Körner, Josef
- Lebensdaten
- 1888 – 1950
- Geburtsort
- Rohatetz bei Göding (Südmähren)
- Sterbeort
- Prag
- Beruf/Funktion
- Literaturhistoriker ; Bibliograph ; Philologe ; Literarhistoriker
- Konfession
- jüdisch
- Normdaten
- GND: 116297271 | OGND | VIAF: 100228525
- Namensvarianten
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- Körner, Josef
- Körner, Josef
- Körner, I.
- Körner, Joseph
- Körner, Joseph
- Cörner, I.
Vernetzte Angebote
- * Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950 [2003-]
- * Antragsstellende der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft/Deutschen Forschungsgemeinschaft (GEPRIS Historisch – Forschungsförderung von 1920 bis 1945) [2021]
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Körner, Josef
Literarhistoriker und Bibliograph, * 15.4.1888 Rohatetz bei Göding (Südmähren), † 9.5.1950 Prag. (israelitisch)
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Genealogie
V Karl, Gutsverwalter;
M Therese Dukes;
⚭ Jarmila Rumlová. -
Biographie
In Wien und Prag studierte K. Germanistik (Promotion 1910, Lehramtsexamen 1911). Zu seinen Lehrern zählten →J. Minor, →J. Seemüller, →A. Sauer sowie der Romanist →W. Meyer-Lübke. Bis 1930 (unterbrochen durch Kriegsteilnahme 1914-18 und längere Studienreisen 1920–22) war er Realschullehrer und seit 1919 Gymnasial- Professor in Prag. Die Literaturwissenschaft nahm für K. eine zentrale und integrale Stellung innerhalb der Kulturwissenschaften ein; Literarhistorik verstand er als eine „besondere Sparte der Geschichtswissenschaft“. Sein spezielles Arbeitsgebiet war die Frühromantik; hier vor allem entwickelte er einen geradezu detektivischen Spürsinn für verschollene Quellen, die er mit akribischer Sorgfalt und positivistischer Detailbesessenheit edierte, dokumentierte, kommentierte. Gegenüber dem „modisch gewordenen dürren Formelwesen“ wollte er auf den „strotzenden Reichtum geschichtlichen Lebens“ hinweisen. Unbeirrt verfocht er seinen Standpunkt „zwischen Historik und Ästhetik“ gegen alle Strömungen, die seinem universalen Anspruch nicht genügten: gegen eine „expressionistische Geistesgeschichte“, gegen New Criticism, Strukturalismus, Stilphänomenologie und -psychologie. Als Rezensent (seine „Lieblingsbeschäftigung“) verprellte er nicht wenige Fachkollegen durch sein schonungslos strenges Urteil. 1924 versuchte K. erstmals, sich an der Deutschen Universität Prag zu habilitieren. Doch August Sauer favorisierte den ihm befreundetenG. Stefansky. Da er befürchten mußte, sich zwei jüdische Privatdozenten politisch nicht leisten zu können, lehnte er K.s Habilitationsschrift „Romantiker und Klassiker“ ab. Sein Gutachten (in: Euphorion 26, 1925, S. 142-50; vergleichend dazu K.s „Abwehr“ in: Germanisch-Romanische Monatsschrift 14, 1926, S. 304-08) löste den öffentlichen Protest führender Literaturwissenschaftler aus (unter anderem P. Kluckhohn, H. A. Korff, A. Leitzmann, P. Merker, L. Spitzer, C. Vietor, O. Walzel, G. Wittkowski, in: Literaturblatt für Germanische und Romanische Philologie 46, 1925, S. 407). Nachfolger Sauers († 1926) wurde im Oktober 1928 der antisemitisch eingestellte Herbert Cysarz. Er wagte zwar nicht, K.s erneute Bewerbung um eine Privatdozentur zurückzuweisen, sorgte jedoch dafür, daß der unbequeme Kandidat im Habilitationscolloquium durchfiel. Erst auf Intervention des tschechischen Unterrichtsministeriums wurde das Verfahren wieder aufgenommen und K. im Herbst 1930 als Privatdozent zugelassen. Im Sommer 1929 entdeckte er auf Schloß Coppet am Genfer See die fast 3 000 Briefe umfassende Korrespondenz August Wilhelm Schlegels aus den Jahren 1804–12. Mit der Veröffentlichung der wesentlichen Stücke („Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis“, Band 1-2, 1936 folgende, Nachdruck 1969) konnte er die „peinlichste Lücke im Quellenvorrat zur Geschichte der deutschen Romantik“ schließen. Ein 1938 im Manuskript vorliegender voluminöser Erläuterungsband konnte infolge der politischen Ereignisse nicht mehr gedruckt werden. Anfang 1939 wurde K. aus rassischen Gründen die venia legendi entzogen; danach war er bis zu seiner Einlieferung ins KZ Theresienstadt (Ende 1944) Privatgelehrter. Nach der Befreiung als Deutscher diffamiert und der gewohnten Publikationsmöglichkeiten beraubt, durchlitt er auch materiell eine Notzeit, die er nur durch die Unterstützung von Freunden und den Verkauf seiner wertvollen Autographensammlung überstand, bis endlich die tschechische Regierung eine Pension zubilligte. Als Ergebnis 30jähriger Quellenstudien und „lebenslänglicher Fron“ vollendete K. 1949 sein „Bibliographisches Handbuch des deutschen Schrifttums“, ein noch heute unentbehrliches Standardwerk der Literaturwissenschaft. Er starb mitten in der Arbeit an seinem zweiten Hauptwerk, dem zu einem „vollständigen Archiv der gesamten Romantikforschung“ ausgeweiteten, den großen Fund von Coppet erst aufschließenden Kommentar zu den „Krisenjahren“ (postum 1958; Index und Teile der Bibliographie vom Verlag erstellt). K.s wissenschaftlicher Nachlaß, circa 20 für die Romantikforschung unschätzbare Zettelkästen, wid von der Bonner Universität verwaltet.
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Werke
Weitere W u. a. Nibelungenforschungen d. dt. Romantik, 1911, Nachdr. 1968;
German. Renaissance, 1912;
Die Klage u. d. Nibelungenlied, 1920;
Das Nibelungenlied, 1921;
Arthur Schnitzlers Gestalten u. Probleme. 1921;
Bibliogr. Anhang zu W. Scherer u. O. Walzel, Gesch. d. dt. Lit., 1921/28 (selbständig weitergeführt als Bibliogr. Hdb. d. dt. Schrifttums, ³1949, ⁴1966);
Romantiker u. Klassiker, Die Brüder Schlegel in ihren Beziehungen zu Schiller u. Goethe, 1924, Nachdr. 1971;
Erlebnis-Stoff-Motiv, in: Vom Geiste neuer Lit.forschung, Festschr. f. O. Walzel, 1924, S. 80-90;
Recht u. Pflicht, Eine Stud. üb. Kleists „Michael Kohlhaas“ u. „Prinz Friedrich v. Homburg“, 1926;
Barocke Barockforschung (Cysarz-Rezension), in: HZ 133, 1926, S. 455-64;
Bibliogr. z. 5. Aufl. v. R. Haym, Die romant. Schule, 1928 (mit O. Walzel);
Die Botschaft d. dt. Romantik an Europa, 1929, Nachdr. 1967;
Goethes Mondlied, Ein Deutungsversuch, 1936;
Wortkunst ohne Namen, 1937;
Einführung in d. Poetik, 1949, ³1968;
Marginalien, Krit. Btrr. z. geistesgeschichtl. Forschung, 1. Folge, 1950 (mehr nicht erschienen). - Hrsg.: A. W. Schlegel, Gesch. d. Dt. Sprache u. Poesie, 1913;
G. Keller, Der grüne Heinrich, 1921;
C. Brentano, Die Schachtel mit d. Friedenspuppe, 1922;
Briefe v. u. an Friedrich u. Dorothea Schlegel, 1926;
A. W. u. F. Schlegel im Briefwechsel mit Schiller u. Goethe, 1926;
Briefe v. u. an A. W. Schlegel (T. 1: Texte, T. 2: Erläuterungen), 1930;
F. Schlegel, Neue phil. Schrr., 1935. -
Literatur
Dt. Rdsch. 76, 1950, S. 857 f., Grenzfall d. Wiss.: Herbert Cysarz, hrsg. v. R. Jahn, 1957, S. 99-101 (böswillig verzerrtes Porträt K.s durch Cysarz);
R. L. Kahn, in: Modern Language Review 58, 1963, S. 38-59 (mit zahlr. Berichtigungen u. Ergg. z. Index d. „Krisenjahre“);
ders., In: Rice University Studies 50, 1965, No. 4, S. 19-23;
Arthur Schnitzler, Briefe an J. K., in: Lit. u. Kritik 65, 1967, H. 12, S. 79-87, H. Partisch, Österreicher aus sudetendt. Stamme VII, 1970;
Kosch, Lit.-Lex.;
Ottuv slovník naučny, Nové doby, III, 2, 1935;
ÖBL. -
Autor/in
Rüdiger Wilkening -
Zitierweise
Wilkening, Rüdiger, "Körner, Josef" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 386-387 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116297271.html#ndbcontent