Wiene, Robert
- Dates of Life
- 1873 – 1938
- Place of birth
- Breslau
- Place of death
- Paris
- Occupation
- Filmregisseur ; Drehbuchautor ; Produzent ; Schauspieler ; Dramaturg ; Regisseur ; Filmproduzent
- Religious Denomination
- mehrkonfessionell
- Authority Data
- GND: 118852485 | OGND | VIAF: 46929653
- Alternate Names
-
- Wiene, Robert
- Weine, Robert
- Вине, Роберт
- Wiener, Robert
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Relations
Genealogical Section (NDB)
Life description (NDB)
Personen in der GND - familiäre Beziehungen
- NDB 20 (2001), S. 612 in Artikel Pommer (Pommer, Erich)
- NDB 25 (2013), S. 572 in Artikel Stroheim (Stroheim, Erich Oswald Hans Carl Maria von)
- NDB 26 (2016), S. 731 in Artikel Veidt (Veidt, Hans Walter Conrad)
- NDB 28 (2024), S. 485 in Artikel Wollenberg (Wollenberg, Hans Heinrich (Pseudonym H. Wollenberg Ihling, I. Ron Curtain))
Places
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Wiene, Robert
| Filmregisseur, Drehbuchautor, Produzent, * 27.4.1873 Breslau, † 15.7.1938 Paris. (jüdisch, später evangelisch)
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Genealogy
V →Carl (1848–1913), aus Neutra (Ungarn), Schausp. in Ofen u. Pest, 1871 am Lobe-Theater in B., dann am Hoftheater in Hannover, 1875 am Burgtheater|in Wien, 1880 am Hoftheater in Stuttgart, 1889 am Hoftheater in Dresden, Schriftst. (s. Dt. Zeitgenossenlex.; Wi. 1912);
M Pauline Loevy, aus Bratislava;
B →Conrad (1878–1934, ⚭ Lily Josephine Radamsky,* 1876, aus Wien), Schausp., Drehbuchautor, Filmregisseur, arbeitete gelegentl. mit W. zusammen (s. L);
– ⚭ Henriette (* 1894, ⚭ 2] →Johannes Julius Alfred Richter, * 1888, Maschinening. in Berlin), aus Bernau, wohl T d. Karl Hermann Trinks, Oberpostschaffner in Berlin, u d. Henriette Friederike Haase;
kinderlos. -
Biography
W. wuchs wahrscheinlich in Breslau, Hannover, Wien, Stuttgart und Dresden auf. Ab 1894 studierte er Jura in Wien und Berlin; ob er promovierte, ist bislang nicht gesichert. Einige Zeit arbeitete W. als Jurist in Weimar. 1908 übernahm er in Wien für wenige Monate die Direktion des Kleinen Schauspielhauses bis zu dessen Schließung; danach begründete er noch im selben Jahr zusammen mit →Adolf Steinert (1864–1913) die (bis 1928 bestehende) Neue Wiener Bühne, die er jedoch bereits 1909 wieder verließ.
Ab 1912 war W. als Regisseur und Drehbuchautor im dt. und österr. Film tätig. In der Folge arbeitete er v. a. bei der Berliner Messter-Film GmbH (ab 1914) und spezialisierte sich auf Verwechslungskomödien, Melodramen und andere Trivialformen, aber auch auf psychologische Stoffe; dabei übernahm meistens →Henny Porten (1890–1960) die Hauptrolle. 1919 gründete W. mit →Heinz Hanus (1882–1972) eine Berufsvereinigung der österr. Filmregisseure, die er bis 1922 auch leitete. 1919 wurde W. von →Erich Pommers (1889–1966) Decla-Film-Gesellschaft-Holz & Co., aus der wenig später die Decla Bioskop entstand, für „Das Cabinet des Dr. Caligari“ mit →Werner Krauss (1884–1959), →Lil Dagover (1887–1980) und →Conrad Veidt (1893–1943) engagiert; dieser Film markierte wegen seiner expressionistischen Gestaltung W.s internationalen Durchbruch als Filmregisseur. Danach ging W. kaum mehr feste Engagements ein und gründete über die Jahre eigene Produktionsfirmen. Mit „Genuine“ (1920), „Raskolnikow“ (1923) (unter Mitwirkung des Moskauer Künstlertheaters) und „Orlacs Hände“ (1924) folgte eine Reihe expressionistisch dekorierter Arbeiten und zugleich große Ausstattungsfilme mit „I.N.R.I.–Ein Film der Menschlichkeit“ (1923) und v. a. mit „Der Rosenkavalier“ (1926/27), letztere unter Mitarbeit von →Richard Strauß (1864–1949) und →Hugo von Hofmannsthal (1874–1929). In den letzten Jahren der Stummfilmzeit häuften sich Stoffe mit attraktiven, eleganten Frauenfiguren im Mittelpunkt der Handlungen. Für diese Art des gehobenen Unterhaltungsfilms engagierte W. bekannte weibliche Stars, wie u. a. →Mady Christians (1900–1951), →Lya de Putti (1897–1931) oder →Lily Damita (1905–1994).
In „Der Andere“ (1930), einer Adaption des gleichnamigen Stücks von →Paul Lindau (1839–1919), zeigte sich W.s Interesse an der Psychoanalyse. Dieser und einige der folgenden Filme, wie „Eine Nacht in Venedig“ (1934), wurden wie damals üblich in gleichzeitig produzierten sog. Mehrsprachenversionen hergestellt, um die internationalen Auswertungschancen zu erhöhen. Thematisch wandte er sich nun auch dem Gangstermilieu zu. Sein Spionagefilm „Taifun“ (1933) konnte nur in Österreich ungekürzt gezeigt werden; in Deutschland wurde er nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten – unter Tilgung von W.s Namen aus dem Vorspann – in einer gekürzten und entstellend veränderten Schnittfassung aufgeführt.
Zu diesem Zeitpunkt, im Sept. 1933, war W. bereits über Ungarn im brit. Exil angekommen, wo er erfolglos versuchte, ein Tonfilmremake seines „Caligari“-Films zu realisieren. In Paris schließlich verfolgte er diesen Plan weiter, wofür er sich die Mitwirkung →Jean Cocteaus gesichert hatte. Geplant war ein Film weitgehend ohne Dialoge, dessen Handlung sich durch einen intensiven Einsatz der Musik vermitteln sollte.
In seinen letzten beiden Lebensjahren drehte W. „Ultimatum“ (1938) mit →Erich von Stroheim (1885–1957) und →Dita Parlo (1908–1971), ein Spionagemelodram, das unmittelbar vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs angesiedelt war. Kurz vor Ende der Dreharbeiten brach W. im Atelier zusammen und verstarb zwei Tage später im Krankenhaus. Sein Kollege →Robert Siodmak (1900–1973) führte die Filmarbeiten zu Ende.
Zu Lebzeiten wurde W. von Fachkritik und Publikum als Filmkünstler geachtet, seine Reputation in der Filmgeschichtsschreibung wurde erst durch →Siegfried Kracauer (1889–1966) nachhaltig geschädigt. Dessen „psychologische Filmgeschichte“, die 1947 unter dem Titel „From Caligari to Hitler“ erschien, war lange sehr einflußreich. Darin suggerierte Kracauer, „Caligari“ stünde im dt. Film der Weimarer Republik am Beginn einer „procession of tyrants“, in deren Beliebtheit sich die Sehnsucht der Deutschen nach einem tyrannischen Herrscher ausdrücke – ein Wunsch, der sich in einer autoritären Regierung, nämlich der Hitler-Diktatur, erfüllt habe. Lediglich „Caligari“ selbst wurde wegen seines experimentellen Charakters auch später weiterhin anerkannt; W. habe dagegen danach|vergeblich versucht, diesen Erfolg zu wiederholen. In jüngster Zeit hat sich diese Einschätzung – v. a. als Folge von Restaurierungen und aufwendigen Rekonstruktionen einiger seiner Arbeiten durch internationale Filmarchive – in Fachkreisen wieder ins Positive verkehrt.
W., dessen Œuvre mehr als 90 Filme umfaßt, zeichnete sich aus durch sein frühes Interesse für Rechtsthemen – vermutlich inspiriert durch sein Jura-Studium – und Psychologie.
Als Drehbuchautor und Regisseur kreierte er v. a. in den 1910er Jahren einen Komödienstil, der sich erheblich von dem →Ernst Lubitschs (1892–1947) unterscheidet, indem er das Motiv der Verwechslung und der falschen Identität humorvoll in Szene setzte. Zu Beginn der Tonfilmära gehörte er zu den aktivsten und innovativsten dt. Filmregisseuren seiner Zeit.
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Works
Weitere W u. a. Die Waffen d. Jugend, 1912;
Das wandernde Licht, 1913;
Furcht, 1917;
Die Nacht d. Kgn. Isabeau, 1920;
Die Kgn. vom Moulin Rouge, 1926;
Die Geliebte, 1927;
Der Liebesexpress, 1931;
Panik in Chicago, 1931;
– Teilnachlaß: Dt. Filminst., Frankfurt/M. -
Literature
|G. Böhm, Gesch. d. Neuen Wiener Bühne, Diss. masch. Univ. Wien 1966;
U. Jung u. W. Schatzberg, R. W., Der Caligari-Regisseur, 1995 (P);
dies., Beyond Caligari, the films of R. W., 1999 (P);
H. Belach u. H.-M. Bock (Hg.), Das Cabinet d. Dr. Caligari, Drehbuch v. Carl Mayer u. Hans Janowitz zu R. W.s Film v. 1919/20, 1995 (P);
D. Robinson, Das Cabinet d. Dr. Caligari, 1997 (P);
O. Brill, Der Caligari-Komplex, 2012 (P);
–BHdE II;
Benz/Graml, Biogr. Lex. z. Weimarer Rep., 1988;
K. Kreimeier, Die Ufa-Story, 1992;
CineGraph;
filmportal.de. -
Author
Uli Jung -
Citation
Jung, Uli, "Wiene, Robert" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 85-87 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118852485.html#ndbcontent