolutionärer Schriftsteller. Ob er der KPD beitrat, ist ungeklärt. In den 1920er und 1930er Jahren unternahm Brentano zahlreiche Reisen in das europäische Ausland, u. a. 1930 und 1932 nach Moskau. Mit seinen Freunden Bertolt Brecht (1898–1956) und Walter Benjamin (1892–1940) sowie mit Herbert Ihering (1888–1977) plante er um 1930 die Herausgabe einer literarischen Zeitschrift für Intellektuelle im Rowohlt-Verlag (Arbeitstitel „Krisis und Kritik“), doch das Vorhaben zerschlug sich. 1933 scheiterte auch das Projekt, mit Brecht eine antifaschistische „Sommerkolonie“ im Kanton Tessin zu organisieren.

    Schweizer Exil

    Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 wurde Brentanos politisch-sozialkritische Schrift „Der Beginn der Barbarei in Deutschland“ (1932) beschlagnahmt, weitere Werke wurden verboten. Brentano floh in die Schweiz und erhielt eine Aufenthaltsgenehmigung sowie die Erlaubnis zur Ausübung seines (schriftstellerischen) Berufs. Im Exil schrieb er hauptsächlich über literarische und kulturelle Themen und publizierte u. a. in der „Neuen Zürcher Zeitung“, der „Weltwoche“ und der „Neuen Schweizer Rundschau“. Zu seinen Vertrauten zählten Thomas Mann (1875–1955), der 1934 in Küsnacht (Kanton Zürich) sein Nachbar wurde, Ignazio Silone (1900–1978) und Jean-Paul Samson (1894–1964). Mit Silone, Samson, Rudolf Jakob Humm (1895–1977) und Fritz Brupbacher (1874–1945) führte Brentano seit 1936 regelmäßige Zusammenkünfte durch, die unter der Bezeichnung Ecole de Zurich firmierten und der literarischen und politischen Reflexion verpflichtet waren. Seit Anfang der 1940er Jahre war er Teilnehmer der wöchentlichen Zürcher Freitagsrunde neben Max Rychner (1897–1965), Erwin Jaeckle (1909–1997) und Walther Meier (1898–1982), einem Gesprächskreis, der sich als freies literarisches Symposium verstand.

    Werk und politische Kontroverse

    Brentano hatte 1919 erste Gedichte in der Zeitschrift „Neuland“ und in den 1920er Jahren Komödien veröffentlicht, u. a. das Schauspiel „Geld“ (1924), dessen Uraufführung am Landestheater in Darmstadt am 16. Januar 1927 Peter Suhrkamp (1891–1959) inszenierte. Als Romanschriftsteller trat er erst im Exil in Erscheinung. 1936 erschien sein erster, noch in Berlin begonnener Roman „Theodor Chindler“. Nach weiteren Romanen wandte sich Brentano Anfang der 1940er Jahre wieder vermehrt faktualen Textformen zu und publizierte sachliterarische, biografische und autobiografische Werke.

    In den ersten Exiljahren brach Brentano mit dem Kommunismus und trat mit deutsch-patriotischen Positionen hervor, die er von Nationalismus und Nationalsozialismus unterschieden wissen wollte. Von Zeitgenossen, z. B. Manuel Gasser (1909–1979), hierfür des Opportunismus bezichtigt, geriet Brentano politisch in die Isolation. Aussagen von Thomas Mann und Jean Rudolf von Salis (1901–1996), Deutschlandreisen 1940 und 1943 sowie ein 1940 gestelltes Rückkehrgesuch legten eine Annäherung Brentanos an das NS-Regime nahe, was dazu führte, dass der 1949 nach Wiesbaden zurückgekehrte Brentano nach dem Zweiten Weltkrieg nurmehr wenig Beachtung fand. In jüngerer Vergangenheit wurden Zweifel an einer Annäherung an das NS-Regime geäußert und Brentanos Rückkehrgesuch als (erfolgloser) Versuch gedeutet, in Deutschland wieder schriftstellerisch tätig sein zu dürfen.

    Als Brentanos Hauptwerk gilt der mehrfach übersetzte Roman „Theodor Chindler“, der den Übergang vom Kaiserreich in die Weimarer Republik nachzeichnet. Nachdem dieser 1979 von Hans W. Geißendörfer (geb. 1941) als achtteilige Fernsehserie für die ARD verfilmt worden war und anschließend mehrere Neuausgaben erlebte, setzte eine neuerliche Beschäftigung mit Brentanos literarischem und publizistischem Werk ein.

    späte 1920er Jahre Miglied des Deutschen PEN-Zentrums (auf Vorschlag Heinrich Manns, 1871–1950)
    1928 Mitglied des Bunds Proletarisch-Revolutionärer Schriftsteller
    1933 Mitglied des Schweizer PEN-Zentrums
    1939 Internationaler Länderpreis für das beste europäische Buch (für „Die ewigen Gefühle in London“) (nach Kriegsbeginn zurückgenommen)
    1950 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt
    1955 Goethe-Plakette des Landes Hessen

    Nachlass:

    Deutsches Literaturarchiv, Marbach am Neckar. (weiterführende Informationen)

    Gedichte, 1923.

    Geld. Komödie in fünf Aufzügen, 1924.

    Die Gedichte an Ophelia, 1925.

    Über den Ernst des Lebens, 1929.

    Kapitalismus und schöne Literatur, 1930.

    Der Beginn der Barbarei in Deutschland, 1932, Neuausg. 2019.

    Berliner Novellen, 1934, Neuausg. 1979 (P), 2011.

    Theodor Chindler. Roman einer deutschen Familie, 1936, Neuausg. 1945, 1951, 1953, 1960, 1979, 1980, 1983, 2001, 2014 (P), slowen. 1937, tschech. 1937, ungar. 1937, franz. 1939, als achtteilige Fernsehserie, ARD 1979, Regie: Hans W. Geißendörfer.

    Prozeß ohne Richter, 1937, Neuausg. 1947, 1978, serbokroat. 1938, niederl. 1982.

    Phädra. Schauspiel in fünf Aufzügen, 1939, Neuausg. 1948.

    Die ewigen Gefühle, 1939, Neuausg. 1940, 1947, 1949, 1963, 1983.

    Tagebuch mit Büchern, 1943.

    August Wilhelm Schlegel. Geschichte eines romantischen Geistes, 1943, erw. Neuausg. 1949, 1986.

    Franziska Scheler. Roman einer deutschen Familie, 1945, Neuausg. 1966, 2015. (P)

    Goethe und Marianne von Willemer. Die Geschichte einer Liebe, 1945, Neuausg. 1948, bearb. u. erg. Aufl. u. d. T. Dass ich eins und doppelt bin. Marianne von Willemer und Goethe, 1961.

    Das unerforschliche Geschlecht. Erzählung in Versen, 1946, Neuausg. u. d. T. Martha und Maria. Eine Erzählung in Versen, 1949.

    Streifzüge. Tagebuch mit Büchern. Neue Folge, 1947.

    Die Schwestern Usedom, 1948, Neuausg. 1955.

    Sophie Charlotte und Danckelmann. Eine preußische Historie, 1949.

    Du Land der Liebe. Bericht von Abschied und Heimkehr eines Deutschen, 1952.

    Schöne Literatur und öffentliche Meinung. Literarische Essays, 1962.

    Erzählungen. Illustrationen v. Peter Kröger. Nachw. v. Fritz Usinger, 1965.

    Drei Prälaten. Essays. Mit einem Nachw. v. Konrad Feilchenfeldt, 1974.

    Wo in Europa ist Berlin? Bilder aus den zwanziger Jahren, 1981, Neuausg. 1987, 1993.

    Bibliografie:

    Bernd Goldmann (Hg.), Bernard von Brentano. Texte und Bibliographie, 1992, S. 99–186. (unvollständig)

    Monografien:

    Ulrike Hessler, Bernard von Brentano. Ein deutscher Schriftsteller ohne Deutschland. Tendenzen des Romans zwischen Weimarer Republik und Exil, 1984.

    Bernd Goldmann (Hg.), Bernard von Brentano. Texte und Bibliographie, 1992. (Qu, W, P)

    Milena Kirwald, Der lesende Blick zurück. Das Exilwerk Bernard von Brentanos, 2021.

    Aufsätze:

    Gerhard Müller, „Warum schreiben Sie eigentlich nicht?“ Bernhard [sic] von Brentano in seiner Korrespondenz mit Bertolt Brecht (1933–1940), 2 T. , in: Exil. Forschung, Erkenntnisse, Ergebnisse (1989), H. 2, S. 42–53 u. (1990), H. 1, S. 53–64.

    Hans-Christian Oeser, „Die Dunkelkammer der Despotie“. Bernard von Brentanos „Prozeß ohne Richter“ im Zwielicht, in: Exilforschung 7: Publizistik im Exil und andere Themen (1989), S. 226–247.

    N. N., Eintrag und Kommentar „Bernard von Brentano“, in: Carl Zuckmayer, Geheimreport, hg. v. Gunther Nickel/Johanna Schrön, 2002, S. 79 f. u. 263–269. (Qu)

    Frank Wende, Bernard von Brentano, in: ders. (Hg.), Deutschsprachige Schriftsteller im Schweizer Exil 1933–1950. Eine Ausstellung des Deutschen Exilarchivs 1933–1945 der Deutschen Bibliothek, 2002, S. 78–98. (P)

    Sven Hanuschek, „Weil es keine bürgerliche Gesellschaft mehr gibt, kann sie nicht mehr dargestellt werden.“ Ein Nachwort zu Bernard von Brentanos Familien- und Weltkriegspanorama, in: Bernard von Brentano, Theodor Chindler. Roman einer deutschen Familie. Mit einem Nachw. v. Sven Hanuschek, 2014, S. 465–488. (P)

    Sven Hanuschek, „Ich bin gar nicht mehr ich, aber ich bin es endlich wieder“, in: Bernard von Brentano, Franziska Scheler. Roman, hg. u. mit einem Nachw. v. Sven Hanuschek, 2015, S. 412–432. (P)

    Lexikonartikel:

    Georg H. Schlatter Binswanger, Art. „Bernard von Brentano“, in: Deutsches Literatur-Lexikon. Das 20. Jahrhundert, Bd. 4, hg. v. Konrad Feilchenfeldt, 2003, Bd. 4, S. 179–182.

    Bernd Goldmann, Art. „Bernard von Brentano“, in: Wilhelm Kühlmann (Hg.), Killy Literaturlexikon, 22008, Bd. 2, S. 175 f.

    Wolfgang Löhr, Art. „Bernard von Brentano“, in: Siegfried Koß/Wolfgang Löhr (Hg.), Biographisches Lexikon des KV, 7. T., 2010, S. 29 ff.

    Fotografien, 1902–1964, Nachlass, Deutsches Literaturarchiv, Marbach am Neckar.

  • Autor/in

    Milena Kirwald (Freiburg im Breisgau)

  • Zitierweise

    Kirwald, Milena, „Brentano, Bernard von“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118673858.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA