Gebsattel, Konstantin von
Gebsattel, Konstantin Wilhelm Hartmann Heinrich Ludwig Freiherr von
1854 – 1932
General, Verbandsfunktionär, politischer Agitator
- Lebensdaten
- 1854 – 1932
- Geburtsort
- Würzburg
- Sterbeort
- Linz
- Beruf/Funktion
- General ; Verbandsfunktionär ; politischer Agitator ; Politiker
- Konfession
- römisch-katholisch
- Normdaten
- GND: 123680425 | OGND | VIAF: 40292582
- Namensvarianten
-
- Gebsattel, Konstantin Wilhelm Hartmann Heinrich Ludwig Freiherr von
- Gebsattel, Konstantin von
- Gebsattel, Konstantin Wilhelm Hartmann Heinrich Ludwig Freiherr von
- Gebsattel, Constantin von
- Gebsattel, Constantin Wilhelm Hartmann Heinrich Ludwig Freiherr von
- mehr
Verknüpfungen
Von der Person ausgehende Verknüpfungen
Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel
- Alfred Roth (1879–1948)
- Fritz Sauckel (1894–1946)
- Gertzlaff von Hertzberg (1880–1945)
- Heinrich Claß (1868–1953)
- Julius F. Lehmann (1864–1935)
- Karl Lohmann (1866–1946)
- Leopold von Bayern (1846–1930)
- Otto von Salm-Horstmar (1867–1941)
- Philipp Bouhler (1899–1945)
- Theobald von Bethmann Hollweg (1856–1921)
- Theodor Fritsch (1852–1933)
- Wilhelm II. (1859–1941)
- Wilhelm von Preußen (1882–1951)
- Wolfram Sievers (1905–1948)
Verknüpfungen auf die Person andernorts
Aus dem Register von NDB/ADB
Weitere Erwähnungen in der NDB-online/NDB/ADB
Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.
Orte
Symbole auf der Karte
Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.
-
Konstantin von Gebsattel begann seine militärische Laufbahn 1872 in der bayerischen Armee und stieg bis 1910 in den Rang eines Generals der Kavallerie auf. Radikal antisemitisch und rassenideologisch sozialisiert, prägte er von seinem Eintritt 1913 bis 1929, zuletzt als erster stellvertretender Vorsitzender unter Heinrich Claß (1868–1953), die Entwicklung des Alldeutschen Verbands. Von 1919 bis zur Auflösung 1922/23 war er nach Alfred Roth (1879–1948) der wichtigste Funktionär des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbunds.
Lebensdaten
Geboren am 13. Februar 1854 in Würzburg Gestorben am 10. Mai 1932 in Linz Grabstätte Familiengruft in Schloss Gebsattel bei Rothenburg ob der Tauber Konfession römisch-katholisch -
Lebenslauf
13. Februar 1854 - Würzburg -
Genealogie
Vater Viktor Emil Lothar Freiherr von Gebsattel 12.9.1826–1.7.1874 aus Heidingsfeld (heute Würzburg); königlich-bayerischer Kämmerer; seit 1869 Hofmarschall im Dienst der abgesetzten Königin Amalie von Griechenland (1818–1875) in der Bamberger Residenz; in 2. Ehe verh. mit Olga von Rehbinder (1863–1921) Großvater väterlicherseits Konstantin Wilhelm Hartmann von Gebsattel 1.11.1783–1.5.1861 Forstmeister zu Lebenhan (heute Bad Neustadt an der Saale) Mutter Emma Freiin von Gebsattel, geb. Freiin von und zu Guttenberg 4.4.1821–21.12.1859 aus Würzburg Großvater mütterlicherseits Franz Conrad Ludwig Joseph Fidelis Freiherr von und zu Guttenberg 5.7.1774–26.5.1825 aus Würzburg Großmutter mütterlicherseits Therese Caroline Freiin von und zu Guttenberg, geb. Gräfin von Spaur und Flavon 17.9.1795–25.3.1879 aus Wetzlar Bruder Hermann Otto Freiherr von Gebsattel 13.7.1855–11.1.1939 Generalmajor der Kavallerie; 1909–1920 Gründungsvorsitzender der Staatlich autorisierten Vogelschutzkommission (seit 1911 Landesverband für Vogelschutz, heute Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern) Bruder Ludwig Freiherr von Gebsattel 15.1.1857–20.9.1930 General der Kavallerie; 1914–1916 Kommandierender General des III. Armeekorps; Mitglied des Militär-Max-Joseph-Ordens im Rang eines Kommandeurs Halbbruder Johann Philipp Götz Alexis Freiherr von Gebsattel 5.2.1867–10.8.1937 Offizier (Premier-Lieutenant) Halbbruder Friedrich (Fritz) Freiherr von Gebsattel 1.1.1868–31.1.1939 Diplomat; 1909–1919 Leiter des Konsulats in Prag; 1920/21 Konsul in Bregenz und Innsbruck; 1922 kurzzeitig Leiter der Friedensabteilung des Auswärtigen Amts Halbbruder Otto Wilhelm Freiherr von Gebsattel 4.9.1870–29.11.1910 Offizier (Seconde-Lieutenant) Heirat 17.4.1882 in München Ehefrau Marie Freiin von Gebsattel, geb. Freiin Karg von Bebenburg 16.9.1860–30.4.1927 aus München Schwiegervater Klemens Freiherr Karg von Bebenburg 28.9.1821–4.5.1896 aus Trausnitz (Oberpfalz) Schwiegermutter Bruna Freiin Karg von Bebenburg, geb. von Handel 28.10.1837–12.9.1864 aus München Sohn Viktor Emil Clemens Franz Freiherr von Gebsattel 4.2.1883–22.3.1976 aus München; Dr. med.; seit 1949 Professor für Psychiatrie und Nervenheilkunde an der Universität Würzburg; Publizist Sohn Lothar Freiherr von Gebsattel 1886–1902 Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Gebsattel, Konstantin von (1854 – 1932)
-
Vater
Viktor Freiherr von Gebsattel
12.9.1826–1.7.1874
aus Heidingsfeld (heute Würzburg); königlich-bayerischer Kämmerer; seit 1869 Hofmarschall im Dienst der abgesetzten Königin Amalie von Griechenland (1818–1875) in der Bamberger Residenz; in 2.·Ehe verh. mit Olga von Rehbinder (1863–1921)
-
Großvater väterlicherseits
Konstantin Wilhelm Hartmann von Gebsattel
1.11.1783–1.5.1861
Forstmeister zu Lebenhan (heute Bad Neustadt an der Saale)
-
Großmutter väterlicherseits
-
-
Mutter
Emma Freiin von Gebsattel
4.4.1821–21.12.1859
aus Würzburg
-
Großvater mütterlicherseits
Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg
5.7.1774–26.5.1825
aus Würzburg
-
Großmutter mütterlicherseits
Therese Freiin von und zu Guttenberg
17.9.1795–25.3.1879
aus Wetzlar
-
-
Bruder
Hermann Otto Freiherr von Gebsattel
13.7.1855–11.1.1939
Generalmajor der Kavallerie; 1909–1920 Gründungsvorsitzender der Staatlich autorisierten Vogelschutzkommission (seit 1911 Landesverband für Vogelschutz, heute Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern)
-
Bruder
Ludwig Freiherr von Gebsattel
15.1.1857–20.9.1930
General der Kavallerie; 1914–1916 Kommandierender General des III.·Armeekorps; Mitglied des Militär-Max-Joseph-Ordens im Rang eines Kommandeurs
-
Heirat
in
München
-
Ehefrau
Marie Freiin von Gebsattel
16.9.1860–30.4.1927
aus München
-
-
-
-
Biografie
Gebsattel besuchte Lateinschulen in Münnerstadt (Unterfranken) und Bamberg sowie – nach seiner Aufnahme an der Königlich Bayerischen Pagerie – von Herbst 1867 bis Sommer 1872 das Ludwigsgymnasium in München. Direkt nach dem Abitur trat er in das königlich-bayerische 1. Ulanen-Regiment in Bamberg ein, in dem er bis 1897 diente, zuletzt als Eskadronchef. Unterbrochen wurde diese Tätigkeit durch zwei externe Verwendungen: von 1882 bis 1884 als persönlicher Adjutant von Generalleutnant Leopold von Bayern (1846–1930) in München sowie von 1886 bis 1889 als Adjutant der 3. Kavallerie-Brigade. Gebsattel wurde 1889 zum Rittmeister und 1896 zum Major befördert. Seit 1899 Kommandeur des 5. Chevaulegers-Regiments in Saargemünd (Lothringen, heute Sarreguemines, Frankreich) und seit 1903 der 1. Kavallerie-Brigade in München, wurde er zum 19. April 1906 zum Inspekteur der bayerischen Kavallerie ernannt und schied im März 1910 aus gesundheitlichen Gründen im Rang eines Generals der Kavallerie aus dem Militärdienst aus. Anschließend widmete er sich als Gutsherr dem 1901 zurück erworbenen und renovierten Schloss Gebsattel bei Rothenburg ob der Tauber.
Politisch verortete sich Gebsattel – ohne je Parteimitglied zu werden – v. a. bei der Freikonservativen Partei, ehe sich infolge der Reichstagswahlen 1912 und dem Erstarken der Sozialdemokratie seine völkisch-nationalistische Weltanschauung vertiefte. Beeindruckt von dem Pamphlet „Wenn ich der Kaiser wär’. Politische Notwendigkeiten und Wahrheiten“ (1912) nahm er Kontakt mit dem Vorsitzenden des Alldeutschen Verbands (ADV) Heinrich Claß (1868–1953) auf, der sich ihm als Autor der unter Pseudonym veröffentlichten Schrift offenbarte. Seit August 1913 Mitglied des ADV, wurde Gebsattel einen Monat später in den Vorstand, im April 1914 in die Hauptleitung gewählt und amtierte von Januar 1915 bis zum Frühjahr 1929 als erster stellvertretender Vorsitzender.
Gebsattels radikale innen- und außenpolitischen Positionen bündelten sich in der Schrift „Gedanken über den notwendigen Fortschritt in der inneren Entwicklung Deutschlands“ (1913), in der er u. a. ein neues, ständisch gegliedertes Wahlrecht unter Aufwertung militärischer Dienstzeiten, den Ausschluss von Juden aus dem Heer sowie eine forcierte Aussiedlung aller Juden aus Deutschland forderte. Die Schrift fand bei Kronprinz Wilhelm von Preußen (1882–1951) starken Anklang, wurde von Kaiser Wilhelm II. (1859–1941) und Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg (1856–1921) jedoch kritisch kommentiert. Im Zuge einer öffentlichen Kontroverse mit Bethmann Hollweg über die deutschen Kriegsziele verschärfte Gebsattel 1915 seine Positionen und forderte – hierin Claß folgend – die Einführung einer Militärdiktatur, das Verbot ostjüdischer Einwanderung sowie die Annexion von im Friedensfall menschenleer zu übergebender Gebiete („Land frei von Menschen“) v. a. in Osteuropa. Indem er sich zugleich für die Beschlagnahmung jüdischen Vermögens und die staatliche Enteignung von jüdischem Besitz aussprach, ging er über die Positionen des ADV-Vorsitzenden hinaus.
Gebsattel trieb – unterstützt u. a. von Otto von Salm-Horstmar (1867–1941) und Gertzlaff von Hertzberg (1880–1945) – die antisemitische Radikalisierung des ADV voran und übernahm im Oktober 1918 den Vorsitz des neu eingerichteten „Judenausschusses“, dem u. a. auch Theodor Fritsch (1852–1933), Julius F. Lehmann (1864–1935) und Karl Lohmann (1866–1946) angehörten. Der Ausschuss initiierte im Februar 1919 die Gründung des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbunds (DSTB), der das politische Denken zahlreicher Nationalsozialisten der ersten Stunde prägte, darunter Philipp Bouhler (1899–1945), Fritz Sauckel (1894–1946) und Wolfram Sievers (1905–1948). Als hinter Hauptgeschäftsführer Alfred Roth (1879–1948) wichtigster DSTB-Funktionär war Gebsattel in der Gründungsphase für die Erarbeitung von Richtlinien sowie für die Rekrutierung von Führungspersonal zuständig und diente als Verbindungsmann zum ADV. Als der DSTB infolge des Republikschutzgesetzes (1922/23) aufgelöst wurde, verwaltete Gebsattel mit Hertzberg dessen Auflösung und empfahl den Mitgliedern den Übertritt zur NSDAP. Seit 1926/27 zog er sich zunehmend aus dem Verwaltungsgeschäft des ADV zurück; im April 1929 trat Hertzberg offiziell seine Nachfolge als Erster Stellvertretender Vorsitzender an.
-
Auszeichnungen
1883 Österreichischer Orden der Eisernen Krone 3. Klasse 1885 Preußischer Adlerorden 4. Klasse 1895 Ritterkreuz 2. Klasse des Königlichen Militär-Verdienstordens 1902 Ritterkreuz 1. Klasse des Königlichen Militär-Verdienstordens 1906 Königlicher Militär-Verdienstorden 2. Klasse (1909 mit Stern) 1906 Großkreuz des II. Spanischen Verdienstordens 1908 Roter Adler-Orden 2. Klasse mit Stern 1908 Ehrenvorstand des Reichskriegervereins 1909 Württembergischer Friedrichs-Orden für das Kommenturkreuz 1. Klasse -
Quellen
Nachlass:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, N 2089. (politischer Teilnachlass) (weiterführende Informationen)
Familienarchiv, Schloss Gebsattel bei Rothenburg ob der Tauber.
Weitere Archivmaterialien:
Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, Abt. IV (Kriegsarchiv), OP 24718. (Offiziers-Personenakte)
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 8048. (Alldeutscher Verband)
Gedruckte Quellen:
Heinrich Claß, Wider den Strom. Vom Werden und Wachsen der nationalen Opposition im alten Reich, 1932, S. 399–413. (Schriftwechsel zw. Gebsattel und dem Stellvertretenden Kommandierenden General in Frankfurt am Main, Karl Freiherr von Gall, Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg und der Reichskanzlei, 20.1.-15.6.1915)
Björn Hofmeister (Hg.), Heinrich Claß. Politische Erinnerungen des Vorsitzenden des Alldeutschen Verbandes 1915–1933/36, 2022.
-
Werke
Gedanken über den notwendigen Fortschritt in der inneren Entwicklung Deutschlands, 1913.
Eingabe des Alldeutschen Verbandes an den Herren Reichskanzler über das politische Kriegsziel, 1915.
Das Gebot der Stunde, in: Der Panther 3 (1915), H. 10, S. 1178–1197.
-
Literatur
Uwe Lohalm, Völkischer Radikalismus. Die Geschichte des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes 1919–1922/23, 1970.
Michael Peters, Konstantin von Gebsattel, in: Fränkische Lebensbilder, Bd. 16, 1996, S. 173–187. (P)
Rainer Hering, Konstruierte Nation. Der Alldeutsche Verband, 2003.
Walter Jung, Art. „Deutschvölkischer Schutz- und Trutzbund (DVSTB), 1919–1924/35“, in: Historisches Lexikon Bayerns, 2.11.2006. (Onlineressource)
Michael Peters, Art. „Alldeutscher Verband (ADV), 1891–1939“, in: Historisches Lexikon Bayerns, 11.5.2006. (Onlineressource)
Werner Bergmann/Elke Kimmel, Art. „Konstantin von Gebsattel“, in: Wolfgang Benz (Hg.), Handbuch des Antisemitismus, Bd. 2/1, 2009, S. 271–273.
Johannes Leicht, Heinrich Claß 1868–1953. Die politische Biographie eines Alldeutschen, 2011.
Dieter J. Weiß, Art. „Gebsattel, Adelsfamilie“, in: Historisches Lexikon Bayerns, 12.10.2015. (Onlineressource)
Björn Hofmeister, Anwalt für die Diktatur. Heinrich Claß 1868–1953. Sozialisation – Weltanschauung – alldeutsche Politik, 2024.
-
Autor/in
→Björn Hofmeister (Berlin)
-
Zitierweise
Hofmeister, Björn, „Gebsattel, Konstantin von“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.03.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/123680425.html#dbocontent