Dates of Life
1924 – 2019
Place of birth
Preßburg (Bratislava, Tschechoslowakei, heute Slowakei)
Place of death
Kibbuz Merchavia bei Afula (Israel)
Occupation
Schriftsteller ; Übersetzer ; Literaturwissenschaftler ; Komparatist ; Hochschullehrer ; Übersetzer ; Lyriker
Religious Denomination
jüdisch
Authority Data
GND: 120691191 | OGND | VIAF: 91459758
Alternate Names
  • Rübner, Kurt Erich
  • Rübner, Tuvia
  • Rübner, Kurt Erich
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Citation

Rübner, Tuvia, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd120691191.html [20.07.2024].

CC0

  • Tuvia Rübners durch das Erleben von Verfolgung, Shoah und dem Verlust der Familie geprägtes dichterisches Werk stand lange Zeit im Schatten der Lyrik des deutsch-israelischen Dichters Jehuda Amichai (1924–2000). Im Gegensatz zu diesem verweigert sich Rübners Dichtung dem leichten Zugang und wird noch stärker als Amichais Werk von den Verwerfungen des 20. Jahrhunderts und persönlichen Verlusten gespeist. Wegen seiner wechselseitigen Übersetzungen aus dem Deutschen und Hebräischen wird Rübner als Brückenbauer zwischen der deutschen und der israelischen Kultur gewürdigt.

    Dates of Life

    Geboren am 30. Januar 1924 in Preßburg (Bratislava, Tschechoslowakei, heute Slowakei)
    Gestorben am 29. Juli 2019 in Kibbuz Merchavia bei Afula (Israel)
    Konfession jüdisch
  • Curriculum Vitae

    30. Januar 1924 - Preßburg (Bratislava, Tschechoslowakei, heute Slowakei)

    - 1938 - Preßburg (Bratislava, Tschechoslowakei, heute Slowakei)

    Schulbesuch (ohne Abschluss)

    Staatsrealgymnasium

    April 1941 - Kibbuz Merchavia bei Afula (Palästina)

    Emigration

    Haschomér Hazair (Jugendorganisation)

    1941 - 1950 - Kibbuz Merchavia

    Schafhirte

    1950 - Afula ?

    Bibliothekar, Lehrer

    Mittelschule

    - 1992 - Haifa (Israel)

    Professor für Vergleichende Literaturwissenschaft

    Universität

    29. Juli 2019 - Kibbuz Merchavia bei Afula (Israel)
  • Genealogy

    Vater Manfred Moritz Rübner gest. 1942 Direktor der Filiale Preßburg der internationalen Speditionsgesellschaft Schenker und Co.; 1938 entlassen; im KZ Auschwitz ermordet
    Großvater väterlicherseits N. N. Rübner gest. vor 1945 im KZ Auschwitz ermordet
    Großmutter väterlicherseits N. N. Rübner gest. vor 1945 im KZ Auschwitz ermordet
    Mutter Elsa Grünwald-Rübner, geb. Grünwald 2.6.1899–1942 im KZ Auschwitz ermordet
    Großvater mütterlicherseits N. N. Grünwald gest. vor 1945 im KZ Auschwitz ermordet
    Großmutter mütterlicherseits N. N. Grünwald gest. vor 1945 im KZ Auschwitz ermordet
    Geschwister Alicia (Lizzy) Rübner vor 1924–1942 Schülerin; im KZ Auschwitz ermordet
    1. Heirat 1944 in Merchavia (Palästina)
    Ehefrau Ada Rübner gest. 1950 gest. bei dem Unfall mit Tuvia Rübner
    Kind eine Tochter geb. 1949
    2. Heirat 1953 in Israel
    Ehefrau Galia Jesreeli-Rübner, geb. Jesreeli Pianistin
    Kinder zwei Söhne einer seit 1983 in Südamerika verschollen
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Rübner, Tuvia (1924 – 2019)

    • Vater

      Manfred Moritz Rübner

      gest. 1942

      Direktor der Filiale Preßburg der internationalen Speditionsgesellschaft Schenker und Co.; 1938 entlassen; im KZ Auschwitz ermordet

      • Großvater väterlicherseits

        Rübner

        gest. vor 1945

        im KZ Auschwitz ermordet

      • Großmutter väterlicherseits

        Rübner

        gest. vor 1945

        im KZ Auschwitz ermordet

    • Mutter

      Elsa Grünwald-Rübner

      2.6.1899–1942

      im KZ Auschwitz ermordet

      • Großvater mütterlicherseits

        Grünwald

        gest. vor 1945

        im KZ Auschwitz ermordet

      • Großmutter mütterlicherseits

        Grünwald

        gest. vor 1945

        im KZ Auschwitz ermordet

    • 1.·Heirat

      in

      Merchavia (Palästina)

      • Ehefrau

        Ada Rübner

        gest. 1950

        gest. bei dem Unfall mit Tuvia Rübner

    • 2.·Heirat

      in

      Israel

      • Ehefrau

        Ada Rübner

        gest. 1950

        gest. bei dem Unfall mit Tuvia Rübner

  • Biografie

    Rübner wuchs in einer deutschsprachigen jüdischen Familie in Preßburg (Bratislava, Tschechoslowakei, heute Slowakei) auf. Hier besuchte er das Staatsrealgymnasium, das er nach der deutschen Besetzung der Tschechoslowakei wegen seiner jüdischen Herkunft verlassen musste. Im April 1941 gelangte er mit dem letzten Jugendtransport gemeinsam mit Freundinnen und Freunden aus dem Jugendbund Haschomér Hazair über Ungarn, Rumänien, die Türkei, Syrien und Libanon in den Kibbuz Merchavia bei Afula (Palästina). Mit seinen Angehörigen – Eltern, Großeltern, der jüngeren Schwester – stand er bis zu deren Deportation in das Konzentrationslager Auschwitz 1942 in brieflichem Kontakt.

    In Merchavia arbeitete Rübner als Schafhirte und auf dem Feld und begann, Gedichte zu schreiben – bis 1954 in deutscher Sprache, danach auf Hebräisch, nach 1992 auch wieder auf Deutsch.

    Bei einem Busunfall, bei dem seine erste Ehefrau starb, wurde Rübner 1950 schwer verletzt. Außerstande weiterhin körperlich zu arbeiten, war er danach als Bibliothekar und Lehrer an einer Mittelschule angestellt. Gefördert von seinem Freund, dem Bibliothekar und Literaturwissenschaftler Werner Kraft (1896–1991), wurde Rübner als Professor an die Universität Haifa berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1992 Vergleichende Literaturwissenschaft lehrte. Neben dieser Tätigkeit arbeitete er als Übersetzer. So übertrug er u. a. Werke Samuel Joseph Agnons (1888–1970) und 1993 Gedichte seines Freundes Dan Pagis (1930–1986) in das Deutsche sowie Gedichte von Anton (Israel) Pincas (geb. 1935) („Diskurs über die Zeit“, 2012), Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832), Franz Kafka (1883–1924), Paul Celan (1920–1970) und Friedrich Schiller (1759–1805) in das Hebräische.

    Kraft und Ludwig Strauß (1892–1953), mit dem Rübner ebenfalls eine Freundschaft verband und dessen vierbändiges Gesamtwerk (1998–2000) sowie den Briefwechsel (1990) mit Martin Buber (1878–1965) er mitherausgab, bestärkten Rübner in seinem eigenem dichterischen Schaffen. Leah Goldberg (1911–1970) veröffentlichte 1953 in der zionistisch-sozialistisch ausgerichteten Tageszeitung „Davar“ sein erstes hebräisches Gedicht; Rübners hebräische Biografie der Dichterin (1980) dient bis heute als Grundlage der israelischen Goldberg-Forschung.

    Von 1963 bis 1966 fungierte Rübner als Abgesandter der Jewish Agency in Zürich, wo er an der Universität die Vorlesungen Emil Staigers (1908–1987) und Wolfgang Binders (1916–1986) hörte. Rübner schloss in dieser Zeit Freundschaft mit Friedrich Dürrenmatt (1921–1990) und dessen Frau Lotti Dürrenmatt (1919–1983) und unternahm auch später ausgedehnte Reisen nach Europa.

    Rübners Lyrik ist geprägt vom Erlebnis der antisemitischen Verfolgung vor 1941 und der Vernichtung der Juden, allen voran seiner engsten Angehörigen; die Erinnerung an die Verlorenen wurde zur Triebfeder seines Schreibens im „Schatten von Auschwitz“, das er als unaufhörliches Anschreiben gegen die Grenzen der Sprache und das Verstummen verstand. So präsentieren sich etwa die Gedichte seines Bandes „Wer hält diese Eile aus“ (2007), die er als „Kunstgebilde“ bezeichnete, als Ausdruck einer Aporie, einer tiefen existenziellen Ratlosigkeit. Hinter den Versen, in denen Rübner seine Verzweiflung in klare Aussagen fasste, wird das Unaussprechliche der Shoah vernehmbar. Sie zählen damit zu den eindrucksvollsten Gedichten über die unmenschliche Erniedrigung und Ermordung von Menschen. In ihnen entzieht sich das Eigentliche der Aussage und verweigert sich sowohl der wörtlichen wie der metaphorischen Benennung. Charakteristisches Stilmittel sind Paradoxa, in denen der Unterschied von Scheinen und Sagen aufgehoben wird. Das Bemühen des lyrischen Ichs, Worte zu finden für das Unsagbare, ist bloßgestellt im vorweggenommenen Wissen um die Vergeblichkeit allen Bemühens.

    Rübers Frühwerk hatte surrealistische, die Wirklichkeit verfremdende Züge. Später, in der Entwicklung von Paradoxa als Stilmittel (u. a. „Helldunkel“, „Ein langes kurzes Leben“, „Stein will fließen“), stellte Rübner sich in seiner Dichtung „den Dingen des Lebens“; er gestaltete Dichtung, die sich kritisch auseinandersetzt mit dem Alltag in Israel, mit der Shoah, dem Verlust von Angehörigen, auch dem seit 1980 in Südamerika verschollenen Sohn.

    Rübner lässt sich aber keiner „Schule“ oder bestimmten literarischen Gruppe zurechnen, was die Rezeption erschwerte. Lange Zeit schrieb er zudem auch in Israel auf Deutsch, um seinen Angehörigen nahe zu sein. Erst nach und nach erlernte er das Hebräische. In Deutschland wurde er Leserinnen und Lesern 1990 von Christoph Meckel (1935–2020) und Efrat Gal-Ed (geb. 1956) vorgestellt, die mit „Wüstenginster“ einen Querschnitt aus seinem Werk herausgaben. Seit 1995 veröffentlicht der Aachener Rimbaud-Verlag sein Werk.

  • Awards

    1957 Anne Frank Preis für Literatur, Israel
    1966 ACUM Award for Poetry, Israel
    1975 Israel Prime Minister Award for Creative Writing, Israel
    1981 Zürcher Steinberg-Preis
    1987 korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt
    1987 korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz
    1994 Christian-Wagner-Preis der Christian-Wagner-Gesellschaft, Warmbronn
    1999 Jeanette-Schocken-Preis – Bremerhavener Bürgerpreis für Literatur des Bürgervereins und der Stadt Bremerhaven
    1999 Paul-Celan-Preis des Deutschen Literaturfonds
    2002 Jan Smrek Preis, Bratislava (Slowakei)
    2007 Jerusalem Prize for the Freedom of the Individual in Society, Israel
    2008 Israel Preis des Staates Israel
    2008 Theodor-Kramer-Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil der Theodor Kramer Gesellschaft, Österreich
    2012 Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung für das Lebenswerk
  • Primary Sources

    Nachlass:

    nicht bekannt.

  • Works

    Gedichtbände in hebräischer Sprache (Titel in englischer Übersetzung):

    The Fire in the Stone, 1957.

    Poems Seeking Time, 1961.

    As Long As, 1967.

    Poems, 1970.

    Unreturnable, 1971.

    Midnight Sun, 1977.

    A Graven and a Molten Image, 1982.

    And Hasteneth to His Place, 1990.

    Latter Days Poems, 1999.

    Almost a Conversation, 2002.

    Nasty Children’s Rhymes and Others, 2004.

    Traces of Days. New & Selected Poems, 1957–2005, 2005.

    Everything After It, 2007.

    Belated Beauty, 2009.

    Contradictory Poems, 2011.

    Last Ones. 2011–2012, 2013.

    The Cross-Road, 2015.

    Still Before, 2017.

    From Here To. Selected Poems, 2018.

    Seventeen, 2018.

    More No More, 2019.

    Gedichtbände in deutscher Sprache oder deutscher Übersetzung:

    Wüstenginster, hg. v. Christoph Meckel/Efrat Gal-Ed, 1990.

    Granatapfel. Frühe Gedichte, 1995.

    Ausgewählte Gedichte 1957–1997, 2 Bde., 1998/2000.

    Stein will fließen, 1999.

    Von Luft zu Luft, 2003.

    Wer hält diese Eile aus?, 2007.

    Spätes Lob der Schönheit, 2010.

    Lichtschatten, 2011.

    Wunderbarer Wahn, 2014.

    Im halben Licht, 2016.

    Das vergebliche Gebet der Verse, postum 2022.

    Autobiografie:

    Ein langes kurzes Leben. Von Preßburg nach Merchavia, 2004, Neuausg. 2014 (mit v. Rübner gemachten Fotografien), hebr. 2006. (P)

    Übersetzungen in deutscher Sprache:

    Samuel Joseph Agnon, Der Treueschwur, 1965.

    Dan Pagis, Erdichteter Mensch. Gedichte hebräisch-deutsch, 1993.

    Samuel Joseph Agnon, Schira, 1998.

    Samuel Joseph Agnon, Der Vorabend, 2004.

    Milan Richter, Der Engel mit schwarzen Flügeln, 2005.

    Anton Pincas, Diskurs über die Zeit. Gedichte, 2012.

    Herausgeberschaften:

    Dafna Mach/Tuvia Rübner (Hg.), Briefwechsel Martin Buber – Ludwig Strauß 1913–1953, 1990.

    Hans Otto Horch/Tuvia Rübner (Hg.), Ludwig Strauß. Gesammelte Werke, 4 Bde., 1998–2000.

  • Literature

    Uwe Pörksen, Der Sturm aus der Vergangenheit. Über Tuvia Rübner, 2003.

    Michael Braun, Zeitzeuge mit der Kraft zur Verständigung. Der israelische Lyriker, Übersetzer und Literaturwissenschaftler Tuvia Rübner, in: Stimmen der Zeit 230 (2012), S. 626–632.

    Hans Otto Horch, Tuvia Rübner. Alles, was geschehen ist, ist zeitlos da, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 20.1. 2014, S. 32.

    Jürgen Nelles (Hg.), Tuvia Rübner lesen. Erfahrungen mit seinen Büchern, 2015.

    Giddon Ticotsky, A German Island in Israel. Lea Goldberg and Tuvia Rübner’s Republic of Letters, in: Naharaim 10 (2016), S. 127–149. (Abdruck des Briefwechsels, S. 151–162)

    Sulamith Sparre, „Es gibt ein Gedicht, das ist ein Ungedicht“. Netti Boleslav und Tuvia Rübner. Schreiben im Schatten von Auschwitz, 2017.

    Sulamith Sparre, „Fremde der Heimat“. Sprachzertrümmerung und Welterschaffung in der Dichtung Paul Celans und Tuvia Rübners, 2018.

    Matthias Weichelt, Tuvia Rübner. „Gedichte schreiben“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (Frankfurter Anthologie) v. 16.10.2020.

    Lina Barouch, Neither Here Nor There. Tuvia Rübner’s First Hebrew Poem, in: Mimeo v. 26.5.2022.

    Lexikonartikel:

    Thomas Sparr, Art. „Rübner, Tuvia“, in: Andreas B. Kilcher (Hg.), Metzler Lexikon der deutsch-jüdischen Literatur, 22012, S. 436.

    Jürgen Nelles, Art. „Tuvia Rübner“, in: Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur (KLG), 114. Nachlieferung, 2016.

    Dokumentarfilme:

    2 oder 3 Dinge, die ich von ihm weiß, 2005, Regie: Malte Ludin.

    Langes kurzes Leben. Der Dichter Tuvia Rübner, 2012, Regie: Henning Backhaus. (Onlineressource)

  • Onlineressourcen

  • Portraits

    Zeichnung v. Friedrich Dürrenmatt (1921–1990), 1.8.1979, Schweizerisches Literaturarchiv, Bern, SLA-FD-A-Bi-1-293. (Onlineressource)

  • Author

    Sulamith Sparre (Würzburg)

  • Citation

    Sparre, Sulamith, „Rübner, Tuvia“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/120691191.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA