Blücher, Wipert von
- Dates of Life
- 1883 – 1963
- Place of birth
- Schwerin
- Place of death
- Garmisch-Partenkirchen
- Occupation
- Diplomat
- Religious Denomination
- evangelisch-lutherisch
- Authority Data
- GND: 116204982 | OGND | VIAF: 79386296
- Alternate Names
-
- Blücher, Carl Wipert von
- Blücher, Wipert von
- Blücher, Carl Wipert von
- Blücher, Wipert von
- Blūšar, Wīpart
- Blücher, Wipert v.
- Blücher, Karl Wipert von
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Relations
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Life description (NDB)
- Abdolhossein Teymurtash (1883–1933)
- Constantin von Neurath (1873–1956)
- Ernst Herzfeld (1879–1948)
- Ernst von Weizsäcker (1882–1951)
- Friedrich Werner von der Schulenburg (1875–1944)
- Joachim von Ribbentrop (1893–1946)
- Reza Schah Pahlavis (1878–1944)
- Risto Ryti (1889–1956)
- Rolf Witting (1879–1944)
- Rudolf Nadolny (1873–1953)
Personen in der GND - familiäre Beziehungen
Places
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Blücher, Carl Wipert von
1883 – 1963
Diplomat
Wipert von Blücher, deutscher Gesandter in Persien (1931–1935) und Finnland (1935–1944), spielte im Zweiten Weltkrieg eine zentrale Rolle in den deutsch-finnischen Beziehungen. Seine Berichterstattung an das Auswärtige Amt und seine politischen Vorstellungen waren durch das Bemühen um Kooperation und Ausgleich zwischen Finnland und dem NS-Regime geprägt.
Dates of Life
Geboren am 14. Juli 1883 in Schwerin Gestorben am 18. Januar 1963 in Garmisch-Partenkirchen Grabstätte Friedhof Garmisch in Garmisch-Partenkirchen Konfession evangelisch-lutherisch Wipert von Blücher, BSB / Bildarchiv / Fotoarchiv Hoffmann (InC) -
Author
→Michael Jonas (Hamburg)
-
Citation
Jonas, Michael, „Blücher, Wipert von“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116204982.html#dbocontent
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Aus einer obrigkeitsstaatlich orientierten und kirchlich geprägten Gutsherrenfamilie stammend, legte Blücher 1902 am Gymnasium Fridericianum in Schwerin das Abitur ab, studierte anschließend Rechtswissenschaften und wurde 1910 an der Universität Rostock zum Dr. iur. promoviert. 1911 trat er – ohne enge familiäre Bindungen an den auswärtigen Dienst – als Assessor in das Auswärtige Amt (AA) ein, wo Rudolf Nadolny (1873–1953) und der spätere Reichsaußenminister Constantin von Neurath (1873–1956) seine wichtigsten Förderer waren.
Nach einer ersten Verwendung als Vizekonsul in Tetuan (Spanisch-Marokko) 1913/14 nahm Blücher während des Ersten Weltkriegs als Reserveoffizier, später als Konsularbeamter an mehreren deutsch-osmanischen Expeditionen im Mittleren Osten teil. Auf nachgeordnete Verwendungen in den 1920er Jahren, u. a. in Stockholm und Buenos Aires, folgte 1931 die Übernahme der Gesandtschaft in Teheran, wo er eng mit dem Hofminister des Schahs, dem Reformer Abdolhossein Teymurtash (1883–1933), zusammenarbeitete, um die Friktionen in den Beziehungen zwischen der deutschen Regierung und dem diktatorischen Regime Reza Schah Pahlavis (1878–1944) einzuhegen. An die Bemühungen seines Amtsvorgängers Friedrich Werner von der Schulenburg (1875–1944) anschließend, förderte Blücher mit Nachdruck die von dem Archäologen Ernst Herzfeld (1879–1948) geleiteten Ausgrabungen des Oriental Institutes der Universität Chicago in Persepolis.
Politisch nationalkonservativ orientiert und dem alten Kaiserreich verbunden, lehnte Blücher die Weimarer Demokratie ab und stand auch der NS-Bewegung skeptisch gegenüber. Er wurde nicht Mitglied der NSDAP. Trotz politischer Denunziationen, die bereits kurz nach der nationalsozialistischen Machtübernahme gegen ihn einsetzten, wurde Blücher im Mai 1935 von Neurath zum deutschen Gesandten in Helsinki ernannt und hatte diese Funktion bis zum Abbruch der deutsch-finnischen Beziehungen im September 1944 inne. Seine Vorstellungen deutscher Finnlandpolitik standen in der Tradition der spätwilhelminischen Außenpolitik, die von einer „Patenschaft“ (Nadolny) des Kaiserreichs bei der Etablierung und Festigung der staatlichen Unabhängigkeit Finnlands ausging. Blücher gelang es, die deutsche Finnlandpolitik einer nationalsozialistischen Ideologisierung zu entziehen und Berlin von der politischen Randständigkeit des finnischen Faschismus zu überzeugen. Die NS-„Judenpolitik“ verstand Blücher als deutsches Spezifikum und warnte noch in den frühen 1940er Jahren vor ihrer möglichen Übertragung auf Finnland.
Als sich die finnische Staatsführung unter Risto Ryti (1889–1956) infolge des Winterkriegs gegen die Sowjetunion seit 1940 immer mehr dem Deutschen Reich annäherte, sah Blücher darin die Vollendung der bilateralen Beziehungen sowie einen Modellfall für die generelle Ordnung des Verhältnisses von Hegemonialmacht und Kleinstaat. Basierend auf dem ständigen Austausch mit finnischen Spitzenpolitikern, v. a. Staatspräsident Ryti und Außenminister Rolf Witting (1879–1944), warb Blücher in der Folgezeit erfolglos für eine Übertragung des finnischen Modells auf die Kleinstaaten im Ostseeraum und im deutsch besetzten Westskandinavien. Während ihn die alte Beamtenschaft im Auswärtigen Amt um Staatssekretär Ernst von Weizsäcker (1882–1951) unterstützte, verschlechterte sich zunehmend Blüchers Verhältnis zu Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop (1893–1946), der im Sommer 1943 erfolglos versuchte, Blücher abzuberufen. Die Absetzungsbemühungen der finnischen Regierung seit dem Frühjahr 1943, die im September 1944 zum Kriegsaustritt Finnlands führten, verurteilte Blücher scharf, stellte sich aber zugleich gegen die von Ribbentrop und dem Reichssicherheitshauptamt erwogene Möglichkeit einer Besetzung Finnlands.
Nach der ordnungsgemäßen Abwicklung der Gesandtschaft siedelte Blücher im Herbst 1944 nach Garmisch-Partenkirchen über, wo er – inzwischen außer Dienst gestellt – im Juli 1945 von der US-Armee in Gewahrsam genommen und mehrere Monate interniert wurde. Nach seiner Entlassung Mitte Juli 1946 und dem sich anschließenden Spruchkammerverfahren von Mai bis September 1947 in Garmisch-Partenkirchen, das ihn als „unbelastet“ einstufte, verblieb Blücher in Garmisch-Partenkirchen und verfasste in der Folgezeit zahlreiche Erinnerungsschriften, u. a. „Zeitenwende in Iran. Erlebnisse und Beobachtungen“ (1949) und „Gesandter zwischen Diktatur und Demokratie“ (1951). Blüchers Metapher vom finnischen Kleinstaat als „Treibholz“ in der Großmächtekonstellation der frühen Kriegsphase entfaltete v. a. in Finnland große historiografische und geschichtskulturelle Wirkung. Die Tagebücher Blüchers sind aufgrund ihrer Überlieferungs- und Informationsdichte bis heute eine unverzichtbare Quelle für die Geschichte der deutsch-finnischen Beziehungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
ca. 1915 | Eisernes Kreuz II. Klasse |
1914 | Mecklenburgisches Militär-Verdienstkreuz |
ca. 1916 | Eiserner Halbmond (Osmanisches Reich) |
1934/35 | Ehrenkreuz für Frontkämpfer |
1939 | Finnischer Orden der Weißen Rose (Großkreuz) |
1936 | Treudienst-Ehrenzeichen 2. Stufe |
ca. 1941 | Militär-Kriegsverdienstkreuz |
Ehrenzeichen des Deutschen Roten Kreuzes |
Nachlass:
Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Berlin. (weiterführende Informationen)
Weitere Archivmaterialien:
Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Berlin. (Personalakten)
Monografien und Aufsätze:
Der Kontokorrentverkehr nach § 355 des Handelsgesetzbuches, 1911. (Diss. iur.)
Zeitenwende in Iran. Erlebnisse und Beobachtungen, 1949.
Gesandter zwischen Diktatur und Demokratie. Erinnerungen aus den Jahren 1935–1944, 1951, finn. 1950, schwed. 1950.
Deutschlands Weg nach Rapallo. Erinnerungen eines Mannes aus dem zweiten Gliede, 1951.
Die Rolle Mannerheims im Zweiten Weltkrieg, in: Osteuropa. Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens 2 (1952), S. 300–302.
Rudolf Nadolny zum Gedächtnis, in: Osteuropa. Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens 3 (1953), S. 239 f.
Wege und Irrwege der Diplomatie, 1953, finn. 1953.
Finnlands Gesuch um deutsche Hilfe 1918. Mannerheims Memoiren berichtigt, in: Außenpolitik. Zeitschrift für internationale Fragen 5 (1954), S. 462–464.
Am Rande der Weltgeschichte. Marokko, Schweden, Argentinien, 1958.
Finnland und die Sowjetunion, in: Osteuropa. Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens 8 (1958), S. 185 f.
Späte Schriften im Selbstverlag:
Aus der Geschichte der Familie von Blücher, 1959.
Im Ruhestand, 1960.
Unter einem guten Stern, 1961.
Von Aufgabe und Arbeit einer Diplomatenfrau, 1961.
Philosophische Betrachtungen, 1961.
Ulrich-Vicco von Blücher, 1962.
Begegnungen mit Religionen und Sekten, 1962.
Walter Freiherr von Tiele-Winckler, 1962.
Fihi ma fihi. Aphorismen, 1962.
N. N., Art. „Wipert von Blücher“, in: Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes. 1871–1945, Bd. 1, hg. v. Maria Keipert/Johannes Hürter, 2000, S. 181 f.
Michael Jonas, „Die deutsche Judenpolitik entfremdet uns innerlich dem finnischen Volk.“ Wipert von Blücher, die NS-Judenpolitik und Finnland im Zweiten Weltkrieg, in: Nordeuropaforum. Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur 2 (2004), S. 3–26.
Michael Jonas, NS-Diplomatie und Bündnispolitik 1935–1944. Wipert von Blücher, das Dritte Reich und Finnland, 2010.
Michael Jonas, Art. „Wipert von Blücher“, in: Henrik Knif (Hg.), Biografiskt Lexikon för Finland, Bd. 4, 2011, S. 133–135.
Michael Jonas, Alternativpolitik und Diplomatie. Das Auswärtige Amt und Nordeuropa im Zweiten Weltkrieg, in: Historische Zeitschrift 293 (2011), S. 667–707.
Michael Jonas, Überwintern in der „Auffangstellung“. Wipert von Blücher und der konservative Widerstand gegen den Nationalsozialismus, in: Jan Erik Schulte/Michael Wala (Hg.), Widerstand und Auswärtiges Amt. Diplomaten gegen Hitler, 2013, S. 117–134.
Michael Jonas, Der Memoirenschreiber von Garmisch‐Partenkirchen. Wipert von Blücher und die deutsch‐finnischen Beziehungen in der Erinnerungspolitik der frühen Bundesrepublik Deutschland, in: Manfred Menger/Burkhart E. Poser (Hg.), Finnland im Blick. Historische und zeitgeschichtliche Studien. Festschrift für Dörte Putensen, 2014, S. 247–273.
Fotografien, 1939–1942, Bildarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek München, Fotoarchiv Hoffmann.