Brack, Viktor
- Dates of Life
- 1904 – 1948
- Place of birth
- Haaren bei Aachen
- Place of death
- Landsberg am Lech
- Occupation
- NS-Politiker ; Wirtschaftswissenschaftler ; Funktionär ; Nationalsozialist
- Religious Denomination
- römisch-katholisch, später konfessionslos
- Authority Data
- GND: 121948838 | OGND | VIAF: 13177717
- Alternate Names
-
- Brack, Viktor Hermann
- Brack, Viktor
- Brack, Viktor Hermann
- Brack, Victor
Linked Services
Relations
Life description (NDB)
- Adolf Hitlers (1889–1945)
- Christoph Beckmann
- Eduard Dietl (1890–1944)
- Hans Hefelmann (1906–1986)
- Heinrich Himmler (1900–1945)
- Herbert Linden (1899–1945)
- Horst Schumann (1906–1983)
- Karl Brandt (1904–1948)
- Maike Rotzoll
- Philipp Bouhler (1899–1945)
- Reinhold Vorberg (1904–1983)
- Richard von Hegener (1905–1981)
- Werner Blankenburg (1905–1957)
- Werner Heyde (1902–1964)
Places
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Brack, Viktor Hermann
1904 – 1948
NS-Politiker
Viktor Brack war neben Philipp Bouhler (1899–1945) und Karl Brandt (1904–1948) hauptverantwortlich für die nationalsozialistischen „Euthanasie“-Verbrechen. Als Leiter des Amtes II der „Kanzlei des Führers“ organisierte er maßgeblich die „Aktion T4“ und beteiligte sich im Zweiten Weltkrieg an der Misshandlung und Ermordung von KZ-Häftlingen. Obgleich kein Mediziner, wurde Brack 1947 im Nürnberger Ärzteprozess zum Tode verurteilt und 1948 hingerichtet.
Dates of Life
-
Author
→ Christoph Beckmann (Heidelberg) / Maike Rotzoll (Heidelberg)
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Citation
Rotzoll, Maike / Beckmann, Christoph, „Brack, Viktor“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/121948838.html#dbocontent
Brack lebte seit früher Kindheit in der Pfalz, wo er die Realschule in Bad Dürkheim und die Oberrealschule in Ludwigshafen besuchte. Nach dem Umzug der Familie nach München 1921 legte er hier an der Luitpold-Oberrealschule die Reifeprüfung ab und begann 1923 an der Technischen Hochschule München ein Studium der Landwirtschaft, wechselte nach drei Semestern jedoch zur Wirtschaftswissenschaft (1928 Diplom). Anschließend hatte er laut einem 1934 verfassten Lebenslauf „verschiedene Stellungen in der Industrie“ inne, später gab er an, als Testfahrer für BMW sowie als Chauffeur, u. a. für Heinrich Himmler (1900–1945), tätig gewesen zu sein.
Ende 1929 trat Brack der NSDAP und der SS bei. Ob seine Behauptung zutrifft, er habe sich 1923 als Freikorpskämpfer am Hitler-Putsch beteiligt und aufgrund seines politischen Engagements „einige Geld- und Gefängnisstrafen“ erhalten, ist ungeklärt. 1930 wurde er mit der Motorisierung der Münchner 1. SS-Standarte beauftragt und 1932 auf Veranlassung des Reichsgeschäftsführers der NSDAP, Philipp Bouhler (1899–1945), dessen Stabsleiter in der NS-Parteizentrale in München.
Im September 1934 wechselte Brack in die von Reichsleiter Bouhler geleitete „Kanzlei des Führers“ (KdF) in Berlin. 1936 wurde er dessen Stellvertreter und Leiter des Hauptamts II, das für Staats- und Parteiangelegenheiten zuständig war, u. a. in Abgrenzung von Privatangelegenheiten Adolf Hitlers (1889–1945) und Gnadengesuchen innerhalb der NSDAP. Im Frühjahr und Sommer 1939 übertrug Hitler der KdF die Zuständigkeit für die Organisation der Kinder-„Euthanasie“ in rund 30 sogenannten Kinderfachabteilungen sowie der systematischen Ermordung von Anstaltspatientinnen und -patienten aller Altersstufen in sechs eigens eingerichteten Tötungsanstalten mit Kohlenmonoxyd, später bekannt geworden als „Aktion T4“. In beiden Mordprogrammen, die getrennt voneinander geplant und durchgeführt wurden, kam Brack eine Schlüsselfunktion zu.
Die Kinder-„Euthanasie“, bei der bis 1945 mindestens 5000 Minderjährige mit Medikamenten ermordet wurden, wurde im Rahmen der Tarnorganisation „Reichsausschuss zur Erfassung erb- und anlagebedingter schwerer Leiden“ im Amt II b der KdF unter Abteilungsleiter Hans Hefelmann (1906–1986) organisiert. Brack war direkt in die Zusammenstellung der Gutachtergruppe sowie in den Beschluss der genauen Vorgehensweise der Tötungsmaßnahmen involviert und führte mehrfach Planungsgespräche mit Hefelmann und dem zentralen „Euthanasie“-Funktionär im Reichsministerium des Innern, Herbert Linden (1899–1945).
Im Auftrag Bouhlers schuf Brack die administrative Struktur der „Aktion T4“ und fungierte als deren zentraler Organisator. Er rekrutierte die Hauptmitarbeiter – darunter neben Hefelmann seinen Stellvertreter Werner Blankenburg (1905–1957), Richard von Hegener (1905–1981) sowie seinen Cousin Reinhold Vorberg (1904–1983) – und war an der Anwerbung ärztlicher Gutachter sowie an der Entscheidung für die Tötungsmethode durch Gas beteiligt. Brack rief mehrere Tarnorganisationen ins Leben, um die Existenz einer Organisationszentrale der Patientenmorde und die Rolle der KdF nach außen zu verbergen, darunter die „Reichsarbeitsgemeinschaft Heil- und Pflegeanstalten“, die „Gemeinnützige Stiftung für Anstaltspflege“ und die „Gemeinnützige Krankentransportgesellschaft GmbH“.
Brack besichtigte im Herbst 1939 mit Linden die zukünftige Tötungsanstalt Grafeneck bei Reutlingen und war im Winter 1939/40 bei einer Probevergasung im Alten Zuchthaus Brandenburg anwesend. Im April 1941 informierte er mit dem Leiter der Medizinischen Abteilung der T4-Dienststelle, Werner Heyde (1902–1964), in Berlin die führenden Vertreter der deutschen Justiz über das Mordprogramm, um sich der Unterstützung ihrer Behörden zu versichern. Darüber hinaus veranlasste er die Produktion des Propagandafilms „Ich klage an“ (1941), der das Thema Tötung auf Verlangen zum Gegenstand hat, dies aber in einer Nebenhandlung mit der Tötung behinderter Kinder in Verbindung bringt.
Mit Bouhler war Brack zudem an der von Frühjahr 1941 bis Ende 1944 laufenden „Aktion 14f13“, der Ermordung von KZ-Häftlingen in drei der T4-Tötungsanstalten, beteiligt, wie auch am Transfer von T4-Mitarbeitern als Experten für die Ermordung durch Gas in die Vernichtungslager der „Aktion Reinhardt“. Im März 1941 berichtete er Himmler über Menschenversuche zur Röntgenkastration, die der T4-Arzt Horst Schumann (1906–1983) in Auschwitz durchgeführt hatte, und plädierte 1942 beim Reichsführer-SS für die Zwangssterilisation von Juden, die man noch als Zwangsarbeiter nutzen könne. Zugleich bot er im Herbst 1941 technische, organisatorische und beratende Unterstützung für die geplante Vernichtung von Juden in Riga und Minsk an.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs geriet Brack in US-amerikanische Gefangenschaft, wurde – obwohl nicht Arzt – als einer der ranghöchsten Verantwortlichen für die Patientenmorde im Nürnberger Ärzteprozess angeklagt und am 20. August 1947 zum Tode verurteilt. Im Prozess gab er an, Bouhlers Verbindungsmann zu den in die NS-„Euthanasie“ involvierten Ärzten gewesen zu sein.
1934 | Totenkopfring der SS |
„Ehrendegen“ des Reichsführers-SS | |
Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP | |
Kriegsverdienstkreuz I. Klasse mit Schwertern |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, Bestand BDC. (Personalakten)
Bundesarchiv, Koblenz, NS 51. (Kanzlei des Führers der NSDAP)
Landesarchiv Baden Württemberg, Staatsarchiv Sigmaringen, Wü 13 T 2 Nr. 2632/006, Brack, Viktor Hermann (Bescheid der Spruchkammer Tübingen vom 20.12.1951; Bescheid der Spruchkammer Tübingen vom 9.5.1952; Bescheid der Hauptkammer München vom 16.10.1952 (Onlineressource).
Gedruckte Quellen:
Alexander Mitscherlich/Fred Mielke (Hg.), Das Diktat der Menschenverachtung. Eine Dokumentation, 1947.
Hans Buchheim (Hg.), Anatomie des SS-Staates. Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte, Bd. 2, 1967, S. 337.
Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945, Bd. 7: Sowjetunion mit annektierten Gebieten I, bearb. v. Bert Hoppe/Hildrun Glass, 2011, S. 564 f.
Tageslosungen für Betriebsappelle. Mit einer Einführung von Dr. Robert Ley und unter Mitarbeit von Edgar Bissinger, Fritz von Buchwaldt, Dr. Max Frauendorf, Erich Hilgenfeldt, Wilhelm Keppler, Alfred Kotz, Alfred Rosenberg, Dr. Seesemann, Dr.-Ing. Todt, 1936. (Hg.)
Kurt Nowak, „Euthanasie“ und Sterilisierung im „Dritten Reich“. Die Konfrontation der evangelischen und katholischen Kirche mit dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ und der „Euthanasie“-Aktion, 1978.
Hans-Walter Schmuhl, Rassenhygiene, Nationalsozialismus, Euthanasie, 1987.
Henry Friedländer, Der Weg zum NS-Genozid. Von der Euthanasie zur Endlösung, 1997.
Henry Friedlander, Viktor Brack. Parteimann, SS-Mann und Mordmanager, in: Ronald Smelser/Enrico Syring, (Hg.), Die SS. Elite unter dem Totenkopf. 30 Lebensläufe, 2. durchges. u. aktual. Aufl. 2003, S. 88–99. (P)
Sascha Topp, Der „Reichsausschuß zur wissenschaftlichen Erfassung erb- und anlagebedingter schwerer Leiden“. Zur Organisation der Ermordung minderjähriger Kranker im Nationalsozialismus 1939–1945, in: Thomas Beddies/Kristina Hübener (Hg.), Kinder in der NS-Psychiatrie, 2004, S. 17–54.
Ulf Schmidt, Hitlers Arzt Karl Brandt. Medizin und Macht im Dritten Reich, 2009.
Hermann Weiß, Art. „Brack, Viktor“, in: ders. (Hg.), Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, überarb. Neuausg., 22011, S. 53.
Annette Hinz-Wessels, Tiergartenstraße 4. Schaltzentrale der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde, 2015.
Christoph Schneider, Diener des Rechts und der Vernichtung. Das Verfahren gegen die Teilnehmer der Konferenz von 1941 oder: Die Justiz gegen Fritz Bauer, 2017.