Mark, Hermann
- Lebensdaten
- 1895 – 1992
- Geburtsort
- Wien
- Sterbeort
- Austin (Texas, USA)
- Beruf/Funktion
- Physikochemiker ; Polymerforscher ; Chemiker
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 118640925 | OGND | VIAF: 108348772
- Namensvarianten
-
- Mark, Hermann Franz
- Mark, Herman Francis / nach 1938
- Mark, Hermann
- Mark, Hermann Franz
- Mark, Herman Francis / nach 1938
- Mark, Herman F.
- Mark, H.
- Mark, H. F.
- Mark, H.F.
- Mark, Herman
- Mark, Herman Francis
- Mark, Hermann F.
- Mark, Hermann Francis
Vernetzte Angebote
- * Kalliope-Verbund
- Archivportal-D
- Members of the Russian Academy of Sciences since 1724 [2017]
- Mitglieder der Deutschen Physikalischen Gesellschaft 1845 bis 1945 (DPG) (eingestellt) [2006-]
- Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938
- Nomination Database - Nobelprize.org [2014-]
- * Nachlass Sommerfeld beim Deutschen Museum
- * Autoren der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- Isis Bibliography of the History of Science [1975-]
- Nomination Database - Nobelprize.org [2014-]
- Personen im Wien Geschichte Wiki [2012-]
Verknüpfungen
Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel
Personen in der GND - familiäre Beziehungen
Orte
Symbole auf der Karte




Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.
-
Mark, Hermann Franz (nach 1938 Herman Francis Mark)
1895 – 1992
Physikochemiker, Polymerforscher
Hermann Mark zählt zu den Pionieren der Erforschung hochpolymerer Stoffe, wie Cellulose und Kautschuk. Mit Kurt Hans Meyer (1883–1952) entwickelte er röntgendiffraktometrische Verfahren zur Bestimmung der Kristallstruktur von Cellulose, die auf deren sehr hohes Molekulargewicht hinwiesen. Mark war Hermann Staudingers (1881–1965) Konzept der Makromoleküle voraus, was zeitweise zu einer lebhaften Kontroverse führte.
Lebensdaten
Geboren am 3. Mai 1895 in Wien Gestorben am 6. April 1992 in Austin (Texas, USA) Grabstätte Evangelischer Friedhof Matzleinsdorf in Wien Konfession evangelisch-lutherisch Hermann Mark, Österreichische Nationalbibliothek (InC) -
Autor/in
→Claus Priesner (München)
-
Zitierweise
Priesner, Claus, „Mark, Hermann“ in: NDB-online, veröffentlicht am 1.4.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118640925.html#dbocontent
Nach der Matura am Theresianum in Wien absolvierte Mark seinen Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger und leistete nach Beginn des Ersten Weltkriegs als Offizier, mehrfach verwundet und ausgezeichnet, Kriegsdienst. In den letzten Kriegsmonaten geriet er in italienische Gefangenschaft, in der er mehrere Sprachen erlernte und sich mit chemischen Studien befasste. Im Oktober 1919 floh er nach Wien und setzte das schon während eines Genesungsurlaubs begonnene Studium der Chemie an der Universität fort. 1921 wurde er hier bei Wilhelm Schlenk (1879–1943) mit einer Arbeit über die Synthese und die Eigenschaften des Pentaphenylethyl-Radikals zum Dr. phil. promoviert. Im selben Jahr ging Mark mit Schlenk an die Universität Berlin. 1922 wechselte er an das 1911 von Fritz Haber (1868–1934) gegründete Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie (KWI), an dem er seit 1925 die Abteilung für Faserstoffchemie leitete. Michael Polanyi (1891–1976) entwickelte am KWI seit 1920 die mathematischen Grundlagen für die Analyse der Streuung von Röntgenstrahlen an Fasern und entdeckte, dass die Röntgenstreuung von Cellulosefasern Hinweise auf Mikrokristallite ergab, die so ähnlich auch in Metalldrähten gefunden wurden. Mark untersuchte mit dieser Methode u. a. die Beschaffenheit von Graphit und zeigte, dass kovalent gebundene Moleküle Strukturen bilden, die über die Größe der kristallografischen Einheitszelle hinausreichen. Ferner führte er richtungweisende Studien zu den Bindungsverhältnissen im Diboran-Molekül (B2H6) durch und wurde zum Experten für die Röntgendiffraktometrie von Fasern.
1926 traf Mark während der Tagung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte in Düsseldorf Hermann Staudinger (1881–1965), der sich mit der Frage nach der Molekülgröße polymerer Substanzen beschäftigte und dessen These, wonach es sich bei Cellulose und Kautschuk um lange Ketten kovalent verbundener Einzelmoleküle (Makromoleküle) handle, von den meisten Chemikern skeptisch beurteilt wurde. Mark zeigte in seinem Vortrag „Röntgenographische Bestimmung der Struktur organischer, besonders hochmolekularer Substanzen“, dass die in diesen Substanzen wirksamen Gitterkräfte mit echten chemischen Bindungen vergleichbar seien und näherte sich Staudingers Position an. Mark und Staudinger behandelten das Problem der Struktur polymerer Substanzen aus unterschiedlichen Perspektiven: Während Mark aufgrund seiner physikochemischen Orientierung die Frage mittels kristallografischer Methoden zu klären suchte, erforschte Staudinger die chemischen Reaktionen anhand von ihm synthetisierter Modellpolymeren.
1927 übernahm Mark die Leitung der Abteilung für Polymerchemie des Hauptlabors der I. G. Farbenindustrie AG und setzte hier seine röntgenspektroskopischen Untersuchungen der Cellulose fort. 1928 publizierte er mit Kurt Hans Meyer (1883–1952) den Aufsatz „Über den Bau des kristallisierten Anteils der Cellulose“; 1930 verfassten beide die Monografie „Der Aufbau der hochpolymeren organischen Naturstoffe“, in der u. a. die Cellulose, der Kautschuk, die Stärke und die Seidenfaser behandelt werden. Während Staudinger von der Existenz sehr langer Kettenmoleküle in Form starrer Stäbe ausging, vertraten Meyer und Mark die Ansicht, dass die Hochpolymeren aus Bündeln („Micellen“) kürzerer Ketten – eher flexiblen Spiralen – bestünden. Die unterschiedlichen Positionen führten zwischen 1928 und 1936 zu einem teils polemisch geführten Gelehrtenstreit, in dem Staudinger Meyer des Plagiats bezichtigte. Daneben forschte Mark zur Gasphasen-Elektronenbeugung zur Strukturbestimmung freier Moleküle im gasförmigen Zustand.
1932 entließ die Führung der I. G. Farben Mark als „Halbjuden“. Mark nahm im selben Jahr einen Ruf als Professor für Chemie und Physikalische Chemie an der Universität Wien an und entwickelte ein Curriculum für einen Studiengang Polymerwissenschaft. Mit Eugene Guth (1905–1990) erarbeitete er eine statistische Theorie der Kautschukelastizität. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938 verlor Mark seine Professur, wurde vorübergehend inhaftiert und floh mit seiner Familie über die Schweiz und England nach Kanada, wo er Forschungsdirektor der International Paper Company in Hawkesbury (Ontario) wurde. Er verbesserte hier die Herstellungsverfahren für Holzzellstoff, Celluloseacetat und modifizierter Cellulose (Viskose), wobei sich eine Verbindung zur Firma E I. du Pont de Nemours and Company (DuPont) ergab, für die er seit 1940 als Berater tätig war. Im selben Jahr wechselte er an das Polytechnic Institute of Brooklyn in New York City und wurde hier 1942 ordentlicher Professor. 1944 gründete er das Institute of Polymer Research, in dem er 1947 den ersten Studiengang für Polymerwissenschaft in den USA etablierte und dem er bis 1964 vorstand. Mark unterstützte bundesdeutsche und österreichische Kollegen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs international ausgegrenzt wurden, bei der Integration in die internationale Wissenschaftlergemeinschaft.
1934 | korrespondierendes Mitglied (seit 1935 wirkliches Mitglied, 1970 Ehrenmitglied) |
1953 | Ehrenmitglied des Weizmann Institute of Science, Rehovot (Israel) |
1953 | Dr. h. c., Universität Uppsala |
1954 | Dr. rer. nat. h. c., Freie Universität Berlin |
1955 | Dr. h. c., Universität Wien |
1955 | Goldene Ehrenmedaille der Universität Wien |
1955 | Ehrenmitglied der Universität Wien |
1965 | ACS Award in Polymer Chemistry der American Chemical Society |
1972 | Chemical Pioneer Award des American Institute of Chemists |
1975 | Willard Gibbs Medal der American Chemical Society |
1975 | Hermann F. Mark-Medaille des OFI (jährlich) |
1976 | Ehrenmitglied der Plastics Hall of Fame |
1979 | National Medal of Science |
1979/80 | Dr. rer. nat. h. c., Universität Wien |
1980 | Perkin Medal der Society of Chemical Industry |
1985 | Großes Goldenes Ehrenzeichen mit Stern für Verdienste um die Republik Österreich |
2009 | Hermann-Mark-Gasse, Wien-Favoriten |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Archiv des Deutschen Museums, Nachlass Staudinger.
Archiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien. (Personalakt)
Wilhelm Schlenk/Hermann Mark, Über das freie Pentaphenyl-äthyl, in: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 55 (1922), S. 2285–2289.
Hermann Mark/Erich Pohland, Über die Gitterstruktur des Äthans und Diborans, in: Zeitschrift für Kristallographie 62 (1925), S. 103–112.
Leo Szilard/Hermann Mark, Die Polarisation von Röntgenstrahlen durch Reflexion, in: Zeitschrift für Physik 35 (1926), S. 743–747.
Über die Ermittlung der Struktur organischer, besonders hochmolekularer Substanzen, in: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 59 (1926), S. 2982–3000.
Hermann Mark/Kurt H. Meyer, Über den Bau des kristallisierten Anteils der Cellulose, in: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 61 (1928), S. 593–613.
Hermann Mark/Kurt H. Meyer, Über den Kautschuk, in: ebd., S. 1939–1948.
Hermann Mark/Georg von Susich, Über geregelte Mizellstrukturen von Kautschuk, in: Kolloid-Zeitschrift 46 (1928), S. 11–21.
Kurt H. Meyer/Hermann F. Mark, Der Aufbau der hochmolekularen organischen Naturstoffe, 1930.
Über den Aufbau der hochpolymeren Substanzen, in: Scientia 51 (1932), S. 405–421.
Physik und Chemie der Cellulose, 1932.
Kurt H. Meyer/Herman F. Mark, Hochpolymere Chemie, 2 Bde., 1940, engl. 1950.
J. C. Poggendorffs biographisch-literarisches Handwörterbuch der exakten Naturwissenschaften, Bd. 6, 1938, S. 1650 f., Bd. 7a, 1959, S. 201–204 u. Bd. 8, 2003, S. 1854–1862. (A, W, L)
Werner Kern/Herbert Morawetz, Herman F. Mark on his 80th Birthday, in: Die makromolekulare Chemie, Supplementbd. 1 (1975), S. 3–6. (P)
Claus Priesner, H. Staudinger, H. Mark und K. H. Meyer. Thesen zur Größe und Struktur der Makromoleküle. Ursachen und Hintergründe eines akademischen Disputs, 1980. (P)
Otto Vogl, Hermann Franz Mark, in: Almanach der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 143 (1992/93), S. 349–356. (P)
Herbert Morawetz, H. F. Mark, in: Biographical Memoirs of the National Academy of Sciences, Washington 68 (1995), S. 194–208. (P)
Ute Deichmann, Flüchten, Mitmachen, Vergessen. Chemiker und Biochemiker, 2001.
Klaus Beneke, Hermann Franz Mark, 2005. (W, P)
James J. Bohning, Art. „Mark, Herman F.“, in: Noretta Koertge (Hg.), New Dictionary of Scientific Biography, Bd. 23, 2008, S. 27–32
Festschrift:
Die makromolekulare Chemie, Supplementbd. 1 (1975).
Fotografie, Archiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.